In dieser Arbeit liegt eine Interpretation der Szene "Marthens Garten" aus "Faust" von Johann Wolfgang Goethe auf fünf Seiten vor.
Johann Wolfgang Goethe - „Faust“
„Marthens Garten“ - Analyse
1. Einordnung der Szene in den bisherigen Handlungsverlauf
2. zusammenhängende Darlegung der Analyseergebnisse nach Inhalt und Form
3. Bedeutung der Szene für den weiteren Handlungsverlauf
4. Zusammenfassung der kontrastären Religionsansichten
In dem im Jahr 1808 veröffentlichten Drama „Faust“ von Johann Wolfgang Goethe versprichtt der Wissenschaftler Heinrich Faust dem Teufel Mephisto seine Seele, wenn es ihm gelingen sollte, Faust aus seiner Unzufriedenheit und seinem Streben nach Wissen zu befreien. Mephisto versuchte dies als erstes mit lustiger Gesellschaft und Alkohol in Auerbachs Keller in Leipzig. Da dieser Versuch scheiterte, brachte Mephisto Faust in die Hexenküche und verjüngte ihn mit einem Zaubertrank um dreißig Jahre, mit dem Ziel seine sexuelle Begierde zu wecken. Nachdem Faust auf der Straße noch von Margarete, einem kleinbürgerlkichem Mädchen, abgewiesen wurde, entwickelt sich nach und nach eine immer enger werdende Beziehung zwischen den beiden. Erst hinterlegen Faust und Mephisto Schmuck in Gretchens Zimmer, bis sie sich dann mit ihr und ihrer Nachbarin in deren Garten treffen. In der Szene „Mathens Garten“ kommt es nun zum Höhepunkt der Liebesbeziehung zwischen Faust und Gretchen.
Die Szene „Marthens Garten“ beginnt sogleich mit einer Forderung von Margarete. An ihrer Aussage: „Versprich mir, Heinrich“ (Z.3413) kann man festmachen, dass ihr die folgende Angelegenheit sehr wichtig ist. Vorausschauend auf die folgende Frage zu Faust's Verhältnis zur Religion kann man auch schließen, dass sie eine ganz bestimmte Antwort von ihm erwartet, nämlich die, dass Faust der gleichen christlichen Ansicht ist, wie sie. Außerdem kann man erkennen, dass die beiden mittlerweile vertrauter miteinander sind, da Gretchen Fausts Vornamen Heinrich im Gespräch vorzieht. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Entgegnung seinerseits, ihr alles zu versprechen, was er könne (Z.3414) Dies drückt die Liebe Fausts zu Margarete aus, sie ist alles für ihn und er würde alles für sie tun. Daraufhin kommt es zur sogenannten Gretchenfrage, d.h. eine direkte, ohne Umschweife getätigte Frage. In diesem Fall ist es die Nachfrage nach dem Verhältnis von Faust zur Religion. Margarete zweifelt bereits an einem hohen Stellenwert dieser für Faust, denn sie sagt: „Allein, ich glaub, du hältst nicht viel davon.“ (Z.3417) Da Faust wahrscheinlich die christliche Konfession Gretchens bekannt ist, fürchtet er eine Auseinandersetzung mit ihr über die gegensätzlichen Einstellungen und er möchte dieser aus dem Weg gehen und fordert sie auf, mit der Befragung über ihn aufzuhören, denn er meint: „Lass das, mein Kind!“ (Z.3418) Außerdem fällt auf, dass er sie als „Kind“ bezeichnet und somit stellt er sich auf eine höhere Stufe als sie. Weiterhin hat er Angst, durch diesen Konflikt seine geliebte Margarete zu verlieren und sagt: „Du fühlst, ich bin dir gut.“ (Z.3418) Damit möchte er sie überzeugen von ihrem Vorhaben abzulassen, da ein möglicher Verlust von Faust das Schlimmste für sie bedeuten würde. Außerdem beteuert er noch einmal, dass er alles für Margarete tun würde, indem er verspricht: „Für meine Lieben ließ ich Leib und Blut.“ (Z.3419). Durch die folgende Aussage: „Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben.