Als ein Teilgebiet der Biologie stellt die Ethologie oder Vergleichende Verhaltensforschung den Menschen und sein Verhalten in den universellen Kontext aller tierischen Lebewesen. Sie betrachtet "das Verhalten von Tier und Mensch im Hinblick auf seine biologischen Grundlagen, insbesondere hinsichtlich seiner Evolutionsgeschichte" (Trautner, H. 1991, S. 43). Bereits im achtzehnten Jahrhundert beschäftigten sich einige deutsche Zoologen (zum Beispiel von Pernau oder Reidmarus) mit angeborenem Instinktverhalten bei Tieren. Den entscheidenden theoretischen Durchbruch bewirkte Darwin's Evolutionstheorie. Die im Evolutionsprozess erkannten Gesetzmäßigkeiten für die Selektion von physischen Merkmalen, nämlich die natürliche Auslese nach dem Prinzip des Überlebensvorteils, wurde auf die Auswahl und Weitergabe von Verhaltensmerkmalen übertragen. Im großen Maße vorangetrieben durch die Untersuchungen der Zoologen und Nobelpreisträger Konrad Lorenz und Niko Tinbergen entwickelte sich die Ethologie in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zu einer eigenständigen Disziplin. Die Verhaltensforscher sahen das Tier als aktiven Organismus in einer spezifischen ökologischen Nische, nicht nur - wie die traditionelle Lerntheorie - als einen von Reizen angetriebenen passiven Organismus. In den fünfziger Jahren schuf vorwiegend Irenäus Eibl-Eibesfeldt die Verbindung zwischen Ethologie und Psychologie im Sinne einer Humanethologie. Größere Beachtung erlangten die Untersuchungen über Mutter - Kind - Bindung und - Trennung bei Kleinkindern (Bowlby, fortgeführt von Ainsworth), die Erforschung des Ausdrucks von Emotionen durch Gesichtsausdruck bei Kindern und Erwachsenen (Eibl-Eibesfeldt), soziale Interaktionen zwischen Gleichaltrigen (Blurton-Jones, u.a.) und über das Problemlöseverhalten bei Kindern (Charlesworth). In der neueren Forschung spielt das unmittelbare Verhalten eine zentrale Rolle, nicht mehr vordergründig der evolutionäre Aspekt.
Inhaltsverzeichnis
- Definition und Entstehung
- Überblick zur Theorie
- Position zu grundlegenden Fragen der Entwicklung
- Metatheoretische Klassifikation
- Kritik an der Theorie
- Ausblick zur Bedeutung der Soziobiologie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung hat zum Ziel, den ethologischen Ansatz in der Entwicklungspsychologie zu erläutern. Es werden die Entstehung, die zentralen theoretischen Konzepte und die methodologischen Grundlagen dieser Perspektive dargestellt. Die Bedeutung des Ansatzes für das Verständnis menschlicher Entwicklung wird beleuchtet, ohne jedoch detaillierte Schlussfolgerungen vorwegzunehmen.
- Entstehung und Entwicklung der Ethologie als Disziplin
- Zentrale Konzepte der Ethologie (angeborenes Verhalten, Entwicklung, Lerndispositionen, Methodologie)
- Der ethologische Ansatz im Vergleich zu anderen Entwicklungspsychologischen Theorien
- Die Rolle der Evolution und der Umweltanpassung
- Bedeutung der Humanethologie
Zusammenfassung der Kapitel
Definition und Entstehung: Die Ausarbeitung beginnt mit der Definition der Ethologie als Teilgebiet der Biologie, das menschliches und tierisches Verhalten im Kontext der biologischen Grundlagen und Evolutionsgeschichte betrachtet. Die Entstehung der Ethologie wird nachgezeichnet, beginnend mit frühen zoologischen Beobachtungen angeborener Instinkte bis hin zur Etablierung als eigenständige Disziplin im 20. Jahrhundert durch Wissenschaftler wie Lorenz und Tinbergen. Die Entwicklung der Humanethologie und ihre Verbindung zur Psychologie, insbesondere durch die Arbeiten von Eibl-Eibesfeldt, Bowlby und Ainsworth, wird hervorgehoben. Der Fokus liegt auf der Betrachtung des Lebewesens als aktiven Organismus in seiner Umwelt, im Gegensatz zur rein reiz-reaktiven Sichtweise der traditionellen Lerntheorie.
Überblick zur Theorie: Dieses Kapitel präsentiert vier Kernkonzepte der ethologischen Theorie. Erstens wird angeborenes Verhalten als vererbtes, artspezifisches Verhalten definiert, das der Anpassung dient und anhand von Kriterien wie Stereotypie, Unabhängigkeit von Lernerfahrung und Universalität innerhalb der Art charakterisiert wird. Beispiele wie der Gesang von Singvögeln und Reflexe bei Säuglingen veranschaulichen diese Konzepte. Zweitens wird die Bedeutung der evolutionären Entwicklungsgeschichte (Phylogenese) für das Verständnis der Angepasstheit von Verhalten betont, wobei der Mensch als Lösung spezifischer Umweltprobleme gesehen wird. Drittens wird das Wechselspiel zwischen genetischer Ausstattung und Lernprozessen (Lerndispositionen) beleuchtet, mit dem Beispiel der menschlichen Fähigkeit zur Lautsprache. Schließlich beschreibt das Kapitel die ethologische Methodologie, die naturnahe Beobachtungen im natürlichen Lebensraum betont, um den Anpassungswert von Verhalten zu erfassen.
