[...] Eine extrem unruhige
Weltpolitik, gefolgt von zwei Weltkriegen maßen dem Menschenrechtsschutz im 20.
Jahrhundert vor allem in nationalen Rechtsordnungen mehr Bedeutung bei als jemals zuvor.
Heute kennen wir Menschenrechtsschutz als ein Mehrebenensystem, sowohl auf internationaler
als auch auf nationaler Ebene. Je individueller eine Rechtsordnung ist, desto schwieriger wird
ihre Durchsetzung und Einhaltung wenn sie über ihre Legitimitätsgrenzen hinaus reicht. Im
Gegensatz dazu ist die Umsetzung universeller Rechtsnormen ebenfalls kompliziert, wenn sich
nicht alle damit zu gleichen Teilen identifizieren können. Oft rufen kulturelle Verschiedenheiten
Unstimmigkeiten hervor, welche zu unüberwindbaren Problemen werden können. Das wohl
prominenteste Beispiel dafür sind die offenbar sehr verschiedenen Auffassungen von
Rechtsnormen in der Welt des Okzident und des Orient. Eine zunehmend stärker
zusammenrückende Welt erfordert jedoch eine Abstimmung bestimmter Spielregeln, damit
diese auch von allen Beteiligten eingehalten werden. Nur wer von den ihm auferlegten Regeln
überzeugt ist, wird auch bereit sein, diese zu achten.
Wie kein zweites Projekt auf der Welt versucht die Europäische Union, verschiedene Nationen
und unterschiedlich individuell geprägte Rechtsordnungen auf einer supranationalen Ebene zu
einen. Ihr Ziel ist es soweit wie möglich europaweit einheitliche Standards, zur Erleichterung
internationaler Beziehungen zu schaffen und ein transnationales Bewusstsein zwischen den
Völkern Europas aufzubauen. Zur Etablierung einheitlicher Standards gaben die beigetretenen
Staaten nationale Hoheitsrechte an die EG ab und formten zur Kontrolle und Wahrung der
abgetretenen Normen Institutionen, vertreten durch supranationale Organisationen.
Problematisch wird es, wenn aus den einst abgegebenen Rechten nur noch Pflichten entstehen
und keine oder ungenügende institutionelle Ordnung vorherrscht. So auch die Problematik eines
supranational geregelten Menschenrechtsschutzes innerhalb der Europäischen Union.
Die folgende Hausarbeit zeigt die Organisation des europäischen Menschenrechtsschutzes in
einem Mehrebenensystem und stellt sich die Frage, welche Disparitäten zwischen den
beteiligten Parteien, aufgrund institutioneller Schwachstellen, auftreten können. Den Abschluss
bildet ein Ausblick auf einen abgestimmten Menschenrechtsschutz für eine reformierte und
institutionalisierte Europäische Union.
Gliederung
Abkürzungsübersicht
1. Einleitung
2. Institutioneller Rahmen
2.1 Begriffsklärung
2.2 Die Europäische Gemeinschaft als institutionelle Einrichtung
3. Schutz der Menschenrechte in Europa als institutionelles Instrument
3.1 Ebenen des Menschenrechtsschutzes
3.2 MRS im europäischen Raum
3.2.1 Die EMRK
3.2.2 Die Charta der Grundrechte der EU
3.2.3 Grundrechtsschutz in der EU/EG
3.2.4 EGMR versus EuGH
3.3 Die Umsetzung des europäischen MRS in der nationalen Rechtsordnung
3.3.1 Wie wirkt die EMRK im innerstaatlichen Recht?
4. Institutionelle Sicherung des Europäischen Menschrechtschutzes im VVE
4.1 Fehlende Rechtspersönlichkeit als institutionelles Problem
4.2 Warum tritt die EU nicht der EMRK bei?
4.3 Inkorporierung des Menschenrechtsschutzes als europäische Institution
5. Schlussbemerkung
6. Literaturverzeichnis
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