Abstract
Der IStGH ist der Beweis dafür, dass die Mehrheit der internationalen
Staatengemeinschaft von dem Willen geprägt ist, der Begehung
schwerster völkerrechtlicher Verbrechen Einhalt zu gebieten. Es existiert jedoch ein Defizit der noch jungen Institution – nämlich die Ablehnung durch die USA. Dabei war es gerade jene Supermacht, die im Verlauf der Geschichte beachtliche Beiträge zur Durchsetzung des Völkerstrafrechts leistete. Ein Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Argumente der USA zu analysieren und zu diskutieren. Zunächst werden jedoch – unter Verzicht auf die Tiefe der Darstellung – die „Eckpfeiler‘‘ des IStGH wie etwa die Zulässigkeit eines Verfahrens herausgearbeitet, ohne die die Argumente der USA nicht zu verstehen sind. Die mangelnde Kontrollmöglichkeit des IStGH, gepaart mit der Befürchtung, dass Teile der souveränen Strafgewalt an ein internationales Strafgericht übertragen werden könnten, stellt ein zentrales Ergebnis dar. Zudem kommt, dass der US-Kongress einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Außenpolitik besitzt. Das Verhältnis der USA zum Völkerrecht ist dabei durch das Vorliegen von zwei Grundtendenzen, nämlich die des Uni- und Multilateralismus gekennzeichnet (Ambivalenz). Wird ein multilateraler Mechanismus wie der IStGH als „störend“ empfunden, so wird dieser nicht angewandt. Die Untersuchung der Folgen des Fernbleibens der USA hat gezeigt, dass obwohl der IStGH ohne die USA geschwächt wird, ein Scheitern des Gerichtshofes nicht wahrscheinlich ist. Bezogen auf die USA, so reiht sich die Ablehnung des IStGH in eine Reihe von Ereignissen ein, die zu einer gegenwärtigen Glaubwürdigkeitskrise geführt haben.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A. Einleitung
B. Die Institution – Internationaler Strafgerichtshof
I. Diplomatische Konferenz von Rom
1. Beteiligte
2. Ergebnis
3. Verhandlungsposition der USA
II. IStGH-Statut im Überblick
III. Organisationsstruktur
IV. Zuständigkeit
1. Materielle Zuständigkeit
2. Zuständigkeit in personeller und zeitlicher Hinsicht
3. Formelle Zuständigkeit
V. Das Initiieren eines Verfahrens
1. Vertragsstaat
2. Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
3. Anklagebehörde
VI. Grundsatz der Komplementarität
C. Analyse und Diskussion der Einwände der USA
I. Unzulässige Rechtswirkung auf Drittstaaten
1. Das Territorialitätsprinzip und das daraus resul- tierende Anklagepotential
2. Das Prinzip der Komplementarität und der Zwang zur Strafverfolgung für Nicht-Vertragsstaaten
3. Die Problematik ausgewählter Bestimmungen desIStGH-Statuts
a) Artikel 121 V IStGH-Statut
b) Artikel 124 IStGH-Statut
II. Die Rolle des unabhängigen Anklägers und die Gefahr politisch motivierter Strafverfolgung
III. Das IStGH-Statut im Widerspruch zur Verfassung der USA
IV. Ungerechtfertigter Eingriff in den Einflussbereich des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
V. Verlust von nationaler Souveränität
D. Ursachen der US-amerikanischen Haltung
I. Die US-Außenpolitik und das Verhältnis zum Völkerrecht
II. Der Kongress und das Souveränitätsverständnis der USA
E. Initiativen der USA zur Verhinderung einer Strafverfolgung durch den IStGH
I. Nationale Ebene: American Service Members Protection Act
II. Bilaterale Ebene: Nicht-Überstellungsübereinkommen auf der Grundlage von Artikel 98 II IStGH-Statut
1. Sinn und Zweck von Artikel 98 IStGH-Statut
2. Intention der USA
3. Problematiken des Artikels 98 II IStGH-Statut
III. Multilaterale Ebene
1. Rücknahme der Unterzeichnung des IStGH-Statuts
2. Resolutionen 1422 (2002) und 1487 (2003) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
F. Folgen der US-amerikanischen Haltung
I. Die USA als Akteur im internationalen System
1. Ansehen der USA
2. Wirkungen auf andere Staaten
II. Der IStGH und die Folgen für dessen Effektivität
G. Lösungsansätze, um die USA von der Unterstützung des IStGH zu überzeugen
I. Zugeständnisse an die USA: Chance oder Risiko?
1. Zusicherung einer generellen Immunität
2. Hinzufügung des Terrorismus als weiterenVerbrechenstatbestand
II. Die Resolution 1593 (2005), die Rolle des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und die Position der USA
1. Historischer Kontext
2. Die Bewertung der Resolution 1593 (2005) imHinblick auf die zukünftige Haltung der USA
H. Schlussbetrachtung
Abstract
Literaturverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einleitung
„Ich sehe, daß Völker gegeneinandergetrieben werden und sich schweigend, unwissend, töricht, gehorsam, unschuldig töten. Ich sehe, daß die klügsten Gehirne der Welt Waffen und Worte erfinden, um das alles noch raffinierter und länger dauernd zu machen“[1].
