Ziel der Arbeit ist es, das europäische Mitentscheidungsverfahren (MEV) am Fallbeispiel der EMAS-Revision zu beschreiben und zu untersuchen. Damit soll ein empirischer Beitrag zur sukzessiven Erschließung europäischer Entscheidungsprozesse geleistet werden.
Die zentrale Fragestellung lautet: Warum wurden mit der EMAS-Revision verbindliche Umweltleistungskennzahlen (KPI) eingeführt, obwohl die deutsche Regierung diesem Vorhaben skeptisch gegenüberstand?
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird wie folgt vorgegangen: Zuerst wird ein Erklärungsmodell entwickelt, das auf aktuellen politikwissenschaftlichen Erkenntnissen aufbaut. Es sucht die Antwort auf die Forschungsfrage in den Spezifika des europäischen Mehrebenensystems und spezieller noch in den Multilevel Governance
Merkmalen des EMAS-Systems und des MEV.
Das Erklärungsmodell bildet die heuristische Grundlage für die empirische Anaylse des EMAS-Revisionsprozesses. Mithilfe von
Dokumentenanalysen und Expertenbefragungen wird zunächst ermittelt, inwiefern tatsächlich für alle EMAS-Teilnehmer verbindliche Umweltleistungskennzahlen eingeführt wurden, und ob Deutschland anfangs wirklich gegen die Einführung der KPI opponierte. Danach werden das EMAS-System, das MEV und der Revisionsprozess einer umfassenden empirischen Untersuchung unterzogen. Anhand spezifischer Governance-Indikatoren wird ergründet, warum die strukturellen Bedingungen der EMAS-Revision eine Konsensfindung hinsichtlich KPI prinzipiell begünstigten. Danach wird der Prozess der Konsensfindung auf Indizien für strategisches Verhandeln und Deliberation untersucht.Im Fazit werden die Forschungsergebnisse zusammengefasst und die Forschungsfrage beantwortet. Zuletzt soll in einer kritischen Reflexion der politikwissenschaftliche Mehrwert dieser Arbeit beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 1.1. Forschungsziel und Fragestellung
- 1.2. Forschungslücke und Begründung der Fallauswahl
- 1.2.1. Theorie und Empirie europäischer Entscheidungsprozesse.
- 1.2.2. Empirisches Beispiel EMAS-Revision: Begründung der Fallauswahl.
- 1.3. Das Forschungsdesign im Überblick
- 2. ENTWICKLUNG EINES ERKLÄRUNGSMODELLS
- 2.1. Intergouvernementalistische Prognosen im Praxistest.
- 2.1.1. „Politikverflechtungsfalle\" als Ursache der Handlungsunfähigkeit der EU.....
- 2.1.2. Anwendung der rationalistischen Prognose auf die EMAS-Revision.
- 2.2. Kritik am Intergouvernementalismus.
- 2.3. Multilevel Governance als integrierendes Analysekonzept
- 2.3.1. Die Strukturmerkmale des europäischen Mehrebenensystems.
- 2.3.2. Die Folgen des europäischen Mehrebensystems für EU-Governance
- 2.4. Transfer der theoretischen Vorüberlegungen in eine Hypothese.
- 2.5. Entwicklung eines multivariaten Erklärungsmodells
- 2.5.1. Die Erklärungsstrategie und ihre qualitativen Erhebungsmethoden
- 2.5.2. Das Erklärungsmodell und seine vier Variablen
- 3. EMPIRISCHE ANALYSE DER EMAS-REVISION
- 3.1. Vorgehen und Methodik bei der empirischen Analyse
- 3.1.1. Zeitliche und sachlichen Eingrenzung der empirischen Analyse.
- 3.1.2. Experteninterviews und Dokumentenanalyse als Erhebungsmethoden
- 3.2. Abhängige Variable: Einführung verbindlicher KPI via EMAS III
- 3.2.1. Das Begriffsverständnis von Umweltleistungskennzahlen (KPI).
- 3.2.2. Indikatoren und Vorgehen zur Erforschung der abhängigen Variablen.
- 3.2.3. Dokumentenanalyse: Verbindliche KPI in EMAS II und EMAS III
- 3.2.3.1. KPI-Bestimmungen in den Rechtstexten von EMAS II..
- 3.2.3.2. KPI-Bestimmungen in den Rechtstexten von EMAS III.
- 3.2.3.2.1. Vorhandensein von KPI-Bestimmungen in der EMAS-III-Verordnung.
