Konzeption eines Blended-Learning-Seminars für die Ausbildung von Reserveoffizieren in der Bundeswehr


Masterarbeit, 2007

93 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG
1.1 MOTIVATION
1.2 ZIELSETZUNG
1.3 AUFBAU DER ARBEIT

2. WISSEN UND LERNEN
2.1 WISSEN
2.1.1 Einführung und Begriffsbestimmung
2.1.2 Deklaratives Wissen ("Wissen, was")
2.1.3 Prozedurales Wissen ("Wissen, wie")
2.2 LERNEN
2.3 LERNTHEORETISCHE ANSÄTZE
2.3.1 Behavioristischer Ansatz des Lernens
2.3.2 Kognitiver Ansatz des Lernens
2.3.3 Konstruktivistischer Ansatz des Lernens

3. COMPUTER SUPPORTED COOPERATIVE LEARNING
3.1 ASPEKTE COMPUTERUNTERSTÜTZTEN KOOPERATIVEN LERNENS
3.1.1 Situiertes Lernen und verteilte Kognition
3.1.2 Dimensionen des CSCL
3.1.3 Vorteile des CSCL19
3.1.4 Probleme bei Lernkooperation und CSCL
3.2 SYNCHRONE UND ASYNCHRONE KOMMUNIKATION
3.3 TRADITIONELLE SEMINARE UND VIRTUELLE SEMINARE
3.4 DIE HYBRIDE FORM DES BLENDED-LEARNING

4. FERNAUSBILDUNG IN DER BUNDESWEHR
4.1 DIE AUSBILDUNGSSITUATION IN DER BUNDESWEHR
4.2 FERNAUSBILDUNG UND AUSBILDUNG VON TELETUTOREN IN DER BUNDESWEHR
4.3 FERNAUSBILDUNGSVERFAHREN

5. KONZEPTION DES BLENDED-LEARNING-SEMINARS
5.1 PLANUNGSPHASEN EINES BLENDED-LEARNING-SEMINARS
5.2 BEDARFSANALYSE DES BLENDED-LEARNING-SEMINARS
5.2.1 Bildungsbedarf
5.2.2 Thema
5.2.3 Zielgruppe
5.3 RAHMENKONZEPT
5.3.1 Die Truppe für Operative Information
5.3.2 Reserveoffiziere bei der Truppe für Operative Information
5.3.3 Technische Entwicklung der Lehr- und Lernmaterialien
5.3.4 Didaktische Aufbereitung der Lehr- und Lernmaterialien
5.3.5 Struktur und zeitliche Taktung von Präsenz- und Onlinephasen
5.3.6 Inhaltliche Ausgestaltung des Blended-Learning-Seminars

6. EVALUATION DES BLENDED-LEARNING-SEMINARS
6.1 BEGRIFF DER EVALUATION
6.2.ZIELE UND ARTEN VON EVALUATIONEN
6.3 EVALUATIONSMETHODEN
6.4 EVALUATIONSKONZEPT FÜR DAS BLENDED-LEARNING-SEMINAR
6.4.1 Evaluationsgegenstand
6.4.2 Ziele der Evaluation
6.4.3 Methodisches Vorgehen
6.5 SCHLUSSBEMERKUNGEN

7. RESÜMEE UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

Danksagungen

Die vorliegende Masterarbeit entstand während meiner Tätigkeit als Offizier im Bataillon für Operative Information in Koblenz. Innerhalb der Bearbeitungszeit dieser Arbeit nahm ich am Lehrgang „Teletutor der Bundeswehr“ teil, der mir tiefe Einblicke in das Fernausbildungskonzept der Bundeswehr ermöglichte.

Mein besonders herzlicher Dank geht an meinen akademischen Betreuer, Herrn Dr. Udo Hinze vom Schweriner Ausbildungszentrum e.V., der diese Arbeit betreut und be- gutachtet hat. Das von ihm entgegengebrachte Vertrauen und die unermüdliche Er- munterung zum Vertiefen des gewählten Themas haben wesentlich zum Gelingen die- ser Arbeit beigetragen.

Besonders hilfreich für das Entstehen dieser Arbeit waren auch die zahlreichen Ratschläge und Hinweise zur Implementierung von Fernausbildung in der Bundeswehr. Hierfür danke ich allen voran Herrn Dipl.-Ing. Ulrich Kobusch, der mir die Teilnahme an diesem Lehrgang ermöglichte und mir bei allen meinen Fragen geduldig zur Seite stand.

An dieser Stelle danke ich auch Herrn Prof. Dr. Wolf G. Völker für die Übernahme des Gutachtens meiner Masterarbeit.

Einen bedeutenden Anteil am Gelingen dieser Arbeit haben jedoch vor allem die Reserveoffiziere selbst, die sich mit vollem Engagement an dem durchgeführten Feldtest per Erhebungsbogen beteiligten.

Andernach, im August 2007

Katja Büchner

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild- und Tabellenverzeichnis

BILDER

BILD 1: MATRIX ALS HILFESTELLUNG FÜR DIE AUSWAHL VON MEDIEN

BILD 2: SICHTWEISEN AUF BLENDED LEARNING

BILD 3: PHASEN IM KONSTRUKTIVISTISCHEN LERNPARADIGMA NACH SCHULZ

BILD 4: AUSBILDUNGSVERFAHREN DER FERNAUSBILDUNG

BILD 5: DAS VIRTUELLE KLASSENZIMMER „VC SUMATRA“

BILD 6: ISAF HANDZETTEL

BILD 7: SCREENSHOT DES PERSÖNLICHEN ILIAS - SCHREIBTISCHES

BILD 8: SCREENSHOT EINES WBT IN ILIAS

BILD 9: SCHEMATISCHER ABLAUF DES SEMINARS „CROSSMEDIA-KAMPAGNENPLANUNG“

BILD 10: REALISIERUNG UND EVALUATION DES BLENDED-LEARNING-KONZEPTS

TABELLEN

TABELLE 1: VERTEILUNG DER RESERVEOFFIZIERE IN DER TRUPPE FÜR OPERATIVE INFORMATION

TABELLE 2: AUFSCHLÜSSELUNG DER ZIELGRUPPE NACH IHREM ZIVILEN, BERUFLICHEN UMFELD

TABELLE 3: ERFAHRUNGEN DER RESERVEOFFIZIERE MIT E-LEARNING MAßNAHMEN

TABELLE 4: ANGABEN ÜBER DIE GEWÜNSCHTE FORM DES AUSTAUSCHES MIT AKTIVEN SOLDATEN

TABELLE 5: ANFORDERUNGEN DER RESERVEOFFIZIERE AN FERNAUSBILDUNGSANGEBOTEN

TABELLE 6: ANFORDERUNGEN DER RESERVEOFFIZIERE AN HILFSMÖGLICHKEITEN

TABELLE 7: LERNINHALTE DER MODULE DES SEMINARS „CROSSMEDIA-KAMPAGNENPLANUNG“

TABELLE 8: EVALUATIONSKRITERIEN NACH MANDL

Vorwort

Die Bundeswehr hat, bedingt durch die politisch unterstützte „Konzeption zur Trans- formation der Bundeswehr“ vermehrten Bedarf, nicht nur aktive Soldaten, sondern e- benso geeignete Reservisten für die Besetzung von Dienstposten in den besonderen Auslandseinsätzen auszubilden. Diese Reservisten sollen als Fachleute und Spezialis- ten eingesetzt werden. Deshalb legt die Bundeswehr in Zukunft noch mehr Augenmerk auf die Ausbildung und Vorbereitung ihrer Soldaten, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Um den Anforderungen der sich stark verändernden Wissensgesellschaft gerecht zu werden, will die Bundeswehr bis zum Jahr 2010 insgesamt 600 Soldaten zu Teletuto- ren ausbilden [GROSSMANN 2005, S. 58]. Die zertifizierten Tutoren sollen nach SCHULZ in diesem Lehrgang dazu befähigt werden, „IT-gestützte Ausbildungsszena- rien wie das tutorielle Begleiten des individuellen Fernlernens, die virtuelle Gruppenko- operation, den Unterricht in verteilten Klassenzimmern, die Kommunikation im Inter- net/Intranet und das Lernen unter den Bedingungen eines IT-gestützten Ausbildungs- systems Bundeswehr lernerorientiert, zielgerichtet und projektbezogen anzuwenden“ [SCHULZ u.a., 2004, S. 6].

