Konflikte zwischen Mehrheit und Minderheit gehören zu den Grundproblemen des Gesellschaftsrechts. Dies gilt sowohl für Personengesellschaften als auch für Kapitalgesellschaften . Wesentliche Unterschiede bestehen jedoch in der gesetzlichen Ausgangslage dieser beiden Gesellschaftsformen, v.a. im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit. Während bei Kapitalgesellschaften kraft Gesetzes das Mehrheitsprinzip gilt und zum Schutze der Minderheit vor der Mehrheit eine Vielzahl von Vorschriften vorgesehen sind, stellt sich die Situation im Personengesellschaftsrecht grundlegend anders dar. Hier geht das Gesetz grds. davon aus, dass alle Beschlüsse der Gesellschafter einstimmig gefasst werden und verzichtet dabei weitestgehend auf einen gesetzlichen Minderheitenschutz . Das Einstimmigkeitsprinzip wird jedoch oftmals den Erfordernissen nach einem flexiblen Beschlussverfahren nicht gerecht. Daher sehen Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften regelmäßig Mehrheitsklauseln vor.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem daraus erwachsenden Spannungsverhältnis zwischen Minderheitenschutz und Mehrheitsmacht im Personengesellschaftsrecht. Dabei wird mit der Mehrheitsklausel die Legitimationsgrundlage des Mehrheitsbeschlusses untersucht. Auf Fragen, die mit dem konkreten Mehrheitsbeschluss einhergehen, wird daher nur am Rande eingegangen. Das Ziel der Arbeit ist es, den Bedeutungsgehalt der Mehrheitsklausel herauszuarbeiten, die im Wesentlichen ungeschriebenen Schranken der Mehrheitsmacht auf Klauselebene zu nennen, zu untersuchen und die aus ihnen für die Mehrheitsklausel folgenden Gestaltungsfaktoren zu bezeichnen und zueinander ins Verhältnis zu setzen, um eine diesen gerecht werdende Gestaltungsmöglichkeit aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Zuständigkeitsordnung bei Personengesellschaften
- I. Der Grundsatz der Einstimmigkeit als gesetzliche Ausgangslage
- II. Zulässigkeit einer Mehrheitsklausel
- 1. Zulässigkeit für nicht vertragsändernde Mehrheitsbeschlüsse
- 2. Zulässigkeit für vertragsändernde Mehrheitsbeschlüsse
- III. Erforderlichkeit einer Mehrheitsklausel
- 1. Gesetzestypische Personengesellschaft
- 2. Körperschaftlich und kapitalistisch strukturierte Personengesellschaften
- C. Die Mehrheitsklausel in der gesetzestypischen Personengesellschaft
- I. Bedeutungsgehalt der Mehrheitsklausel
- 1. Theorie der antizipierten Zustimmung
- 2. Theorie der Gestaltungsmacht
- 3. Theorie der Verfahrensregel
- II. Anforderungen an die Gestaltung einer Mehrheitsklausel
- 1. Allgemeines Bestimmtheitserfordernis – Bestimmtheitsgrundsatz
- a) Entwicklung und Inhalt des Bestimmtheitsgrundsatzes
- c) Dogmatische Legitimation des Bestimmtheitsgrundsatzes
- aa) Herleitung aus dem Bedeutungsgehalt der Mehrheitsklausel
- (1) Formale Regel des Minderheitenschutzes oder Auslegungsregel
- (2) Kritik und alternative Konzepte
- (3) Formelle Ermächtigungsregel
- d) Möglichkeit des Verzichts auf den Bestimmtheitsgrundsatz
- e) Zusammenfassende Würdigung des Bestimmtheitsgrundsatzes
- 2. Qualifizierte Bestimmtheitsanforderungen – Kernbereichslehre
- a) Entwicklung und Inhalt der Kernbereichslehre
- aa) Unverzichtbare Rechte
- (1) Charakterisierung des unverzichtbaren Bereichs
- (2) Auswirkungen auf Klauselebene
- bb) Unentziehbare Rechte
- (1) Charakterisierung des unentziehbaren Bereichs
- (2) Korrektiv auf Klausel- oder Beschlussebene?
