Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien nicht von Tragödien, oder Umweltkatastrophen berichten. Immer wieder berichten die Nachrichten, dass die Gewaltbereitschaft drastisch zunimmt, der Alkoholkonsum von Jugendlichen steigt oder es irgendwo auf der Welt Terroranschläge gibt. Die Zeitungen berichten von Familientragödien durch Krankheiten, Geldschulden oder Todesfällen. Und im Radio hört man Kommentare von Anrufern, die sich zu den aktuellen Geschehnissen aussprechen. Auch ein weitaus „gängiges“ Thema ist der sexuelle Missbrauch von Kindern. Die Täter von denen gesprochen wird sind meistens Familienmitglieder, Verwandte, Nachbarn, aber auch Geistliche. Häufig konzentrieren sich die Medien auf ein bestimmtes Ereignis im Leben des Täters, welches dann als Erklärung für die Tat herhalten muss. Die Gesellschaft nimmt dieses Problem dann an und beschränkt ihre Sicht nur darauf.
Dies scheint mir nicht richtig, denn man kann ein Problem nicht isoliert betrachten. Es spielen viele Faktoren und Einflüsse eine Rolle, die den Täter dann zu einer solchen Tat verleiten. Auch ist die physische und psychische Entwicklung zu berücksichtigen.
Deswegen möchte ich versuchen, die Täter als Personen mit ihren ernst zu nehmenden Problemen darzustellen und die tatgünstigen Faktoren zu benennen, um somit auch das Verständnis, wie es zu einer Misshandlung kommen konnte, zu verbessern. Hierfür hatte ich während meines Praktikums im ASD die Möglichkeit, Sexualstraftäter anhand ihrer Akten und Gutachten kennenzulernen und Daten über sie zu erheben. Die Straftäter sind vor allem nach §176 und §176a StGB verurteilt worden. Im Verlauf der Arbeit möchte ich zunächst die ausgewerteten Daten vorstellen. Durch die Ergebnisse der Erhebung wird der erste Schwerpunkt auf der Wichtigkeit einer Bindung zu den Eltern liegen. Der zweite Schwerpunkt konzentiert sich auf den Teufelskreislauf, weshalb viele Opfer sexuellen Missbrauchs später selbst zu Tätern werden. Darüberhinaus sollen verschiedene Theorien herangezogen werden, um die Handlungsintentionen der Täter zu verdeutlichen. Im Fazit werden dann die, für diese Forschung gebildeten, Hypothesen ausgewertet.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Die empirische Sozialforschung
1.1 Der Forschungsablauf
1.2 Datenerhebungstechniken der Sozialforschung
1.2.1 Die Untersuchungsformen der Sozialforschung
1.2.2 Methoden zur Datenerhebung
1.3 Eigene Untersuchung über die Straftäter
1.3.2 Die Gesetze des Strafgesetzbuches
1.3.3 Evaluation der Daten
2 Der Problemkomplex
2.1 Das System der Familie
2.2 Die Bindung an eine Bezugsperson
2.2.1 Die Mutter-Kind-Beziehung
2.2.2 Die Vater-Kind-Beziehung
2.3 Sexualkriminalität
2.3.1 Das Problem der Definition
2.3.1.1 Die normativen Definitionen
2.3.1.2 Die klinischen Definitionen
2.3.2 Das Ausmaß der sexuellen Misshandlungen
2.3.3 Die Folgen des sexuellen Missbrauchs
2.3.3.1 Die unmittelbaren Folgen
2.3.3.2 Die Spätfolgen
2.3.4 "Licht an, Opfer. Licht aus, Täter."