Dieses Zitat aus dem von Erich Maria Remarque geschriebenen Ro-man „Im Westen nichts Neues“ zeigt die subjektive Wahrnehmung der Ereignisse im Ersten Weltkrieg. Gleichwohl steht dieses Zitat auch stellvertretend für einen Teil der Geschichte des 20. Jahrhunderts – einem Jahrhundert, in dem Millionen von Menschen durch kriege-rische Auseinandersetzungen und Völkermord gestorben sind. Noch 16 Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, im Jahr 1898, tagte die erste sog. Haager Friedenskonferenz, welche vor allem durch den damaligen russischen Zaren Nikolaus II. initiiert wurde[2]. Eine zweite Konferenz tagte 1907, ebenfalls in Den Haag. Die Konferenzen hatten das Ziel, Regelungen für eine friedliche Lösung von Konflikten zu finden. Das Resultat war die Verabschiedung von insgesamt 13 Konventionen, darunter auch das Abkommen bezüglich der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges mit der sog. Haager Landkriegsordnung[3]. Umso erschreckender erschien die Brutalität der Kriegs-führung, die im Ersten Weltkrieg durch Maschinengewehre und Giftgas – im Zweiten Weltkrieg durch den Völkermord an den Juden und anderen, von den Nationalsozialisten als ,,rassisch minderwertig“ eingestuften Menschen, gekennzeichnet war.
Seit den Haager Friedenskonferenzen vergingen fast 100 Jahre, und gegenwärtig ist die niederländische Stadt Den Haag der Sitz des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH). Benjamin B. Ferencz, einer der US-amerikanischen Ankläger während der Prozesse gegen die deutschen Kriegsverbrecher in Nürnberg, formulierte folgende Aussage zur Errichtung des IStGH: „A new institution to curb crimes against humanity is about to be born. […] It is a historic milestone“[4]. Dieses Zitat zeigt die Zuversicht und die Hoffnung, die Ferencz mit der Schaffung des IStGH verbindet. Gleichzeitig soll dieses Zitat auch als Einstieg für einen historischen Überblick dienen, der sich im Fol-genden auf den Zeitraum von 1945 bis in das Jahr 1998 bezieht.
Die Handlungen der deutschen Hauptkriegsverbrecher wurden gemäß Art. 6 des Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg (IMG-Statut[5] ) auf drei Tatbestände hin überprüft: Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der – völkerrechtlich betrachtet – revolutionäre Gedanke daran war, dass sich zum ersten Mal Personen wegen völkerrechtlicher Verbrechen strafrechtlich verantworten mussten (Prinzip der individuellen Verantwortlichkeit)[6]. Speziell die USA befürwor-teten die Gerichtsverfahren gegen die Hauptverantwortlichen des NS-Regimes und Kriegsverbrecher[7]. Es waren vor allem auch US-ameri-kanische Soldaten, welche den Konzentrations- und Vernichtungs-lagern der Nationalsozialisten ein Ende machten. „The United States had been one of the principal moving forces behind the Nuremberg Tribunal...“[8]. In der Folgezeit leisteten die USA Unterstützung für eine Reihe von internationalen Organisationen wie bspw. der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie den Vereinten Nationen (UN bzw. UNO)[9]. Aus diesem Engagement der USA resultiert nicht nur deren Vorbildfunktion innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft, sondern auch, dass die USA bis heute den weltpolitisch einflussreichsten Akteur darstellen[10].
Nach dem Zweiten Weltkrieg und den Tribunalen von Tokio und Nürnberg wurden die Anstrengungen zur Errichtung einer internationalen Strafgerichtsinstanz intensiviert[11]. Der Ausdruck dessen war u. a. Art. 6 der Völkermordkonvention vom 09. Dezember 1948, der das Errichten eines internationalen Strafgerichtes vorsah. Überdies erfolgte am 21. November des Jahres 1947 die Gründung der UN-Völkerrechtskommission – International Law Commission, kurz ILC[12]. Der Auftrag der ILC bestand darin, auf der Basis der Rechtsprechung des IMG ein Strafgesetzbuch für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu entwerfen[13]. Dieses IStGB, welches in der englischen Sprache auch als „Draft Code of Offences against the Peace and Security of Mankind“ bezeichnet wird, wurde in seiner ersten Ausführung im Jahr 1954 verabschiedet (Draft Code 1954). 1951 legte ein eingesetzter Unterausschuss des Rechtsausschusses der Generalversammlung der UN einen Entwurf bezüglich eines Statuts für einen Internationalen Strafgerichtshof vor („Draft Statute for an International Criminal Court“)[14].
Allerdings spielte die Entstehung eines IStGH vor dem Hintergrund des aufkommenden Kalten Krieges und der damit verbundenen Ost-West-Konfrontation keine herausragende Rolle mehr[15]. Jedoch änderte dies nichts daran, dass es in dieser Zeit völkerrechtliche Verbrechen gab, wie bspw. das stalinistische Unterdrückungssystem, bestehend aus Zwangsarbeits- und Straflagern, und den Völkermord in Kambodscha[16].
Etwa 40 Jahre später, nach dem offiziellen Ende des Kalten Krieges, initiierte die UNO den Prozess zur Friedenssicherung[17]. Mit den Resolutionen (Res.) 827 (1993) und 955 (1994) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (SR) und den beiden damit verbundenen Ad-hoc-Strafgerichtshöfen wurde zum einen auf die Verbrechen auf dem Gebiet des ehem. Jugoslawiens (ICTY) und zum anderen auf den Völkermord im afrikanischen Staat Ruanda reagiert (ICTR)[18]. Angesichts der ungefähr 800 000 bis 1 000 000 von den Hutu getöteten Tutsi,[19] und des Völkermordes im ehem. Jugoslawien, welcher eng mit der Stadt Srebrenica verbunden ist, sollten diese beiden ad hoc eingerichteten Strafgerichtshöfe i. S. d. Art. 39 der Charta der Vereinten Nati-onen (CVN) den Frieden und die internationale Sicherheit wahren bzw. wiederherstellen. In diesem Zusammenhang ist auch die Position der USA zu erwähnen. Insbesondere die Errichtung des ICTY sowie auch die Ergreifung von Angeklagten sind nicht zuletzt auf die Initiative der USA zurückzuführen[20]. „The United States... was a leading sponsor of the ad hoc tribunals on Rwanda and the former Yugos-lawia...“[21].
