Die Hochschule wandelt sich zur managementorientierten Institution. Verschiedene Ansätze der betrieblichen Praxis werden auf die staatliche Institution Hochschule übertragen. Darunter fallen Strategiebildung, Qualitätsmanagement, Personalmanagement, Finanzierung, Marketing, Serviceorientierung und Internationalisierung. Auf diesen Feldern müssen Hochschulen aktiv werden, wenn sie im ständig größer werdenden Wettbewerb der Bildungslandschaften bestehen wollen. Ein Teil dieses Ansatzes ist es, Studenten für eine Hochschule anzuwerben und ähnlich den Mitarbeitern in Unternehmen zu rekrutieren.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Rahmenbedingungen der Hochschullandschaft
2.1 Studienbedingungen als Einflussfaktor
2.1.1 Internationale Studienbedingungen
2.1.2 Europäische Studienbedingungen
2.1.3 Schweizerische Studienbedingungen
2.2 Globalisierung und Internationalisierung als Einflussfaktoren
2.2.1 Merkmale und Definition von Globalisierung und Internationalisierung
2.2.2 Europäische Internationalisierung
2.3 Demografie und Bevölkerungsentwicklung als Einflussfaktoren
2.3.1 Weltweite Demografie und Bevölkerungsentwicklung
2.3.2 Europäische Demografie und Bevölkerungsentwicklung
2.3.3 Schweizerische und deutsche Demografie und Bevölkerungsentwicklung
3 Hochschulmarketing
3.1 Definition von Hochschulmarketing
3.2 Branding einer Hochschulmarke
3.3 Inhalte von Hochschulmarketing
4 Student Recruitment
4.1 Definition von Student Recruitment
4.2 E-Recruiting und Internetrecruiting
4.3 Ablauf der Hochschulwahl eines Studenten
4.4 Beweggründe bei der Hochschulwahl
4.5 Informationsquellen bei der Hochschulwahl
5 Studentenumfrage an der HES-SO Wallis
5.1 Fragestellung und Hypothesen
5.2 Ablauf und Vorgehen der Studentenumfrage
5.3 Auswertung der Daten und Diskussion
6 Webseiten Analyse von Hochschulen
6.1 Fragestellung und Hypothesen
6.2 Ablauf und Vorgehen der Webseiten Analyse
6.3 Auswertung der Daten und Diskussion
6.4 Analyse der Webseiten der HES-SO Wallis und der Ohm-Hochschule Nürnberg
7 Interviews mit Rekrutierungsverantwortlichen der FH Eberswalde und der HES-SO Wallis
7.1 Interview mit dem Rekrutierungsverantwortlichen der FH Eberswalde
7.1.1 Fragestellung und Zielsetzung
7.1.2 Ablauf und Vorgehen des Interviews
7.1.3 Auswertung der Daten und Diskussion
7.2 Interviews mit den Rekrutierungsverantwortlichen der HES-SO Wallis
7.2.1 Fragestellung und Zielsetzung
7.2.2 Ablauf und Vorgehen der Interviews
7.2.3 Auswertung der Daten und Diskussion
8 Verknüpfung der empirischen Studien und Fazit
8.1 Verknüpfung Studentenumfrage mit der Webseiten Analyse
8.2 Fazit und Ausblick in die Zukunft
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Makro-Marketing-Ebene einer Hochschule
Abbildung 2: „Return on Investment Gedanke“ von amerikanischen Studierenden
Abbildung 3: Studienanfängerquote im Hochschulbereich für ausgewählte OECD Länder
Abbildung 4: Verteilung zwischen Universitäts- und Nichtuniversitätsstudium
Abbildung 5: Relation der Studenten zum Durchschnitt der Bevölkerungsgruppe deren Vater aus der Arbeiterklasse stammt
Abbildung 6: World Population aged 15-24, 2000-2050
Abbildung 7: European Population aged 15-24, 2000-2050
Abbildung 8: European Population aged 15-24, 2000-2050
Abbildung 9: Gegenüberstellung der FiBS und KMK Berechnungen im Vergleich
Abbildung 10: Komponenten der Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz, 1981-2040
Abbildung 11: Nutzung & Ertrag von Informationsquellen
Abbildung 12: Stufen der Entscheidung bei der Wahl einer Hochschule
Abbildung 13: Stufen der Entscheidung bei der Wahl einer Hochschule
Abbildung 14: Abhängigkeit der Studienrichtung zu Imagefaktoren und Faktoren des Umfeldes
Abbildung 15: Abhängigkeit des Geschlechts zur Gewichtung der Imagefaktoren
Abbildung 16: Abhängigkeit der Herkunft zu Faktoren des Umfeldes
Abbildung 17: Personen bei der Hochschulwahl
Abbildung 18: Gewichtung der Gruppe der Eltern, Familienangehörige, die Beziehung
und/oder der Ehepartner in Abhängigkeit vom Geschlecht des Studenten
Abbildung 19: Informationswege bei der Hochschulwahl
Abbildung 20: Gewichtung der Faktoren bei der Hochschulwahl
Abbildung 21: Entscheidungsprozess der Hochschulwahl in Verbindung mit Internetrecruiting Kriterien der Webseiten Analyse und AIDA-Modell
Abbildung 22: Verteilung der Länder auf die Stichprobe
Abbildung 23: Abhängigkeit der Kontinentenverteilung zur durchschnittlichen Punktzahl
Abbildung 24: Web Usability der Hochschulwebseiten
Abbildung 25: Abhängigkeit Budget zu durchschnittlicher Punktzahl
Abbildung 26: Abhängigkeit Ranking zu durchschnittlicher Punktzahl
Abbildung 27: Abhängigkeit Studentenanzahl zu durchschnittlicher Punktzahl
Abbildung 28: Einzelkriterien Verteilung der Webseiten Analyse
Abbildung 29: Sprachenangebot
Abbildung 30: Englischsprachige Seite der Korea University
Abbildung 31: Englischsprachige Seite Fachbereich Pharmazie Tokushima University
Abbildung 32: Startseite der Dalhousie University
Abbildung 33: Startseiten der University of Berkely und der Universität Regensburg
Abbildung 34: Layout/Design der Arizona State University
Abbildung 35: Layout/Design der George Washington University
Abbildung 36: Application Button auf der Startseite University of Maryland und Buffalo University
Abbildung 37: Application Button auf der Startseite Universität Zürich
Abbildung 38: Interaktivität (Web 2.0)
Abbildung 39: Campus Tour University of Twente, Admission Blogs Buffalo University, Videos Arizona State University, Blogs, Online Chat, Pod Casts University of Maryland
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Faktoren der Hochschulwahl in Kategorien
Tabelle 2: Verknüpfung der Webseiten Analyse mit der Studentenumfrage
1 Einleitung
1.1 Einführung und Zielsetzung der Arbeit
Die Hochschule wandelt sich zur managementorientierten Institution. Verschiedene Ansätze der betrieblichen Praxis werden auf die staatliche Institution Hochschule übertragen. Darunter fallen Strategiebildung, Qualitätsmanagement, Personalma- nagement, Finanzierung, Marketing, Serviceorientierung und Internationalisierung. Auf diesen Feldern müssen Hochschulen aktiv werden, wenn sie im ständig größer werdenden Wettbewerb der Bildungslandschaften bestehen wollen (vgl. Fricke, 2006, S. 60 f.). Ein Teil dieses Ansatzes ist es, Studenten für eine Hochschule an- zuwerben und ähnlich den Mitarbeitern in Unternehmen zu rekrutieren. Hochschulen sehen damit Studenten als Kunden ihres Produktes Bildung.[1] Für eben dieses müs- sen sie sie anwerben und begeistern. Dieser Vorgang wird als Student Recruit- ment/Studentenrecruiting[2] bezeichnet (vgl. Maringe, 2006, S. 466). Ziel dieser Arbeit ist es, die Rahmenbedingungen, die zu einem Student Recruitment führen zu unter- suchen. Hierzu werden anhand eines Makroumfeldes der Hochschule Einflussfakto- ren dargestellt und nach der Relevanz auf ein Student Recruitment von Hochschul- seite bearbeitet. Des Weiteren wird der Ist-Stand anhand von empirischen Analysen erforscht. Mit Hilfe dieser beiden Untersuchungswege sollen die Aktionen von Hoch- schulen auf diesem Gebiet sowohl theoretisch als auch in der Praxis erläutert und ein umfassender Überblick über die Thematik aufgezeigt werden.
1.2 Aufbau der Arbeit
Neben den einleitenden Worten besteht die vorliegende Arbeit aus sieben weiteren Kapiteln. Welche Rahmenbedingungen bei einem Student Recruitment von Hochschulseite bestehen und welche Entwicklungen in Zukunft Einfluss nehmen werden, wird in Kapitel 2 der Arbeit behandelt. Elemente des Makroumfeldes der Hochschule und ihr Einfluss auf ein versiertes Student Recruitment von Hochschulseite werden un- tersucht. Besonders ausführlich wird hier auf die Globalisierung und Internationalisie rung, den demografischen Wandel und die Studienbedingungen anhand von ausgewählten Regionen oder Ländern eingegangen.
Kapitel 3 gibt einen kurzen Abriss zum Thema Hochschulmarketing und zeigt wo Hochschulen aktiv auftreten müssen um sich mit einer zielorientierten Marketingstrategie von der Konkurrenz absetzen zu können.