Bis zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit gab es für Reservisten in der Bundeswehr noch kein Bildungsangebot, welches bisher unter tutorieller Begleitung und vor dem Hintergrund von Blended-Learning-Szenarien in die Praxis umgesetzt wurde. Vor der Erstellung des Konzeptes für ein Blended-Learning-Seminar für Reserveoffiziere der Bundeswehr mussten folglich wesentliche Fragen zur Zielgruppe des Seminars beantwortet werden. Hierfür wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Fragebogen erstellt und einem Teil der Reserveoffiziere der Truppe für Operative Information per E-Mail mit einem Anschreiben zugesandt. Es sollten mit dieser empirischen Erhebung unter anderem folgende Fragen beantwortet werden:

- In welchem zivilberuflichen Umfeld arbeiten die Reserveoffiziere der Truppe für Operative Information?
- Besitzen die Reserveoffiziere Medienkompetenz bzw. wie schätzen sie ihre Kenntnisse im Umgang mit dem Computer ein?
- Haben die späteren Seminarteilnehmer bereits Erfahrungen mit E-Learning oder Blended-Learning gemacht?
- Ist der kommunikative Austausch mit aktiven Soldaten der Bundeswehr von den Reserveoffizieren selbst überhaupt gewünscht?
- Welche Anforderungen an das Seminar, bezogen auf Lernzeiten, tutorielle Betreuung und das didaktische Konzept sollen nach Ansicht der Reserveof- fiziere erfüllt werden?

Innerhalb des Erhebungszeitraumes sandten neun der angeschriebenen 21 Reserveof- fiziere den Fragebogen ausgefüllt per E-Mail oder Post an die Verfasserin zurück. In- nerhalb der konzeptuellen Zielgruppenbeschreibung in Kapitel 5 dieser Arbeit werden die Antworten aus diesen Fragebögen aufgearbeitet und teilweise tabellarisch darge- stellt.

Der aktuelle Forschungsstand zum Thema „Blended-Learning“ in der Literatur bezieht sich größtenteils auf durchgeführte Online-Seminare an Hochschulen. Zur Implemen- tierung von Blended-Learning in Unternehmen gibt es dagegen nur eine sehr begrenz- te Auswahl an Quellen, die sich zumeist auf Projektberichte stützt. Aufgrund der indivi- duellen Gegebenheiten in einem Unternehmen wie der Bundeswehr konnten diese Quellen nur bedingt genutzt werden. Für die Konzeption des Blended-Learning- Seminars wurde deshalb versucht, auf die bisherigen Erfahrungen aus dem Verwen- dungslehrgang „Teletutor der Bundeswehr“ zurückzugreifen und diese in der Konzepti- on des Seminars zu berücksichtigen.

1. Einleitung

1.1 Motivation

Die Truppe für Operative Information1 der Bundeswehr wirkt mit verschiedenen Medien auf Zielgruppen in der Bevölkerung des Einsatzlandes und/oder fremde Streitkräfte ein, um diese Zielgruppen in Krisengebieten zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung zu bewegen [vgl. OPINFO a, 2006]. Hierbei nutzt OpInfo unter anderem das Konzept der „Crossmedia-Kampagnenplanung“. Die Bekanntmachung des Umzuges der International Security Assistance Force (ISAF) in ein anderes Lager beispielsweise wird durch verschiedene Medien, wie Radio, Video und Print so abgebildet, dass die Botschaft bei der Zielgruppe auf verschiedenen Kanälen ankommt.

Reservisten, für die ein Auslandseinsatz in einem der Einsatzländer der Bundeswehr geplant ist, müssen speziell auf diese Crossmedia-Szenarien vorbereitet werden. Blended-Learning bietet für sie eine geeignete Methode, Situationen aus dem Einsatz in computerunterstützter, tutoriell begleiteter Form zu simulieren und anhand der virtu- ellen Gruppenkooperation eigene Kampagnen zu entwickeln. Nachfolgend soll an die- ser Stelle ein Blended-Learning-Seminar „Crossmedia-Kampagnenplanung“ entwickelt werden. Die Vorgehensweise lehnt sich an die PAS (Publicly Available Specification) 1032-1:2004 [REGLIN, HANDT et al., 2004] an. Dieses vom Deutschen Institut für Normung e.V. entwickelte Referenzmodell, dient dem Qualitätsmanagement und der Qualitätssicherung im E-Learning und ist inzwischen international anerkannt.

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, ein Konzept für die erfolgreiche Durchführung eines Blended- Learning-Seminars für Reserveoffiziere der Truppe für Operative Information zu erstel- len. Ausgehend von Erkenntnissen aus den verschiedenen Lerntheorien, sowie aus Gruppen- und Kommunikationsprozessen erscheint es sinnvoll, diese ebenso in diese Arbeit einfließen zu lassen, wie didaktische und technologische Gesichtspunkte. Schlussfolgernd aus der Anmerkung SCHULMEISTERS, stehen Blended-Learning- Szenarien derzeit immer noch am Anfang ihrer Entwicklung , denn „es gibt bisher rela- tiv wenig Berichte bzw. Evaluationen über Online-Seminare, selbst in der amerikani- chen Literatur, und die meisten frühen Berichte ähneln mehr Propagandaschriften als wissenschaftlichen Evaluationen“ [SCHULMEISTER, 2001, S. 255].

Mit dieser Arbeit soll deshalb für den Bereich der Einbindung von Reserveoffizieren in die einsatzvorbereitende Ausbildung ein Beitrag zum Aufbau tutoriell betreuter Lernformen in der Fernausbildung der Bundeswehr geleistet werden.

1.3 Aufbau der Arbeit

Kapitel 2 beschäftigt sich zunächst mit dem Wissensbegriff. Im zweiten Abschnitt des Kapitels werden verschiedene Definitionen des Lernens voneinander abgegrenzt. Das Kapitel schließt mit dem dritten Teil ab, in dem auf die drei wichtigsten lerntheoreti- schen Ansätze des Lernens (Behaviorismus, Kognitivismus, Konstruktivismus) einge- gangen wird.

In Kapitel 3 werden verschiedene Aspekte computerunterstützten kooperativen Lernens beleuchtet. In einem nächsten Schritt werden die Vor- und Nachteile synchroner und asynchroner Kommunikation gegeneinander abgewogen. Das Kapitel widmet sich weiterhin der Gegenüberstellung traditioneller und virtueller Seminare und endet mit einer kritischen Betrachtung von Blended-Learning-Szenarien.

In Kapitel 4 wird die derzeitige Ausbildungssituation in der Bundeswehr vorgestellt. Einleitend wird hierzu auf einige, die derzeitige Ausbildungssituation kennzeichnende Faktoren eingegangen. Im Anschluss daran wird das Ausbildungskonzept der Fernausbildung in der Bundeswehr vorgestellt. Nachdem auf die Ausbildung der Teletutoren in der Bundeswehr fokussiert wird, schließt sich die Betrachtung wesentlicher Komponenten der Fernausbildung an.

