Seit Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind an die Stelle der Kriege zwischen regulären
Armeen, die den politischen Willen ihrer Gegner auszuschalten versuchen, die unterschiedlichsten
Gewaltakteure getreten, denen es zumeist um Macht und Einfluss innerhalb eines begrenzten Gebietes und manchmal auch darüber hinaus geht. Dabei wird die Zivilbevölkerung oft in Kampfhandlungen hineingezogen. Sie dient als Schutz und logistische Stütze oder wird schlimmstenfalls als Hauptziel benutzt. Die bewaffneten Gruppen, die an gegenwärtigen inner- und substaatlichen Konflikten und Kriegen beteiligt sind, werden oft als nichtstaatliche Gewaltakteure bezeichnet. Wobei diese Bezeichnung nicht immer angebracht ist, da manche unter ihnen nach Kriegen selbst zu staatlichen Akteuren werden oder bereits während den Konflikten quasistaatliche Funktionen einnehmen. Im Allgemeinen aber sind die diversen Gewaltakteure nicht in formale staatliche Institutionen, wie die regulären Streitkräfte oder die Polizei, integriert. Aus idealtypischer Sicht kann man die kontemporären bewaffneten Akteursfigurationen in folgende Typen unterteilen: Warlords, Rebellen, Terroristen, organisierte Kriminelle, Milizen und paramilitärische Gruppen sowie Söldner und private Sicherheitsfirmen. Gewaltsame Figurationen weisen ähnliche Anforderungen auf wie alle sozialen Organisationen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und längerfristig Bestand haben möchten. Es muss beispielsweise eine interne Kommunikation etabliert werden, Aktivitäten müssen koordiniert und Mittel beschafft werden, um Mitarbeiter zu beschäftigen. Doch der spezielle Charakter von bewaffneten Gruppen, im Gegensatz zu anderen sozialen Organisationen, ist der, dass sie Gewalt anwenden, um an Macht zu gelangen. Damit diese Gruppen ihre Macht dauerhaft sichern können, ist wenigstens eine Selbstlegitimierung ihrer Gewaltanwendung vonnöten. Im Zentrum dieser Arbeit stehen die oben aufgeführten idealtypischen Gewaltakteure. Es soll herausgearbeitet werden, unter welchen Voraussetzungen solche Gewaltakteure in ihrem sozialen Umfeld Legitimität erwarten können. Da eine Legitimierung nicht immer gelingt oder bewaffnete Gruppen die erlangte Legitimität wieder verlieren, werden auch Gründe analysiert, die zu einer Delegitimisierung führen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Politische Soziologie als theoretische Grundlage zur Untersuchung bewaffneter Gruppen
1.2 Der gesellschaftstheoretische Rahmen bei der Analyse bewaffneter Gruppen
1.3 Aufbau und Gliederung
2. Gewalt, Macht und Herrschaft
2.1 Staatliche vs. (re)privatisierte Gewalt
2.3 Von der reinen Gewaltanwendung zum Aufbau von Machtbeziehungen
2.4 Die Institutionalisierung der Macht: Transformation von Macht zu Herrschaft
3. Basislegitimitäten: Stabilisierung von Herrschaftsordnungen
4. Die Formation von Gewaltakteuren gegen bestehende Herrschaftsordnungen
5. Die soziale Organisation bewaffneter Gruppen: Anführer, Mitglieder und Anhänger
6. Legitimität und Delegitimisierung idealtypischer Gewaltakteure
6.1 Warlordgruppierungen
6.2 Rebellenbewegungen
6.3 Terrorgruppen
6.4 Kriminelle Organisationen
6.5 Milizen und paramilitärische Gruppen
6.6 Söldner und private Sicherheits- und Militärunternehmen
6.7 Die Verflechtung verschiedener Gewaltunternehmer im Kontext der Weltgesellschaft
7. Fallbeispiel: Die Forces Nouvelles de Côte d‘Ivoire (FNCI)
8. Resümee
9. Literatur
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- Martina Schöb (Author), 2010, Legitimität und Delegitimisierung bewaffneter Gruppen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165882
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