Unter dem Eindruck immer größerer Probleme der öffentlichen Haushalte, setzte sich Anfang der 90er Jahre in Deutschland ein Prozess in Gang, der unter dem Namen des „Neuen Steuerungsmodells (NSM)“ bekannt wurde. Dieses Modell verfolgte unter andrem den Ansatz, das öffentliche Rechnungswesen um- und auszubauen (Lüder 1994: 189). Die veraltete Buchführung in der öffentlichen Verwaltung, die Kameralistik, wird auch für die Handlungsunfähigkeit bis hin zur Zahlungsunfähigkeit verantwortlich gemacht (Kuban 1999: 481). Dies liegt vor allem an der Funktion, die der Kameralistik zugewiesen wird. Denn zu den Hauptaufgaben zählt die Gegenüberstellung der geplanten Einnahmen bzw. Ausgaben und den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben (Raupach & Stangenberg 2006: 3). Die Diskussion über die Kameralistik und die Kritik an ihr gibt es schon lange, aber die Kameralistik konnte sich bis heute noch behaupten. Die Kritik richtet sich unter anderem auf den bereits genannten Aspekt, dass das kamerale Buchführungssystem als ein reines Geldverbrauchskonzept gesehen wird. Vielmehr ist die Aufgabe eines neuen Haushalts- und Rechnungswesens den tatsächlichen Ressourcenverbrauch zu planen und dokumentieren (Budäus 2007: 46).
Die zentrale Frage, ob betriebswirtschaftliche Instrumente auf die öffentliche Verwaltung übertragbar sind, soll am Beispiel des NKHR in Baden-Württemberg beschrieben werden. Das Kapitel 2 erklärt das methodische Vorgehen dieser Arbeit. Anschließend wird in Kapitel 3 die Problemstellung nochmals ausführlicher dargestellt und Reformansätze beschrieben. In Kapitel 4 wird das Konzept des NKHR anhand der rechtlichen und inhaltlichen Grundlagen, sowie anhand der Ziele der Reform vorgestellt. Darauf folgt im nächsten Kapitel ein empirisches Beispiel, wie das NKHR in der Gemeinde Remshalden umgesetzt wurde. Im letzten Kapitel erfolgen ein Fazit und eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Methodik
3. Problemstellung und Reformansätze
3.1 Probleme der Kameralistik
3.2 Reformansätze
4. Das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)
4.1 Rechtliche Grundlagen
4.2 Ziele der Reform
4.3 Inhaltliche Grundlagen
5. Erfahrungen bei der Einführung des NKHR
5.1 Bisheriger Entwicklungsstand
5.2 Der Umsetzungsprozess in der Gemeinde Remshalden
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Literaturquellen
Internetquellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der Policy-Zyklus,
Abbildung 2: Schritte zur Reform des kommunalen Haushaltsrechts,
Abbildung 3: Die Ziele des „Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens“,
Abbildung 4: Das Drei-Komponenten-System,
Abbildung 5: Strategien zur Umsetzung des NKHR,
Abbildung 6: Grober Projektplan der Gemeinde Remshalden,
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Unter dem Eindruck immer größerer Probleme der öffentlichen Haushalte, setzte sich Anfang der 90er Jahre in Deutschland ein Prozess in Gang, der unter dem Namen des „Neuen Steuerungsmodells (NSM)“ bekannt wurde. Dieses Modell verfolgte unter andrem den Ansatz, das öffentliche Rechnungswesen um- und auszubauen (Lüder 1994: 189). Die veraltete Buchführung in der öffentlichen Verwaltung, die Kameralistik, wird auch für die Handlungsunfähigkeit bis hin zur Zahlungsunfähigkeit verantwortlich gemacht (Kuban 1999: 481). Dies liegt vor allem an der Funktion, die der Kameralistik zugewiesen wird. Denn zu den Hauptaufgaben zählt die Gegenüberstellung der geplanten Einnahmen bzw. Ausgaben und den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben (Raupach & Stangenberg 2006: 3). Die Diskussion über die Kameralistik und die Kritik an ihr gibt es schon lange, aber die Kameralistik konnte sich bis heute noch behaupten. Die Kritik richtet sich unter anderem auf den bereits genannten Aspekt, dass das kamerale Buchführungssystem als ein reines Geldverbrauchskonzept gesehen wird. Vielmehr ist die Aufgabe eines neuen Haushalts- und Rechnungswesens den tatsächlichen Ressourcenverbrauch zu planen und dokumentieren (Budäus 2007: 46).