3 Die psychologische Sichtweise
3.1 Psychoanalyse
3.1.1 Das psychoanalytische Persönlichkeitsmodell
3.1.2 Die Libido-Entwicklung und ihre Auswirkungen
3.2 Das bio-psycho-soziale Modell
3.3 Das Belastungs-Bewältigungsparadigma
4 Stellungnahme und Ausblick
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Einleitung
Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien nicht von Tragödien, oder Umweltkatastrophen berichten. Immer wieder berichten die Nachrichten, dass die Gewaltbereitschaft drastisch zunimmt, der Alkoholkonsum von Jugendlichen steigt oder es irgendwo auf der Welt Terroranschläge gibt. Die Zeitungen berichten von Familientragödien durch Krankheiten, Geldschulden oder Todesfällen. Und im Radio hört man Kommentare von Anrufern, die sich zu den aktuellen Geschehnissen aussprechen. Auch ein weitaus „gängiges“ Thema ist der sexuelle Missbrauch von Kindern. Die Täter von denen gesprochen wird sind meistens Familienmitglieder, Verwandte, Nachbarn, aber auch Geistliche. Häufig konzentrieren sich die Medien auf ein bestimmtes Ereignis im Leben des Täters, welches dann als Erklärung für die Tat herhalten muss. Die Gesellschaft nimmt dieses Problem dann an und beschränkt ihre Sicht nur darauf. Dies scheint mir nicht richtig, denn man kann ein Problem nicht isoliert betrachten. Es spielen viele Faktoren und Einflüsse eine Rolle, die den Täter dann zu einer solchen Tat verleiten. Auch ist die physische und psychische Entwicklung zu berücksichtigen. Deswegen möchte ich versuchen, die Täter als Personen mit ihren ernst zu nehmenden Problemen darzustellen und die tatgünstigen Faktoren zu benennen, um somit auch das Verständnis, wie es zu einer Misshandlung kommen konnte, zu verbessern. Hierfür hatte ich während meines Praktikums im ASD die Möglichkeit, Sexualstraftäter anhand ihrer Akten und Gutachten kennenzulernen und Daten über sie zu erheben. Die Straftäter sind vor allem nach §176 und §176a StGB verurteilt worden. Im Verlauf der Arbeit möchte ich zunächst die ausgewerteten Daten vorstellen. Durch die Ergebnisse der Erhebung wird der erste Schwerpunkt auf der Wichtigkeit einer Bindung zu den Eltern liegen. Der zweite Schwerpunkt konzentiert sich auf den Teufelskreislauf, weshalb viele Opfer sexuellen Missbrauchs später selbst zu Tätern werden. Darüberhinaus sollen verschiedene Theorien herangezogen werden, um die Handlungsintentionen der Täter zu verdeutlichen. Im Fazit werden dann die, für diese Forschung gebildeten, Hypothesen ausgewertet.
1 Die empirische Sozialforschung
Die empirische Sozialforschung versucht durch Befragung, Beobachtung oder durch die Sammlung von Informationen, Daten zu erheben, die etwas über ein soziales Geschehnis oder eine Tatsache aussagen. Eine solche Erhebung erfolgt unter Beachtung bestimmter Verfahren und Methoden.[1] Das Ziel der Sozialforschung kann zum einen darin liegen, dass die Ergebnisse Aufschluss über die Lösung eines bestimmten sozialen Problems liefern und somit ein „humaneres Leben der Menschen“[2] ermöglicht. Oder aber das Ziel lehnt sich an die Theorie an, in dem es versucht, die Realität, anhand eines systemischen Modells, darzustellen.[3]
1.1 Der Forschungsablauf
Die Ergebnisse einer Sozialforschung werden in wissenschaftlichen Veröffentlichungen durch eine statistische Tabelle repräsentiert. Diese Tabelle kann auch kommentiert werden, um dem Leser das Verstehen der Informationen zu erleichtern. Da Daten isoliert betrachtet keine wirkliche Aussagekraft haben, müssen sie im gesamten Forschungskontext betrachtet werden. Hierbei spielen drei Kategorien eine wichtige Rolle, nämlich der
a) Entdeckungszusammenhang,
b) Begründungszusammenhang und
c) Verwertungszusammenhang.