In Kapitel 4 wird das Student Recruitment von Hochschulen beleuchtet und es wird im Besonderen auf die Informationsquellen sowie die Motive und Modelle der Hoch- schulwahl eingegangen. Da die Bedeutung des Internets im Bereich des Recruiting immer größer wird, wird das E-Recruiting bzw. Internetrecruiting in Kapitel 4.2 darge- stellt. Im weiteren Verlauf der Arbeit schließen sich empirische Studien an, um fun- dierte Ergebnisse hinsichtlich der Thematik zu gewinnen. Am Beginn der Studien steht in Kapitel 5 eine Studentenumfrage an der HES-SO Wallis, die mit Hilfe einer Onlinebefragung durchgeführt wurde. Vor allem die Motive und die verschiedenen Einflussfaktoren auf die Hochschulwahl sollen hier ergründet werden. Anschließend wird die theoretische Einführung in das E-Recruiting von Kapitel 4.2 aufgegriffen und in eine Webseiten Analyse in Kapitel 6 eingebunden. 52 Hochschulwebseiten wur- den hierfür anhand eines Kriterienkataloges überprüft. Es wurden sowohl grundle- gende Anforderungen an eine Webseite evaluiert, als auch recruitingorientierte In- strumente, die die Hochschulen auf ihrer Webseite einsetzen, bewertet. Das darauf folgende Kapitel 7 beinhaltet Interviews mit Rekrutierungsverantwortlichen. Ein ak- tuelles Beispiel von Student Recruitment in Deutschland stellt das Interview mit dem Rekrutierungsverantwortlichen der Fachhochschule Eberswalde dar. Zudem wurden vier Verantwortliche der HES-SO Wallis interviewt. Sie erhielten einen Überblick über die Ergebnisse der Studentenumfrage aus Kapitel 5 und gaben über die Strategie, die Gründe und die aktuellen Maßnahmen von Student Recruitment an der Hoch- schule Wallis Auskunft. Die Ergebnisse der Interviews lassen Vermutungen über die Zukunft des Studentenrecruiting zu. Im abschließenden Kapitel 8 werden die Ergeb- nisse der empirischen Studien miteinander verknüpft und ein Ausblick auf das Stu- dent Recruitment von Hochschulen formuliert.
Wie bereits erwähnt, werden zunächst die Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren, die auf die Hochschule wirken, dargestellt.
2 Rahmenbedingungen der Hochschullandschaft
Die Wechselbeziehungen zwischen den Akteuren, die im Hochschulsystem verankert sind, unterliegen stetigen Veränderungen.
„Hochschulen sind der Schlussstein einer aktiven Bildungspolitik und der Grundstein einer aktiven Wirtschaftspolitik“ (Hermann, 2005, S. 8)
In diesem Zitat von Hermann wird die Bedeutung der Hochschule als Basis und Schlussstein eines erfolgreichen Gesellschaftssystems ausgedrückt. Hochschulen sind in einem komplizierten System von Faktoren verankert (vgl. ebd., S. 8). Die verschiedenen Einflussfaktoren wirken auf das Umfeld der Hochschule und stel- len Rahmenbedingungen dar, die auf die Hochschule wirken. Konzentriert man sich auf das Marketingumfeld der Hochschule und nimmt als Grundlage das Makro- Umfeld eines Unternehmens nach Kotler, entsteht die folgende Metaebene (vgl. Kot- ler 2007, S. 232 ff)[3]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Makro-Marketing-Ebene einer Hochschule
Quelle: Eigene Darstellung, angelehnt an Kotler, 2007, S. 232 ff
Die Hochschule befindet sich im Spannungsfeld der Faktoren, die um sie und mit ihr wirken. Um die Auswirkungen der verschiedenen Einflussfaktoren auf die Hochschule darzustellen, werden diese nachstehend dargestellt und beschrieben.
Die Wirtschaft erhebt den Anspruch nach hochqualifizierten Arbeitskräften um den erforderlichen Wissensvorsprung für ihre Unternehmen zu gewährleisten. Ohne qua- lifizierte Arbeitskräfte ist die Wettbewerbssituation eines Unternehmens gefährdet. Die Hochschulen sind mit ihrem Angebot an Bildung für die Ausbildung der qualifi- zierten Arbeitskräfte verantwortlich. Dies ist ein Argument dafür die Hochschulen zu unterstützen und Kooperationen mit ihnen einzugehen. Die Unterstützung der Hoch- schulen kann sich in Spenden von Seiten der Wirtschaft ausdrücken. Stiftungen und vermögende Privatleute stellen zum Beispiel Beträge zur Verfügung um Hochschu- len aus Finanzkrisen zu befreien. In Deutschland spendete Klaus Jacobs der Inter- national University Bremen 200 Millionen EUR, die ohne dessen Unterstützung mas- sive Existenzprobleme gehabt hätte. Zum Dank an den Spender wurde die Universi- tät in Jacobs University umbenannt (vgl. Müller, et. al., 2007, S. 132). So hat sowohl die Hochschule als auch das Unternehmen durch die Verwendung des Markenna- mens, einen Vorteil erzielt. Die Verzahnung von Unternehmen und Hochschulen stellt sich international unterschiedlich dar. Eliteuniversitäten in den USA werden häufig mit hohen Summen aus der Wirtschaft unterstützt. Beispielsweise erhielt die Stanford University im Jahr 2006 eine Spende von 911,16 Millionen US-Dollar (vgl. http://www.cae.org/content/pdf/VSE.2006.Press.Release.pdf, 04.01.08). Der größte Teil der Spenden in den USA kommt aus dem Privatvermögen von ehemaligen Ab- solventen[4] und aus Stiftungen. Dort sind finanzielle Zuwendungen aus der Wirtschaft viel weiter fortgeschritten als in Europa. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Unternehmen die „Abnehmer“ der Absolventen sind und sie als zukünftige Ar- beitskräfte nachfragen. In Zeiten der Knappheit an qualifizierten Arbeitskräften enga- giert sich die Wirtschaft zudem um frühzeitig an Studenten heranzutreten und sie für ihre Unternehmen anzuwerben (vgl. Watzka, 2003, S. 8 ff). Dies wird als Hoch- schulmarketing von Unternehmensseite beschrieben und ist eine der Kooperations- formen der Wirtschaft mit den Hochschulen (vgl. Meffert, et.al., 2007, S. 2f).
Doch auch im Bereich Technologie und Grundlagenforschung sind Universitäten neben der Forschung der Unternehmen ein wichtiger Eckpfeiler. Als Beispiel ist das Max-Planck-Institut in München zu nennen. In Kooperation mit Hochschulen betreibt es als unabhängige Gesellschaft Forschung in vielfältigen Bereichen (vgl. http://www.mpg.de/ueberDieGesellschaft/profil/zahlenUndFakten/index.html, 06.12.07). Auf europäischer Ebene ist die „League of European Research Universities“, ein Zusammenschluss von zwölf forschungsstarken Universitäten, die Spitzen- forschung betreiben, zu nennen (vgl. http://www.leru.org/?cGFnZT0x, 14.11.07). Es ist daher festzustellen, dass Hochschulen an ihren Instituten und Lehrstühlen for- schen und so zur technologischen Entwicklung einer Gesellschaft beitragen.
Die Umwelt als Faktor der Attraktivität einer Hochschule spielt beim Wettbewerb der Hochschulen eine bedeutende Rolle. So ist unter anderem die Attraktivität der Landschaft bei der Wahl des Studienortes ausschlaggebend. Die Schweiz nimmt hier eine Spitzenposition ein (vgl. Specker, 2006, S. 51). Gerade mit der zunehmenden Mobilität der Studenten und dem Zusammenwachsen der Hochschulmärkte ist eine attraktive Umgebung als Standortfaktor wichtig geworden. Sie kann somit die Wettbewerbsposition einer Hochschule verbessern.
Der Vorsprung der Länder, bedingt durch das Know-how von Instituten oder Hoch- schulen wird im Begriff der Wissensgesellschaft festgehalten. Die Bedeutung des Wissens wird in Zeiten stetigen Wettbewerbs zwischen Ländern und Hochschulen immer entscheidender. Eine Wissensgesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass Wissenschaft und Technik zur Leitvariable gesellschaftlicher Entwicklungen werden, dass Wissenschaft eine unmittelbare Produktivkraft[5] ist und dass die Lebenschan- cen für den größten Teil der Bevölkerung vom jeweiligen Wissenstand abhängen (vgl. Opielka, 2002, S. 2). Die Produktion, Bereitstellung, Verteilung, Auswahl und Verarbeitung von Wissen rückt damit ins Zentrum der Aufmerksamkeit (vgl. Müller, et. al., 2007, S. 9). Die Wissensgesellschaft ist durch drei Faktoren geformt. Erstens nimmt die Zahl der Arbeitsplätze, mit geringen kognitiven Anforderungen, zuneh- mend ab. Wissen wird zum Kapital und wichtiger Produktionsfaktor. Zweitens wird die Halbwertszeit des Wissens immer kürzer. Die Fokussierung auf Wissen führt zu einer fortwährenden Überholung und einer Vielzahl von Innovationen, wodurch die Endgültigkeit von Wissen abnimmt. Das dritte Merkmal ist, dass immer mehr Dinge „gemacht“ werden und nicht mehr stattfinden. Damit ist die Zunahme der Kontrolle, Planung und Verantwortung der Menschen an Entwicklungen gemeint, die vorher als gegeben hingenommen wurden (vgl. Ruhloff, S. 21 ff). Daher gewinnt Wissen zu- nehmend an gesellschaftlicher Bedeutung.
Der Bogen zu Hochschulen lässt durch die Betrachtung der Hochschulfunktionen spannen. Sie haben die Aufgabe Wissen zu überliefern, in Wissen einzuführen, es zu verbreiten und Heranwachsenden die Orientierung an Wissen und in Wissen zu vermitteln (vgl. ebd., S. 19). Somit sind sie elementarer Bestandteil der Wissensge- sellschaft und die Entwicklung dorthin beeinflusst wiederum die Hochschulen als Teil des Systems.
Neben den bereits erwähnten Einflussfaktoren der Wirtschaft, der Technologie, der Umwelt und des Wissens, sind die Studienbedingungen ein Faktor mit besonderer Wichtigkeit. Sie werden daher ausführlich im folgenden Abschnitt 2.1 behandelt.
2.1 Studienbedingungen als Einflussfaktor
Die Einzelfaktoren aus Abb. 1, Kultur, Politik und Wettbewerb wirken sich auf die Studienbedingungen einer Hochschule aus.
