Weltweit sind Lebensstandard und Mobilisierungsgrad der Menschen von der Nutzung verschiedener Energiequellen abhängig. Gegenwärtig ist Erdöl die Hauptenergiequelle. Mit einem Anteil von über 60% nimmt der Transportsektor eine Schlüsselrolle beim globalen Ökokonsum ein. Infolge des wachsenden Individualverkehrs der Schwellenländer ist selbst bei erheblichen Einsparungen durch effizientere Motoren kurzfristig nicht von einer Trendwende beim Kraftstoffverbrauch auszugehen. Mit der steigenden Nutzung fossiler Treibstoffe nehmen auch die weltweiten CO2-Emissionen zu. Angesichts des voranschreitenden Klimawandels und der Ressourcenknappheit ist ein strategisches Umdenken in der Energienutzung dringend erforderlich. Die Dringlichkeit des Klimaschutzes wurde 2007 mit dem vierten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change wissenschaftlich bestätigt. Zudem belegt der ehemalige Weltbank-Ökonom Sir Nicholas STERN in einem 2006 vorgelegten Bericht, dass die Kosten, die durch eine Anpassung an klimabedingte Veränderungen entstehen, 5 bis 20-mal so hoch liegen werden, wie aktiver Klimaschutz. Vermeidung und Anpassung müssen in einer gemeinsamen Strategie verfolgt werden, die nur durch eine Kombination von erneuerbaren Energien mit effizienteren Technologien erreicht werden kann.
Im Lichte der forcierten Warnungen der Wissenschaftler und Ökonomen wird international seit geraumer Zeit die Substitution fossiler Treibstoffe durch so genannte Biotreibstoffe diskutiert. Gemeinhin gelten diese als klimaneutral, da sie während des Verbrennungsvorgangs nur die Menge an CO2 ausstoßen, die sie im Wachstum aus der Atmosphäre gebunden haben. Eine Form von Biotreibstoff ist Bioethanol, welches auf Basis verschiedener stärke- oder zuckerhaltiger Pflanzen hergestellt werden kann. Brasilien produziert Bioethanol aus Zuckerrohr und ist nach den USA der zweitgrößte Hersteller. Auch angesichts der steigenden Ölpreise erscheint eine Substitution attraktiv. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie und ob Bioethanol in Zukunft einen Beitrag zur Nachhaltigen Mobilitätleisten kann.
Die Produktion und Verwendung von Zuckerrohrethanol ist ein sehr komplexes Thema. Politik, Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft stellen in diesem Zusammenhang sich wechselseitig beeinflussende Handlungsfelder dar. Um einer ganzheitlichen Bewertung des brasilianischen Ethanoltreibstoffs gerecht zu werden, müssen deshalb diese Wechselwirkungen aufgezeigt und bewertet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Einleitung
- 1.1. Problemstellung und Zielsetzung
- 1.2. Aufbau der Arbeit und methodische Vorgehensweise
- 2. Internationale und lokale Klima- und Umweltpolitik
- 2.1. Die Politik reagiert: Entstehung der Klimapolitik
- 2.1.1. Die erste völkerrechtliche Vereinbarung: die Klimarahmenkonvention
- 2.1.2. Das Kyoto-Protokoll 1997
- 2.2. Das brasilianische Energiemodell
- 2.3. Auswirkungen der internationalen Klimapolitik für Brasilien
- 3. Das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung als Evaluierungsrahmen
- 3.1. Entstehung des Begriffs
- 3.2. Divergierende Konzepte einer Nachhaltigen Entwicklung
- 3.3. Operationalisierung des Leitbildes
- 4. Die Ethanolproduktion aus Zuckerrohr in Brasilien bis 1985
- 4.1. Geschichte des Zuckerrohranbaus und der Ethanolherstellung Brasiliens
- 4.2. Entstehungsgründe und Inhalte des nationalen Alkoholprogramms
- 4.3. Neue Dimensionen: die zweite Phase des Programms
- 4.4. Bewertung des Programms bis 1985
- 4.4.1. Ökonomische Aspekte
- 4.4.2. Soziale Aspekte
- 4.4.3. Ökologische Aspekte
- 4.4.4. Gesamtbewertung
- 5. Brasiliens Ethanolproduktion ab 1985
- 5.1. Politische Rahmenbedingungen der Ethanolproduktion
- 5.1.1. Brasilien wird demokratisch
- 5.1.2. Liberalisierung des Zucker- und Ethanolsektors
- 5.2. (Inter-) Nationale Gründe der heutigen Nachfrage nach Treibstoffethanol
- 5.2.1. Klimapolitische Erfordernisse
- 5.2.2. Wirtschaftliche und geopolitische Hintergründe
- 5.2.2.1. Versorgungssicherheit
- 5.2.2.2. Entwicklungen der Weltmarktpreise von Rohöl und Zucker
- 5.2.3. Technologische Bedingungen
- 5.2.4. Zusammenfassung
- 5.3. Brasiliens einzigartige Stellung im Ethanolsektor
- 6. Potenzialanalyse Brasiliens
- 6.1. Klimapolitischer Beitrag
- 6.1.1. Bewertungsinstrument
- 6.1.2. Untersuchungsrahmen
- 6.1.3. Energie- und Treibhausgasbilanz von Treibstoff
- 6.1.3.1. Energiebilanz
- 6.1.3.2. Treibhausgasbilanz
- 6.1.4. Energie- und Treibhausgasbilanz von Zuckerrohrethanol
- 6.1.4.1. Abbrennen der Zuckerrohrfelder - Folgen für die Treibhausgasbilanz?