Der Entdeckungszusammenhang bezieht sich auf das Motiv des Forschers bzw. der Forschung. Welches Ziel verfolgt diese Untersuchung und wem kann sie nützlich sein? Häufig ist es so, dass Firmen oder Organisationen den Auftrag geben, Sozialdaten zu erheben (z.B. in der Marktwirtschaft- wie wirkt ein bestimmtes Produkt auf Menschen ein?).[4]
Bei dem Begründungszusammenhang geht es um die Methoden, mit deren Hilfe das Problem untersucht werden soll, und die Darstellung der einzelnen Schritte des Forschungsablaufes. (Einige Methoden sollen in einem späteren Kapitel kurz thematisiert werden) Bei dieser Kategorie ist es wichtig, das Ziel der Forschung noch einmal hervorzuheben und gleichzeitig die Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis (Forschung) darzulegen. Die Hypothesen, die der Forscher vor der Untersuchung gebildet hat, werden beschrieben und an Hand der Forschung belegt. Es wird ebenfalls darauf hingewiesen, welche vorangegangenen Forschungsergebnisse zu diesem Thema bereits existieren und auf welche Theorien die Forschungsergebnisse Bezug nehmen werden. Bei den Hypothesen werden Schüsselwörter oder besondere Fachwörter separat niedergeschrieben und erläutert, damit der Leser bei den Begriffen die gleiche Bedeutung vor Augen hat. Um das Forschungsziel besser ermitteln zu können, werden Indikatoren festgelegt.[5]
Die letzte Kategorie ist der Verwertungszusammenhang. Bei ihm geht es um die Reflexion der Daten und der daraus folgenden Ergebnisse. Der Forscher entscheidet sich, auf welche Weise er evaluierte Ergebnisse anderen gegenüber dar stellt.[6]
Alle Kategorien stehen nicht isoliert für sich, sondern sind miteinander verflochten und deshalb im Zusammenhang zu analysieren.[7]
1.2 Datenerhebungstechniken der Sozialforschung
Das Ziel der Sozialforschung besteht darin, das soziale Problem, welches erforscht werden soll, zu erklären. Hierzu werden erst Hypothesen gestellt, welche dann durch die Ergebnisse der erhobenen Daten bestätigt oder verworfen werden. Im wissenschaftlichen Terminus spricht man vom falsifizieren der Hypothese, also das Ergebnis stimmt nicht mit ihr überein, oder vom verifiziert, also das Ergebnis der Untersuchung bestätigt die Hypothese.[8] Damit dies geschehen kann, bestimmt der Forscher wann, wo und wie beobachtbare Indikatoren an welchen Objekten zum Einsatz kommen sollen. Dies wird in einer Art „Untersuchungsordnung“ oder auch „Forschungsdesign“ festgehalten.[9]
1.2.1 Die Untersuchungsformen der Sozialforschung
Die wichtigsten Untersuchungsmethoden der empirischen Sozialforschung sind die Einzelfallstudie/ Einzelfallanalyse, die Sekundäranalyse, die Ereignisdatenanalyse und die Netzwerkanalyse.
Die Einzelfallanalyse muss sich nicht zwangsläufig nur auf eine Person beschränken. Diese Bezeichnung bezieht sich eher auf einen bestimmten Untersuchungsgegenstand oder auch eine Analyseeinheit.[10]
Bei der Sekundäranalyse werden bereits vorhandene Daten herangezogen, die dann unter einem anderen Aspekt verwertet werden, als für den sie ursprünglich erhoben wurden. Der Methodenbegriff „Sekundäranalyse“ wurde 1950 durch Kendall und Lazarsfeld eingeführt. Die Primärdaten wurden meistens durch Interviews gewonnen. Die Methode der neuen Datenerhebung ist im Vergleich zu den anderen Analysen finanziell und zeitlich nicht so aufwendig. Außerdem hat diese Analyse den Vorteil, dass Daten, auf Grund ihrer zeitlichen Erhebung, unterschiedlicher Ebene (Gemeinde, Person) und/oder Länderbezogenheit verglichen werden können.
Bei den Primärdaten könnten sich mögliche Probleme ergeben, da die Zugänglichkeit (Datenschutz) und die Geeignetheit für eine neue Untersuchung vorhanden sein müssen. Außerdem muss die Analyse einen genauen theoretischen Bezugsrahmen haben. Desweiteren könnte es sein, dass die erdachte Hypothese nicht ganz durch die vorhandenen Daten analysiert werden kann.[11]
Eine weitere Untersuchungsform ist die Ereignisdatenanalyse. Diese ermöglicht die Schätzung einer Zeitdauer bis zu einem bestimmten Ereignis, z.B. wie lange es durchschnittlich dauert, bis sich ein Ehepaar trennt. Um ein solches Ergebnis zu erzielen, bedarf es der Angaben vom Ausgangszustand bis zu seinem Endzustand.