Die Kultur und damit eng verknüpft die Mentalität des jeweiligen Landes hat Einfluss auf eine Hochschule. So sind die traditionellen Verankerungen des Hochschulwe- sens geschichtlich bedingt und von Land zu Land verschieden (vgl. Stichweh, 2001, S. 1). Die europäische Hochschullandschaft mit ihrer bis ins Mittelalter zurückrei- chenden Geschichte konkurriert heute mit den australischen Hochschulen, die um zirka 1850 entstanden sind (vgl. Hachenberg, 2003, S. 23). Hieraus ergeben sich verschiedene Hochschultraditionen und unterschiedliche Verankerungen in der Ge- sellschaft. Daraus folgen wiederum unterschiedliche Studienbedingungen für die je- weiligen Regionen.
Die Politik und damit indirekt die Gesetzgebung beeinflusst die Hochschulland- schaft. Durch politische Entscheidungen, wie die finanzielle Unterstützung der Hoch- schulen, das Erheben von Studiengebühren oder die Reformen der Hochschulsys- teme wurde und wird der Hochschulsektor beeinflusst. Die bisher aufgeführten Fak- toren, die das Makro-Marketing-Umfeld einer Hochschule beschreiben, treiben den Wettbewerb zwischen Hochschulen an. Dieser ist aber auch als eigenständige Grö- ße in der Metaebene zu sehen. Dieser Wettbewerb beinhaltet den Kampf um die besten Studenten und ist einer der Auslöser für die Entwicklung eines Studentenre- cruiting. (vgl. Fabel, et. al., 2002, S. 509).[6]
Da die Studienbedingungen, neben der Globalisierung und der demografischen Ent- wicklung, einen der wichtigsten Faktoren, die auf eine Hochschule wirken, darstellen, werden diese im Folgenden behandelt. Sie werden jeweils auf internationaler, euro päischer und nationaler, in diesem Fall schweizerischer und deutscher Ebene, be- leuchtet.
2.1.1 Internationale Studienbedingungen
Das amerikanische Hochschulsystem ist auf internationaler Ebene das bedeutends- te. Daher soll es im Rahmen der internationalen Studienbedingungen zuerst behan- delt werden. Die internationale Bildungslandschaft wird mit der Untersuchung „Edu- cation at a Glance“ dargestellt. Da ein wesentlicher Inhalt von Studienbedingungen eines Landes die Studiengebühren sind, werden diese ebenso dargestellt. In den USA ist das Hochschulsystem durch eine weite qualitative Bandbreite ge- kennzeichnet. Die Studiengebühren fallen in ihrer Höhe extrem unterschiedlich aus. Es existieren zirka 4.200 Hochschulen von denen 1.800 Community Colleges sind. Sie bieten ein zweijähriges Kurzstudium an und zirka 40 % aller Studenten sind an diesen Colleges eingeschrieben. Die durchschnittlichen Studiengebühren eines sol- chen Colleges belaufen sich auf zirka 2.000 US-Dollar pro Jahr. Die übrigen 2.400 Hochschulen sind Vierjahres Colleges. Das amerikanische Hochschulsystem lässt sich in vier Kategorien unterteilen, wobei Kategorie 1 und 2 mit den Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland vergleichbar sind. 150 Hochschulen zählen zur ersten Kategorie. Unter ihnen befinden sich klangvolle Namen wie Harvard, Yale und Princeton (vgl. Hartmann, 2006, S. 32). An diesen Eliteuniversitäten sind Studienge- bühren zwischen 5.100 US-Dollar und 20.000 US-Dollar im Jahr möglich (vgl. ebd. S. 34).[7] Die Studienanfängerquote in den USA ist mit 63 % relativ hoch. Die durch- schnittliche Studienanfängerquote in den OECD Ländern lag 2003 bei 53 % (vgl. Statistisches Bundesamt, 2005, S. 40).
Ein Studium in den USA ist trotz Bemühungen von Eliteuniversitäten wie Harvard, die den Blind-Admission-Test[8] eingeführt haben, zum Großteil den sozial höheren Schichten vorbehalten. Wegen der hohen Studiengebühren und der hohen Lebens- haltungskosten ist ein Studium, an den Universitäten der ersten Kategorie für Fami- lien aus der unteren Schicht aber auch aus der Mittelklasse kaum aus eigener Kraft zu finanzieren.
An den 94 Privatuniversitäten stammen 53,5 % der Studenten aus der oberen Ein- kommensschicht der amerikanischen Gesellschaft (vgl. Nagel, 2003, S. 81). Nur 9,0 % der Studenten kommen aus der untersten Gesellschaftsschicht und studieren an einer der Universitäten der ersten Kategorie. An den Community Colleges zeigt sich ein anderes Bild. Hier kommen 51 % der Studenten aus der unteren Bevölkerungs- schicht. Neben der Abhängigkeit der sozialen Herkunft führen die immensen Stu- diengebühren in den USA zu einer hohen Verschuldung der Studenten. Die Eltern sind nicht in der Lage das gesamte Studium zu finanzieren und Stipendien sind meist nicht ausreichend, um alle Kosten zu decken. Der Großteil der Studenten nimmt daher Darlehen auf. Im Jahr 2000 betrug die durchschnittliche Verschuldung eines amerikanischen Studenten 19.300 US-Dollar (vgl. Hartmann, 2006, S. 34).
Trotz dieser hohen Summe ist zu beachten, dass die Studenten in den USA eine andere Sichtweise bezüglich des Kosten-Nutzen-Denkens für ein Studium haben. Sie sehen sich als Investoren.
Eine solche „Return on Investment (ROI) Betrachtung“ ist für Europa eher untypisch. Im amerikanischen Denken ist sie dagegen fest verankert. Um diesen Ansatz zu verdeutlichen, kann folgende Formel herangezogen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: „Return on Investment Gedanke“ von amerikanischen Studierenden Quelle: Eigene Darstellung
Die Studenten zahlen einen hohen Preis für ihr Studium und erwarten daher eine entsprechende Gegenleistung seitens der Hochschule (vgl. Nagel, 2003, S. 81). Aufwand und Nutzen werden ökonomisch gegenübergestellt und Ziel ist es, den höchsten ROI zu erlangen.
Als negativ erweist es sich, dass die Studiengebühren in den letzten Jahren anstei- gen und Eliteuniversitäten selbst bestimmen können wie hoch sie die Gebühren an- setzen. Das im amerikanischen Hochschulsystem bestehende soziale Gefälle wird größer. Untersuchungen zeigen, dass trotz der ausgebauten Stipendien- und Darle- henssysteme der finanzielle Bedarf der Studenten nicht aufgefangen werden kann. So haben insbesondere Studiengebühren eine abschreckende Wirkung auf Studier- willige aus den unteren Gesellschaftsschichten und damit Einfluss auf die Wahl der Hochschule (vgl. Nagel, 2003, S. 85 ff). Nach einer Meldung vom Februar 2008 will die Stanford University dieser Entwicklung entgegenwirken. Sie streicht bei einem Familieneinkommen von weniger als 100.000 US-Dollar die Studiengebühren für ihre Studenten. Auch die anderen Eliteuniversitäten wollen ähnliche Wege gehen. Sie versuchen damit die bestehende Chancenungleichheit bezüglich der sozialen Her- kunft zur Aufnahme eines Hochschulstudiums aufzuheben. Die Zugangsgerechtig- keit könnte sich durch eine Beteiligung anderer amerikanischer Hochschulen an dieser Maßnahme enorm verbessern (vgl. http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,536785,00.html, 21.02.08).
„Education at Glance“ ist der internationale Bildungsvergleich der OECD. Dieser wird im jährlichen Turnus durchgeführt (vgl. Banschbach, 2007, S. 55). Die deutsche Ausgabe dieser Studie ist „Bildung auf einen Blick“. Die Aussagen der Studie geben Hinweise und erläutern Maßnahmen, welche die nationale Bildungspolitik beeinflussen (vgl. ebd., S. 57). Die Ergebnisse des Jahres 2007, bezogen auf den Hochschulraum der OECD sind wie folgt ausgefallen:
Durchschnittlich besitzen 36 % eines Jahrgangs einen akademischen Abschluss. In einigen Ländern, darunter die Schweiz und Finnland haben sich die Abschlussquo- ten im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt. In Deutschland, Österreich und der Türkei liegt die Abschlussquote eines Hochschulstudiums weit unter dem Durchschnittswert (rund 20 %). Länder wie Australien, Dänemark und Finnland weisen hingegen Quo- ten von bis zu 40 % auf (vgl. OECD, 2007a, S. 3f.). Diese gravierenden Unterschie- de lassen sich durch die nähere Betrachtung der verschiedenen Bildungssysteme erklären. So wird darauf verwiesen, dass Deutschland und Österreich mit ihrem stark entwickelten dualen Ausbildungssystem viele Berufe auf dem sekundären Bildungs- weg abdecken, entgegen anderer Länder, die diese Ausbildungen in einem Studien- gang im Tertiärbereich[9] unterbringen (vgl. Banschbach, 2007, S. 55). Für viele Beru- fe muss in Deutschland oder Österreich kein Studium aufgenommen werden, wodurch die Studienanfängerquote in diesen Ländern geringer ist.
Die durchschnittliche Studienanfängerquote ist in folgender Grafik aufgezeigt. Der OECD Durchschnitt im Jahr 2003 lag bei 53 %. Deutschland, die Schweiz und auch Österreich liegen im unteren Bereich. Überdurchschnittlich positionieren sich Island, Neuseeland, Schweden und Finnland (vgl. Statistisches Bundesamt, 2005, S. 40).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Studienanfängerquote im Hochschulbereich für ausgewählte OECD Länder Quelle: Statistisches Bundesamt, 2005, S. 41
Die Studiengebührensituation in den OECD Ländern gestaltet sich unterschiedlich.
Ein Viertel der Länder erhebt keine Studiengebühren. Stellt man ein anderes Viertel der Länder gegenüber betragen die Gebühren dort mehr als 1.500 US-Dollar. Die Zugangsquoten zu einem Studium haben international gesehen, ein umfangreiches Stipendien- und Darlehenwesen vorausgesetzt, keinen Zusammenhang zu erhobe- nen Studiengebühren (vgl. OECD, 2007a, S. 7). Damit ist eine Chancenungleichheit abhängig von der sozialen Herkunft auf ein nicht ausreichendes Stipendien- und Darlehenswesen zurückzuführen. Länder die sich bemühen ein solches konsequent umzusetzen, haben eine höhere Zugangsgerechtigkeit und keine sozialen Abhängig- keiten im Hochschulsektor.