Kapitel 5 widmet sich der Konzeption des Blended-Learning-Seminars „Crossmedia- Kampagnenplanung“ für Reserveoffiziere der Bundeswehr, was den Schwerpunkt die- ser Arbeit ausmacht. Zunächst werden die verschiedenen Planungsphasen zur Erstel- lung eines Blended-Learning-Seminars vorgestellt. Im Anschluss erfolgt die Erarbei- tung der Bedarfsanalyse unter Einbeziehung der gewonnenen Erkenntnisse aus der Befragung von Reserveoffizieren der Truppe für Operative Information. Danach wird das Rahmenkonzept des Seminars entwickelt. Anschließend erfolgt eine Auseinander- setzung mit der Entwicklung von Lehr- und Lernmaterialien für das Blended-Learning- Seminar. Den Abschluss des Kapitels bildet die Ausgestaltung der inhaltlichen Aufbe- reitung der Bildungsmaßnahme.

Kapitel 6 beschäftigt sich vornehmlich mit Erläuterungen zu Begriffen der Evaluation und zum Evaluationskonzept des Blended-Learning-Seminars „Crossmedia- Kampagnenplanung“. Hier wird speziell auf Möglichkeiten eingegangen, die eine kontinuierliche Sicherstellung der Qualität der Ausbildung gewährleisten können.

Zum Abschluss der Arbeit werden in Kapitel 7 die wichtigsten Resultate dieser Arbeit zusammengefasst und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen thesenartig darge- stellt.

2. Wissen und Lernen

Wissen und Lernen stehen in enger Verbindung zueinander, wobei Lernen als aktiver Prozess angesehen wird [vgl. DICHANZ & ERNST, 2003, S. 50]. Ausgehend von dieser Annahme, könnte man vereinfacht zusammenfassen, dass Wissen das Ziel bildet, welches mit dem Lernen erreicht werden soll.

Im folgenden Kapitel wird zunächst auf die Definition des verwendeten Wissensbegriffes näher eingegangen. Der Darstellung verschiedener Wissenstypen im didaktischen Design folgt die Beschreibung relevanter lerntheoretischer Ansätze, welche die mediendidaktischen Diskussionen der vergangenen Jahrzehnte entscheidend geprägt haben, sowie ihre unmittelbare kritische Betrachtung.

2.1 Wissen

2.1.1 Einführung und Begriffsbestimmung

Wissen ist ein wichtiger Faktor innerhalb unserer heutigen Informationsgesellschaft und der Ausgangspunkt jeglicher Innovation. Aus der puren Ansammlung von Informa- tionen erwächst jedoch noch längst kein Wissen. Erst wenn die gesammelten Informa- tionen verstanden und genutzt werden, entwickelt sich ein Wissensbestand. Ein Resul- tat des Wissens ist das Können. Es umfasst mehr als lediglich die sensomotorischen Aktivitäten, wie den Umgang mit Zeichen, Symbolen, Bildern, Worten und Tönen. In der Anwendung von Wissen sind auch sensomotorische Fähigkeiten, wie das Planen und Organisieren von Handlungen und das Ziehen von Schlussfolgerungen enthalten. Vereinfacht ausgedrückt ist Wissen die Summe aus aufgenommenen, verarbeiteten und im Gehirn gespeicherten Informationen.

In der Literatur wird der Begriff des Wissens nicht eindeutig definiert. HOF beispiels- weise deklariert, dass Wissen als Sammlung von Ideen und Fakten, als Fähigkeit, Dis- position oder Kognition, als Erkenntnisresultat oder auch als Symbol- und Zeichensys- tem verstanden werden kann [vgl. HOF, 1996, S. 12 ff]. SEEL2000 hingegen erläu- tert den Begriff des Wissens im Glossar seines Buches "Psychologie des Lernens" als ein "kognitives Phänomen, das erfahrungsbegründet durch Denkprozesse erzeugt wird. Es setzt Bewusstsein, Begründbarkeit und Referentialität voraus und unterschei- det sich von den epistemischen Kategorien Meinen und Glauben durch den Grad des Fürwahrhaltens".

Demnach können dem gespeicherten Wissen verschiedene Eigenschaften zugeordnet werden: es kann einerseits wahr sein, andererseits infolge irreführender Informationen aber auch falsch sein. Darüber hinaus ist Wissen, so NASSEHI [2000, S. 3], "alles andere als eindeutig. Wir wissen über den gleichen Gegenstand und zu gleichen Fragen höchst Unterschiedliches. Wissen ist stets der Gefahr ausgesetzt, widerlegt zu werden oder mit Gegenteiligem konfrontiert zu werden. [...] Wissen baut sich stets auf Vorwissen und Erfahrung auf. Wissen ist nie eine creatio ex nihilo, eine Neuschöpfung aus dem Nichts, sondern das Resultat eigendynamischer Prozesse. Selbst die Korrektur von Wissen setzt bereits Wissen voraus" [ebd., S. 3 f ].

Schlussfolgernd ist Wissen als Grundlage für die Denk- und Lernprozesse des Menschen unentbehrlich. Aus diesem Grund müssen der Aufbau von Wissen und die Schaffung einer breiten Wissensbasis im Mittelpunkt von Bildung stehen. Ein Wissen basierend auf dem reinen Auswendiglernen von Begriffen oder der Aneinanderreihung von Fakten reicht in unserer modernen Gesellschaft nicht aus. Wissen muss situationsgerecht angewendet werden können.

Vor allem für die technische Konzeption und die anschließende Implementierung computerunterstützter Lernangebote ist es hilfreich, im didaktischen Design verschiedene Wissenstypen zu unterscheiden, die nachfolgend fokussiert werden sollen. Gemäß dem wissenspsychologischen Modell der Architektur menschlichen Wissens von J. R. ANDERSON1983 wird Wissen grundsätzlich in zwei Klassen unterteilt:

- deklaratives Wissens ("Wissen, was ..."), und
- prozedurales Wissen ("Wissen, wie ...").

2.1.2 Deklaratives Wissen ("Wissen, was")

Deklaratives Wissen beinhaltet statisches Wissen oder Faktenwissen, welches sich auf konkrete Einzelheiten, Ereignisse oder Fälle bezieht. Hierbei kann es sich auch um abstrakte Begriffe oder Konzepte handeln. Diese Art des Wissens kann auf zwei ver- schiedenen Wegen präsentiert werden: durch sprachliche Äußerung oder durch die bildliche Darstellung.

Nach ANDERSON et al.1995 lässt sich das deklarative, erfasste Wissen durch Beo- bachtung oder externe Information im Gehirn abspeichern. Die Speicherung und der Abruf der gespeicherten Informationen sind dabei zwei verschiedene Prozesse, wobei die Speicherung nicht die Abrufbarkeit der Informationen garantiert. Diese Gegebenheit führt dazu, dass sich deklaratives Wissen im Vergleich zu prozeduralem Wissen zwar schneller aneignen, jedoch in konkreten Situationen nicht anwenden lässt.

Im Bereich „Crossmedia“ erstreckt sich die Aneignung deklarativen Wissens beispiels- weise über das Wissen um die Existenz verschiedener Werbewirkungsmodelle, sowie über das Wissen um die Eigenschaften verschiedener Kommunikationselemente, wie Print-, Radio- oder Fernsehmedien. Dem Aufbau deklarativen Wissens kommt im Blended-Learning-Seminar „Crossmedia-Kampagnenplanung“ vor allem in der Phase des Selbstlernens besondere Bedeutung zu. Der Aufbau prozeduralen Wissens setzt das Vorhandensein deklarativen Wissens über die Grundlagen und Begriffe im Bereich der „crossmedialen Kampagnenplanung“ voraus. Für Reserveoffiziere der Truppe für Operative Information ist es nicht ausreichend, lediglich die theoretischen Hintergründe aus dem Bereich „Crossmedia“ zu kennen. Sie müssen dieses grundlegende Wissen auch in den Einsatzszenarien der Bundeswehr z. B. in Medienkampagnen zum Aufbau von Vertrauen in der afghanischen Bevölkerung, anwenden können.