“ (Z.3420), macht er deutlich, dass er nicht versucht irgendjemanden von seinem Glauben zu überzeugen, sondern er alle Glaubensrichtungen akzeptiert und toleriert, trotzdem glaubt er nicht an die Kirche. Darauf entgegnet Margaret entrüstet, dass man dem christlichen Glauben angehören muss. Durch die erneute Befehlsform kann man eindeutig feststellen, dass die Gesprächsdominanz bei Gretchen vorzufinden ist und sie keine Widersprüche gelten lässt. Die zynisch wirkende Antwort Fausts, die lautet: „Muss man?“ (Z.3422) lässt Gretchen weiter das Vertrauen in ihn verlieren und ihre Aussage: „Ach, wenn ich etwas auf dich könnte“ (Z.3423), die Faust als jemanden dastehen lässt, auf den man sich nicht verlassen kann, lässt einen Eindruck ihrer Enttäuschung deutlich werden. Den Höhepunkt dieses Dialoges bildet Gretchens Frage, ob Faust an Gott glaube, dar. Diese Frage beantwortet er mit Ironie, indem er anmerkt: „Magst Priester oder Weise fragen, und ihr Antwort scheint nur Spott über den Frager zu sein.“ (Z.3428ff.) Allerdings ist dies auch als Kritik an die Geistlichen zu verstehen, da diese wohl im Gegensatz zum Wissenschaftler Faust die alten Dogmen nicht hinterfragen. Durch diese Antwort vermutet Margaret, dass Faust an keinen Gott glaubt, diese Annahme widerlegt er jedoch, indem er sie bittet: „Misshör mich nicht, du holdes Angesicht“ (Z.3422), womit er ihr zugleich schmeichelt. Faust geht davon aus, dass niemand fest sagen kann, dass er an Gott glaubt oder nicht. Dies tut er mit mehreren rhetorischen Fragen: „Wer darf ihn nennen?“, „Und wer bekennen: Ich glaub ihn“ (Z.3432ff.) Der pantheistische Glaube Fausts wird durch die Allegorie „Der Allumfasser, Der Allerhalter“ (Z.3439) deutlich, mit denen er Gott beschreibt. Dadurch wird die pantheistische Vermutung, dass Gott eine in allem wirksame Kraft ist, und er nicht genauer personifiziert werden kann, klar beschrieben. Verstärkt wird diese Vermutung noch dadurch, dass Faust behauptet, Gott fässt und erhält sowohl ihn als auch Margaret und sich sich selbst (Z.3441) Diese Gotteskraft überträgt er weiter auf Himmel, Erde und Sterne, aber auch auf Gretchens Innere. Faust gibt an dafür keinen Namen zu haben, aber das ist nicht schlimm, denn er ist der Meinung „Name ist Schall und Rauch“ (Z.3457) Somit ist er der Meinung, dass auch man auch ohne direkte Gottesgestalt gläubig sein kann. Für ihn zählt allein das Gefühl. Dies erinnert an die Situation, in der Faust sas erste Mal auf Mephisto traf, als er das Neue Testament übersetzte und bereits dort dem Wort einen weitaus geringeren Stellenwert zuspricht als der Tat. Die Einstellung Gretchens ändert sich nun, aus einer empörten Haltung dem Glaubensverständins von Faust gegenüber wird nun eine anerkennende Haltung, denn sie bezeichnet Fausts Ansicht als „recht schön und gut“ (Z.3459) und vergleicht seine Worte mit denen ihres Pfarrers, der es ähnlich ausdrückt. Desweiteren wird deutlich, dass Faust einen eigenen Zugang zum Glauben hat und sich in dieser Hinsicht nicht beeinflussen lässt. Dies tut er mit der rhetorischen Frage: „Warum nicht ich in der meinen?“ (Z.3464) Dadurch, dass er der Meinung ist, dass das Gefühl der Gotteskraft in allen Teilen der Welt unterschiedlich ausgedrückt und benannt wird, kommt wieder die Religionstoleranz Fausts zum Vorschein. Ein Zweifel bzw. Vorwurf bleibt allerdings auf Seiten Gretchens noch an an den Thesen Fausts und zwar seine fehlende Angehörigkeit am Christentum, sie sagt: „...denn du hast kein Christentum.“ (Z.3468) Auf diesen Vorwurf reagiert Faust mit einer weiteren Verniedlichung Gretchens, indem er sie als „liebs Kind“ (Z.3469) bezeichnet.