2.1.2 Europäische Studienbedingungen
Die Hochschullandschaft in Europa ist zwischen den einzelnen Mitgliedsländern stark differierend und Bemühungen wie der Bologna Prozess sind noch nicht abge- schlossen, als dass man von einem einheitlichen Hochschulsystem sprechen könn- te. Die Studie EUROSTUDENT[10], die 2005 von SOKRATES[11] durchgeführt wurde, liefert Kennzahlen zur Studiensituation in Europa. So ist die Unterteilung im Hoch- schulsektor in Universitäten und Nicht-Universitäten in einigen Ländern ausgeprägt vorhanden. Hierzu zählen Deutschland, Irland und die Niederlande. In Deutschland sind die Universities of Applied Sciences (Fachhochschulen) die größte Studienal- ternative neben den Universitäten. An Hochschulen mit praktischem Fokus studieren in den Niederlanden verglichen mit dem Universitätsstudium 61 %. In Irland ist die Hochschullandschaft in Institutionen auf funktionaler Ebene unterteilt. Es gibt Ein- richtungen für Kunst, Design, Technologie oder Hochschulen für die Lehrerausbil- dung. Hier verteilt sich die Hochschulart in zwei gleiche Anteile (vgl. EUROSTUDENT Report, 2005, S. 45). In Italien, als auch in Spanien gibt es keine unterschiedlichen Hochschultypen. Eine Einteilung in Fachhochschulen und Univer- sitäten, wie beispielsweise in Deutschland ist nicht gegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Verteilung zwischen Universitäts- und Nichtuniversitätsstudium Quelle: EUROSTUDENT Report, 2005, S. 45
Die Abhängigkeiten der sozialen Herkunft und die Chancengerechtigkeit zum Hochschulzugang sind unterschiedlich ausgeprägt. Auffällig ist, wie in unten stehender Abbildung zu sehen, die Abhängigkeit vom beruflichen Status des Vaters zur Tatsache, dass ein Kind studiert. Dieser Indikator lässt sich zur Betrachtung der Zugangsgerechtigkeit zu einem Hochschulstudium heranziehen. In Deutschland ist sie weit unter dem Durchschnitt und mit 0,4 (s. Abb. 4) extrem niedrig.
Das bedeutet, dass die soziale Herkunft in starkem Zusammenhang zur Aufnahme eines Studiums steht. In Irland ist der Zugang zum Studium nicht abhängig vom beruflichen Hintergrund des Vaters, ebenso wenig wie in Spanien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Relation der Studenten zum Durchschnitt der Bevölkerungsgruppe deren Vater aus der Arbeiterklasse stammt
Quelle: EUROSTUDENT Report, 2005, S. 60
Studiengebühren sind in Europa weit verbreitet. Die Spannbreite reicht von staatlich festgelegten Einheitssätzen, wie in Österreich oder in den Niederlanden, bis hin zu Regelungen auf der Länderebene wie dies in Deutschland der Fall ist (vgl. Nagel, 2003, S. 57-64). Keine Studiengebühren werden zum Beispiel in skandinavischen Ländern verlangt (vgl. http://derstandard.at/?url=/?id=2670585, 06.12.07).
Wie sich die Studienbedingungen in der Schweiz gestalten, ist nachstehend beschrieben.
2.1.3 Schweizerische Studienbedingungen
Die Hochschullandschaft der Schweiz ist in zehn Universitäten, zwei ETH´s (Lausanne und Zürich), acht Universities of Applied Sciences (Fachhochschulen) und 15 pädagogische Hochschulen, die die Lehrerausbildung übernehmen, unterteilt (vgl. KFH, 2007, S. 6). Die Eintrittsquote in ein Hochschulstudium ähnelt den niedri- gen Quoten wie in Österreich und Deutschland und liegt bei 38 %. Zurückzuführen ist dies auf die Beliebtheit der Berufsausbildung, die ein hohes Ansehen genießt. Die Schweiz ist ein beliebtes Ziel für ausländische Studenten, deren Anteil liegt bei 17 % und ist damit am höchsten in ganz Europa (vgl. ebd. S. 14). Weltweit gesehen ran- giert die Schweiz hier an zweiter Stelle hinter Australien (vgl. Specker, 2006, S. 51). Die Relevanz der Bildungschancen bezogen auf die soziale Herkunft in der Schweiz ist gering. Der Vergleich zwischen Einwanderern und Schweizern fällt stabil aus. Es gibt im Gegensatz zu Ländern wie der USA oder Deutschland keine Abhängigkeiten zur sozialen Herkunft (vgl. Ryser, et.al., 2007, S. 68).
Die Studiengebühren in der Schweiz liegen zwischen 500 und 2.000 CHF pro Se- mester. Für ausländische Studenten werden oft höhere Sätze verlangt. Laut dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) liegen die Gebühren teilweise bei 4.000 CHF für ein Semester. Die Lebenshaltungskosten sind in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr hoch. Die Universität Zürich gibt zum Beispiel an, dass mit 1.700 CHF im Monat zu rechnen sei. Die Schweiz verfügt über ein Stipendienwesen welches kantonsabhängig gesteuert wird (vgl. Branden- burg, et. al., 2007, S. 28). Trotz der hohen Kosten für ein Studium ist die Zugangsge- rechtigkeit für ein Studium in der Schweiz nicht stark abweichend zu anderen euro- päischen Ländern. Verglichen mit den Daten der EUROSTUDENT Studie, liegt die Zugangsgerechtigkeit zum Beispiel über dem Niveau von Deutschland.[12] Die Schweiz nimmt dahingehend eine gute durchschnittliche Position ein (vgl. Bundes- amt für Statistik, 2007, S. 4).
Die Studienbedingungen eines Landes bedingen die Wettbewerbsposition einer Hochschule am Hochschulmarkt. Je bessere Voraussetzungen ein Student in einem Land vorfindet, desto eher wird er sich für dieses entscheiden. Die unterschiedlichen Bildungslandschaften werden stärker miteinander verglichen und konkurrieren damit um die besten Studenten. Studienbedingungen sind Teil des Makro- Marketingumfeldes einer Hochschule und wirken damit direkt auf sie ein. Erwähnt werden sollen an dieser Stelle die Strategien der australischen Hochschulen. Sie sind für viele Universitäten und Fachhochschulen weltweit vorbildhaft. Die junge Hochschullandschaft Australiens ist, was die Rekrutierung von ausländischen Stu- denten betrifft, aggressiv und betreibt dies seit Jahren systematisch (vgl. Burn, 1999, S. 9 f). Australische Hochschulen haben die zusätzliche Einnahmequelle von zah- lungskräftigen ausländischen Studenten erkannt. Sie profitieren ebenfalls durch die Internationalität bei ihren Studenten (vgl. Ross, et. al., 2007, S. 593).[13] Abschließend lässt sich sagen, dass durch eine Optimierung der Studienbedingungen jede Hoch- schule und jedes Land eine bessere Wettbewerbsposition erlangen kann. Dieses Absetzten von der Konkurrenz über die besseren Studienbedingungen macht das Anwerben von Studenten für das jeweilige Land einfacher und erfolgreicher.
Aktuell wird das Thema der Globalisierung und der Internationalisierung stark ange- sprochen. Der Konkurrenzdruck auf einzelne Hochschulen, die sich dem globalen Wettbewerb am Bildungsmarkt aussetzen müssen, wird größer. Inwiefern sich die Globalisierung und Internationalisierung als Einflussfaktor im Makro-Marketingumfeld verhält wird in Kapitel 2.2 behandelt.
2.2 Globalisierung und Internationalisierung als Einflussfaktoren
2.2.1 Merkmale und Definition von Globalisierung und Internationalisierung
“Internationalization is changing the world of higher education, and globalization is changing the world of int ernationalization.” (Knight, 2004, S. 5)
Dieses Zitat von Jane Knight, stellt die schwierige Diskussion um die Interdependen- zen der Begriffe Globalisierung und Internationalisierung in Verbindung mit der Hochschullandschaft dar. Die Themen der Globalisierung und Internationalisierung spielen eine große Rolle bei der zukünftigen Entwicklung der Hochschulen. Der Un- terschied zwischen beiden Begrifflichkeiten ist darin zu sehen, dass Globalisierung ein Prozess ist, der Einfluss auf den der Internationalisierung hat (vgl. Knight, 2004, S. 8).
Der Begriff Globalisierung wird mehr und mehr in der Öffentlichkeit und in den Medien gebraucht um gegenwärtige Entwicklungen zu beschreiben. Der Terminus ist schwer einzugrenzen weil Globalisierung für manche als ein Umstand der vielerlei verschiedene Gegebenheiten erklärt gesehen wird, für andere aber ist es ein Prozess, der selbst erklärungsbedürftig ist (vgl. King, 2004, S. 45). Die Thematik zieht so viel Aufmerksamkeit auf sich, da die Diskussion oft Ängste, Aggressionen, Hoffnungen und Widerstände auslöst (vgl. Hildmann, et. al., 2006, S. 8).
Wegen der Fülle an Begriffsverwendungen sind Definitionen notwendig um die Bedeutungsunterschiede deutlich machen zu können. Die Literatur bringt an dieser Stelle eine Reihe von Auslegungen hervor. Es sollen exemplarisch die Auslegungen von Jane Knight für diese Arbeit als relevant anerkannt werden.
Globalisierung wird wie folgt definiert:
“..the flow of technology, economy, knowledge, people, values, and ideas . . . across bor ders. Globalization affects each country in a different way due to a nation’s ind i vidual history, traditions, culture and priorities.” (Knight, 2004, S. 8)
In der obigen Definition wird Globalisierung als der Einfluss von Technologie, Wirt- schaft, des Wissens, der Ideen und Werte auf jedes Land, beschrieben. Globalisie- rung wird als ein Phänomen ohne Grenzen beschrieben, das jedes Land wegen sei- ner individuellen Geschichte, seiner Tradition, Kultur und seiner Werte beeinflusst. Der Trend der Globalisierung wirkt auf jede Bildungslandschaft und damit auf die einzelnen Hochschulen.