2.1.3 Prozedurales Wissen ("Wissen, wie")

Im Gegensatz zu deklarativem Wissen wird das prozedurale Wissen als dynamisches Wissen bezeichnet. Es umfasst die Fähigkeit, deklaratives Wissen konstruieren, ver- knüpfen und in konkreten Situationen anwenden zu können. Es bezieht sich auf das Aneignen spezifischer Fertigkeiten oder Strategien in einem Fachgebiet. Prozedurales Wissen entsteht nach dem Aufbau grundlegenden deklarativen Wissens. Prozedurales Wissen kann durch langjährige Erfahrung und Anwendung so beherrscht werden, dass das Wissen ohne kognitive Kontrolle angewendet werden kann. In diesem Stadium wird allgemein von Expertenwissen gesprochen. Als Folge dieses Expertenwissens kann sich der Lernende komplexen Anforderungen stellen, da er durch den entstande- nen "Automatismus" kognitive Ressourcen freigesetzt hat [vgl. BAUMGARTNER & PAYR, 1994, S. 20-24].

Dem Aufbau prozeduralen Wissens kommt im Blended-Learning-Seminar „Crossme- dia-Kampagnenplanung“ besondere Bedeutung zu. Vor allem in der virtuellen Koopera- tion der Reserveoffiziere untereinander und dem kommunikativen Austausch mit akti- ven OpInfo-Offizieren soll prozedurales Wissen kontinuierlich aufgebaut werden. Ge- rade bei der Konzeption, Organisation und Durchführung crossmedialer Medienkam- pagnen in den besonderen Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist es wichtig, die theo- retischen Grundlagen und bisherigen Erfahrungen zu Crossmedia auf die besonderen Anforderungen der Zielgruppe im Einsatzland abstimmen zu können.

2.2 Lernen

Um den Besonderheiten des Lernens mit neuen Medien gerecht werden zu können, ist es aus psychologischer Sicht sinnvoll, den Prozess des „Lernens“ zu kennen und zu verstehen. Hierfür lassen sich sowohl in der pädagogischen, als auch in der psycholo- gischen Literatur verschiedene Definitionen finden. Um die Kernaspekte des Lernbeg- riffs zu verdeutlichen, werden nachfolgend drei dieser Definitionen exemplarisch ge- genübergestellt.

DICHANZ & ERNST beispielsweise entwickeln mit Rückgriff auf verschiedene Lerntheorien folgende Begriffsbestimmung:

„ Lernen ist ein Prozess der Informationsaufnahme und Erfahrungsverarbeitung, während dessen der Lerner das für ihn nützliche und geeignete Wissen selek tiert, konstruiert und damit ständig seinen eigenen Lernprozess aktiv betreibt und bestimmt. “ [DICHANZ & ERNST 2003, S. 50]

Diese Definition betont Lernen als einen aktiven Prozess, bei dem der Lerner individuell mit seiner Umwelt interagiert und sich damit selbst einen Zuwachs an Wissen aneignet. Zwar wird Lernen in dieser Definition als Prozess verstanden, doch die Zielsetzung, eine Verhaltensänderung zu bewirken, wird hier nur mit dem Begriff der Erfah rungsverarbeitung angedeutet. Eine genauere Betrachtung des Lernprozesses findet sich in der Definition des eLearning Academic Network Niedersachsen:

„ Lernen ist eine relativüberdauernde Veränderung von Verhaltens- dispositionen. Auf dieses gelernte Verhalten kann unter bestimmten momenta- nen Bedingungen zurückgegriffen werden. (...) Lernen erfordert die Aufnahme von Informationen durch die Sinnesorgane, ihre Speicherung im Gedächtnis und ihre Abrufbarkeit im Bedarfsfall. [eLearning Academic Network Niedersach- sen, 2007]

Der kognitive Aspekt des Lernens wird in dieser Definition als vordergründig angese- hen, wobei an dieser Stelle das Lernen selbst als Wissenserwerb verstanden wird. In Erweiterung der ersten Definition verstehen neuere Ansätze das Lernen als einen kon- struktiven Prozess, bei dem die Eigenaktivität des Lernenden im Vordergrund steht:

„ In der pädagogischen Diskussion wird Lernen heute meist als ein aktiver, kon- struktiver, zielorientierter und situierter Prozess angesehen. Lernende kon- struieren demnach ihre eigenen Wissensstrukturen aktiv so, dass das generier- te Wissen für die Bewältigung künftiger Anforderungssituationen möglichst funk- tional ist. Dieser Konstruktionsprozess ist jeweils in einem bestimmten gegen- ständlichen und sozialen Kontext situiert [SCHNOTZ, SEUFERT & BANNERT 2001, S. 457-467].

In Zusammenfassung der vorangegangenen Definition lassen sich verschiedene Merkmale charakterisieren, nach denen Lernen...

... ein aktiver Prozess ist, bei dem der Lernende das für ihn wichtige und geeigne- te Wissen selbst auswählt und mit seinen gemachten Erfahrungen verarbeitet.

... aus der kognitiven Verarbeitung von Informationen, sowie ihrer Speicherung und Abrufbarkeit im Bedarfsfall besteht.

... zu einer Verhaltensänderung führt, wobei in bestimmten Situationen auf das er- lernte Verhalten zurückgegriffen werden kann.

... zukünftiges, den Anforderungen der Situation angepasstes Verhalten ermög- licht.

2.3 Lerntheoretische Ansätze

Für die Planung mediengestützter Lernangebote unterscheidet man aus der Lehr- Lernforschung heraus grundsätzlich drei lerntheoretische Ansätze, auch Lernparadig- men genannt. Diese Ansätze beruhen auf dem allgemeinen Verständnis von Lernen und sind nach KERRES (2001, S. 55ff) zum einen die behavioristische „programmierte Unterweisung“, zum zweiten die aus dem Kognitivismus heraus entstandenen „tutoriel- len Systeme“ und zum dritten das „situierte Lernen“ des Konstruktivismus. Für die Ges- taltung von Lernumgebungen bilden diese übergeordneten didaktischen Modelle den jeweiligen kategorischen Oberbegriff. Im weiteren Vorgehen dieser Arbeit werden die erwähnten lerntheoretischen Modelle spezifischer konkretisiert und kritisch betrachtet.

2.3.1 Behavioristischer Ansatz des Lernens

Dem Behaviorismus als verhaltenstheoretischen Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass der Prozess des Lernens einem Reiz-Reaktions-Mechanismus unterliegt. Dieses Schema des „Lernens am Erfolg“ wurde vor allem von B. F. SKINNER in den 60er Jah- ren des vergangenen Jahrhunderts propagiert und bestimmt sich maßgeblich durch verstärkende bzw. belohnende und bestrafende Faktoren. SKINNER nannte diese Reiz-Reaktions-Kette auch „operantes Konditionieren“ und prägte den Begriff des „Verstärkers“. Er kategorisierte potenzielle Konsequenzen, die als positive und negati- ve Verstärker ein erwünschtes Verhalten aufbauen und stabilisieren können [vgl. SEU- FERT & EULER 2005, S. 17]. Die verstärkende Konsequenz sollte dabei möglichst unmittelbar auf die erbrachte Leistung folgen. Als Beispiel dienen hier interaktive Me- dien, bei denen der Lernfortschritt des Einzelnen regelmäßig abgefragt und bei positi- ver Antwort bekräftigt wird. Die Bekräftigungsrate soll dem Leistungsniveau angepasst werden und ist als intermittierende Verstärkung anzusehen [vgl. KERRES 2001, S. 58]. Das menschliche Gehirn wird im Behaviorismus als eine Art „Black Box“ aufgefasst. Lernen ist hiernach eine Verhaltensänderung, die aus dem Vergleich zwischen dem beobachteten Verhalten vor und nach dem Lernprozess resultiert. SKINNER prägte neben dem Begriff des „Verstärkers“ weiterhin den Begriff der „programmierten Instruk- tion“. Der Lernende wird nach einem Frage-Antwort-Muster in vorgegebenen Sequen- zen, bestehend aus kleinsten Informationseinheiten, durch das Programm geführt. Nach jeder Sequenz erfolgt sofort eine Lernkontrolle. Im Falle einer negativen Rück- meldung wird die gesamte Sequenz wiederholt. Bei der programmierten Instruktions- methode nach SKINNER ist der Lernweg von vornherein vorgegeben und kann nicht vom Lerner selbst bestimmt werden. Ein Beispiel für behavioristisch geprägte Lernpro- gramme sind die Drill&Practice-Übungen, die auch heute noch in vielen Sprachlern- programmen eingebunden sind.

