„Spaces of Exception“ oder auf deutsch „Ausnahmeräume“ rücken zunehmend in das Forschungsfeld der Geographie. In diesem Zusammenhang werden auf Konferenzen und in wissenschaftlichen Arbeiten solche Themen aus geographischer Sicht behandelt, die klassisch weniger der Geographie angehören als anderen wissenschaftlichen Disziplinen. So beschäftigen sich Geographen aktuell mit „Sonderräumen“ wie beispielsweise mit dem weitgehend von der Öffentlichkeit abgeschirmtem Gaza-Krieg, mit dem Gefangenenlager Guantánamo Bay und mit diversen Flüchtlingslagern, die man auf der ganzen Welt antrifft. Die sicher am weitesten verbreitete Form dieser Ausnahmeräume bilden die verschiedenen Arten von Lagern. Heutzutage handelt es sich dabei hauptsächlich um Flüchtlingslager; in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts jedoch spielten vor allem die Konzentrationslager des Dritten Reichs und der Gulag der Sowjetunion eine große Rolle.
Diese zwei Lagersysteme gelten aufgrund ihrer Systematik und ihres großen Ausmaßes an Häftlingszahlen als die Prototypen des Lagerwesens und bilden damit eine einschneidende Rolle in der Entwicklung der Lager. Ihr gewonnenes „Fachwissen“ wird bis heute noch in Gefangenenlagern angewendet – oft unter einer vollkommen anderen Ideologie und Weltanschauung. So verwendeten bzw. verwenden Gefangenenlager aus der jüngeren Vergangenheit verschiedene Elemente und Bezeichnungen jener Lagersysteme und ziehen damit Nutzen aus dem Know-How der zwei großen Lagersysteme. Beispielsweise lassen sich die Verhörmethoden der CIA nachweislich auf Erkenntnisse aus nationalsozialistischen Menschenversuchen zurückverfolgen, welche bis in die heutige Gegenwart noch weiter perfektioniert wurden.
übernommen – insbesondere mit ihren deutschen Bezeichnungen. In einer ähnlichen Form hat der Gulag Spuren hinterlassen: Die Bezeichnung „Gulag“ wird synonym für Gefangenenlager in anderen Diktaturen – ja sogar für das von den demokratischen USA betriebene Gefangenenlager in Guantánamo Bay – verwendet, woran auch die hervorstechende Bedeutung des Gulagsystems deutlich zu erkennen ist.
Aufgrund der großen Bedeutung für spätere Lager sowie insgesamt in der Geschichte des Lagerwesens sollen in dieser Arbeit die zwei Prototypen des Lagers näher untersucht und hinsichtlich verschiedener Geographien analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Agambens Analyse der Ausnahmeräume und der Lager
- Historische Vorläufer des KZs und des Gulag
- Das Gulagsystem in der Sowjetunion
- Die Entstehung und Entwicklung des sowjetischen Gulag
- 1918-1927
- 1928-1960
- Der Gulag als eigener Hierarchieraum
- Der Gulag als „unsichtbarer“ Raum
- Der Gulag als Raum mit eigenen Werten und seine Spielregeln
- Stand der Forschung
- Die Entstehung und Entwicklung des sowjetischen Gulag
- Das System der Konzentrationslager im Dritten Reich
- Die Entstehung und Entwicklung der deutschen Konzentrationslager
- 1933-1935
- 1936-1938
- 1939-1941
- 1942-1945
- Das nationalsozialistische Lager als eigener Hierarchieraum
- Das nationalsozialitische Lager als „unsichtbarer“ Raum
- Das NS-Lager als Raum mit eigenen Werten und seine Spielregeln
- Der Stand der Forschung
- Die Entstehung und Entwicklung der deutschen Konzentrationslager
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Gulag- und KZ-System
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung der beiden großen Lagersysteme des 20. Jahrhunderts, dem Gulag in der Sowjetunion und den Konzentrationslagern im Dritten Reich. Sie analysiert die beiden Systeme aus geographischer Perspektive und untersucht ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Ziel ist es, die beiden Lagersysteme als Prototypen des Lagerwesens zu verstehen und ihre Bedeutung für die Geschichte des Lagerwesens aufzuzeigen.
- Die Entstehung und Entwicklung der beiden Lagersysteme
- Die Geographie der Lager: Räumliche Strukturen, Organisation und Funktion
- Die Rolle der Lager im Kontext der jeweiligen politischen Systeme
- Die Bedeutung der Lager für die Geschichte des Lagerwesens
- Die unterschiedlichen Ideologien und Praktiken der beiden Lagersysteme
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas „Ausnahmeräume“ in der Geographie dar und führt in die Thematik der Lager ein. Kapitel 2 beleuchtet Agambens theoretisches Konzept der Ausnahmeräume und der Lager. Kapitel 3 gibt einen Überblick über die historischen Vorläufer des KZs und des Gulag. Kapitel 4 widmet sich dem Gulagsystem in der Sowjetunion und behandelt dessen Entstehung, Entwicklung und spezifische Merkmale. Kapitel 5 analysiert das System der Konzentrationslager im Dritten Reich. Abschließend werden in Kapitel 6 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Gulag- und KZ-System herausgearbeitet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen des Lagerwesens, insbesondere mit den Prototypen des Gulag und des KZs. Sie analysiert die räumlichen Strukturen, die Organisation und die Funktion der Lager sowie die Bedeutung der Lager für die Geschichte des Lagerwesens. Wichtige Schlüsselwörter sind: Ausnahmeräume, Lager, Gulag, Konzentrationslager, Sowjetunion, Drittes Reich, Geographie, Geschichte, Ideologie, Biopolitik, Homo sacer, Bíos, Zoé.
- Quote paper
- Alona Gordeew (Author), 2010, „Archipele“ des Ausnahmezustands, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166816
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