Die letzte Analyseform ist die Netzwerkanalyse. Sie ist lediglich eine bestimmte Forschungsstrategie, die versucht die sozialen Beziehungen und die daraus folgenden Handlungen zu beschreiben und zu erklären.[12]
1.2.2 Methoden zur Datenerhebung
Die Methoden zur Datenerhebung lassen sich zunächst in drei Gruppen aufteilen, nämlich in die Befragung, die Beobachtung und in die Inhaltsanalyse.
Der Forscher entscheidet darüber, ob und in wie weit er eine Reaktion der Zielgruppe haben möchte. Außerdem ist zu unterscheiden, ob eine standardisierte oder individuelle Befragung durchgeführt werden soll. Beispielsweise ob ein Test einheitlich oder vorab personenkategorisiert sein soll (Frauen und Männer). Darüber hinaus ist zu klären, ob die Befragten strikt mit „ja und nein“ antworten, oder aber ausführliche und erklärende Antworten geben sollen.
Die Befragung ist das Standardinstrument der Sozialforschung und ermittelt Fakten, Meinungen und Einstellungen. Die Befragung kann mündlich (Interview) oder schriftlich (Fragebogen) erfolgen.
Eine weitere Methode ist die Beobachtung. Dabei werden bestimmte Personen oder Gruppen beobachtet und die erhobenen Daten mit Hilfe eines Systems strukturiert. Es gibt sehr viele Formen der Beobachtung. Beispielsweise wird unterschieden zwischen in-/direkter; offener/verdeckter; nicht-/teilnehmender Beobachtung.
Die letzte Methode zur Datenerhebung ist die Inhaltsanalyse. Sie erfolgt nur durch die Analyse von Texten über das jeweilige Forschungsthema.[13]
1.3 Eigene Untersuchung über die Straftäter
1.3.1 Der Forschungsbericht
Um ein Forschungsprojekt in die Wege zu leiten benötigt es ein Problem, welches als zu erforschen gilt. Hierbei spricht J. Friedrichs von drei Typen eines Problems, nämlich
a) einem sozialen Problem; das durch eine Analyse soziale Veränderungen ermöglicht. Beispielsweise die Auswirkungen von gewalttätigen Filmen auf Kinder, mit der Folge, eine Altersbegrenzung einzuführen oder zu verschärfen.
b) dem Problem der Theorienbildung;[14] „Zu einem sozialen Problem liegen Untersuchungen vor, doch lassen die vorhandenen Theorien unterschiedliche Erklärungen zu, oder die Studien kommen zu unterschiedlichen Resultaten.“[15]
c) eine Organisation oder Einrichtung erteilt dem Forscher den Auftrag etwas Bestimmtes zu erforschen, um so eventuelle Handlungsmöglichkeiten durch die Datenergebnisse zu entwickeln.[16]
Das hier vorgestellte Forschungsprojekt fand seine Entstehung durch mein Interesse an Straftätern und ihrer Anamnese und lässt sich dem Problemtyp a zuweisen. Zunächst soll der Entdeckungszusammenhang thematisiert werden. Wie der Einleitung bereits zu entnehmen war, sollen die Forschungsergebnisse die Gesellschaft dazu zu bringen, die Person hinter den Straftaten sehen zu können. Sie soll darüber aufgeklärt werden, welche Probleme eine solche Tat begünstigen und diese nicht isoliert, sondern den gesamten Problemkomplex der Täter sehen. Außerdem sollen parallele Lebensereignisse, die die Sexualstraftäter gemeinsam haben, gezeigt werden.
Diese Forschung diente nicht dazu, die Taten der Sexualstraftäter zu entschuldigen oder sie als Rechtfertigung zu benutzen. Sie sollte zeigen, dass diese Täter nicht nur Täter, sondern in gewisser Weise ebenfalls Opfer ihrer Umwelt sind.