Kritik am behavioristischen Ansatz

In der Literatur werden vor allem drei charakteristische Elemente des Behaviorismus kritisiert, auf die an dieser Stelle näher eingegangen werden soll.

a) Behavioristisches Menschenbild

Grundlegend für den Behaviorismus ist die Betrachtung des Individuums als passives und fremdgesteuertes Wesen. Diese Determinierung teilen Kritiker des Behaviorismus nicht. Sie sind der Ansicht, dass die Interaktion des Menschen mit seine Umwelt nicht nur auf eine Angelegenheit aus Reizen und Reaktionen begrenzt werden kann [vgl. FORTMÜLLER, 1991, S. 70ff]

b) Beschränkung auf beobachtbare Phänomene

Im Behaviorismus werden Geisteszustände während des Lernprozesses ausgeklam- mert, da es sich hierbei um nicht beobachtbare Phänomene handelt. Gemäß dem Be- haviorismus zeigen sich diese Phänomene eher in ihren Auswirkungen auf das Verhal- ten des Menschen, wie etwa das Erröten des Gesichtes beim Auftreten von Gefühlen der Beschämtheit. Dem entgegen spricht die Tatsache, dass es sich bei einem be- stimmten Verhalten auch nur um ein gespieltes Verhalten handeln könnte. Zudem kön- nen beim Gefühl der Beschämtheit auch andere Reaktionen auftreten, als die des Errö- tens - Reaktionen, die nicht direkt beobachtbar sind [vgl. FORTMÜLLER, 1994, S. 67].

c) Eingeschränkte Erklärungsbreite des Behaviorismus

Hinreichende Erklärungskraft besitzt der behavioristische Ansatz nur für eine ausgesprochen kleine Klasse realer Lernprozesse. Für komplexe, auf das Verständnis von Gesamtzusammenhängen zielende Lernprozesse erwies sich der Behaviorismus als unzureichend [vgl. DUBS, 1995, S. 25].

Für die „Crossmedia-Kampagnenplanung“ sind behavioristisch geprägte Lernpro- gramme nur begrenzt einsetzbar. Die Auseinandersetzung der Seminarteilnehmer mit komplexen Zusammenhängen aus der Werbepsychologie und Marketingbranche lässt sich kaum in „Drill & Practise“-taugliche Sequenzen gliedern. Darüber hinaus erfordert die crossmediale Erstellung von OpInfo-Produkten ein übergeordnetes Verständnis für die Gesamtzusammenhänge der Truppe für Operative Information und der Situation der Zielgruppe in den verschiedenen Einsatzländern. Gut geeignet erscheinen behavi- oristisch geprägte Lernprogramme in der „Crossmedia-Kampagnenplanung“ aus- schließlich zum Erlernen einfach strukturierter Wissensbereiche, wie das Erlernen von Grundbegriffen zum Thema Crossmedia, sowie zur Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis.

2.3.2 Kognitiver Ansatz des Lernens

Im Gegensatz zum Behaviorismus, bei dem Lernen als passiver Prozess angesehen wird, fasst der Kognitivismus Lernen als einen aktiven Prozess auf. In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts setzte in der Diskussion um die Anwendung behavi- oristischer Lerntheorien in computergestützten Anwendungen eine kognitive Wende ein. Die Forschung beschränkte sich nun nicht mehr nur auf das beobachtbare Verhal- ten, sondern legte ihren Fokus auch auf die Denkprozesse während des Lernens. Eine zentrale Aussage des Kognitivismus ist, dass für das Lernen ein Zusammenspiel aus bereits vorhandenem Wissen (Vorwissen) und der Anknüpfung von neuen Informa- tionen an dieses Vorwissen erfolgt. Kognitive Strukturen werden unter dem Aspekt „Lernen durch Einsicht“ aufgebaut. [vgl. EDELMANN, 1996, S. 8ff]

Ende der 80er Jahre erfuhren wissensbasierte Systeme unter dem Begriff der Intelli- genten Tutoriellen Systeme (ITS) eine Renaissance. Aus dem Antwortverhalten der Lerner heraus, wollte man nun Rückschlüsse auf deren kognitive Struktur ziehen.

Als Mangel erwies sich bei diesem Grundgedanken jedoch, dass sich im Rahmen di- daktischer Analysen nicht präzise bestimmen lässt, welche kognitiven Prozesse zur Aneignung einzelner Lerninhalte notwendig sind. Aus diesem Mangel heraus abgelei- tet, lässt sich folglich auch die Gestaltung der Lernmedien nicht an diesen kognitiven Prozessen ausrichten. Die zu dieser Zeit entwickelten Lernprogramme, vorrangig CBT2 -Systeme werden auch als adaptiv bezeichnet. Abhängig von den Eingaben eines Benutzers auf eine gestellte Frage, trifft das Programm die Entscheidung, wie der Lern- weg weiter fortgesetzt wird. Bis heute konnten sich diese Systeme aufgrund ihrer ho- hen Produktionskosten und der fehlenden Möglichkeit der Generierung von Experten- systemen, die sich an den Wissensstand des Benutzers flexibel anpassen, nicht durchsetzen. Der Kognitivismus ist zwei entscheidenden Kritikpunkten ausgesetzt: der Reduktion menschlichen Handelns auf die kognitive Informationsverarbeitung und der Ausblendung von Einflüssen der Umwelt auf den einzelnen Lerner [vgl. KERRES, 2001, S. 65ff].

Kritik am kognitiven Ansatz

Kognitive Lerntheorien betrachten den Menschen als aktives, selbstgesteuertes Wesen. Im Grunde genommen entwickelte sich der Kognitivismus als eine Art Gegenbewegung zum Behaviorismus. Die daraus abgeleiteten zahlreichen Ansätze geben gleichzeitig Anlass, diese Ansätze kritisch zu hinterfragen. Die wesentlichsten Kritikpunkte sollen nachfolgend näher betrachtet werden.

a) Sichtweise des menschlichen Geistes

Kognitiven Lerntheorien wird eine Überbetonung geistiger Prozesse zugeschrieben. Dabei bleiben im Kognitivismus jedoch wichtige nichtgeistige Aspekte unberücksichtigt. BAUMGARTNER & PAYR zum Beispiel bezweifeln, dass sich alles Wissen reprä- sentieren lässt [BAUMGARTNER & PAYR, 1994, S. 106]. Vor allem Wissen, dass sich nicht in geistigen, sondern eher in körperlichen Fähigkeiten ausdrückt, lässt sich aus kognitiver Sichtweise nicht repräsentieren.

b) Überbetonung geistiger Prozesse

Der Kognitivismus verwendet zur Erklärung kognitiver Lernprozesse gern die Leitmeta- pher des Computers, wobei emotionale Aspekte und Affekte von Kognitivisten als weit- gehend bedeutungslos angesehen werden. Weiterhin vernachlässigen Kognitivisten auch die Situation und das kulturelle Umfeld, in welchem sich der Lernende befindet. Der Mensch kann jedoch nicht schlicht auf ein „informationsverarbeitendes Individuum“ reduziert werden. Emotionen und Affekte, wie auch die verschiedenen kulturellen Be- dingungen sind wichtiger Bestandteil menschlichen Lebens und sollten daher unbe- dingt berücksichtigt werden.