Diese beiden Ad-hoc-Strafgerichtshöfe, welche für einen regional und zeitlich begrenzten Sachverhalt zuständig sind, weisen jedoch auch Kritikpunkte auf. Ein Hauptkritikpunkt ist mithin die Abhängigkeit der Tribunale von der politischen Interessenlage und damit von den Mitgliedern des SR, vorwiegend von den fünf ständigen Mitgliedern (China, Frankreich, Großbritannien, USA, Russland)[22]. Zudem kommt der Vorwurf, dass die Strafverfolgung (nur) auf einer selektiven Art und Weise stattfindet[23]. Auf Grund dessen erhielt die ILC von der Generalversammlung der UN den Auftrag, auf der Grundlage des Draft Code von 1954 sowie des Entwurfes des Draft Statute von 1951, die Errichtung eines ständigen IStGH zu beschleunigen[24]. So wurde 1991 der zweite und im Jahre 1996 der bereits dritte Draft Code (Draft Code 1996) von der ILC verabschiedet[25]. Zwei Jahre zuvor, 1994, präsentierte die ILC der Generalversammlung der UN einen Entwurf für ein Statut eines IStGH (Draft Statute 1994)[26]. Jenes Draft Statute von 1994 und der Draft Code von 1996 bildeten die Basis für das am 01. Juli 2002 in Kraft getretene Statut des ständigen IStGH (IStGH-Statut bzw. Römisches Statut)[27].
Unter Bezugnahme auf die Präambel des IStGH-Statuts[28] dürfen die schwersten Verbrechen, die das Rechtsgut Sicherheit und letztlich die internationale Staatengemeinschaft als Ganzes betreffen, nicht unbe-straft bleiben. Dazu zählen
a.) Völkermord,
b.) Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
c.) Kriegsverbrechen sowie
d.) das Verbrechen der Aggression.
Hervorzuheben ist, dass bisher zwar die Mehrheit aller Staaten der Erde dem IStGH-Statut, einem völkerrechtlichen Vertrag, beigetreten sind (Stand: November 2008 – 108 Staaten[29] ), jedoch stellt diese Anzahl von Staaten nicht die Mehrheit der Weltbevölkerung dar[30]. Neben den zwei bevölkerungsreichen Staaten Indien und China, die dem IStGH-Statut bisher nicht beigetreten sind, hat auch Russland bislang auf die Einleitung des Ratikifikationsverfahrens verzichtet[31]. Die Ablehnung der USA gegenüber dem IStGH-Statut stellt jedoch das mit-hin größte Defizit der noch verhältnismäßig jungen Institution dar[32]. Insbesondere vom europäischen Blickwinkel aus betrachtet, erscheint die Opposition der USA in Bezug auf den IStGH zunächst unverständlich[33]. Es wurde bereits auf die – völkerrechtlich betrachtet – vorbildliche Haltung der USA i. V. m. der Errichtung der Militärgerichtshöfe in Nürnberg und Tokio sowie auf die US-amerikanische Initiative zur Errichtung des ICTY und ICTR hingewiesen. Insoweit müsste der IStGH doch im ureigensten Interesse der USA sein?
„The Court’s central purpose – ending impunity for those who commit mass atrocities – clearly reflects U.S. values. … the ICC can reinforce fifty years of U.S. efforts to make global behavior consistent with U.S. interests“[34].
Die Problematik der US-amerikanischen Position liegt zum einen darin, dass sich ohne die Kooperation der USA in (sicherheits-)politischer und finanzieller Hinsicht die tatsächliche Arbeit des IStGH vermutlich schwieriger gestalten dürfte[35]. Zum anderen steht die Haltung der USA im Widerspruch zum historischen Kontext und der damit verbundenen Vorbildfunktion der USA. Die Konsequenz, die mit dem Fernbleiben der USA verbunden ist, begrenzt sich nicht nur auf fassungslose Betroffenheit innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft, sondern mündet auch teilweise in antiamerikanischen Vorur-teilen[36]. Umso wichtiger erscheint es, sich mit den eigentlichen Einwänden der USA im Hinblick auf den IStGH auseinanderzusetzen. Mandana Biegi bezeichnet jene geistige Auseinandersetzung, fern von der Darstellung von Extrempositionen, als „Kritisches Verstehen-Wollen...“[37]. Ein Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, i. S. einer objektiven Darstellung, die Argumente der USA zu analysieren und zu diskutieren. Dabei wird zunächst auf die Argumentation der USA bzw. deren Vertreter (z. B. in der Regierung) eingegangen; anschließend werden die Gegenargumente angeführt. Dieser Gliederungspunkt stellt einen Schwerpunkt dieser Arbeit dar.
Bevor jedoch auf die Argumentation eingegangen wird, ist es – i. S. d. Gesamtzusammenhanges – erforderlich, auf die Institution des IStGH einzugehen. Dabei wird nicht nur auf die Fragen der Gründung und der Organisationsstruktur des IStGH eingegangen, sondern auch auf den Aspekt der Zulässigkeit eines Verfahrens (Zuständigkeit, Initiierung eines Verfahrens, Grundsatz der Komplementarität). Es sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dass eine inhaltliche Begrenzung auf Grund der Komplexität des Themas erforderlich ist. Die Darstellung der Institution des IStGH erfolgt auf eine beschreibende Art und Weise, da dieser Aspekt keinen inhaltlichen Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt. Dennoch wurde versucht, möglichst viele Punkte anzusprechen, welche als Einstieg in die eigentliche Problematik und damit auch dem Verständnis der Einwände der USA dienen.
Überdies soll die Fragestellung nach den Ursachen der Position der USA beantwortet werden, wofür u. a. auch eine – zumindest ansatzweise – Auseinandersetzung mit dem US-amerikanischen Selbstverständnis geboten erscheint. Dadurch soll aufgezeigt werden, von welchem rechtspolitischen und historischen Verständnis sich die Vertreter der USA in Kongress und Regierung leiten lassen. Lässt sich aus außenpolitischer Sicht die Haltung der USA als strikt unilateral bezeichnen? Existiert womöglich ein Zusammenhang der Position der USA zum IStGH mit dem „Alleingang‘‘ im Irak und dem Ausstieg aus multilateralen Abkommen wie dem Kyoto-Klimaschutzprotokoll?