- 3.2.3.2.2. Die Verbindlichkeit der in EMAS III vorhandenen KPI-Bestimmungen..
- 3.2.4. Fazit: Die Einführung verbindlicher KPI via EMAS III..
- 3.3. Intervenierende Variable: Interessenkonflikt: BRD versus EU.
- 3.3.1. Begriffserläuterungen: Interessenkonflikt zwischen Deutschland und EU.
- 3.3.2. Vorgehen zur Erforschung der intervenierenden Variablen
- 3.3.3. Dokumentenanalyse: Das Meinungsbild bezüglich KPI in Deutschland
- 3.3.3.1. Die KPI-Positionen von Bundestag und Bundesrat.
- 3.3.3.2. Die KPI-Positionen der EMAS-Institutionen....
- 3.3.3.3. Die KPI-Positionen der verschiedenen Interessengruppen und Stakeholder.
- 3.3.3.4. Fazit: Das diffuse Meinungsbild in Deutschland hinsichtlich verbindlicher KPI
- 3.3.4. Experteninterview: Die Position der deutschen Delegierten in der RAG..
- 3.3.4.1. Zugang zu Informationen und Auswahl der Experten......
- 3.3.4.2. Konkretisierung der Fragen für den Interviewleitfaden.
- 3.3.5. Fazit: Bestätigung des deutsch-europäischen Interessenkonflikts..
- 3.4.5. Ergebnisse der Expertenbefragung: KPI-Positionen der deutschen Delegierten
- 3.4. Unabhängige Variable: Die typischen Multilevel Governance-Merkmale der EMAS-Revision.......
- 3.4.1. Begriffserläuterungen: Typische Multilevel Governance-Merkmale.
- 3.4.2. Indikatoren und Vorgehen zur Erforschung der unabhängigen Variablen....
- 3.4.3. Die strukturellen Merkmale des EMAS-Systems
- 3.4.3.1. Die EMAS-Genese im Kontext steuerungspolitischer Herausforderungen.
- 3.4.3.1.1. Öko-Audits als Reaktion der Privatwirtschaft auf den steigenden Problemdruck.
- 3.4.3.1.2. Harmonisierungsbestrebungen und steuerungspolitische Umorientierung..
- 3.4.3.1.3. Deutschland als Bremsklotz bei der Verabschiedung der EMAS-Verordnung..
- 3.4.3.1.4. EMAS und der regulative Wettbewerb zwischen Deutschland und Großbritannien..
- 3.4.3.2. Verbreitung von EMAS in Deutschland und Europa im Vergleich zur ISO 14001.
- 3.4.3.3. Formelle Strukturen und Verfahrensabläufe des EMAS-Systems..
- 3.4.3.4. Die nationale Implementierung des Öko-Audits mit Fokus auf Deutschland.
- 3.4.3.4.1. Die rechtlichen Vorgaben zur nationalen Implementierung des Öko-Audits.
- 3.4.3.4.2. Die wirtschaftsnahe Umsetzung der EMAS-Verordnung in Deutschland.
- 3.4.3.5. Koordination und Harmonisierung der Implementierung durch die Komitologie..
- 3.4.4. Das Mitentscheidungsverfahren als Prozessrahmen der EMAS-Revision.
- 3.4.4.1. Artikel 251 EGV als Rechtsgrundlage des Mitentscheidungsverfahrens..
- 3.4.4.2. Die praktischen Modalitäten des Mitentscheidungsverfahrens...
- 3.4.4.3.1. Die zentralen Vorbereitungsgremien der EU-Legislativorgane...
- 3.4.4.3.2. Die Ausschüsse des Europäischen Parlaments und ihr Berichterstattungssystem....
- 3.4.4.3. Die vorbereitenden Gremien des Rates und das A-Punkt-Verfahren..
- 3.4.4. Internet- und Dokumentenanalyse: Das EMAS-Revisionsverfahren....
- 3.4.4.1. Die Vorbereitungsphase: Evaluierung und Konsultation
- 3.4.4.2. Die Entscheidungsphase: Mitentscheidungsverfahren und informeller Trilog.
- 3.4.4.3. KPI-Regelungen in den Policy-Outputs der zentralen Entscheidungsgremien...
- 3.4.4.3.1. KPI-Bestimmungen im Kommissionsvorschlag vom 16.07.2008.
- 3.4.4.3.2. KPI-Bestimmungen im ersten Änderungsvorschlag der RAG Umwelt vom 04.02.2009.