Zusammengefasst lässt sich zum Entdeckungszusammenhang schreiben, dass diese Forschung kein Auftrag einer Organisation war, sondern dem Interesse des Autors abgeleitet ist. Die Zielgruppe der Forschung waren zehn männliche, deutsche Probanden aus der Bewährungshilfe, die wegen sexuellen Delikten (§§176, 176a und 178 StGB) verurteilt wurden. Dadurch, dass die Forschungsergebnisse sich nur auf zehn Probanden beschränken[17], lassen sie sich nicht generalisieren. Sie dienen dieser Arbeit deswegen als Einstieg in die Thematik und helfen bei der Verknüpfung von Theorie zur Praxis.
Der Begründungszusammenhang beinhaltet die Hypothesen, Methoden und Datenerhebungstechniken die angewandt wurden, sowie die Auswertung und Darstellung der Daten und deren Interpretation.
Die Hypothesen die bei dieser Forschung gebildet wurden lauten wie folgt:
a) „Wenn eine negative Entwicklung vorliegt, dann neigt die Person später zu einem straffälligen Verhalten“
b) „Sexuelle Straftaten werden, aufgrund der fehlenden Vaterrolle durch die frühkindliche Heimunterbringung, begangen.“
c) „Nach einer Heimunterbringung ist es sehr wahrscheinlich, dass der damals Untergebrachte sexuell straffällig wird, aber nur dann wenn er selbst Opfer einer solchen wurde.“
Die Stellungnahme zu den Hypothesen soll im letzten Kapitel erfolgen. In den folgenden Abschnitten sollen sie indirekt thematisiert werden, um so den Leser auch ein wenig in die Aufschlüsselung der Hypothesen einzubeziehen.
Die Daten wurden anhand von Aktenunterlagen, Gerichtsurteilen, Gutachten und der Dokumentation zum Bewährungsverhalten über die jeweiligen Probanden erhoben (Sekundäranalyse). Als Datenerhebungstechnik wurde die Inhaltsanalyse angewandt, da die Textmaterialien sehr stichhaltige und faktische Daten beinhalteten. Da eine persönliche oder schriftliche Befragung sehr zeitaufwendig ist und die dabei erhobenen Daten mit den Daten aus der Akte verglichen werden müssten, wurde auf diese Methode verzichtet. Darüberhinaus erscheint mir eine persönliche Befragung, vor allem über negative Ereignisse, äußerst schwer. Die Folge davon könnte dem entsprechend auch sein, dass „verheilte Wunden“ aufgerissen werden und diese eventuellen Emotionen nicht aufgefangen werden können.
Im Anhang befindet sich auch eine Übersicht zu dieser Forschung. Der Forschungsplan soll als Ergänzung zu diesem Text dienen.
1.3.2 Die Gesetze des Strafgesetzbuches
Damit folgende Verweise auf die Paragraphen und die Graphiken verständlich sind, sollen kurz die wichtigsten Gesetze, die für diese Arbeit von Bedeutung sind, bezüglich der Verstöße gegen die sexuelle Selbstbestimmung, kurz erläutert werden.
Die Gesetze sind in Deutschland im 14. Abschnitt des Strafgesetzbuches (StGB) festgelegt. Dieser Abschnitt nennt sich „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“. Hierfür sind die Paragraphen 174- 184f StGB relevant. Dabei beziehen sich die Paragraphen 174,176, 176a und 176b StGB auf den sexuellen Missbrauch von Kindern.
§174 Abs. I StGB besagt,
„Wer sexuelle Handlungen
1. an einer Person unter sechzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2. an einer Person unter achtzehn Jahren, […]
3. an seinem noch nicht achtzehn Jahren alten leiblichen oder angenommenen Kind
vornimmt oder an sich vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Dieser Paragraph bezieht sich auf Kinder die von Eltern, Pflegern oder anderen Personen betreut und durch diese dann sexuell missbraucht werden. Der Fokus liegt hier bei der hohen Abhängigkeit zwischen dem Schutzbefohlenen und der Betreuungsperson.[18]
§176 StGB „Sexueller Missbrauch von Kindern“ unterscheidet sich von den vorherigen Paragraphen dadurch, dass diese Opfer hierbei nicht unter der Betreuung des Täters standen. Auch bezieht sich dieses Gesetz auf die Handlungen Dritter. So heißt es im Gesetzestext §176 Abs.II StGB:
„Ebenso wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, daß es sexuelle Handlungen an einem Dritten oder von einem Dritten an sich vornehmen läßt.“
§176a StGB ist eine Ergänzung zu §176 StGB und verdeutlicht die Schwere von Wiederholungstaten. Täter die nach §176 StGB rechtskräftig verurteilt wurden und innerhalb der nächsten 5 Jahre erneut diesbezüglich auffallen, werden mit Freiheitsentzug, der mindestens ein Jahr beträgt, bestraft.