Das Gesprächsthema wechselt nun abrupt, da Margarete behauptet, sie leide schon länger mit Faust mit, bezüglich den Menschen die ihn umgeben – in erster Linie natürlich Mephisto. Es wird also schon hier deutlich, dass sie Mephisto ablehnend gegenüber steht. Dies macht sie aber noch eindeutiger, indem sie sogar sagt, er sei ihr „in tiefer innrer Seele verhasst.“ Aus dem Streitgespräch des ersten Teils des Dialoges ist nun eine intimere Atmosphäre geworden, in der Margarete von ihren Gefühlen und Ängsten erzählt. Doch Faust stellt sich immer noch auf eine höhere Stufe und bezeichnet sie als „liebe Puppe“. Außerdem gewinnt man, durch seine Aussagen: „Fürcht ihn nicht!“ (Z.3476) und „Es muss auch solche Käuze geben“ (Z.3483) den Eindruck, dass er Mephisto in Schutz nehmen möchte. An Margarete geht die Präsenz Mephistos jedoch nicht spurlos vorbei, sie graut sich vor ihm, hält ihn für einen Schelm und beschreibt ihn als anteilslos und lieblos, im Gegensatz dazu steht Faust, der ihre einzige Sehnsucht ausmacht, die allerdings auch verschwindet, wenn Mephisto auftritt. Zusätzlich ahnt Gretchen auch die Allwissenheit Mephistos, zu sehen am Litotes, den sie benutzt, denn sie sagt: „Man sieht, dass er an nichts keinen Anteil nimmt.“ (Z.3488) Wahrscheinlich soll diese Beziehung die generelle Ablehnung oder Unliebsamekeit eines gottesfürchtigen Christen gegenüber dem Teufel zeigen. Margarete identifiziert Mephisto als eine sehr negative Person, ohne seine wahre Identität als Teufel zu kennen. Dies würde den Aussagen Mephistos widersprechen, nachdem die Menschen seine wahre Person nie erkennen, wie z.B. in Auerbachs Keller in Leipzig, als er sagt: „Den Teufel sieht das Völkchen nie, und wenn sie beim Kragen hätte.“ (Z.2182) Faust nimmt diese Gefühle Margaretes aber nicht ernst und es entsteht der Eindruck, dass er sie in gewisser Weise verspottet, das wird deutlich durch seine Äußerungen: „Du ahnungsvoller Engel, du!“ (Z.3494) und „Du hast nun die Antipathie.“ (Z.3501) Mit letzterer möchte er Gretchen wohl deutlich machen, dass es auf der Welt noch andere Gefühle als Sympathie gibt, die sie im Gegensatz zu ihm wohl aber nicht konkret benennen kann. Dadurch scheint es so, als wenn Faust in dieser Szene zurückkehrt zum alten Professor, den er am Anfang des Dramas darstellt. Diese Vermutung wird dadurch verstärkt, dass er Gretchen mehrmals als „Kind“ bezeichnet, sowie als „Puppe“, womit er sich auf eine höhere Stufe stellt als sie. Margarete fordert Faust auf, sich von Mephisto zu lösen, denn sie sagt: „Dir, Heinrich, muss es auch so sein!“ (Z.3500) Damit äußerte sie ihre Angst, das Mephisto einen schlechten Einfluss auf ihn haben könnte und so den wahren Faust womöglich verdecken könnte. Daraufhin erscheint sie erzürnt, da Faust sie nicht ernst nimmt und droht zu gehen, sie behauptet: „Ich muss nun fort“ (Z.3502) Durch ein weiteres Kompliment von Faust wird Margarete von ihren Gefühlen jedoch überwältigt und lädt ihn trotz ihrer Enttäuschung ein, bei ihr zu schlafen. Ihre Äußerung: „Und würden wir von ihr betroffen, ich wär gleich auf der Stelle tot“ (Z.3508) mit der Gretchens Mutter gemeint ist, verdeutlicht die Moralvorstellungen des späten Mittelalters und die gewichtige Rolle des Christentums in dieser Zeit, da hier der Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe mit dem Tod bestraft würde. Dieser Punkt bildet den Höhepunkt in diesem Gespräch und einen Wendepunkt der Beziehung zwischen Faust und Gretchen, da sie sich ihm nun so eng verbunden fühlt, dass sie ihn auf eine gemeinsame Nacht einlädt. Gretchen lässt sich außerdem dazu überreden, ihre Mutter mit einem Trank dazu zu bringen, fester zu schlafen, damit sie und Faust ungestört sein können – eine folgenschwere Entscheidung. Mit dem Ausspruch: „Ich habe schon so viel für dich getan, dass mir zu tun fast nichts mehr übrig bleibt“ (Z.3519f.) nimmt sie wieder die Einstellung eines Mädchens an, das von sich selbst nur negativ spricht und überhaupt nicht überzeugt ist, denn einzig und allein kann sie ihm ihre Hingabe geben.