Globalisierung ist von Internationalisierung abzugrenzen.
Jane Knight definiert den Begriff der Internationalisierung im Hochschulbereich folgendermaßen:
„Internationalization at the national/sector/institutional levels is defined as the process of integrating an international, intercultural or global dimension into the purpose, functions or de livery of postsecondary education“. (Knight, 2003, S. 2f)
Internationalisierung wird als Prozess definiert, der internationale, interkulturelle und globale Dimensionen in die Hochschulumgebung integriert. Die Begriffe „purpose“, „functions“ und „delivery“ sind zusammenhängend zu gebrauchen. Mit dem Begriff “purpose” ist die Verantwortung an und die Mission von einer Bil- dungseinrichtung gemeint. Die „functions“ sind die eigentlichen Funktionen der Hochschule, wie die Lehre und Forschung. „Delivery“ wird als das Angebot der Hochschule, die Kurse und Programme im eigentlichen Sinn, aber auch als die inter- nationalen Aktivitäten diesbezüglich beschrieben (vgl. Knight, 2004, S. 12). Verbindet man diese Sichtweise mit dem Makroumfeld, wirken die Einflüsse der In- ternationalisierung und Globalisierung direkt auf die Hochschule. Es stellt sich die Frage warum und auf welche Art und Weise Internationalisierung und Globalisierung im Hochschulwesen eine Rolle spielen. Es gibt auf der einen Sei- te ökonomische und politische, auf der andern Seite kulturelle und akademische Beweggründe (vgl. Rotter, 2005, S. 17). Exemplarisch nennen ließen sich die Ver- wandlung der Universität in eine managementorientierte Institution, die profitorientiert agiert und die Ausweitung der Wissenskapazitäten sowie der interkulturelle Aus- tausch zum Beispiel bei der Forschung, den Studenten und dem Personal (vgl. Knight, et. al., 2006, S. 2 ff).
Ein Aspekt an dem die Entwicklung der Internationalisierung verdeutlicht werden kann ist die Zahl der immatrikulierten Studenten, die ihr Studium im Ausland absol- vieren. 2001 waren weltweit 1,65 Millionen Studenten im Ausland eingeschrieben. Im darauf folgenden Jahr waren es bereits 1,9 Millionen. Dies entspricht einer Steige- rung von 15,0 %. Nach einer Studie der idp-Australia werden im Jahr 2025 schäzungsweise 7,2 Millionen Studierende im Ausland eingeschrieben sein (vgl. Hahn, 2005, S. 13). Jedoch darf laut Altbach und Teichler die Zahl nicht missverstanden werden. Gemessen an der Zahl aller Studenten weltweit ist die Rate der Studierenden im Ausland gleich geblieben. Sie beläuft sich während der letzten Jahrzehnte auf konstante 2,0 % (vgl. Altbach, et. al., 2001, S. 7).
Die Internationalisierung der Hochschulen und die Einflüsse der Globalisierung auf diese, führen aber nicht zu einer vollkommenen Abnabelung der Hochschulen vom nationalen Staat. Die langen Traditionen, vor allem die der europäischen Universitä- ten, beinhalten starke nationale Abhängigkeiten (vgl. Stichweh, 2001, S. 2). Darunter fallen finanzielle Abhängigkeiten wie Zuschüsse, Hochschuletats und zum Beispiel in Deutschland die Studiengebührenhoheit der Länder. Stichweh erläutert aber auch den Trend der Internationalisierung, der sich vor allem in der Migration ausländischer Studenten niederschlägt. So spricht auch er vom strategischen Faktor ausländischer Studenten an der nationalen Institution Universität (vgl. ebd., S. 10).
Eine weitere Entwicklung der Globalisierung von Hochschulsektoren ist, dass Hochschulen eigene Studiengänge im Ausland anbieten oder beispielsweise Niederlassungen im Ausland gründen. Es entsteht ein Markt der globalen Hochschulbildung (vgl. Hahn, 2005, S. 1). Dieser Trend spricht gegen die Sichtweise einer nationalstaatlichen Hochschule.
Durch eine bessere Vermarktung des Produkts Bildung von Hochschulseite, vor al- lem international ausgerichtet, erreichen die Hochschulen Wettbewerbsfähigkeit am Bildungsmarkt. Hier lässt sich ein Bogen zu Student Recruitment schlagen. Hoch- schulen positionieren sich international um ausländische Studenten anzuziehen, die wiederum Humankapital für die Zukunft der Zielländer darstellen. Student Recruit- ment wird betrieben, um als Hochschule im internationalen Wettbewerb um die bes- ten Studenten mithalten zu können und um die von Stichweh genannte „strategische Position“ im weltweiten Wettbewerb zu erlangen (vgl. Rotter, 2005, S. 19 ff).
Die Auswirkungen der Internationalisierung und der Globalisierung werden regional verschiedene Effekte nach sich ziehen. Wie die Situation der Hochschulen hingegen in Europa ist und welche Veränderungen die Internationalisierung und Globalisierung hier mit sich bringt, soll nachstehend abgehandelt werden.
2.2.2 Europäische Internationalisierung
Die Hochschule in Europa war mit ihrer Entstehung im 13. Jahrhundert international ausgerichtet. Latein war die allgemein gültige Unterrichtssprache und nationale Ein- flüsse waren wenig zu finden. Während der Reformation wurden Universitäten natio- nalstaatlich beeinflusst. Doch die internationalen Verbindungen vieler Hochschulen verschwanden nie komplett (vgl. Altbach, 2001, S. 6). Teichler spricht in diesem Zu- sammenhang von einer „Re-Nationalisierung“ der Hochschulen (vgl. Teichler, 2003, S. 21). Internationales Standing und Reputation ist für europäische Hochschulen wichtig um im weltweiten Wettbewerb, vor allem mit amerikanischen Universitäten, bestehen zu können. Die internationalen Bestrebungen der europäischen Hochschulen lassen sich in den folgenden Schlagwörtern darstellen: Grenzüberschreitende Mobilität und Kooperation: ERASMUS/SOKRATES Internationale Attraktivitätssteigerung durch Reformen an Hochschulen Schaffung europäischer Konvergenz, Bologna Prozess (vgl. Teichler, 2003, S. 19 ff und Rotter, 2005, S. 14).
SOKRATES steht für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Bereichen des Bildungswesens. Unter dem Programm ERASMUS/SOKRATES laufen Aktionen für den Hochschulbereich. Hierunter fallen Auslandsaufenthalte von Studenten und akademischem Personal (vgl. http://eu.daad.de/eu/sokrates/05353.html, 31.10.07). Mit Attraktivitätssteigerungen sind die Bemühungen der Hochschulen gemeint sich international zu positionieren und ein Branding der Marke Hochschule (s. Kapitel 3.2) zu vollziehen.
Der Bologna-Prozess steht für eine der tiefgreifendsten Hochschulreformen der let- zen Jahre. Er setzt sich die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschul- raumes zum Ziel (vgl. http://www.bmbf.de/de/3336.php, 31.10.07). Die Bologna-Deklaration beinhaltet:
- Einführung eines vergleichbaren Bewertungssystems und des Diploma Supp- lement
- Einführung eines Systems für die Gruppen Undergraduates und Graduates
- Einführung des European Credit Transfer System (ECTS), mit dem Ziel die Studentenmobilität zu erhöhen
- Förderung der Studentenmobilität
- Förderung der europäischen Zusammenarbeit beim Qualitätsmanagement
Förderung von gemeingültigen europäischen Strukturen in der Hochschullandschaft (vgl. de Wit, 1999, S. 8).
Die Hochschule wird als Ganzes vom Trend der Globalisierung erfasst. Im Besonde- ren wird der weltweite Wettbewerb um die besten Studenten zunehmen. Hier beginnt das Studentenrecruiting an Einfluss zu gewinnen. Die besten Köpfe sollen grenz- überschreitend von Hochschulen rekrutiert werden. Vor allem amerikanische Hoch- schulen sind den Universitäten und Fachhochschulen in Europa voraus (s. Kapitel 6.3). Sie haben erkannt, dass ausländische, aber vor allem hochtalentierte Studen- ten, wichtiges Humankapital für die Zukunft der Länder darstellen. Sie bleiben ent- weder als Arbeitskräfte im Land oder besetzen wichtige Schlüsselstellen in Unter- nehmen in ihrem Heimatland, die wiederum in Verbindung mit ihrem kulturellen Background aus dem Studium stehen. Wie stark sich der Wettbewerb um Studenten aber auch allgemein der zwischen den Hochschulen in Europa, in Anbetracht des demografischen Wandels entwickeln wird und wie es sich in Amerika und Asien ver- halten wird, beschreibt Kapitel 2.3.
2.3 Demografie und Bevölkerungsentwicklung als Einflussfaktoren
Neben der Globalisierung ist der demografische Wandel ein Megatrend, der bestim- mend für die heutige Zeit ist. Er durchzieht alle Bereiche des täglichen Lebens und stellt im Besonderen Europa vor große Herausforderungen (vgl. Hildmann, et. al., 2006, S. 6). Er hat zu großem Teil Einfluss auf ein Studentenrecruiting von Hoch- schulen. Daher wird sich dieser Teil der Arbeit mit dem demografischen Wandel weltweit, in Europa und im speziellen in der Schweiz und in Deutschland befassen. Hochschulen müssen sich zukünftig an der steigenden, im Speziellen internationalen Bevölkerungszunahme, aber auch an den stagnierenden oder abnehmenden Stu- dentenzahlen, hauptsächlich in europäischen Regionen, neu orientieren und neue Strategien entwickeln, wie sie diesen Trends begegnen (vgl. Mizikaci, 2007, S. 12).