Das Gegenmodell zur Kameralistik, das auch den Ressourcenverbrauch misst, ist das in der Privatwirtschaft praktizierte Prinzip der doppelten Buchführung und der Aufstellung einer Finanz-, Vermögens- und Ergebnisrechnung. Eine Übernahme des Konzepts der Doppik (Doppelte Buchführung in Konten) in das öffentliche Haushalts- und Rechnungswesen wird daher immer stärker gefordert. Vor allem Klaus Lüder, der an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer lehrte, und die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) entwickelten Konzepte zur Reformierung des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens. Sie starteten einen Prozess zur Umstellung des Haushaltsrechts, an dessen Beginn die Erprobung ihres Konzepts in der Stadt Wiesloch in Baden-Württemberg stand. In diesem Modellprojekt wurde erstmals der Übergang von der kameralistischen zur kaufmännischen Buchführung getestet. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienten als Grundlage für weitere Pilotprojekte in Baden-Württemberg. Bis Anfang 2009 haben inzwischen dreizehn Kommunen ihr Haushalts- und Rechnungswesen auf die Doppik umgestellt (www.nkhr-bw.de). Diese Zahl wird sich in den nächsten Jahren erhöhen, da im April 2009 mit dem „Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)“ die rechtlichen Grundlagen für die Reform des Haushaltsrechts vom baden-
württembergischen Landtag beschlossen wurden. Das NKHR versucht die Kritikpunkte an der
Kameralistik aufzugreifen und diese Probleme zu lösen.
Doch die Entwicklung zweier unterschiedlicher Systeme hatte ihre Gründe und ist in den verschiedenen Rationalitäten der öffentlichen Verwaltung und Unternehmen zu finden, da an die unterschiedlichen Organisationen verschiedene Anforderungen gestellt werden. Auf der einen Seite erfüllen die öffentlichen Haushalte eine Bedarfsdeckungsfunktion und eine Orientierung an öffentlichen Aufgaben, auf der anderen Seite steht das Gewinnmaximierungsprinzip der privaten Unternehmen (Raupach & Stangenberg 2006: 3). Aufgrund dieser gegensätzlichen Rationalitäten stellt sich die Frage, ob das Konzept des „Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens (NKHR)“, das sich stark an dem Prinzip der doppelten Buchführung aus der Betriebswirtschaft orientiert, auf die öffentlichen Haushalte übertragbar ist. Die Gemeinde Remshalden, ungefähr 20 km östlich von der Landeshauptstadt Stuttgart gelegen, entschied sich zum 01.01.2006 ihr Haushalts- und Rechnungswesen umzustellen. Die Gemeinde Remshalden gehörte somit zu jenen Kommunen, die die Umsetzung auf das NKHR bereits vollzogen haben. Das genaue Vorgehen zur Umstellung, die zu bewältigenden Aufgaben und die beteiligten Personen sollen später am Beispiel dieser Gemeinde näher erläutert werden.
Das Ziel dieser Arbeit ist die oben genannte Fragestellung aufzunehmen und abschließend eine Einschätzung über den Erfolg oder Misserfolg der Reform abzugeben. Die zentrale Frage, ob betriebswirtschaftliche Instrumente auf die öffentliche Verwaltung übertragbar sind, soll am Beispiel des NKHR in Baden-Württemberg beschrieben werden. Das Kapitel 2 erklärt das methodische Vorgehen dieser Arbeit. Anschließend wird in Kapitel 3 die Problemstellung nochmals ausführlicher dargestellt und Reformansätze beschrieben. In Kapitel 4 wird das Konzept des NKHR anhand der rechtlichen und inhaltlichen Grundlagen, sowie anhand der Ziele der Reform vorgestellt. Darauf folgt im nächsten Kapitel ein empirisches Beispiel, wie das NKHR in der Gemeinde Remshalden umgesetzt wurde. Im letzten Kapitel erfolgen ein Fazit und eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit.