Gleichzeitig soll dargelegt werden, welche konkreten Maßnahmen die USA auf nationaler, bilateraler sowie multilateraler Ebene initiieren, um eine Strafverfolgung durch den IStGH weitestgehend auszuschließen. Dieser Gliederungspunkt stellt ebenfalls, wie die Ausführungen zu den Ursachen, keinen inhaltlichen Schwerpunkt dar. Dennoch fungiert dieser Gliederungspunkt, wie noch gezeigt werden soll, als Verknüpfung zum zweiten inhaltlichen Schwerpunkt dieser Arbeit – den Folgen der US-amerikanischen Haltung und die Darstellung ausgewählter Lösungsansätze, um die USA von einer Unterstützung des IStGH zu überzeugen.
Im Rahmen der Folgen soll der Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen auf die USA, deren Ansehen und die damit in Verbindung stehende Wirkung auf andere Staaten entstehen, bspw. auf Staaten wie dem Iran. Was bedeutet die Haltung der USA für die Autorität und Effektivität des IStGH? Bedeutet das Fernbleiben der USA womöglich ein Scheitern des IStGH?
Für den Verfasser erschien es geboten, nicht nur die bereits eingetre-tenen und zukünftigen Folgen zu beschreiben, sondern auch ausgewählte Lösungsansätze im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung auszuarbeiten. Kann bspw. ein „Weg“ gefunden werden, die Supermacht USA doch noch zur Beteiligung am Prozess des IStGH zu bewegen? Ist es möglich, auf Grund der Analyse der Argumente, die die USA vorbringen, eine Lösungsstrategie zu entwickeln? Oder wird sich an der Ansicht der USA (auch) in Zukunft nichts ändern?
Die Bearbeitung der Themenstellung erfolgte durch ein Literaturstudium. Dabei sind vor allem die umfangreichen und – zeitlich gese- hen – aktuellen Dissertationen von Mandana Biegi (2004), Dennis Nitsche (2007) sowie von Theresa Steinberger-Fraunhofer (2008) zu erwähnen, die sich im Rahmen der Bearbeitung als äußerst hilfreich erwiesen haben. Eine Besonderheit mit Bezug auf die Literatur ist das Vorliegen einer Vielzahl von Aufsätzen in der englischen Sprache. Hervorzuheben ist hier etwa das Sammelwerk von Sarah B. Sewall und Carl Kaysen (The United States and the International Criminal Court). Überdies konnten zahlreiche aktuelle Dokumente im Internet gefunden werden. Beispielhaft zu erwähnen sind die Webseiten der Coalition for an International Criminal Court (CICC), einem Zusammenschluss von über 2 500 Nicht-Regierungsorganisationen (Non-Governmental Organizations – NGOs)[38]. In Anbetracht der Themen-stellung ist ein weiteres Spezifikum in der Vielfalt der Wissenschaftsdisziplinen zu sehen. Im Rahmen der Bearbeitung ergibt sich eine Auseinandersetzung mit drei wesentlichen Fachrichtungen: Erstens, der Rechtswissenschaft; zweitens, der Politikwissenschaft; und drittens, zum Teil auch mit Aspekten der Geschichtswissenschaft.
Der folgende Gliederungspunkt zielt zum einen darauf ab, die Ereignisse auf der Staatenkonferenz in Rom i. V. m. der Verhandlungsposition der USA herauszuarbeiten; zum anderen aber auch, die Strukturen sowie Voraussetzungen für das Handeln des IStGH zu veranschaulichen, ohne die die Einwände der USA nicht zu verstehen wären.
B. Die Institution – Internationaler Strafgerichtshof
I. Diplomatische Konferenz von Rom
1. Beteiligte
Am 15. Juni 1998 begann die „United Nations Diplomatic Conference of Plenipotentiaries on the establishment of an International Criminal Court“ in der italienischen Hauptstadt Rom. Neben allen Staaten der Welt, die aufgerufen waren, an der Konferenz teilzunehmen, waren auch zahlreiche NGOs eingeladen[39]. Insgesamt nahmen Repräsen-tanten von 162 Staaten, 17 zwischenstaatlichen Organisationen und 14 UN-Organisationen an der Konferenz teil[40]. Darüber hinaus waren 137 NGOs direkt und etwa 120 Delegationen indirekt, also nicht offiziell, an den Verhandlungen beteiligt[41]. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt im Hinblick auf die teilnehmenden Staaten lag darin, dass es auch den finanziell weniger gut ausgestatteten, aber dennoch vom Kooperationswillen geprägten Staaten wie etwa Burkina Faso, Malawi und dem Niger, durch Finanzfonds ermöglicht wurde, an den Verhand-lungen teilzunehmen[42].
Im Verlauf der Konferenz wurde deutlich, dass sich zwei Gruppen von Staaten mit unterschiedlichen Vorstellungen von der Ausgestaltung des Statuts herauskristallisierten[43]. Zum einen etablierte sich die Gruppe der sog. „like-minded states“, der (gleichgesinnten) gerichtshofbefürwortenden Staaten[44]. Die Intention dieser etwa 60 Staaten, angeführt von Kanada und später auch Deutschland, war ein möglichst starker und unabhängiger Gerichtshof[45]. Unterstützung erhielten diese Staaten von der CICC, dem Zusammenschluss der teilnehmenden NGOs[46]. Innerhalb der CICC sind vor allem das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), Human Rights Watch (HRW) sowie amnesty international hervorzuheben[47]. Deren Anwesenheit und aktive Teilnahme haben „... das Ergebnis der Konferenz stark beeinflusst“[48]. Darüber hinaus wird bspw. von Herta Däubler-Gmelin vertreten, dass die Errichtung eines IStGH ohne die Partizipation der NGOs „... gar nicht hätte gelingen können“[49].