- 3.4.4.3.3. KPI-Bestimmungen im Bericht des ENVI vom 17.02.2009..
- 3.4.4.3.4. KPI-Bestimmungen im Kompromissvorschlag der Präsidentschaft vom 26.02.2009.
- 3.4.4.3.5. Der Kompromiss in Form der jetzigen EMAS-III-Verordnung..
- 3.4.6. Die EMAS-Revision aus der Perspektive von Multilevel Governance..
- 3.4.6.1. Implementationsdefizite.
- 3.4.6.2. Notwendigkeit der Kooperation...
- 3.4.6.3. Institutionelle Differenzierung
- 3.4.6.4. Lose Ebenenkoppelung und Verhandlungsmandate..
- 3.4.6.5. Zusammenfassung: Die Multilevel Governance-Merkmale der EMAS-Revision...
- 3.5. Verhandeln und Deliberation im Konsensfindungsprozess.
- 3.5.1. Begriffsdefinition: Konsens, strategisches Verhandeln und Deliberation.
- 3.5.2. Indikatoren und Vorgehen zur Erforschung der Konsensfindung..
- 3.5.3. Experteninterview: Verhandlung vs. Deliberation bei der Konsensfindung.
- 3.5.3.1. Konkretisierung der Fragen für den Interviewleitfaden.
- 3.5.3.2. Auswertung der Befragung und Kombination mit vorhandenen Erkenntnissen
- 3.5.3.2.1. Hinweise für strategisches Verhandeln im Revisionsprozess.
- 3.5.3.2.2. Merkmale der Deliberation im Revisionsprozess....
- 3.5.4. Fazit: Verhandlung & Deliberation als Erklärungsfaktoren der Konsenses..
- Die Analyse des europäischen Mitentscheidungsverfahrens im Kontext der EMAS-Revision.
- Die Erforschung des Einflusses von Interessenkonflikten, insbesondere zwischen Deutschland und der EU, auf den Revisionsprozess.
- Die Untersuchung der Rolle von Multilevel Governance und der damit einhergehenden Verhandlungsdynamiken.
- Die Bewertung der Bedeutung von Konsensfindungsprozessen im Rahmen der EMAS-Revision.
- Kapitel 1: Einleitung - In diesem Kapitel werden das Forschungsziel und die Fragestellung der Arbeit erläutert. Es wird die Forschungslücke aufgezeigt und die Fallauswahl der EMAS-Revision begründet. Darüber hinaus wird das Forschungsdesign der Arbeit im Überblick vorgestellt.
- Kapitel 2: Entwicklung eines Erklärungsmodells - Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Entwicklung eines Erklärungsmodells für die Analyse des europäischen Mitentscheidungsverfahrens. Es werden die Grenzen des intergouvernementalen Ansatzes aufgezeigt und das Konzept der Multilevel Governance als integrierendes Analysekonzept vorgestellt. Abschließend wird eine Hypothese formuliert und ein multivariates Erklärungsmodell entwickelt.
- Kapitel 3: Empirische Analyse der EMAS-Revision - Kapitel 3 widmet sich der empirischen Analyse der EMAS-Revision. Zunächst werden die Methodik und die zeitliche sowie sachliche Eingrenzung der Analyse erläutert. Anschließend werden die drei Variablen des Erklärungsmodells, die abhängige Variable (Einführung verbindlicher KPI), die intervenierende Variable (Interessenkonflikt: BRD versus EU) und die unabhängige Variable (Multilevel Governance-Merkmale der EMAS-Revision) untersucht. Die Analyse stützt sich auf Experteninterviews und Dokumentenanalysen.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Revision der EG-Öko-Audit-Verordnung (EMAS III) und der damit einhergehenden Einführung verbindlicher Umweltleistungskennzahlen (KPI). Der Fokus liegt auf der Analyse des europäischen Mitentscheidungsverfahrens im Kontext der EMAS-Revision.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen wie dem europäischen Mitentscheidungsverfahren, der EMAS-Revision, Umweltleistungskennzahlen (KPI), Interessenkonflikten zwischen Deutschland und der EU, Multilevel Governance, Verhandlungsdynamiken und Konsensfindungsprozessen.
- Arbeit zitieren
- Christoph Märtterer (Autor:in), 2010, Die Revision der EG-Öko-Audit-Verordnung (EMAS III) und die Einführung verbindlicher Umweltleistungskennzahlen (KPI), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164445