2. Methodik
Die zentrale Frage dieser Arbeit soll in einer deskriptiven Untersuchung mit Hilfe einer Literaturrecherche beantwortet werden. Das Vorgehen in dieser Untersuchung orientiert sich am Policy-Zyklus, in dem die gesamte Entwicklung einer öffentlichen Politik in einzelne Zyklen unterschieden wird (Schneider & Janning 2006: 49). Somit eignet sich die Beantwortung der zentralen Frage mit Hilfe des Policy-Zyklus besonders gut für die Umsetzung der Reform des NKHR, da dieser lange Umsetzungsprozess in einzelnen Etappen vonstatten ging.
Abbildung 1: Der Policy-Zyklus
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Jann & Wegrich 2009: 86
Der Aufbau dieser Arbeit ist an den einzelnen Phasen des Policy-Zyklus orientiert. So werden die Problemdefinition in Kapitel 3.1 und das Agenda-Setting in Kapitel 3.2 behandelt. In Kapitel 4 erfolgt die Beschreibung der Politikformulierung und in Kapitel 5 wird die Implementation der Reform beschrieben. Die Phase der Evaluation wird in Kapitel 6 mit einem Fazit abgeschlossen. Abschließend ist festzuhalten, dass die Unterscheidung in die einzelnen Phasen rein analytisch ist und in der Wirklichkeit nicht immer eine solche Abgrenzung vorzufinden ist, da sich z.B. einzelne Phasen des Zyklus überlappen können (Schneider & Janning 2006: 49).
3. Problemstellung und Reformansätze
3.1 Probleme der Kameralistik
Die öffentliche Verwaltung in Deutschland ist durch ein kameralistisches Rechnungswesen geprägt. Bei der Kameralistik handelt es sich um eine einfache Buchführung (im Gegensatz zur doppelten Buchführung im kaufmännischen Rechnungswesen), bei der jeder Geschäftsvorfall auf nur einem Konto gebucht wird. Diese Form der Buchführung, die im 18. Jahrhundert in Österreich entwickelt wurde, scheint heute nicht mehr zeitgemäß zu sein. In der Literatur wird die Kameralistik kritisiert, da sich im Laufe der Zeit die Zielsetzung der Verwaltungsbuchführung geändert hat. Das vorrangige Ziel ist nicht mehr die Erfolgsermittlung, sondern die Kameralistik beschränkt sich darauf, einen Nachweis über die Einhaltung des Haushaltsplans zu erbringen (Lüder 2001: 7).
Das öffentliche Haushalts- und Rechnungswesen ist durch zahlreiche Probleme bekannt. Einen guten Überblick über die Mängel liefern die Beiträge von Lüder (2001: 10 ff.) und Kuban (1999: 480 ff.). Die Autoren kritisieren, dass das öffentliche Haushaltswesen durch starke Einschränkungen gekennzeichnet ist. Die Mittel, die im Haushaltsplan aufgestellt sind, dürfen nur für den darin bezeichneten Zweck verwendet werden. Mittel, die nicht verbraucht werden, fließen dem Gesamthaushalt zu und haben in der Regel für das Folgejahr eine Kürzung der Haushaltsmittel zur Folge (Kuban 1999: 480). Somit fehlen den einzelnen Fachbereichen die Anreize für einen sparsamen Umgang mit den Haushaltsgeldern, da sie sogar mit einer Kürzung des Etats „bestraft“ werden. Des Weiteren wird die Haushaltsrechnung kritisiert, dass sie input-orientiert sei. Dies bedeutet, dass die im Haushaltsplan erstellten Ermächtigungen an Ausgabenzwecke gebunden sind. Eine Orientierung an vorgegebene Ziele und zu erbringende Leistungen findet nicht statt (Lüder 2001: 10). Ein weiterer Kritikpunkt stellt die Zahlungsorientierung der Haushaltsrechnung dar, da nur Ein- bzw. Auszahlungen aufgezeigt werden. Über nicht zahlungswirksame Ressourcenverbräuche (z. B. Abschreibungen) werden keinerlei Informationen geliefert (Lüder 2001: 11). Die Kameralistik bietet außerdem keinen guten Überblick über die Finanz- und Vermögenslage einer Gebietskörperschaft. Es ist keine Vermögensrechnung vorhanden, in der sowohl das gesamte Vermögen, als auch sämtliche Schulden gegenüber gestellt werden (Lüder 2001: 11).
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- Benjamin Roth (Author), 2010, Sind betriebswirtschaftliche Instrumente auf die öffentliche Verwaltung übertragbar?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164817
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