- (3) Zulässigkeit der antizipierten Zustimmung
- b) Zusammenfassende Würdigung der Kernbereichslehre
- 3. Das Verhältnis von Kernbereichslehre und Bestimmtheitsgrundsatz
- a) Verständnis des Verhältnisses nach der Rechtsprechung
- Ib) Eigenes Verständnis des Verhältnisses
- 4. Zu den Mehrheitserfordernissen
- D. Besonderheiten der Mehrheitsklausel in Publikumspersonengesellschaften
- I. Anwendbarkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes
- II. Geltung der Kernbereichslehre
- III. Zusammenfassende Würdigung der Besonderheiten
- E. Die Mehrheitsklausel in Stimmrechts-Konsortialgesellschaften
- I. Zielsetzung und Rechtsnatur einer Konsortialgesellschaft
- II. Gestaltungsfaktoren der Mehrheitsklausel
- 1. Personengesellschaftsrechtliche Aspekte
- a) Auswirkungen der Korporations- auf die Konsortialebene
- aa) Bestimmtheitsgrundsatz
- bb) Kernbereichslehre
- b) Allgemeine Sittenwidrigkeitsschranke
- 2. Zwingende kapitalgesellschaftsrechtliche Mehrheitserfordernisse?
- III. Zusammenfassende Würdigung
- F. Gestaltungsmöglichkeiten einer Mehrheitsklausel
- G. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Problematik von Mehrheitsklauseln im Gesellschaftsrecht. Ziel ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Mehrheitsklauseln in Personengesellschaften zu untersuchen, insbesondere im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und die Kernbereichslehre.
- Rechtliche Grundlagen von Mehrheitsklauseln in Personengesellschaften
- Der Grundsatz der Einstimmigkeit und seine Einschränkungen
- Anforderungen an die Gestaltung von Mehrheitsklauseln
- Der Bestimmtheitsgrundsatz und seine Anwendung
- Die Kernbereichslehre als Schranke der Mehrheitskompetenz
Zusammenfassung der Kapitel
- A. Einleitung: Die Arbeit legt die Problematik von Mehrheitsklauseln im Gesellschaftsrecht dar und erläutert die Relevanz des Themas.
- B. Zuständigkeitsordnung bei Personengesellschaften: Dieses Kapitel beleuchtet den Grundsatz der Einstimmigkeit als gesetzliche Ausgangslage und untersucht die Zulässigkeit und Erforderlichkeit von Mehrheitsklauseln in verschiedenen Gesellschaftsformen.
- C. Die Mehrheitsklausel in der gesetzestypischen Personengesellschaft: Das Kapitel analysiert den Bedeutungsgehalt von Mehrheitsklauseln und stellt verschiedene Theorien dar. Darüber hinaus werden Anforderungen an die Gestaltung von Mehrheitsklauseln, wie den Bestimmtheitsgrundsatz und die Kernbereichslehre, ausführlich behandelt.
- D. Besonderheiten der Mehrheitsklausel in Publikumspersonengesellschaften: Dieses Kapitel widmet sich den Besonderheiten der Mehrheitsklausel in Publikumsgesellschaften und untersucht die Anwendbarkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes und der Kernbereichslehre.
- E. Die Mehrheitsklausel in Stimmrechts-Konsortialgesellschaften: Das Kapitel analysiert die Gestaltung von Mehrheitsklauseln in Konsortialgesellschaften und betrachtet die personengesellschaftsrechtlichen und kapitalgesellschaftsrechtlichen Aspekte.
- F. Gestaltungsmöglichkeiten einer Mehrheitsklausel: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten von Mehrheitsklauseln.
Schlüsselwörter
Mehrheitsklausel, Personengesellschaft, Gesellschaftsrecht, Bestimmtheitsgrundsatz, Kernbereichslehre, Einstimmigkeit, Konsortialgesellschaft, Stimmrechtsvereinbarung, Gestaltungsrecht, Minderheitenschutz.
- Quote paper
- Sebastian Biller (Author), 2010, Die Problematik von Mehrheitsklauseln im Gesellschaftsrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166008