§176b StGB „Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge“ bezieht sich auf die beiden vorherigen Paragraphen. Er lautet:
„Verursacht der Täter durch den sexuellen Missbrauch (§§176 und 176a) wenigstens leichtfertig den Tod des Kindes, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.“
Die oben erwähnten Paragraphen haben gemeinsam, dass der Täter vorsätzlich handelte und die Absicht hatte, sich sexuelle Erregung zu verschaffen, in dem er das Kind dazu bringt an sich selbst oder am Täter sexuelle Handlungen durchzuführen.
§177 StGB bezieht sich zwar nicht auf Kinder oder Schutzbefohlenen, allerdings ist es ebenso wichtig ihn hierbei kurz vorzustellen. Dieser Para-graph befasst sich mit dem sexuellen Missbrauch auf einer extremen Stufe, nämlich mit der Vergewaltigung. Hierbei werden verschiedene Tatbe-stände unterschieden.
§177 „Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung“
„Wer eine andere Person
1. mit Gewalt
2. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder
3. unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlosausgeliefert ist,
nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen […].“
1.3.3 Evaluation der Daten
Die Auswertung der erhobenen Daten soll erläutert und durch das Windowsprogramm „Excel“ in Form von Diagrammen ergänzend veranschaulicht werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. I „Vordelikte der Straftäter“
Diese Darstellung sagt aus, welche Delikte die Straftätertäter verübt haben. Die meisten Straftaten wurden nach §242 StGB (Diebstahl) begangen, nämlich in 14 Fällen. Das zweit häufigste Delikt ist die Gefährung des Straßenverkehrs (§315c StGB) und liegt bei 7 Fällen. Das dritt häufigste Delikt ist der §303 StGB (Sachbeschädigung) und liegt bei 4 Fällen.
Die nächste Graphik soll aussagen, welche Delikte zu letzt begangen worden sind, bevor sie entweder in die Justizvollzugsanstalt oder nach §63StGB in eine Klinik untergebracht wurden um ihre Strafe abzubüßen. Dadurch, dass einige Probanden beim letzten Delikt gegen mehrere Gesetze verstoßen haben, ist die Anzahl der verschiedenen Straftaten derart vielfältig. Durch diese Graphik wird verdeutlicht, dass 5 Fälle wegen „sexuellem Misbrauch von Kindern“ (§176 StGB), 3 Fälle wegen „schwerem sexullem Missbrauch“ (§176a StGB) und 2 Fälle wegen „sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen“ (§174 StGB) verurteilt wurden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. II „Strafaussetzungsdelikte“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. III „Quantität der Delikte“
Der Kreis wird ergänzt durch eine Tabelle, die Informationen darüber gibt, wie häufig ein Delikt gegen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verstoßen wurde. Beispielsweise wurden zwei Probanden in 87 Fällen straffällig in Bezug auf §174 StGB.
Die nächste Tabelle ist ebenfalls eine Ergänzung zu den beiden ersten Graphiken, allerdings ist ihre besondere Funktion, dass sie die Täter individuell darstellt. In der ersten Spalte wird das Alter während des Erstdeliktes dargestellt und dahinter das jeweilige Delikt und das Urteil (zweite/dritte Spalte). Darauf folgend kommt eine Spalte, die aussagt, ob der jeweilige Täter zwischen dem ersten und dem letzten Delikt, welches anschließend aufgelistet ist, straffällig war. Dadurch, dass sich diese Arbeit auch auf die negativen Erfahrungen im Kindes-/Jugendalter bezieht, wurde in der Tabelle gleichzeitig aufgeführt, welcher Täter als Kind im Heim war und welcher darüberhinaus selbst Opfer sexuellen Missbrauchs wurde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. IV „Tabelle“
Bei Nr.9 wurden alle Taten in einem Verfahren bestraft
B= Strafaussetzung zur Bewährung
JVA= Justizvollzugsanstalt
Alle Paragraphen beziehen sich auf das Strafgesetzbuch!