- 6.1.4.2. Energiebilanz Zuckerrohrethanol
- 6.1.4.3. Treibhausgasbilanz Zuckerrohrethanol
- 6.2. Berechnung des CO2-Einsparungspotenzials in Brasilien 2007
- 6.3. Potenzial umgerechnet auf die globalen Verkehrsemissionen
- 6.4. Welches Potenzial besitzt Brasilien?
- 6.4.1. Limitierende Faktoren
- 6.4.2. Begünstigende Faktoren
- 6.4.3. Bewertung
- 6.5. Bewertung des klimarelevanten Potenzials aus Sicht der Nachhaltigkeit
- 7. Analyse lokaler Auswirkungen
- 7.1. Ökologische Folgen
- 7.1.1. Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung
- 7.1.2. Monokultureller Anbau und Biodiversität
- 7.1.3. Ökologische Gesamtbewertung
- 7.2. Folgen für die lokale Gesellschaft
- 7.2.1. Voller Tank - leerer Teller?
- 7.2.2. Gesundheitsbelastungen für die Bevölkerung
- 7.2.3. Beschäftigungseffekt und Arbeitsbedingungen
- 7.2.4. Soziale Gesamtbewertung
- 7.3. Lokales Gesamturteil
- 8. Bewertung der Ergebnisse und Zukunftsperspektiven
- 8.1. Bewertung der Chancen und Risiken
- 8.2. Zukunftsperspektiven und Lösungsansätze
- 9. Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Bioethanolherstellung in Brasilien und deren Potenzial zur Bekämpfung des Klimawandels. Sie untersucht die sozio-ökologischen Auswirkungen der Ethanolproduktion sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene.
- Analyse der internationalen und lokalen Klima- und Umweltpolitik im Kontext der Bioethanolproduktion in Brasilien
- Bewertung des Potenzials von Brasilianischem Bioethanol zur Reduktion von Treibhausgasemissionen
- Untersuchung der ökologischen Auswirkungen der Bioethanolproduktion auf die Umwelt
- Bewertung der sozialen Folgen der Bioethanolproduktion auf die lokale Gesellschaft
- Diskussion der Chancen und Risiken der Bioethanolproduktion in Brasilien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit erläutert. Anschließend werden die internationale und lokale Klima- und Umweltpolitik sowie das brasilianische Energiemodell im Kontext der Bioethanolproduktion vorgestellt. Das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung dient als Evaluierungsrahmen für die Analyse der Ethanolproduktion. In den folgenden Kapiteln wird die Geschichte der Ethanolproduktion in Brasilien bis 1985 beleuchtet und die Bewertung des Programms bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführt. Die Arbeit analysiert anschließend die Entwicklung der Ethanolproduktion in Brasilien ab 1985, die politischen Rahmenbedingungen, die (Inter-) Nationalen Gründe der Nachfrage nach Treibstoffethanol und die einzigartige Stellung Brasiliens im Ethanolsektor. Im weiteren Verlauf wird das Potenzial Brasiliens zur Reduktion von Treibhausgasemissionen durch Bioethanolproduktion untersucht, wobei die Energie- und Treibhausgasbilanz von Zuckerrohrethanol im Fokus steht. Die Arbeit berechnet das CO2-Einsparungspotenzial in Brasilien 2007 und analysiert die limitierenden und begünstigenden Faktoren für die Bioethanolproduktion. Schließlich werden die lokalen Auswirkungen der Bioethanolproduktion auf die Umwelt und die Gesellschaft untersucht, bevor die Arbeit mit einer Bewertung der Ergebnisse und Zukunftsperspektiven abschließt.
Schlüsselwörter
Bioethanol, Brasilien, Klimawandel, Nachhaltige Entwicklung, Treibhausgasemissionen, Zuckerrohr, Umwelt, Gesellschaft, Potenzial, Auswirkungen, Chancen, Risiken.
- Quote paper
- Isabel Gür (Author), 2008, Potenzial und nationale sozio-ökologische Auswirkungen der Bioethanolherstellung in Brasilien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164775