Demgegenüber positionierten sich Staaten wie China, Indien, Israel und die USA[50], die vor allem auf die Bewahrung ihrer nationalen Souveränität achteten[51] und sich für einen eher schwachen Gerichtshof aussprachen. Nach der Auffassung jener Staaten sollte der IStGH
„... als eine Art ständig in Bereitschaft stehender Ad-hoc-Strafgerichtshof konzipiert werden, den der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in konkreten Krisensituationen hätte aktivieren können“[52].
2. Ergebnis
In der Nacht des 17. Juli 1998 wurde über das IStGH-Statut abgestimmt. Das Ergebnis der Abstimmung war deutlich. Das Statut wurde mit 120 Stimmen mehrheitlich angenommen. Es folgte ein „... nicht enden wollender Jubel, ein unglaublicher Sturm der Begeisterung...“[53]. 21 Staaten enthielten sich der Stimme und sieben stimmten dagegen. Der US-Sonderbotschafter und zugleich Leiter der US-Delegation, David Scheffer, bewirkte, dass die Abstimmung geheim blieb[54]. Trotz der geheimen Abstimmung wurde bald klar, dass China, Irak, Israel, Jemen, Katar, Libyen und die USA zur Liste jener Staaten gehörten, die gegen das Statut stimmten. Unter den Staaten, die sich der Abstimmung enthielten, befanden sich u. a. das bevölkerungsreiche Indien, aber auch die Türkei und der Iran[55]. „Dieser Geburtsfehler könnte sich als schwerwiegende Hypothek erweisen...“[56]. Dagegen spricht jedoch, dass bereits vier Jahre später, am 01. Juli 2002, das Römische Statut i. S. v. Art. 136 I IStGH-Statut nach der 60 Ratifikationsurkunde in Kraft trat[57].
3. Verhandlungsposition der USA
Vor allem für die ehem. US-Außenministerin Madelaine Albright unter der Präsidentschaft von Bill Clinton hatte die Errichtung eines IStGH „... besondere Bedeutung und sie setzte sich stets energisch...“[58] dafür ein. Auch der ehem. US-Präsident Bill Clinton selbst plädierte bspw. bei einem Staatsbesuch in Ruanda im Jahre 1998 für einen ständigen Internationalen Strafgerichtshof[59]. Dies zeigt, dass die USA – zumindest in Vertretung von Teilen der Regierung Clinton[60] – der Errichtung eines IStGH durchaus positiv und wohlwollend gegen-überstanden.
Die Delegation der USA, die an der Konferenz von Rom teilnahm, bestand u. a. aus Vertretern des Außen-, Justiz- sowie Verteidigungsministeriums[61]. Doch welches primäre Ziel verfolgte diese Delegation bzw. nach welchen politischen Vorgaben handelte sie auf der Konferenz in Rom? Bei der Beantwortung dieser Fragestellung spielt das Verhältnis zwischen dem US-Kongress und der damaligen Regierung eine elementare Rolle[62]. Im US-Kongress, bestehend aus dem Senat und dem Repräsentantenhaus, hatte die Partei der Republikaner während der Jahre 1998/1999 die Mehrheit aller Stimmen[63]. Die Position von einzelnen republikanischen Vertretern im US-Kongress zur Errichtung eines IStGH wurde besonders durch Äußerungen in einem ,,Hearing“ (Anhörung) vor dem Unterausschuss des Senatsaus-schusses für auswärtige Angelegenheiten vom 23. Juli 1998, also nur wenige Tage nach Abschluss der Konferenz in Rom, deutlich. Der Senator Rod Grams äußerte, dass im Fall der Errichtung des IStGH die Maxime gilt: „... total non -cooperation, no funding, no acceptance of its jurisdiction, no acknowledgement of its rulings...“[64]. Weiterhin bezeichnete er den IStGH als „... the monster that we need to slay “[65]. [Übersetzung des Verf.: „... das Ungeheuer, das wir umbringen müssen“.] Auch die Äußerung des Senators Jesse Helms drückte die mehr als nur ablehnende Haltung im Hinblick auf das IStGH-Statut aus: „The United States must fight this treaty“[66]. Diese, bereits vor der Konferenz in Rom bestehenden, kritischen Stimmen aus dem US-Kongress beeinflussten auch die Vertreter der Regierung Clinton und folglich die Verhandlungsstrategie der US-amerikanischen Delegation[67]. Speziell der Vorsitzende des Senatsausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Jesse Helms, forderte ein Vetorecht bezüglich einer potentiellen Einleitung von Verfahren gegen US-Bürger. Bill Clinton stand somit vor folgender Entscheidung: Die Unterstützung für einen starken IStGH – oder der Forderung von Helms nachkommen[68].
Einen weiteren Aspekt, den Mandana Biegi aufgreift und analysiert, hat seinen Ursprung in der sog. „Lewinsky-Affäre“ des damaligen US-Präsidenten Clinton. Demnach war der Präsident durch das laufende Amtsenthebungsverfahren innenpolitisch stark unter Druck geraten. Dazu kommt, dass zwischen dem gerichtshofbefürwortenden Weißen Haus/Department of State (US-Außenministerium) einerseits, und dem gerichtshofskeptischen Pentagon (US-Verteidigungsminis-terium)/US-Kongress andererseits, ein politischer Machtkampf existierte[69]. Zurückkommend auf die Verhandlungsstrategie der US-Ame-rikaner bedeutete dies, dass die Delegation der USA
„... immer auch die Reaktionen im Senat und Pentagon vor Augen hatte, um keinen Vorwand zu liefern, über das Thema ICC neue Angriffsflächen zu bieten “[70].