2.3.3 Konstruktivistischer Ansatz des Lernens

Als Alternative zu kognitivistischen Ansätzen konnten sich in der wissenschaftlichen Diskussion zunehmend konstruktivistische Lernparadigmen durchsetzen. REIGELUTH [1996, 3, S. 13-20] spricht gar von den „neuen Lehrmethoden des Konstruktivismus“, wonach diese den Lerner anstelle des Lehrers in den Mittelpunkt didaktischer Überle- gungen stellen. Der Konstruktivismus geht davon aus, dass die Erarbeitung von Wis- sen in einem subjektiven Konstruktionsprozess stattfindet, wobei die Verknüpfung neuer Inhalte in dem Kontext bzw. in der Situation erfolgt, in der das Wissen erworben wird. In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff des „situierten Lernens“ herausge- bildet. Der Prozess des Lernens soll in diesen Situationen durch die Bewältigung mög- lichst realer Problemstellungen erfolgen. Kooperatives Lernen, das Lernen in virtuellen Arbeitsgruppen, stellt in offenen3 Lernumgebungen einen integralen Bestandteil dar. Dem Lehrenden wird in diesen Lernumgebungen die Rolle eines Coaches bzw. Tutors zugesprochen. Hauptsächlich werden zwei Arten konstruktivistischer Ausprägung un- terschieden. Zum einen handelt es sich um den „gemäßigten“ Konstruktivismus, bei dem die Lernenden vom Tutor eine instruktionale Unterstützung bei der Bearbeitung der Aufgaben erfahren. Zum anderen handelt es sich um „radikale“ Ausprägungen des Konstruktivismus, bei dem jegliche Unterstützung der Lernenden während des Lern- prozesses entfällt. Beim konstruktivistischen Lernparadigma wird davon ausgegan- gen, dass es nicht möglich ist, aufgebautes Wissen von einem Lerner exakt auf einen anderen Lerner zu übertragen. Es werden vielmehr neue mit bereits bestehenden Wis- senskonstrukten verbunden (vgl. [SCHULMEISTER 1996, S. 67] und [MANDL/WINKLER 2002, S. 32]).

Dem Seminar „Crossmedia-Kampagnenplanung“ wird didaktisch-methodisch ein „ge- mäßigt konstruktivistisches Lernparadigma“ zugrunde gelegt. Auf der einen Seite wird also davon ausgegangen, dass sich Lerninhalte als „Wissen“ nicht einfach in die Köpfe der Lerner transferieren lassen. SCHULZ geht vielmehr von einem konstruktivistischen Leitgedanken aus, in dem er anführt, dass „sich Lernende stets mit ihren aufgenommenen Informationen ein eigenes Modell der Welt und damit des Lernstoffs „konstruieren“ [SCHULZ u.a., 2004, S. 24]. Auf der anderen Seite gilt für das Blended-Learning- Seminar „Crossmedia-Kampagnenplanung“ die didaktische Grundannahme deshalb als konstruktivistisch „gemäßigt“, weil im Unterschied zum „radikalen Konstruktivismus“ in diesem Seminar ein steuerndes Einwirken durch den Tutor auf den Ablauf der Lernprozesse der Seminarteilnehmer zugelassen wird.

TERHART führt in seiner Kritik zum radikalen Konstruktivismus an: „Der wirklich radi- kale Konstruktivismus würde didaktisches Denken und Handeln letztendlich sachlich unmöglich sowie moralisch illegitim und völlig überflüssig machen“ [TERHART 1999, S. 638]. Das gemäßigt konstruktivistische Lernszenario lässt im Hinblick auf diese Kritik ein zielgerichtetes und steuerndes Einwirken z.B. durch den Online-Tutor auf die Or- ganisation der Lernprozesse der Zielgruppe zu und kann sogar für die ergebnisorien- tierte Lehrstofferschließung hilfreich sein. Im „gemäßigten Konstruktivismus“ sieht sich der Lernende mit einem Problem oder einer Frage (z.B. Warum ist die Burka blau?) konfrontiert, die er löst und wobei er selbstgesteuert Wissen erwirbt. Der Lerner steht hierbei im Mittelpunkt der didaktischen Überlegungen. Er selbst entscheidet über die zu wählenden Lerninhalte, -wege und -schritte.

Für die Gestaltung medialer Lernangebote ist es entscheidend, geeignete Lösungen für bestimmte Anforderungssituationen zu finden. Diese Lösungen müssen sich nicht zwingend auf nur eines der aufgeführten Lernparadigmen beschränken. Sie bestehen vielmehr in einer Kombination aus „modernen“ konstruktivistischen Elementen, als auch aus Elementen „herkömmlicher“ traditioneller Vermittlungsformen. So können in digitalen Unterrichtshilfen zum Seminar „Crossmedial-Kampagnenplanung“ beispiels- weise auch Elemente eines behavioristischen Paradigmas in Form von Lückentexten, Multiple-Choice-Fragen oder Zuordnungsaufgaben zur Lernzielkontrolle enthalten sein.

Kritik am Konstruktivismus

Auch im Konstruktivismus werden die Erkenntnisse der beiden anderen Lerntheorien nicht entkräftet. Trotz seiner historischen Aktualität merkt SIEBERT an:

„ Der Konstruktivismus ist keine Supertheorie und erst recht keine Heilslehre [...]. Er nimmt eine andere Beobachtungsperspektive zur Welt ein [...] und er- weitert so das Spektrum der Erkenntnismöglichkeiten “ [SIEBERT, 2001, S. 328].

a) Relativismustheorie und subjektive Wirklichkeiten

Der Konstruktivismus geht davon aus, dass sich jeder Mensch seine eigene Wirklich- keit schafft und sich somit sein eigenes Referenzmodell für die Realität formt. Allge- meine Wahrheitskriterien existieren im Konstruktivismus nicht. Unter einem Referenz- modell wird im Konstruktivismus ein Modell verstanden, das einen gewollten Realitäts- zustand abbildet. Kritisch betrachtet schließt jedoch die Tatsache, dass es die „eine“ Wahrheit nicht gibt, nicht aus, dass in in einigen Gebieten (wie etwa der Physik oder der Biologie) und in einigen Situationen nicht relativ gültige Kriterien gibt. Andernfalls wäre es nicht möglich, dass Erfindungen, wie das Auto in Produkte umgesetzt werden und funktionieren. Des Weiteren lässt der Konstruktivismus den Einfluss materieller, ökonomischer und sozialer Einflüsse auf unser Denken und Handeln außen vor [vgl. SIEBERT, 1998, S. 105].

b) Betrachtung des Menschen als System

Der Konstruktivismus betrachtet den Menschen als biologisches System. Aus pädago- gischer Perspektive heraus lernen und kommunizieren nicht Systeme, sondern Men- schen voneinander und miteinander. Wenn beispielsweise Reserveoffiziere bei OpInfo in einem Einsatzland ihren Dienst verrichten sollen, suchen sie mit aktiven Soldaten, die bereits im Einsatz waren und ihre eigenen Erfahrungen gemacht habe, Kontakt. Sie tauschen sich aus über ihre Sorgen und Ängste, Bedenken und Hoffnungen, als auch über ihre Gefühle und Erfahrungen. Beide Seiten, aktive Soldaten und Reservisten schaffen sich eine Gemeinschaftsbasis. Dabei können die gemeinsamen Ziele, Inte- ressen oder auch Ansichten beide Seiten miteinander verbinden. Diese Kopplung bleibt beim Konstruktivismus unberücksichtigt [vgl. SIEBERT, 1998, S. 106].