Anhand der tabellarischen Übersicht über die Probanden wird deutlich, dass drei von ihnen einschlägig gegen ein Gesetz der sexuellen Selbstbestimmung eines Kindes verstoßen haben. Drei weitere Probanden wurden bereits beim ersten Delikt wegen einer solchen Handlung bekannt.
Die meisten Straftäter haben erhebliche Probleme, wodurch diese Probleme dann zum Risikofaktor für eine Straftat werden können. Diese Probleme können im sozialen Umfeld liegen, aber auch schwerwiegende Existenzprobleme, die durch Arbeitslosigkeit oder Alkohol-/Medikamenten-missbrauch hervorgerufen werden. Die Täter haben meistens mehrere Probleme, wodurch sich die hohe Anzahl der Probleme bei nur zehn Probanden ergibt. Von den zehn Probanden waren fünf von ihnen arbeitslos und drei nahmen regelmäßig Alkohol zu sich. Auch in dieser Graphik lässt sich wieder ablesen, dass fünf Probanden im Kindes-/Jugendalter missbraucht worden sind. Von diesen fünf Probanden mussten vier von ihnen im Kindesalter in einem Heim untergebracht werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. V „Probleme bei Strafbegehung“
Zusammenfassend kann die Aussage getroffen werden, dass sich diese Forschung auf männliche Sexualstraftäter bezogen hat, die wegen dem Missbrauch an Kindern verurteilt worden sind. Alle Täter haben eine individuelle Lebenslaufbahn hinter sich. Sie kommen aus verschiedenen sozialen Milieus und haben einen unterschiedlichen beruflichen Weg eingeschlagen.
Bei der Datenevaluation ergab sich, dass sieben Täter über einen deutlich längeren Zeitraum mehrfach gegen das Gesetz verstoßen haben. Einige darunter sogar vielfach während der Bewährungszeit, wodurch sie dann ihre Strafen in der JVA verbüßt haben. Ebenso hat sich heraus kristallisiert, dass alle Probanden eine Vielzahl schwerwiegender Probleme hatten. Die Hälfte der Probanden hat den eigenen sexuellen Missbrauch nicht adäquat verarbeitet. Darüberhinaus waren vier Probanden zwangsläufig im Heim, weil ihre Eltern gestorben oder mit der Erziehung überfordert waren. Ich möchte nun näher darauf eingehen, welche Bedeutung es für einen Jungen hat, ohne Eltern, vor allem ohne die männliche Bezugsperson, vorrübergehend aufzuwachsen. Welche Schwierigkeiten eine Fremdunterbringung im Kindesalter mit sich bringt. Außerdem in wie fern der Kontakt zu den Eltern die kindliche Entwicklung positiv oder negativ beeinflusst wird.
[...]
[1] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Empirische_Sozialforschung
[2] zit.n. Friedrichs,1990,S. 14
[3] Vgl. Friedrichs, 1990, S. 14
[4] Vgl. Atteslander, 2003,S. 19
[5] Vgl. Friedrichs, 1990, S. 52ff.
[6] Vgl. Atteslander, 2000, S. 19f.
[7] ebd. S.19f.
[8] Vgl. Atteslander, 2003, S. 44f.
[9] Vgl. Schnell; Hill; Esser,1993, S. 223
[10] ebd. S. 263
[11] Vgl. Friedrichs, 1990, S. 353
[12] Vgl. Schnell; Hill; Esser, 1993, S. 272
[13] Vgl. Schnell; Hill; Esser,1993,S.325ff.; 409f.
[14] Vgl. Friedrichs, 1990. S. 50
[15] zit. n. Friedrichs, 1990, S. 50
[16] Vgl. Friedrichs, 1990, S. 50
[17] Die Forschungszeit war sehr eingeschränkt.
[18] Vgl. Schönke; Schröder, 25.Auflage, 1997, Strafgesetzbuch, §174, RN 14
- Quote paper
- B.A. Agnes Tluczikont (Author), 2009, Straftäter und ihre Anamnese, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166648
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.