2.3.1 Weltweite Demografie und Bevölkerungsentwicklung
Die Entwicklung der Bevölkerungszahlen weltweit nimmt rasant zu. Vor allem in den Regionen Afrika und Asien haben steigende Geburtenzahlen und eine wachsende Lebenserwartung Auswirkungen auf die zukünftige Population weltweit. Die United Nations (UN) prognostizieren für das Jahr 2050 eine Weltbevölkerung von 8,9 Milli- arden (Stand 2000 zirka 6 Milliarden, nach mittlerer Berechnungsvariante) (vgl. Wagner, 2004, S. 31). Das dieser Trend weit reichende sozioökonomische Auswirkungen hat ist ersichtlich. Mit einer steigenden Geburtenrate und höherem Bildungs- stand werden die Studentenzahlen weltweit ansteigen. In unten stehender Grafik, sieht man die Entwicklung der Bevölkerungsgruppe der 15-24 Jährigen, die als Ver- gleichsgruppe zu aktuellen oder zukünftigen Studenten herangezogen werden soll. So werden 2050 zirka 200 Millionen mehr junge Erwachsene auf der Welt leben. Mit einem höheren Lebensstandard und einer wirtschaftlichen Aufholjagd wie sie in Chi- na oder Indien im Moment zu beobachten ist, geht auch ein weiterer Anstieg von Studenten weltweit einher.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: World Population aged 15-24, 2000-2050
Quelle: Eigene Darstellung, angelehnt an http://www.un.org/esa/population/unpop.htm, 31.10.07
Die Gruppe der 15-24 Jährigen steigt, wie in Abbildung 7 ersichtlich, bis 2050 stark an. Da die regionalen Unterschiede aber enorm sind und die steigende Population vor allem auf Afrika und Asien zurückzuführen ist, muss die demografische Entwicklung differenzierter betrachtet werden.
Das Weltbevölkerungswachstum lässt sich in 4 Ländergruppen einteilen. Wobei 99 % des Wachstums in den Schwellen- und Entwicklungsländern stattfinden.
Gruppe 1: Geringe Fertilität und Bevölkerungsschrumpfung
In dieser Gruppe sind die meisten Industrienationen enthalten. Die Geburtenrate liegt unter der zur Reproduzierung einer Gesellschaft erforderlichen Rate von 2,1 Kindern. Hierzu lässt sich Europa zählen, mit Ausnahme Nordeuropas. Auch Länder der ehemaligen Sowjetunion oder Kuba zählen zur Gruppe 1.
Gruppe 2: Gesunkene Fertilität und geringes Wachstum
Die USA und China sind hier zuzuordnen. Die Geburtenrate nimmt in den nächsten Jahren ab und ab dem Jahr 2050 schrumpfen diese Bevölkerungen ebenfalls.
Gruppe 3: Steigende Mortalität und verringertes Wachstum
Die hohe Sterberate dieser Länder, zu denen afrikanische als auch asiatische Regionen gehören ist auf die steigende HIV/Aids Rate zurückzuführen. Die Bevölkerungen wachsen zunächst, werden aber dann durch die Ausbreitung der Krankheit um das Jahr 2025 geringer oder gar nicht mehr wachsen.
Gruppe 4: Schnell wachsende Bevölkerungen
Hierzu zählen die ärmsten Länder der Welt. Die Geburtenrate liegt bei 5,5 Kindern pro Frau und ist damit extrem hoch. Die Lebenserwartung liegt dagegen nur bei 50 Jahren. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Bevölkerungszahl der Länder verdoppeln. Sie tragen am stärksten zur zunehmenden Weltbevölkerung bei (vgl. Wagner, 2004, S. 27 f.).
Der weltweite demografische Wandel stellt sowohl die Politik als auch die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Auch die Bildungslandschaft wird sich diesen Veränderungen stellen müssen.
Fried und Klemencic sind davon überzeugt, dass demografische Veränderungen, wie sie in den USA, ab dem Jahr 2050 eintreten werden, keine großen Auswirkungen auf die Hochschulen haben werden. Die USA bleibt nach Meinung der Autoren wei- terhin der größte Importeur von ausländischen Studenten, trotz des Wettbewerbes zwischen den Hochschulen und eventueller Einschränkungen bezüglich der VISA und Aufenthaltserlaubnisbestimmungen (vgl. Fried, et. al. 2007, S. 13). Ob die gra- vierenden Veränderungen des Demografiewandels, tatsächlich so unbemerkt an den dortigen Universitäten vorbei gehen bleibt abzuwarten. Sicherlich ist aufgrund der Vorreiterstellung der dortigen Hochschulen eine gute Ausgangsposition geschaffen. Dennoch wird der Wettbewerb schärfer und Hochschulen aus der ganzen Welt ha- ben sich aufgemacht zu amerikanischen Eliteuniversitäten aufzuschließen.
In Europa ist die Situation betreffend des weltweiten Bevölkerungsanstieges konträr.
2.3.2 Europäische Demografie und Bevölkerungsentwicklung
In den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union altert die Gesellschaft schneller als dass die Geburtenrate dies aufheben könnte. Wie bereits unter 2.3.1 erwähnt, bilden nordeuropäische Länder eine Ausnahme. Demografisches Altern bedeutet, dass das Durchschnittsalter einer Bevölkerung ansteigt (vgl. Hildmann, et. al., 2006, S. 35). Mit einer durchschnittlichen Geburtenrate von 1,5 Kindern kann sich die europäische Bevölkerung nicht reproduzieren und altert zunehmend. Ein komplett gegensätzlicher Trend zu jenem, der weltweit beobachtet wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: European Population aged 15-24, 2000-2050
Quelle: Eigene Darstellung, angelehnt an http://www.un.org/esa/population/unpop.htm, 31.10.07
Wie aus dem Schaubild ersichtlich, schrumpft die Zahl der 15-24 Jährigen zuneh- mend. Machten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Jahr 2000 noch 13,9 % der Bevölkerung aus, so vermindert sich ihr Anteil auf 10 % im Jahr 2050. Es wer- den folglich weniger Studenten aus Europa an europäische Hochschulen strömen, was einen Akademikermangel hervorrufen wird, wenn er nicht von ausländischen Studenten und Arbeitskräften aufgefangen wird. Viele Hochschulen werden von der Schließung bedroht sein und das Hochschulwesen als Ganzes wird sich auf Zentren konzentrieren. Nur durch die vermehrte Einwanderung ausländischer Studenten aus Regionen, die einen Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen haben, kann dieser Ent- wicklung entgegen gesteuert werden. Nach Mizikaci kann dieser Prozess bis zum Jahr 2025 aufgefangen werden, danach werden Länder wie Deutschland, Öster- reich, Italien, Griechenland, Slowenien und die Slowakei auch mit vermehrter Immig- ration nicht die natürliche Bevölkerungszunahme kompensieren können und es wird zu einer weiteren Abnahme an Studenten kommen. Im Moment sieht es nicht da- nach aus, dass die stark vom demografischen Wandel betroffenen Länder einer Stagnation am Hochschulmarkt, der Konzentration von Hochschuleinrichtungen, so- wie einem damit verbundenen stagnierenden Wirtschaftswachstum entgegen wirken könnten. Der Wandel in der Bevölkerungsstruktur, der Europa bevorsteht, stellt die Hochschulen vor große Herausforderungen. Sie müssen für ausländische Studie- rende, Professoren und Personal attraktiv werden, sonst können sie im weltweiten Wettbewerb vor allem um Studenten und damit um hochqualifizierte Arbeitskräfte nicht mithalten. Bemerkenswert ist, dass Länder die aktuell eher Exporteure von Studenten in andere Länder sind, sich zukünftig umorientieren müssen um dem Bevölkerungswandel entgegen zu kommen. Zu diesen Exporteuren ist unter anderem Deutschland zu zählen (vgl. Mizikaci, 2007, S. 2).
2.3.3 Schweizerische und deutsche Demografie und Bevölkerungsentwicklung
Wie in der Einführung beschrieben, soll auf die Situation in der Schweiz und der in Deutschland gesondert eingegangen werden. So ist nach den Statistiken der UN ein deutlicher Unterschied zwischen beiden Ländern ersichtlich (s. Abb. 9). Während sich in Deutschland ein starker Rückgang der Population bemerkbar macht, bleibt die Entwicklung in der Schweiz nahezu konstant.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: European Population aged 15-24, 2000-2050
Quelle: Eigene Darstellung, angelehnt an http://www.un.org/esa/population/unpop.htm, 31.10.07
Die durchschnittliche Geburtenrate in Deutschland liegt bei derzeit 1,4 Kindern pro Frau. Um die Bevölkerungszahl stabil zu halten und die Elterngeneration zu erset- zen, ist aber eine Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau notwendig. Dieses Un- gleichgewicht herrscht in Deutschland seit den 70er Jahren. Die Geburtenrate be- wegt sich ab diesem Zeitpunkt um 1,4 Kinder. Vergleicht man die durchschnittliche Geburtenrate von Entwicklungsländern, die zwischen 4 und 6 Kindern liegt, so spricht man in Deutschland von einer Bevölkerungsimplosion. Der Trend der Ent- wicklungsländer geht zu einer Bevölkerungsexplosion (vgl. Hildmann, et. al., 2006, S. 35). Bleibt die Entwicklung von sinkenden Geburtenzahlen auf dem Niveau von heu- te und bleibt die Zuwanderung auf dem jetzigen Stand, so schrumpft die Bevölke- rung in Deutschland spätestens ab dem Jahr 2020 (vgl. Hullen, 2004, S. 15). Die Diskussion um die Konsequenzen des demografischen Wandels in Deutschland - bezogen auf die Anzahl zukünftiger Studentenzahlen - wird aktuell sehr unterschied- lich geführt. Genauere Aussagen über die zukünftige Anzahl von Studenten werden nur bis zum Jahr 2020 verfolgt. Die weitere Entwicklung lässt sich schwer voraussa- gen. Im Folgenden soll auf die Diskussion zwischen der Kultusminister Konferenz (KMK), welche mit einer steigenden Anzahl von Studenten bis zum Jahr 2020 rechnet und dem Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), die mit sinkenden Zahlen für den gleichen Zeitraum rechnet, eingegangen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Gegenüberstellung der FiBS und KMK Berechnungen im Vergleich
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,463318,00.html, 06.11.07
Die Argumentation der beiden Institutionen fußt auf verschiedenen Grundlagen. Die KMK sagt einen Anstieg der Studentenanzahl auf 2,7 Millionen im Jahr 2014 voraus, während die FiBS im Maximalfall von 1,9 Millionen Studenten für diese Periode aus- geht. Die KMK geht in ihren Prognosen von einem weitgehend unveränderten Stu- dierverhalten mit langen Studienzeiten aus. Nach Berechnungen des FiBS sprechen aber zwei Entwicklungen gegen einen solchen Trend. Zum einen die Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Masterabschlüsse, was niedrigere Studienzeiten be- inhaltet und zum anderen die Festlegung des Bachelor-Abschlusses[14] als Regelab- schluss. Da nicht alle Studenten zum Master Studium zugelassen werden, wird die durchschnittliche Studiendauer, von im Moment 6,5 Jahren deutlich sinken. Dadurch werden weniger Studenten an den Hochschulen eingeschrieben sein (vgl. ebd.).