Da es im Konstruktivismus kein objektives Wissen gibt, ist die Umsetzung konstrukti- vistischer Empfehlungen in der Lehre häufig mit Schwierigkeiten verbunden. Auf vielen Gebieten der Wissenschaft gibt es unbestrittenes Wissen, dass in verständlicher Weise an den Lernenden vermittelt werden kann. Darüber hinaus ist die konstruktivisti- sche Ansicht, dass Wissen nur gelernt wird, wenn persönliches Interesse des Lernen- den vorhanden ist, sehr problematisch. Hier entsteht das Risiko, dass vom Lernenden in seiner zukünftigen Arbeitswelt Wissen abverlangt wird, welches er sich aus Mangel an Interesse zu gegebener Zeit nicht aneignen wollte. Ziel des Seminars „Crossmedia- Kampagnenplanung“ muss es demzufolge sein, nicht nur das persönliche Interesse der Reserveoffiziere zu aktivieren, sondern ihnen vor allem einen persönlichen Mehr- wert zur späteren Anwendung der Ausbildungsinhalte in der Realität des Einsatzes an die Hand zu geben.

3. Computer Supported Cooperative Learning

In diesem Kapitel werden verschiedene Aspekte, die mit CSCL in enger Verbindung stehen, beleuchtet. Nachdem eine Klassifikation von CSCL erfolgt, wird eine Einordnung virtueller Seminare in die Lernkultur vorgenommen.

3.1 Aspekte computerunterstützten kooperativen Lernens

3.1.1 Situiertes Lernen und verteilte Kognition

Zu den am meisten verwendeten Begriffen im Bereich virtueller Zusammenarbeit gehö- ren Computer Supported Cooperative Learning (CSCL) und virtuelles Seminar4. Die Vertreter computerunterstützten kooperativen5 Lernens gehen davon aus, dass die Ef- fektivität des Lernens und die Motivation der Lernenden durch den Einsatz von Lern- begleitern, bezeichnet als Tutoren erheblich gesteigert werden kann [vgl. O`MALLEY, 1994]. Im Fokus kooperativer Lernformen stehen der wechselseitige Diskurs zwischen den Lernenden und dem Tutor, sowie der Diskurs der Lernenden untereinander. Fer- ner geht es in CSCL vor allem um den Wissenserwerb von Gruppen.

CSCL beruht auf der Basis zweier konstruktivistischer Positionen: der verteilten Kognition und dem situierten Lernen [vgl. SCHULMEISTER, 2001, S. 196]. Unter dem Aspekt der verteilten Kognition lernt nicht mehr nur der Einzelne für sich, sondern auch die Gruppe als Ganzes. Nach einem kooperativem Lernprozess ist das Wissen demnach über die Mitglieder der Gruppe verteilt, so dass nicht alle Lerner über das gleiche Wissen verfügen [vgl. ebd., 2001, S. 196].

Im Fernausbildungslehrgang „Teletutor der Bundeswehr“ werden die Lernenden als „Experten unterschiedlicher Ausprägung“ wahrgenommen [vgl. SCHULZ u.a., 2004, S. 26]. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Lernende befähigt ist, individuelles (Fach- ) Wissen zu erzeugen. Der Tutor als Ausbilder nimmt in der Fernausbildung in erster Linie die Rolle des Beobachters, Beraters und Lernpartners wahr [vgl. SCHULZ u.a., 2004, S. 26]. Durch das kooperative Lernen von Experten unterschiedlicher Ausprä- gung soll vor allem die Zielstrebigkeit während des Lernprozesses vorangetrieben und die Motivation der Lernenden erhöht werden. Dieser Ansatz baut auf der Wissenskommunikation und dem Austausch der unterschiedlichen Experten, die über weite Distanzen voneinander entfernt sind, auf.

Nach dem konstruktivistischen Lernparadigma soll Lernen in einem anwendungsnahen Kontext vermittelt werden, d.h.] es soll „situiert“ in die soziale Umwelt, auf die sich das Wissen bezieht, eingebettet sein. Lernaufgaben sollen realitätsnah sein, weil sich auf diese Weise gelerntes Wissen leichter anwenden und auf ähnliche Situationen und Kontexte anwenden lässt.

3.1.2 Dimensionen des CSCL

CSCL umfasst eine Vielzahl an Lehr- und Lernformen, die sich in verschiedene, sich teilweise bedingende Dimensionen unterteilen lassen [vgl. WESSNER, 2001, S. 203]:

a) Ort und Zeit

Von einer „face-to-face“-Situation oder auch einer lokalen Gruppe wird gesprochen, wenn sich die Lernenden zur gleichen Zeit im gleichen Raum befinden. In CSCL sind die Lernenden jedoch häufig nur über Computernetze an verschiedenen Orten miteinander verbunden. Kleingruppenarbeit kann in dieser Situation durch entsprechende Software, die als Groupware bezeichnet wird, realisiert werden.

b) Symmetrie

Bei symmetrischem CSCL erfolgt die Kooperation in vergleichbaren Gruppen mit hete- rogenem Wissensniveau. Technisch wird diese Symmetrie in CSCL z.B. durch die Vergabe von Zugriffsrechten an die Lernenden sichergestellt. Asymmetrisches CSCL liegt vor, wenn Lerninhalte vorwiegend von einem Lehrenden an die Lernenden vermit- telt werden, wie beispielsweise im verteilten Klassenzimmer via Videokonferenzanlage.

c) Direktivität

Direktivität drückt aus, ob der Lernprozess von einer Person oder einem Programm angeleitet wird, oder ob die lernende Gruppe sich selbst organisiert.

d) Dauer

In CSCL werden Lerngruppen unterschieden, die sich entweder spontan für kurze Zeit bilden oder Lerngruppen, die über einen längeren Zeitraum einen Lehrstoff bearbeiten und somit persistente Wissensobjekte bilden. Aus technischer Sicht müssen für diese Lerngruppen Kooperationsräume geschaffen werden, die sich durch eine Sitzungsver- waltung auszeichnen.

e) Wissensziel

Diese Dimension widmet sich der Form des erlernten Wissens. Unterschieden wird, ob das Ziel des kooperativen Lernens eher im individuellen Wissenserwerb oder im Wissenserwerb der Gruppe als Ganzes liegt.

f) Gruppengröße

Art und Größe einer Gruppe6 bestimmen außer den möglichen Lernmethoden auch die verschiedenen Interaktionsformen in der Lerngruppe. Um soziale Präsenz für die Ler- nenden abbilden zu können, müssen bestimmte Rahmenbedingungen, wie die Nut- zung verschiedener Kommunikationskanäle und die Realisierung von Kooperations- möglichkeiten z.B. durch einen gemeinsamen Gruppenkalender erfüllt sein.

3.1.3 Vorteile des CSCL

Gegenüber eher rezeptiven Formen des Lernens verkörpert CSCL verschiedene Vor- teile. Diese liegen vorrangig in der höheren Motivation der Lernenden, dem Erwerb verschiedener Kompetenzen, wie Teamfähigkeit und Kooperationsbereitschaft, der Bereitstellung individualisierter Lernwege, sowie der objektiveren Betrachtung multipler Problemstellungen durch die Gruppe [vgl. HINZE, 2004, S. 37f]. Die erhöhte Motivati- onsbereitschaft wird durch die intensivere Auseinandersetzung der Lernenden mit dem Lehrstoff erreicht, was die Lernenden stark in den Lernprozess einbindet. Kooperatives Lernen hat weiterhin neben dem Erwerb von Faktenwissen vor allem den Erwerb von Sozialkompetenzen (in der Wirtschaft auf „ Soft Skills “ genannt) als Ziel. Das Abwei- chen von vorgegebenen Lernwegen eröffnet den Lernenden in kooperativen Lernum- gebungen exloratives und selbstgesteuertes Lernen. Ferner haben die „Experten unter- schiedlicher Ausprägung“ jeweils ihre eigenen Wissensschwerpunkte, was multiple und objektive Perspektiven auf eine Problemstellung zulässt [vgl. ebd., 2004, S. 37f].