Nachdem vier der insgesamt fünf Wochen dauernden Konferenz vergangen waren, verfestigte sich der Eindruck der Vertreter der like-minded states immer mehr, dass auch ohne die Unterstützung der USA die Errichtung eines IStGH möglich ist[71]. In der fünften und letzten Woche der Verhandlungen nahm die Delegation der USA eine eindeutige und widerspruchsfreie Verhandlungsposition ein, jedoch waren die anderen gerichtshofbefürwortenden Staaten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bereit, auf weitere Vorschläge der USA einzugehen[72]. In diesen zeitlichen Zusammenhang fällt auch ein Ereignis von enormer internationaler Brisanz: Die britische Zeitung „Guardian Weekly“ veröffentlichte am 15. Juli 1998, dass der (damalige) US-Verteidigungs-minister William S. Cohen dem (damaligen) deutschen Verteidigungs-minister Volker Rühe für den Fall der Durchsetzung des Prinzips universeller Gerichtsbarkeit mit dem Truppenabzug aus ganz Europa gedroht habe[73]. Abgesehen von dieser (angeblichen) Äußerung des damaligen US-Verteidigungsministers, so soll an dieser Stelle auf die Forderungen der US-Delegation im Rahmen der Verhandlungen in Rom näher eingegangen werden.
Das mithin wichtigste Vorhaben der USA war, die Zuständigkeit eines zukünftigen IStGH möglichst weitgehend einzuschränken, um dadurch ein Anklagepotential für Bürger von Staaten, die einem (zukünftigen) Statut nicht beitreten, auszuschließen[74]. Die Vertreter der USA führen in diesem Zusammenhang an, dass auf Grund ihrer Rolle als Supermacht und einer schnellen Intervention des US-Militärs in internationalen Konflikten, die Gefahr besteht, dass die USA ein Ziel für politisch motivierte Anklagen werden[75]. Die Vertreter der USA setzten sich im Wesentlichen
- für eine Zustimmung des Tatverdächtigen- und des Territorialstaates als Zuständigkeitsvoraussetzung[76],
- für eine starke Kontrolle des Anklägers[77] sowie
- für ein generelles Vetorecht des SR[78] – also ein durch die USA kontrollierbaren IStGH[79] ein.
Am 31. Dezember 2000, dem letztmöglichen Tag, entschloss sich Bill Clinton überraschenderweise doch, das IStGH-Statut zu unterzeichnen[80]. Es drängt sich hierbei die Frage auf, wozu die USA das Statut unterzeichneten, obwohl die Delegation auf der Konferenz von Rom ausdrücklich dagegen votierte? Bill Clinton äußerte sich im Rahmen der Vertragsunterzeichnung wie folgt:
„... we are not abandoning our concerns about significant flaws in the Treaty. [...] The United States should have the chance to observe and assess the functioning of the court, over time, before choosing to become to its jurisdiction “[81] .
Durch diese Äußerung wurde deutlich, dass sich an den Bedenken der USA im Verhältnis zum IStGH rein faktisch nichts geändert hatte. Vielmehr ging es darum, dass die USA in der Vorbereitungskommission (Preparatory Commission), welche nach der Konferenz von Rom die weitere (konkrete) Ausarbeitung des Statuts vornahm, mitarbeiten konnte[82]. Die Intention war demnach, eine Abänderung des IStGH-Statuts i. S. d. US-amerikanischen Interessen zu bewirken[83].
II. IStGH-Statut im Überblick
Das IStGH-Statut ist in insgesamt 13 Teile gegliedert und umfasst 128 Artikel.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der IStGH ist laut Art. 1 IStGH-Statut eine ständige Institution mit eigener Völkerrechtspersönlichkeit (Art. 4 I IStGH-Statut). Das Merk-mal der ständigen Einrichtung ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal des IStGH im Vergleich zu den Ad-hoc-Strafgerichtshöfen für Ruanda und das ehem. Jugoslawien[84].
Einen weiteren Aspekt stellen die allgemeinen Grundsätze des Strafrechts dar, welche eine Parallele zum deutschen Strafrecht aufweisen. Beispielsweise existiert der Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 22, 23 IStGH-Statut) oder auch das sog. Rückwirkungsverbot (Art. 25 IStGH-Statut). Letzteres stellt ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu den Ad-hoc-Strafgerichtshöfen dar, da diese nur über Verbrechen urteilen, die vor deren Gründung begangen wurden[85].
Das Verhältnis der UN zum IStGH wurde durch eine Sondervereinbarung festgelegt[86]. Hervorzuheben ist, dass der IStGH kein Organ der UN ist, sondern eine eigenständige Institution[87]. Anders als das ICTY und ICTR, die auf der Grundlage von Res. errichtet wurden, so stellt das IStGH-Statut einen völkerrechtlichen Vertrag dar. Die Finanzierung des IStGH wird grundsätzlich durch die Mitgliedstaaten des IStGH-Statuts sichergestellt (Art. 115 lit. a IStGH-Statut). Das Wort – grundsätzlich – deutet an, dass es davon auch eine Ausnahme gibt. Diese ist in Art. 115 lit. b IStGH-Statut festgelegt. Danach übernimmt der SR dann die Kosten, sobald dieser von seinem Recht Gebrauch macht und i. S. d. Art. 13 lit. b IStGH-Statut ein Verfahren initiiert.
III. Organisationsstruktur
Gemäß Art. 34 lit. a-d IStGH-Statut bestehen insgesamt vier Hauptorgane: Das Präsidium (Presidency), die Anklagebehörde (Office of the Prosecutor – OTP), die Kanzlei (Registry) sowie die drei Verfahrenskammern (siehe Schaubild 1, S. 22).