Schlüsselwörter
Ethologie, Entwicklungspsychologie, angeborenes Verhalten, Lerndispositionen, Humanethologie, Evolution, Umweltanpassung, Verhaltensforschung, methodologische Grundlagen, Konrad Lorenz, Niko Tinbergen, Irenäus Eibl-Eibesfeldt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Ethologie in der Entwicklungspsychologie
Was ist der Inhalt dieser Ausarbeitung?
Diese Ausarbeitung bietet einen umfassenden Überblick über die Ethologie in der Entwicklungspsychologie. Sie beinhaltet eine Definition und Entstehungsgeschichte der Ethologie, einen Überblick über die zentralen theoretischen Konzepte, eine methodologische Betrachtung und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Ansatz. Zusätzlich werden die Bedeutung der Humanethologie und der Vergleich mit anderen Entwicklungspsychologischen Theorien behandelt. Die Zusammenfassung der Kapitel, Schlüsselwörter und eine Zielsetzung mit Themenschwerpunkten sind ebenfalls enthalten.
Was sind die Zielsetzung und die Themenschwerpunkte der Ausarbeitung?
Die Ausarbeitung zielt darauf ab, den ethologischen Ansatz in der Entwicklungspsychologie verständlich darzustellen. Sie erläutert die Entstehung, die zentralen theoretischen Konzepte und die methodologischen Grundlagen dieser Perspektive und beleuchtet deren Bedeutung für das Verständnis menschlicher Entwicklung. Die Schwerpunkte liegen auf der Entstehung und Entwicklung der Ethologie als Disziplin, zentralen Konzepten wie angeborenem Verhalten und Lerndispositionen, dem Vergleich mit anderen Theorien, der Rolle von Evolution und Umweltanpassung sowie der Bedeutung der Humanethologie.
Welche zentralen Konzepte der Ethologie werden behandelt?
Die Ausarbeitung behandelt zentrale Konzepte wie angeborenes Verhalten (definiert durch Stereotypie, Unabhängigkeit von Lernerfahrung und Universalität), die Bedeutung der evolutionären Entwicklungsgeschichte (Phylogenese) für die Angepasstheit von Verhalten, das Wechselspiel zwischen genetischer Ausstattung und Lernprozessen (Lerndispositionen) und die ethologische Methodologie mit Fokus auf naturnahe Beobachtungen.
Welche Methodologie wird in der Ethologie angewendet?
Die ethologische Methodologie betont naturnahe Beobachtungen im natürlichen Lebensraum, um den Anpassungswert von Verhalten zu erfassen. Dies steht im Gegensatz zur rein reiz-reaktiven Sichtweise traditioneller Lerntheorien.
Welche Bedeutung hat die Humanethologie?
Die Ausarbeitung hebt die Bedeutung der Humanethologie hervor, die die Anwendung ethologischer Prinzipien auf menschliches Verhalten untersucht. Die Arbeiten von Eibl-Eibesfeldt, Bowlby und Ainsworth werden in diesem Zusammenhang erwähnt.
Wie wird die Ethologie im Vergleich zu anderen Entwicklungspsychologischen Theorien dargestellt?
Die Ausarbeitung vergleicht den ethologischen Ansatz mit anderen Entwicklungspsychologischen Theorien, um dessen einzigartige Perspektive und Bedeutung im Kontext des Gesamtverständnisses menschlicher Entwicklung zu verdeutlichen. Der Fokus liegt dabei auf den Unterschieden im Verständnis von Verhalten und dessen Entwicklung.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Ausarbeitung?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Ethologie, Entwicklungspsychologie, angeborenes Verhalten, Lerndispositionen, Humanethologie, Evolution, Umweltanpassung, Verhaltensforschung, methodologische Grundlagen, Konrad Lorenz, Niko Tinbergen, Irenäus Eibl-Eibesfeldt.
Wie ist die Ausarbeitung strukturiert?
Die Ausarbeitung ist in Kapitel unterteilt, beginnend mit Definition und Entstehung der Ethologie, gefolgt von einem Überblick zur Theorie, der Position zu grundlegenden Fragen der Entwicklung, einer metatheoretischen Klassifikation, Kritik an der Theorie und einem Ausblick zur Bedeutung der Soziobiologie. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Zusammenfassung.
- Quote paper
- Constanze Hahn (Author), 2000, Der ethologische Ansatz in der Entwicklungspsychologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165164