3.1.4 Probleme bei Lernkooperation und CSCL

Die Realisierung computerunterstützter kooperativer Lernumgebungen ist nichtsdesto- trotz mit diversen Problemen verbunden, die aus dem Kontext der „Virtualität“ und As- pekten computerunterstützter Kommunikation resultieren. In der Lernkooperation kann es aufgrund von Koordinationsschwierigkeiten und Kommunikationsverlusten zu Phä- nomenen, wie „Trittbrettfahren“ oder „Groupthink“ kommen. Beim „Trittbrettfahren“, auch als „soziales Faulenzen“ bezeichnet, erledigen die leistungsstarken Gruppenmit- glieder den größten Teil der Arbeit, während die anderen Teilnehmer nur wenig tun. Das Phänomen „Groupthink“ tritt oft bei Gruppen auf, die zu stark zusammenarbeiten. „Groupthink“ äußert sich darin, dass das Streben nach einem Konsenz in der Gruppe zu stark wird und so keine kritische Auseinandersetzung mit abweichenden Meinungen einzelner Gruppenmitglieder mehr erfolgt [vgl. HINZE, 2004, S. 40f].

Speziell in CSCL-Lernumgebungen kann es zu Fällen kommen, die den positiven Ef- fekt der Kooperation negativ beeinträchtigen. Zu diesen Problemen zählen der Mangel an sozialer Präsenz, das Auftreten fehlender Gruppenkoordination, sowie eine mögli- che fehlende Abstimmung der Lernenden über ihre jeweiligen Wissensstände. Darüber hinaus kann es zu einem Überangebot von Informationen, resultierend aus der Erzeu- gung großer Informationsmengen, kommen. Ist den Lernenden eine fehlende Nach- richtenverbundenheit zueigen, kann es zur zeitlichen Verzögerung von Informationen und Nachrichten und damit zu einer zusammenhanglosen Kommunikation kommen, was sich negativ auf die Motivation der Gruppenmitglieder auswirkt.

3.2 Synchrone und asynchrone Kommunikation

Onlineseminare ähneln sowohl im Ablauf, wie auch in ihrer Organisationsform einem konventionellen Präsenzseminar [vgl. KRAFT, 2003, S. 31]. Der wesentliche Unter- schied liegt darin, dass in einem Präsenzseminar der Austausch zwischen den Leh- renden und Lernenden synchron, also zeitgleich, stattfindet. Für Online-Seminare ist in den netzbasierten Anteilen in dieser Hinsicht auch eine asynchrone Zusammenarbeit vorstellbar. Technische Formen, wie E-Mail und Forum unterstützen diese Asynchroni- tät. Für das reine Online-Seminar stellt sich also die Frage, ob eher die synchrone Ko- operation im virtuellen Raum angelehnt an Präsenzseminare stattfinden soll oder ob die Nutzung asynchroner Formen der Kommunikation die bessere Entscheidung dar- stellt. Um die Seminarinhalte für das Blended-Learning-Seminar „Crossmedia- Kampagnenplanung“ passend aufbereiten zu können, ist daher eine vertiefende Aus- einandersetzung mit den Vor- und Nachteilen der alternativen Varianten der Kommuni- kation angebracht.

Kraft [2003, S. 31-49] erläutert eingehend Vor- und Nachteile, die mit synchroner und asynchroner Kommunikation verbunden sind. Demnach werden asynchrone Kommuni- kationsformen in Online-Seminaren mit längeren Weiterbildungszeiträumen7 einge- setzt. Die Vorteile liegen hierbei in der bessern Nachvollziehbarkeit der Arbeitsbeiträge durch die Seminarteilnehmer, begründet durch die Fixierung dieser Beiträge in Foren oder Content Management Systemen. Darüber hinaus führt die Verschriftlichung der Beiträge zu einer höheren Beitragsqualität begründet durch den geringeren Zeitdruck, der auf den Teilnehmern während der Beitragserstellung lastet. In größeren Seminar- gruppen verlängert sich allerdings durch asynchrone Kommunikation auch die Phase der Koordination. Nicht jeder Teilnehmer reagiert zeitgerecht auf erstellte Beiträge oder E-Mails. Dadurch dauert es länger, bis die Gruppe eine Einigung, beispielsweise über die Art der Präsentation des erarbeiteten Gruppenergebnisses, erzielt.

Im Gegensatz dazu eignen sich synchrone Kommunikationsformen in Online- Seminaren für Abstimmungen und kurze Lernprozesse besser, als asynchrone For- men. So bietet sich etwa eine einstündige Videokonferenz für just-in-time-Schulungen oder Gruppenbesprechungen eher an, als die asynchrone Form des Forums. Synchro- ne Kommunikation bedient sich zudem durch Audio- und Videoelemente in Videokon- ferenzen mehrerer Kommunikationskanäle. Diese Gegebenheit hat neben der schnel- leren Abstimmungsgeschwindigkeit gleichzeitig den positiven Effekt, dass sich die Teilnehmer stärker in den Lernprozess eingebunden fühlen. Asynchrone Kommunikati- on hingegen muss auf viele dieser Kommunikationskanäle (wie Ton, Bild, Lernatmo- sphäre) verzichten. Sie hat jedoch für die Teilnehmer den entscheidenden Vorteil, dass sie die räumliche und zeitliche Flexibilität erhöht. Aufgrund von Softwaregrenzen und Grenzen kognitiver Kapazität bei den Lehrenden ist bei synchronen Online-Seminaren die gleichzeitige Betreuung der Lernenden eingeschränkter. So lässt sich eine Anzahl von mehr als 50 Seminarteilnehmern durch einen Tutor kaum noch aktiv, sondern eher nur noch rezeptiv betreuen.

[...]


1 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird anstelle von „Truppe für Operative Information“ teilweise auf die Kurzform „OpInfo“ zurückgegriffen.

2 CBT wird für den Begriff „computer based training“ verwendet. Synonym dazu wird „web based training“ mit WBT abgekürzt.

3 Man spricht von „offenen“ Lernumgebungen, da diese Lernumgebungen dem Lerner Freiräume ermöglichen und so Wissen in verschiedenen Kontexten ergründet werden kann. Dem situierten Lernen wird in diesen Umgebungen Rechnung getragen, wobei die Verantwortung für das Lernen beim Nutzer selbst liegt.

4 Für den Begriff des virtuellen Seminars wird häufig auch der Begriff „Online-Seminar“ benutzt.

5 Häufig steht das zweite „c“ in CSCL auch für kollaboratives Lernen.

6 Als Gruppe wird ein Zusammenschluss von Personen bezeichnet, die ein gemeinsames Inte- resse miteinander verbindet. Im Vergleich dazu beschreiben Teams kleine Gruppen von Perso- nen, die sich für ein gemeinsames Ziel engagieren [vgl. KATZENBACH & SCHMIDT, 1998].

7 Es handelt sich hier um Weiterbildungen, die über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen hinausgehen.

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Konzeption eines Blended-Learning-Seminars für die Ausbildung von Reserveoffizieren in der Bundeswehr
Hochschule
Universität Rostock  (Medien und Bildung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
93
Katalognummer
V168445
ISBN (eBook)
9783640854608
ISBN (Buch)
9783640854769
Dateigröße
2549 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Masterarbeit geht es im Grunde genommen darum, wie es der Bundeswehr gelingen könnte, ihre Reservisten kontinuierlich weiterzubilden und somit Wissen auf dem neusten Stand zu halten. Hierfür wurde in der Arbeit ein Konzept für Reserveoffiziere entwickelt.
Schlagworte
Konzept, Blended Learning, E-Learning, Bundeswehr, Ausbildung, Reserveoffiziere, Neue Medien
Arbeit zitieren
M.A. Dipl.-Ing.(FH) Katja Büchner (Autor:in), 2007, Konzeption eines Blended-Learning-Seminars für die Ausbildung von Reserveoffizieren in der Bundeswehr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168445

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