Als wissenschaftlich bedeutendes Werk kann Hans-Georg Gadamers Konzept der anthropologischen Hermeneutik zweifellos angesehen werden. Als inhaltliche Grundelemente gelten hierin die Begriffe von Vernunft und Verstehen. Den gesamten Verstehensvorgang der Konzeption Gadamers unter einer entsprechenden Fragestellung aufzuarbeiten kann dabei nicht Ziel dieses im Umfang sehr begrenzten Essays sein. Vielmehr soll ein Teilaspekt des Gesamtwerks – die Untersuchung der Abhängigkeit des Verstehens von der Sprachlichkeit – im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Diese Fragestellung ist in sich zunächst zweigeteilt. Zum einen soll es darum gehen nachzuweisen, dass das Verstehen an sich zwingend an Sprachlichkeit gebunden ist, zum anderen soll auch die These untersucht werden, wonach auch der Vollzug des Verstehens selbst schon ein sprachlicher Vorgang ist.
Unerlässlich scheint es hierbei zunächst, die grundliegenden Wesenszüge des gadamerschen Verstehens stark verkürzt zu umreißen. Bereits hierin soll jedoch die Akzentuierung im Bezug auf die Fragestellung gelegt werden. Dieser Schwerpunkt des Verstehens innerhalb oder als Sprachgeschehen soll dann in den weiteren Ausführungen intensivere Beachtung finden. Innerhalb dieser Bearbeitung werden die Untersuchungsbereiche Gadamers - Verstehen als Wahrheitsgespräch, der hermeneutische Vorrang der Frage sowie Sprachlichkeit und eigentlicher Vollzug des Verstehens- vorrangige Bedeutung einnehmen. Gerade in den Erörterungen des letzten Bereiches soll dann die Grundlage für die Bewertung der eigentlichen Frage geschaffen werden, deren Endbewertung in einem kurzen zusammenfassenden Teil vorgenommen wird.
Verstehen und Bedeutung des Sprachgeschehens bei Hans-Georg Gadamer
1.Einleitung und Fragestellung
Als wissenschaftlich bedeutendes Werk kann Hans-Georg Gadamers Konzept der anthropologischen Hermeneutik zweifellos angesehen werden. Als inhaltliche Grundelemente gelten hierin die Begriffe von Vernunft und Verstehen. Den gesamten Verstehensvorgang der Konzeption Gadamers unter einer entsprechenden Fragestellung aufzuarbeiten kann dabei nicht Ziel dieses im Umfang sehr begrenzten Essays sein. Vielmehr soll ein Teilaspekt des Gesamtwerks – die Untersuchung der Abhängigkeit des Verstehens von der Sprachlichkeit – im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Diese Fragestellung ist in sich zunächst zweigeteilt. Zum einen soll es darum gehen nachzuweisen, dass das Verstehen an sich zwingend an Sprachlichkeit gebunden ist, zum anderen soll auch die These untersucht werden, wonach auch der Vollzug des Verstehens selbst schon ein sprachlicher Vorgang ist.
Unerlässlich scheint es hierbei zunächst, die grundliegenden Wesenszüge des gadamerschen Verstehens stark verkürzt zu umreißen. Bereits hierin soll jedoch die Akzentuierung im Bezug auf die Fragestellung gelegt werden. Dieser Schwerpunkt des Verstehens innerhalb oder als Sprachgeschehen soll dann in den weiteren Ausführungen intensivere Beachtung finden. Innerhalb dieser Bearbeitung werden die Untersuchungsbereiche Gadamers - Verstehen als Wahrheitsgespräch, der hermeneutische Vorrang der Frage sowie Sprachlichkeit und eigentlicher Vollzug des Verstehens- vorrangige Bedeutung einnehmen. Gerade in den Erörterungen des letzten Bereiches soll dann die Grundlage für die Bewertung der eigentlichen Frage geschaffen werden, deren Endbewertung in einem kurzen zusammenfassenden Teil vorgenommen wird.
Literarische Basis dieser Arbeit ist die unter Schwerpunktliteratur vermerkte, stark selektierte Forschungsliteratur, deren Umfang sich durch die freie und stark fokussierte Essayarbeit selbst eingrenzt.