Die Versammlung der Vertragsstaaten (Art. 112 IStGH-Statut) – Assembly of States Parties – , kurz ASP, beschließt nicht nur den Haushalt (Art. 112 II lit. d IStGH-Statut), sondern führt auch die Aufsicht über das Präsidium, den Ankläger und den Kanzler durch (Art. 112 II lit. b IStGH-Statut). Des Weiteren wird die ASP „... potenziell rechtsschöpfend tätig...“[88], d. h., dass sie Beschlüsse über Sachfragen fasst, die der Weiterentwicklung des IStGH-Statuts dienen (Art. 112 VII IStGH-Statut). Eine weitere Aufgabe ist die Wahl der Richter (Art. 36 VI i. V. m. Art. 112 IStGH-Statut).
Laut Art. 36 I IStGH-Statut gibt es 18 Richter, darunter auch Hans-Peter Kaul aus Deutschland. Diese werden auf neun Jahre gewählt, wobei eine Wiederwahl grundsätzlich nicht möglich ist (Art. 36 IX lit. a IStGH-Statut; Ausnahmen sind in Art. 36 IX lit. c und 37 II IStGH-Statut festgelegt). Mit absoluter Mehrheit wählen die Richter einen Präsidenten sowie einen Ersten und Zweiten Vizepräsidenten, welche zusammen das Präsidium bilden (Art. 38 I IStGH-Statut). Die Funktion des Präsidenten übt derzeit der Kanadier Philippe Kirsch[89] aus, was angesichts der Rolle Kanadas während der Konferenz in Rom nicht unbedingt eine Überraschung darstellt.
Die wichtigsten Merkmale der Anklagebehörde sind in Art. 42 I IStGH-Statut niedergelegt und umfassen: Unabhängigkeit, Selbstständigkeit, Informationsverarbeitung bezüglich der im Statut niedergeschriebenen Verbrechen, Durchführung von Ermittlungen sowie Weisungsunabhängigkeit. Luis Moreno-Ocampo[90], ein Argentinier, leitet die Anklagebehörde. Der Artikel 42 IV IStGH-Statut schreibt vor, dass der Ankläger für eine Dauer von neun Jahren von der absoluten Mehrheit der Mitglieder der ASP gewählt wird.
Überdies wurde eine Kanzlei (Registry) eingerichtet, welche unter der Leitung des Kanzlers/Kanzlerin (derzeit: Silvana Arbia[91] aus Italien) überwiegend für unterstützende Verwaltungsaufgaben zuständig ist (Art. 43 I IStGH-Statut). Eine zentrale Unterstützungsaufgabe stellt die sog. „Victims and Witness Unit“ dar (Art. 43 VI IStGH-Statut), die u. a. für die Betreuung sowie den Personenschutz der Opfer völkerrechtlicher Verbrechen zuständig ist. Weiterhin leistet die Kanzlei auch dann Unterstützung, wenn ein Angeklagter einen Rechtsbeistand benötigt[92].
Die Vorermittlungskammer (Pre-Trial Division), als eine von drei Gerichtskammern, arbeitet eng mit der Anklagebehörde zusammen[93]. Dies zeigt sich u. a. darin, dass auf Antrag des Anklägers die Vorverfahrenskammer einen Haftbefehl erlassen kann (Art. 58 IStGH-Statut). Dabei muss die Vorverfahrenskammer prüfen, inwieweit überhaupt ein begründeter Verdacht bezüglich eines völkerrechtlichen Verbrechens besteht (Art. 58 I IStGH-Statut). Dazu hat die Vorverfahrenskammer ähnliche Möglichkeiten wie etwa der deutsche Untersuchungsrichter[94]. Noch vor der eigentlichen Hauptverhandlung findet dazu eine mündliche Anhörung unter Teilnahme des Anklägers und des Angeschuldigten statt (Art. 61 I IStGH-Statut), bei der der Ankläger die verschiedenen Anklagepunkte anspricht und der Angeschuldigte Einwände gegenüber den Anklagepunkten äußern und die Beweismittel anfechten kann (Art. 61 VI lit. a-c IStGH-Statut). Für den Fall der Bestätigung der Anklagepunkte wird durch das Präsidium des Gerichtes eine Hauptverfahrenskammer (Trial Division) eingesetzt (Art. 61 XI IStGH-Statut). Während die Hauptverfahrenskammer das eigentliche Verfahren verhandelt, hat die Rechtmittelkammer bzw. Berufungsabteilung (Appeals Division) die Aufgabe, auf Antrag des Anklägers respektive des Verurteilten die Urteile der Hauptverfahrenskammer auf Verfahrensfehler, fehlerhafte Tatsachenfeststellung und fehlerhafte Rechtsanwendung hin zu untersuchen (Art. 81, 82 IStGH-Statut).
[...]
[1] Remarque, Im Westen nichts Neues, S. 177 f.
[2] Sadat, The Evolution of the ICC, S. 31.
[3] Sadat, The Evolution of the ICC, S. 31.
[4] Ferencz, Call for Action on the ICC.
[5] IMG-Statut abrufbar unter: http://www.icls.de/dokumente/imt_statut_dt.pdf (besucht am 10.11.2008).
[6] Werle, Völkerstrafrecht, S. 8; weiterführend dazu Hummrich, Aggression, S. 25 ff.
[7] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 74.
[8] Weschler, in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 85 (91).
[9] Falke, Die Vereinigten Staaten und der Intern. Strafgerichtshof, S. 284; Bierling, Geschichte der amerik. Außenpolitik , S. 94 f.
[10] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 17.
[11] Werle, Völkerstrafrecht, S. 23.
[12] Ambos, Intern. Strafrecht, S. 93.
[13] Satzger, Intern. und Europ. Strafrecht, S. 205.
[14] Werle, Völkerstrafrecht, S. 23.
[15] Satzger, Intern. und Europ. Strafrecht, S. 205.
[16] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 72.
[17] Werle, Völkerstrafrecht, S. 19.
[18] Geiger, in: Bizer u. a., Umbruch von Regelungssystemen, S. 327 (331).
[19] Herrmann, Informationen zur politischen Bildung 2007, 23 (32).