Sicher ist, dass eine Entwicklung nach 2020 nur defizitär aussehen kann, betrachtet man die demografische Entwicklung der studierfähigen Altersgruppe (s. Abbildung 9). Die Studienanfängerquote in den OECD Ländern[15] liegt bei 50 %.
In Deutschland beträgt sie hingegen nur 35 % (vgl. ebd.). Dieser Aspekt in Kombina- tion mit der Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik lässt einen zukünftigen Akademikermangel ab dem Jahr 2020 schlussfolgern. Diesem Akademikermangel kann nur mit einen gut aufgestelltem Bildungssystem entgegengewirkt werden. In diesem nehmen Hochschulen die zentralste und wichtigste Rolle ein (vgl. Berthold, 2007, S. 17 ff).
Die Entwicklung in der Schweiz ist konstant. Es findet kein rapider Bevölkerungs- rückgang, wie er in Deutschland prognostiziert wird, für die nächsten Jahrzehnte statt. Die Zahl der 15-24-Jährigen steigt vom Jahr 2000 von zirka 839.000 auf 955.000 an (vgl. http://www.un.org/esa/population/unpop.htm, 31.10.07). Im nachfol- genden Schaubild wird ersichtlich, dass die Schweizer Gesellschaft zwar eine alternde Gesellschaft ist, aber eine hohe Zuwanderungsrate hat.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Komponenten der Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz, 1981-2040 Quelle: Kohli, et.al., 2004, S. 14
Wie in Abb. 11 dargestellt, wird der Geburtenüberschuss ab dem Jahr 2020 negativ. Entscheidend für die Schweiz als Einwanderungsland ist, dass der Wanderungssaldo[16] gleich bleibt. Es schlägt sich keine weit reichende demografische Veränderung, wie zum Beispiel in Deutschland, durch. Wie vom Bundesamt für Statistik Schweiz (BFS) prognostiziert, wächst die Bevölkerung bis zum Jahr 2040 um 2 % an (vgl. Kohli, et.al., 2004, S. 20). Daher ist die Sicherstellung gleich bleibender Studentenzahlen durch die konstante Bevölkerungsentwicklung gewährleistet.
Besonders durch sich verändernde Studentenzahlen werden Hochschulen von de- mografischen Veränderungen betroffen sein. International gesehen werden renom- mierte Hochschulen ihre Instrumente zur Auswahl der Studenten verbessern und er weitern müssen. So wird an asiatischen Universitäten, wie der Peking-Universität, nur einer von 600 Bewerbern aufgenommen, da die Kapazitäten noch nicht an den Bedarf der Bewerber angepasst sind (vgl. WirtschaftsWoche, 2006, S. 44). In Euro- pa ist ein gegenläufiger Trend zu beobachten. Zu wenig Studierende werden einen Wettbewerb zwischen den Hochschulen hervorrufen. Deutsche Universitäten, vor al- lem in Ostdeutschland haben schon jetzt erste Probleme, da sich zu wenig Studen- ten bewerben. Sie wirken diesem Trend zum Beispiel mit Begrüßungsgeldern für die Studenten entgegen (s. Kapitel 8.1). Marketinginstrumente müssen spezifisch auf die Rekrutierung neuer Studenten ausgelegt werden. In Europa werden die Bewerber- zahlen zurückgehen und Hochschulen müssen sich verstärkt um ausländische Stu- dierende bemühen. Mit geeigneten Maßnahmen müssen Länder, die rückgängige Bevölkerungszahlen vorweisen, Studenten aus Ländern mit Bevölkerungszunahmen rekrutieren. Nur so können sie einem Studentenmangel und somit einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften entgegenwirken.
Wie dies konkret aussehen kann, welche Vorraussetzungen es hierfür geben muss und welche Inhalte ein erfolgreiches Hochschulmarketing auszeichnet damit ein ziel- orientiertes Student Recruitment erfolgreich sein kann, wird in Kapitel 3 und 4 darge- stellt.
3 Hochschulmarketing
3.1 Definition von Hochschulmarketing
„Das Thema Hoch schulmarketing hat aufgrund vielf ä ltiger Ä nderungen der Rahmen- bedingungen in der Hochschullandschaft an Aktualität gewonnen“ ( Meffert, et.al., 2007, S. 2).
Aus dieser Aussage wird die zunehmende Bedeutung des Hochschulmarketings klar. Die beschriebenen Einflussfaktoren (s. Kapitel 2) führen zu einem Wettbewerb zwischen den Hochschulen, sowie dazu den Studenten als Kunden des Produktes Bildung zu sehen, welches die Hochschulen durch geeignete Marketingmaßnahmen „vertreiben“ müssen (vgl. Gomes, 2003, S. 116). Zusätzlich zu dieser Kundensicht bedingen sie, durch den von ihnen ausgelösten Wettbewerb, die Entwicklung zu versiertem Marketing von Hochschulen.
Um die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können, ist zuerst eine Definition von Hochschulmarketing zu finden.
Das Marketing of Higher Education wird von Kotler wie folgt definiert:
“Marketing is the analysis, planning, implementation, and control of carefully form u- lated programs designed to bring about voluntary exchanges of values with the target markets to achieve institutional objectives. Marketing involves designing the institu- tion’s offerings to meet the target markets´ needs and desires, and using effective pricing, communication, and distribution to inform, motivate and service these mar kets.” (vgl. Pegoraro, 2007, S. 21)
Hochschulmarketing wird als die Analyse, Planung, Implementierung und Kontrolle von Programmen zum Zweck des Austausches mit Märkten und zum Erreichen der Ziele beschrieben. Kotler und Murphy betonten schon in den 80er Jahren, dass die Hochschulen sich in Zukunft auf die strategische Ausrichtung ihrer Marketingaktivitä- ten konzentrieren müssen. Da bei vielen Hochschulen bislang eher das operative Arbeiten im Vordergrund war, kommt zunehmend eine strategische Komponente hinzu. Das Marketing muss langfristig und strategisch geplant werden (vgl. Kotler, et. al., 1981, S. 470).
Um exemplarisch einen Teil einer strategischen Ausrichtung darzustellen, wird im Folgenden auf das Branding einer Hochschulmarke eingegangen.
3.2 Branding einer Hochschulmarke
Ein Teil eines erfolgreichen Hochschulmarketings ist die Profilgebung und das Ge- stalten einer Hochschulmarke. Der Name der Universität als Marke auf einem Wett- bewerbsmarkt, unter anderem um die Gunst der Studierenden, stellt eine Herausfor- derung an die Hochschule dar (vgl. Gerhard, 2004, S 1 ff, S. 131 ff). So sind Krite- rien für eine Hochschulmarke zum Beispiel Alter, Ehrwürdigkeit und Tradition. Hoch- schulen, die die Bedeutsamkeit eines Branding noch nicht erkannt haben, sind an- gehalten diese Möglichkeit zu nutzen, um nicht im Wettbewerb zurückzubleiben (vgl. DUZ, 2006, S. 3). Beispielhaft lässt sich die Imagekampagne und Corporate Design Änderung der Ohm Hochschule nennen. Der Name wurde von Fachhochschule in Hochschule geändert, der Internetauftritt optimiert und ein zweisprachiges Angebot der Internetseite, ist in Arbeit (vgl. www.ohm-hochschule.de, 31.10.07). Der Vorteil eines Brandings für Hochschulen liegt darin, dass sie trotz Reformen oder Krisen am Markt bestehen können. Sie behalten ihr Image und ihr Ansehen leichter, als eine Hochschule, die ihren Namen nicht zur Marke gemacht hat (vgl. DUZ, 2006, S. 3). Die europäische Kommission ist mit dem Programm ERASMUS Mundus genau diesen Weg gegangen. Der europäische Hochschulraum, soll international gesehen, besser vermarktet werden und eine Marke für den europäischen Hochschulraum soll geschaffen werden. Mit dieser Maßnahme soll die europäische Hochschullandschaft vor allem gegenüber Amerika wettbewerbsfähiger und attraktiver gemacht werden (vgl. http://ec.europa.eu/education/programmes/mundus/acareport.pdf, 20.02.08). In Deutschland haben es die RWTH Aachen, die TU München und die LMU München geschafft eine Hochschulmarke zu gestalten (vgl. Meffert, et. al., 2007, S. 4). Da die Profilgebung für eine Hochschule nicht Gegenstand dieser Arbeit ist, soll sie an die- ser Stelle aus Gründen der Vollständigkeit nicht fehlen. Aufgrund des beschränkten Rahmens dieser Arbeit wird sie aber lediglich erwähnt. Welche Instrumente und In- halte Hochschulmarketing hat wird im nachstehenden Teil 3.3 erläutert.