2.Grundelemente des Verstehens bei Gadamer
Das von Gadamer behandelte Verstehensmodell ist sehr komplex. Inhaltlich versteht sich darin Verstehen als Teil seiner Hermeneutikkonzeption auf das Verständnis von Texten. Dabei geht der Leser niemals unvoreingenommen an die Aufgabe einen Text zu bewerten, also zu verstehen. Gadamer bezeichnet dieses als Vormeinungen, die jeder Mensch hat[1]. Selbst größte Anstrengungen eine möglichst maximale Objektivität zu erreichen, sind von vornhinein zum Scheitern verurteilt. Allerdings scheint diese auch gar nicht unbedingt erstrebenswert, denn ohne gewisse Vormeinungen oder die Kenntnis von Begriffen und Meinungen wäre jedes Textverständnis unmöglich, die Kommunikationsbasis wäre nicht vorhanden. Grundlage des erfolgreichen Verstehens eine Textes sind also nicht möglichst wenige Vormeinungen oder Vorurteile, sondern die Fähigkeit, diese nicht in völliger Starrheit mit sich zu tragen, also Änderungen zuzulassen.
Natürlich ist es möglich, dass innerhalb des zu verstehenden Textes Begrifflichkeiten verwendet werden die den Erwartungen des Lesers nicht entsprechen, genau diese sind dann Teil des erweiterten Erkenntnishorizontes durch das Verstehen des Textes selbst. Wichtige Vorraussetzung dafür ist aber weiterhin die Offenheit des Lesers für neue Eindrücke und Meinungen. Dieses kann nur, wie oben erwähnt, durch die Offenheit seiner eigenen Vormeinungen erreicht werden. Folglich kann Verstehen also auch nur dadurch gewonnen werden.[2] Dabei sollen jedoch nicht die im Text gegebenen Äußerungen und Erklärungen anstandslos übernommen werden, - das wahre Verstehen entwickelt sich aus dem Austausch aller eingebrachten Meinungen. Bereits an dieser Stelle wird die Bedeutung der Vormeinungen auf die Kommunikation und damit auf Sprachlichkeit selbst ansatzweise deutlich. Dennoch ist die grundliegende Verstehenskonzeption nicht ausreichend erläutert.
Hierfür ist ferner noch festzuhalten, dass es sich bei dem Verstehen um ein geschichtliches, also auch endliches Geschehen handelt. Wie ist diese Geschichtlichkeit zu verstehen ? Sie liegt in erster Linie in der Überlieferung und der notwendigen stetigen Aktualisierung des Verstandenen begründet. Die Überlieferung lässt sich vor allem in den dem gadamerschen Verstehen zugrundeliegenden Texten finden, die ja von Autoren vor dem eigentlichen Verstehensprozess des Lesers angefertigt und also auch überliefert werden. Die andere Art der geschichtlichen Dimension bezieht sich auf die zeitliche Unvollkommenheit des Verstehens. Gemeint ist damit die notwendige ständige Überprüfung des bereits Verstandenen. Darin schwingt unterschwellig auch die philosophische Erkenntnis mit, wonach unterschiedliche Generationen auch unterschiedlich verstehen.[3] Dieser Schluss scheint logisch wenn man bedenkt, dass die verschiedenen Generationen verschiedenen Einflüssen und Bedingungen ausgesetzt sind, die dann folglich auch zu anderen Vormeinungen führen. Diese sind, wie schon festgestellt, zwingende Voraussetzungen für die Kommunikation (Auseinandersetzung) des Verstehenden mit dem Text.
Für die wahre Erkenntnis in Bezug auf das Verstehen eines Textes ist aber nicht das Verstehen des Lesenden von alleiniger Bedeutung. Die aus der Auseinandersetzung mit dem Text entstehenden Erkenntnis des Verstehenden kann mitnichten den Anspruch auf vollständige Erkenntnis für sich beanspruchen. Sie beherbergt vielmehr einen eigenen Erkenntnishorizont, der erst unter der Verschmelzung des Erkenntnishorizonts des Autors, beziehungsweise des Textes zum wahren Verstehen führt. Diese Verschmelzung der Horizonte verweist augenscheinlich erneut auf die sprachliche Komponente des inhaltlichen Austauschs zwischen Text und Autor auf der einen, sowie dem Verstehenden oder Leser auf der anderen Seite.[4]
[...]
[1] Vgl. Weyh, Bernd, Vernunft und Verstehen, Hans-Georg Gadamers anthropologische Hermeneutikkonzeption, Frankfurt a. M. 1995; S. 58;
[2] Zur Offenheit der Frage Siehe u.a.: Gadamer, Hans-Georg, Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 1990, S. 369;
[3] Vgl, Weyh, a.a.O., S. 63f;
[4] Siehe dazu: Gadamer, Wahrheit, a.a.O., S. 375;
- Quote paper
- Robert Brichta (Author), 2003, Verstehen und Bedeutung des Sprachgeschehens bei Hans-Georg Gadamer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168484
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