Daraufhin tritt Mephisto auf, der das ganze Gespräch zwischen Faust und Margarete verfolgt hat. Schon am Anfang des Gesprächs macht Mephisto seine Ablehnung gegenüber Gretchen deutlich, indem er sie als „Grasaff“ (Z.3523) bezeichnet, ein Synonym für einen unreifen und uneitlen Menschen. Es wird immer deutlicher, dass Gretchen mit ihrer Reinheit und Gläubigkeit zum Gegenspieler wird. Allerdings macht sich Mephisto in dieser Szene auch über Faust lustig, indem er feststellt: „Herr Doktor wurden da katechisiert; Hoff' es soll ihnen wohl bekommen“ (Z.3524f.) Damit verspottet er Faust, der sich von einem einfachen Mädchen in der Gotteslehre unterrichten lassen muss, in der auch Mephisto einen Teil darstellt. Trotz der Verteidigungen Mephistos von Faust im Gespräch mit Gretchen wird dieses Gespräch alles andere als harmonisch geführt, sondern als Streitgespräch mit Beleidigungen. So bezeichnet Faust Mephisto erst als „Ungeheuer“ (Z.3528) und dann als „Spottgeburt von Dreck und Feuer“ (Z.3536) Faust versucht Mephisto deutlich zu machen, dass einzig Gretchens christlicher Glaube sagt, dass Faust und sie nicht zusammen gehören. Mephisto reagiert mit einem Oxymoron, denn er sagt: „Du übersinnlich sinnlicher Freier.“ (Z.3536), dieses macht deutlich, dass Mephisto in Faust jemanden sieht, der sowohl in übersinnlichen Dingen, wie z.B. der Erforschung des Makrokosmos, aber auch in seinen Sinnen nie befriedigt ist und so niemals den Zustand höchster Zufriedenheit erreichen wird. Weiterhin bekräftigt er noch einmal seinen Vorwurf, dass ein einfaches Mädchen ihn an der Nase herumführt. Außerdem scheint klar, dass der Teufel auch in der Nacht das Paar beobachten wird.
Die Szene „Marthens Garten“ ist die Schlüsselszene des gesamten Dramas. In ihr wird endgültig deutlich, dass Faust und Gretchen wohl kaum ein glückliches Leben miteinander führen können, da schon die unterschiedlichen Ansichten zum Thema Religion daraufhin deuten, da das Christentum damals als einzige Religion geduldet wurde. Außerdem beginnt hier auch das endgültige Verderben Gretchens, denn in dieser Szene lädt sie Faust auf eine gemeinsame Nacht ein, aus der jedoch das gemeinsame Kind der beiden hervorgeht. Außerdem genehmigt sie es, ihre Mutter mit einem Zaubertrank zu tieferem Schlaf zu verhelfen, der letztendlich zu deren Tod führt.
Marthens Garten
FaustVerständnisGretchen
von Religion
-Pantheismus - Angehörige des
→ Gotteskraft in allem enthalten Christentums
(„Der Allumfasser, - vertritt den
Der Allerhalter“ Z.3438) Monotheismus (Glaube
- er nennt es nicht Gott, für ihn gibt an einen Gott)
es nur das Gefühl („Gefühl ist alles; - Verständnis von Glauben:
Name ist Schall und Rauch“ Z.3456f.) täglich zur Messe gehen,
- zeigt Toleranz gegenüber beten, beichten → streng
allen Glaubensrichtungen gläubig - widersetzt sich allgemeinem Glauben - anfangs keine Toleranz
(Christentum dominierende Religion) gegenüber anderen
Ansichten („Man muss dran
glauben“ Z.3421)
- im christlichen Glaube von
Eltern erzogen worden
- Glauben = ausgefülltes
Leben
[...]
- Quote paper
- Felix Wiebrecht (Author), 2011, Szenenanalyse "Marthens Garten" (Johann Wolfgang von Goethe, Faust), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169448