3.3 Inhalte von Hochschulmarketing
Marketing von Hochschulen hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen (vgl. Müller-Böling, 2007, S. 263 f). Fünf wesentliche Aspekte müssen in einem ganzheitlichen Hochschulmarketingansatz verankert sein. Als erstes ist der Philosophieaspekt zu nennen. Hiermit sind die Bedürfnisorientierung und das Zu- schneiden der Hochschulangebote auf die verschiedenen Zielgruppen gemeint. Die- ser Aspekt kann im Leitbild der Hochschule verankert werden. Die verschiedenen Zielgruppen müssen ausreichend unterteilt werden um eine Bearbeitung der einzel- nen Segmente zu ermöglichen. Dies spiegelt sich im Segmentierungsaspekt wieder. Durch die Analyse der Zielgruppen kann anschließend eine zielgruppengerechte An- sprache erfolgen. Da die Bearbeitung der unterschiedlichen Gruppen zielorientiert und strategisch erfolgen muss, ist ein Strategieaspekt nötig. Er beinhaltet eine Schwerpunktsetzung und befasst sich mit langfristigen Verhaltensplänen. Um die strategischen Zielsetzung in die Hochschule einzubringen, darf der Organisationsas- pekt nicht außer Acht gelassen werden. Das Hochschulmarketing muss einen Platz in der Organisation der Hochschule finden. Die letztendliche Umsetzung der Strate- gie vollzieht sich im Aktionsaspekt. Die Maßnahmen der Strategie werden auf der operativen Ebene in Instrumente und Aktionen verwandelt (vgl. Meffert, et. al., 2007, S. 5ff). Auf dieser operativen Stufe sind folgende Teilebenen innerhalb des Hochschulmarketing zu finden:
- Studierendenwerbung/Recruitment
- Studiengebühren
- Schulprogramme
- Imagepolitik
- Public Understanding of Sciences and Humanities (“PUSH”) Internetkommunikation
- Alumniarbeit
- Fundraising
- Sonstiges (Studienprogramme im Ausland, Verbesserung Student Services, Optimierung des Campus)
Es wird ersichtlich, dass Student Recruitment ein Teil der operativen Ebene des Hochschulmarketing ist. Unter dem Begriff der Studierendenwerbung/Recruitment umfasst Müller-Böling den Einsatz von Kommunikationsinstrumenten und die Aus- wahlprozeduren um die besten Studenten anwerben zu können (vgl. ebd., S. 10). In dieser Arbeit soll der Schwerpunkt auf dem Anwerben des Studieninteressierten lie- gen, weniger auf die Auswahl der Studieninteressierten seitens der Hochschulen.
Im nachstehenden Kapitel 4 werden die theoretischen Grundlagen von Studentenrecruiting dargestellt um eine Basis für die sich anschließenden empirischen Analysen sicherzustellen.
4 Student Recruitment
4.1 Definition von Student Recruitment
Um Student Recruitment in seiner Gesamtheit zu beschreiben, ist zunächst eine Definition von Recruiting im Allgemeinen zu finden. Exemplarisch werden zwei unterschiedliche Begriffsfindungen vorgestellt.
Recruiting wird als Personalbeschaffung definiert. Sie ist darauf ausgerichtet, freie Stellen zeitlich unbefristet rezeptive für einige Zeit neu zu besetzen (vgl. Jung, 2005, S. 33).
Recruiting ist der Prozess, der Individuen in einer bestimmten Zeit, in ausreichender Anzahl und mit geeigneten Qualifikationen anzieht und diese sich daraufhin verstärkt für eine Stelle in einer Organisation bewerben (vgl. Mondy et. al., 2004, S. 119). Letztere Definition geht auf das Anwerben von Individuen ein und betont den Fokus auf den Marketingaspekt des Recruiting. Genau diese Sichtweise soll auch in dieser Arbeit vordergründig behandelt werden. Die Auswahlverfahren von Seiten der Hochschulen und das Bewerbermanagement, die auch Teil der Personalbeschaffung nach Jung sind, rücken in den Hintergrund.
Das Rekrutieren von bestimmten Zielgruppen in Institutionen entspricht, im ursprünglichen Sinn betrachtet, dem der Unternehmen, wenn es um Arbeitnehmer geht. Bei Hochschulen wären die Zielgruppen beispielsweise Dozenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Verwaltungsmitarbeiter. In diesem Kontext tritt die Hochschule als „Unternehmen“ auf und wirbt Mitarbeiter als Arbeitnehmer an (vgl. Meffert, et. al., 2007, S. 3). Dieses Anwerben von Mitarbeitern soll auf die Beziehung der Hochschulen zu den Studenten übertragen werden. Hochschulen stehen ebenso in der Pflicht Studenten für ihre Hochschulen zu rekrutieren. Diese Art von Recruiting wird als Student Recruitment/Studentenrecruiting bezeichnet.
Grund für dieses sind die sich verändernden Rahmenbedingungen (s. Kapitel 2). Die Hochschule kann die besten Mittel und Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, doch ohne die besten Studenten kann keine Differenzierung von der Konkurrenz er- folgen.
Die besten Studenten erhält die Hochschule wiederum, in dem sie Studieninteres- sierte gezielt mit Rekrutierungsinstrumenten anwirbt. Ihre Aufmerksamkeit soll auf eine bestimmte Hochschule gelenkt werden und sie sollen sich für eben diese bei ih- rer Studiumswahl entscheiden. Welche Hintergrundinformationen für die Hochschu- len wichtig sind um dies erfolgreich zu betreiben wird bei den Überlegungen zur Hochschulwahl eines Studenten in Kapitel 4.3 bis 4.5 beleuchtet. Doch um ein In- strument vorzustellen soll zunächst auf das E-Recruiting eingegangen werden.
4.2 E-Recruiting und Internetrecruiting
Der Begriff des Recruiting wurde bereits in Kapitel 4.1 erläutert. Beim Internetre- cruiting wird das Internet als Recruiting-Tool benutzt (vgl. Mondy, 2004, S. 119). In der Literatur herrscht keine Einigkeit ob der Begriff des Internetrecruiting mit dem des E-Recruiting gleichzusetzen ist. Für diese Arbeit wird die folgende Definition an- genommen: Als E-Recruiting werden internet- und intranetbasierte Aktivitäten des Personalmanagements bezeichnet. Der Begriff des Internetrecruiting hingegen, wird nur auf die Aktivitäten im Bereich des Internets beschränkt (vgl. Hils, et.al., 2005, S. 30). Die Bedeutung für das Studentenrecruiting von Hochschulen, nimmt immer mehr zu (vgl. Pegoraro, 2007, S. 2). Das Internet wird auch zunehmend als Informa- tionsquelle der Studieninteressierten benutzt. Durch die Informationssuche tritt der Studieninteressierte an die Hochschule heran und nimmt somit ersten Kontakt auf. Durch die Möglichkeit den Studenten während seiner Informationsbeschaffung anzu- sprechen, kann die Hochschule in diesem Moment aktive Instrumente einsetzen.
[...]
[1] vgl. hierzu auch Paulsen, 1990, S. 4 f
[2] Die beiden Begrifflichkeiten werden im Verlauf der Arbeit synonym verwendet.
[3] vgl. hierzu auch Heiland, 2001, S. 173 ff und Müller-Böling, 2007, S. 272.
[4] Mit dem Begriff des Absolventen ist auch der der Absolventin gemeint. Formulierungen im Maskulinum schließen Vertreter beider Geschlechter ein.
[5] vgl. hierzu auch Ruhloff, 2007, S. 21.
[6] vgl. hierzu auch Maringe, 2006, S. 466.
[7] Zu beachten ist hierbei, dass die Studiengebühren an den privaten Universitäten bis zu 30.000 US-Dollar im Jahr betragen können (vgl. http://www.daad.org/file_depot/0-10000000/1000020000/16426/folder/33804/Studienfinanzierung+in+den+USA.pdf, 22.02.08).
[8] Der Blind Admission Test ist ein Test zur Zugangsvorrausetzungsklärung an den Universitäten Harvard und Princeton, der ohne den finanziellen Background des Studienbewerbers zu bewerten, allein auf schulischen und geistigen Fähigkeiten basiert. Erst nach dem Test wird die Klärung der Finanzierung des Studiums angegangen. Die Universitäten mit hohen Studiengebüh- ren wollen mit dieser Maßnahme dem Image einer sozialen Auslese nach finanziellen Gesichtspunkten entgegenwirken (vgl. Nagel, 2003, S.49).
[9] Unter dem Tertiärbereich wird der Hochschulbereich verstanden (vgl. Banschbach, 2007, S. 55).
[10] Basis der Studie sind Befragungen von Studierenden in den folgenden Ländern AT, FI, FR, DE, IE, IT, LV, NL, PT, ES, UK (England und Wales).
[11] SOCRATES ist das Aktionsprogramm der Europäischen Union, für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in verschie- denen Bereichen der allgemeinen Bildung (vgl. http://www.eu.daad.de/eu/sokrates/05353.html, 07.02.08).
[12] Dies bedeutet, dass die soziale Herkunft der Eltern weniger abhängig von der Aufnahmewahrscheinlichkeit eines Hochschulstudiums ist. Der Wert für die Schweiz liegt bei den Vätern bei 1,8. In Deutschland hingegen bei 2,2. Je näher der Quotient um die 1,0 liegt, desto besser ist die Zugangsgerechtigkeit (vgl. Bundesamt für Statistik, 2007, S. 4 f).
[13] vgl. hierzu auch Poole, 2001, S. 395 f und Gomes, 2003, S. 116 f
[14] Der Bachelor Abschluss beinhaltet eine Regelstudienzeit von 6 Semestern.
[15] 30 Mitgliedsländer der OECD: Australien, Österreich, Belgien, Kanada, Tschechien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Island, Irland, Italien, Japan, Korea, Luxemburg, Mexiko, Niederlande, Neu Seeland, Norwegen, Polen, Portugal, Slowakei, Spanien, Schweden, Schweiz, Türkei, Großbritannien, USA.
[16] Als Wanderungssaldo wird die Differenz zwischen Einwanderungen und Auswanderungen in einem Land (vgl. http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/infothek/erhebungen__quellen/blank/blank/statistique_de_l_emploi/anhang.Docum ent.92157.pdf, 11.03.08).
- Arbeit zitieren
- Susanna Schwarz (Autor:in), 2008, Rahmenbedingungen und Entwicklungen des Student Recruitment auf Hochschulebene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167166
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