[20] Falke, Die Vereinigten Staaten und der Intern. Strafgerichtshof, S. 283 f.
[21] Weschler, in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 85 (91).
[22] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 131; Däubler-Gmelin, Blätter 2008, 78 (81 f.); Hankel, Mittelweg 36 2003, 77 (86).
[23] Satzger, Intern. und Europ. Strafrecht, S. 212.
[24] Satzger, Intern. und Europ. Strafrecht, S. 212.
[25] Ambos, Intern. Strafrecht, S. 98.
[26] Geiger, in: Bizer u. a., Umbruch von Regelungssystemen, S. 327 (332).
[27] Ambos, Intern. Strafrecht, S. 99.
[28] Deutsche Fassung des IStGH-Statuts abrufbar unter: http://www.auswaertiges-am t.de/diplo/de/Aussenpolitik/InternatRecht/IStGH/Materialien/RoemischesStatut.pdf (besucht am 06.08.2008).
[29] Abrufbar unter: http://www.icc-cpi.int/statesparties.html (besucht am 12.11.2008).
[30] Däubler-Gmelin, Blätter 2008, 78 (83).
[31] Däubler-Gmelin, Blätter 2008, 78 (83).
[32] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 16.
[33] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 17.
[34] Sewall u. a., in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 1 (2).
[35] Krimmer, Die USA und der Intern. Strafgerichtshof, S. 21.
[36] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 156.
[37] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 156.
[38] Internetauftritt der CICC, abrufbar unter: http://www.iccnow.org/ (erstmals besucht am 20.10.2007).
[39] Ambos, Intern. Strafrecht, S. 106.
[40] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 132.
[41] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 132.
[42] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 106; Huikuri, Bedeutung des ICC, S. 37.
[43] Werle, Völkerstrafrecht, S. 25.
[44] Krimmer, Die USA und der Intern. Strafgerichtshof, S. 12.
[45] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 133.
[46] Ambos, Intern. Strafrecht, S. 106.
[47] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 111.
[48] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 133; ebenso Brown, in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 61 (62 f.).
[49] Däubler-Gmelin, Blätter 2008, 78 (82); ebenso Chayes / Slaughter, in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 237 (241).
[50] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 133.
[51] Geiger, in: Bizer u. a., Umbruch von Regelungssystemen, S. 327 (333).
[52] Werle, Völkerstrafrecht, S. 25.
[53] Kaul, Auf dem Weg zu weltweit mehr Gerechtigkeit?, S. 3.
[54] Ambos, Intern. Strafrecht , S. 106.
[55] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 107.
[56] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 134.
[57] Däubler-Gmelin, Blätter 2008, 78 (83); Krimme r, Die USA und der Intern. Straf- gerichtshof, S. 12.
[58] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 126.
[59] Weschler, in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 85 (91).
[60] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 125.
[61] Huikuri, Bedeutung des ICC, S. 73.
[62] Stahn, ZaöRV 2000, 631 (636).
[63] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 127.
[64] Is a U.N. International Criminal Court in the U.S. interest?, Senats-Hearing, 105th Congress, hier Aussage v. Rod Grams, S. 3, Herv. durch den Verf. .
[65] Senats-Hearing, 105th Congress, Aussage v. Rod Grams, S. 4, Herv. durch den Verf.
[66] Senats-Hearing, 105th Congress, Aussage v. Jesse Helms, S. 6, Herv. durch den Verf.
[67] Falke, Die Vereinigten Staaten und der Intern. Strafgerichtshof S. 286.
[68] Huikuri, Bedeutung des ICC, S. 73.
[69] Weiterführend dazu Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 127 ff.
[70] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 128; ebenso Huikuri, Bedeutung des ICC, S. 83.
[71] Brown, in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 61 (63).
[72] Falke, Die Vereinigten Staaten und der Intern. Strafgerichtshof S. 286.
[73] Guardian Weekly v. 15.07.1998, SZ v. 16.07.1998, zit. nach Ambos, Intern. Straf- recht, S. 106.
[74] Stahn, ZaöRV 2000, 631 (635).
[75] Huikuri, Bedeutung des ICC, S. 74.
[76] Stahn, ZaöRV 2000, 631 (635).
[77] Brown, in: Sewall / Kaysen, The United States and the Intern. Criminal Court, S. 61 (63).
[78] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S. 137.
[79] Huikuri, Bedeutung des ICC, S. 74.
[80] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 222.
[81] Clinton, US signing of the Rome Statute.
[82] Steinberger-Fraunhofer, Drittstaaten, S. 251; Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 222; Falke, Die Vereinigten Staaten und der Intern. Strafgerichtshof, S. 288.
[83] Steinberger-Fraunhofer, Drittstaaten, S. 252; Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 222; Huikuri, Bedeutung des ICC, S. 83 f.
[84] Krimmer, Die USA und der Intern. Strafgerichtshof, S. 13.
[85] Däubler-Gmelin, Blätter 2008, 78 (81).
[86] Sondervereinbarung abrufbar unter: http://www.icc-cpi.int/library/asp/ICC-ASP-3-Res1_English.pdf (besucht am 29.08.2008).
[87] Ambos, Intern. Strafrecht, S. 107.
[88] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 140.
[89] Stand: 19.11.2008, abrufbar unter: http://www.icc-cpi.int/organs/presidency.html.
[90] Stand: 19.11.2008, abrufbar unter: http://www.icc-cpi.int/organs/otp.html.
[91] Stand: 19.11.2008, abrufbar unter: http://www.icc-cpi.int/registry/registrar.html.
[92] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 139.
[93] Krimmer, Die USA und der Intern. Strafgerichtshof, S. 17.
[94] Nitsche, Der Intern. Strafgerichtshof, S. 137.
- Quote paper
- Patrick Lerm (Author), 2009, Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) und die ambivalente Haltung der Vereinigten Staaten von Amerika (USA), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167028
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