Der Mensch als „zoon politikon“. Das Menschenbild, das Aristoteles seiner politischen Philosophie zugrunde legt, besagt, dass dieser von Natur aus ein staatenbildendes Lebewesen ist, und das in höherem Maße noch „als jede Biene oder irgendein Heerdentier“1.Nur die politische Gemeinschaft, in diesem Fall die Polis, ermöglicht es dem Menschen sich gemäß seiner Wesensform zu verwirklichen und glücklich zu werden. Entsprechend seiner Anthropologie basiert das praktische Gelingen der politischen Philosophie des Aristoteles auf der Ethik2, schließlich ist Politik nichts anderes als deren Anwendung.
In dieser Arbeit möchte ich ausgehend von dem aristotelischen Leitbegriff des Glücks (agathon), auf die Kompetenzen der Bürger eingehen, auf die ein gelungenes Staatswesen, in diesem Fall der Polis, fußt, denn die aristotelische Tugendethik bezieht sich direkt auf die reale Ordnung des Staates. So soll zuerst der Begriff der Glückseligkeit (eudaimonia) näher erläutert werden, er nimmt eine zentrale in Stellung in der aristotelischen Tugendethik ein. Ausgehend davon werde ich auf die Charaktertugenden (arete ethike) und ihre Bestimmung durch das Moment der Mitte (mesotes) eingehen, anschließend die Vernunfttugenden (arete ethike) behandeln. Mag die Ethik des Aristoteles auf das Gelingen einer politischen und sozialen Gemeinschaft abzielen, so stellt er dennoch die Frage, welches Leben, theoretisch betrachtet, am meisten die Kriterien des Glücks erfüllen würde, denn nicht nur das „Staatenbilden“ liegt ihm im Blut, auch der Besitz der Vernunft bestimmt maßgeblich das menschliche Wesen. Deshalb möchte ich am Ende dieser Arbeit die Frage beantworten, die Aristoteles bis zum Ende der Nikomachischen Ethik offen lässt, nämlich ob der Mensch das größte Glück in der politischen oder in der theoretischen Existenz finden kann.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Die Tugendlehre des Aristoteles
- 2.1 Der Begriff der Eudaimonia
- 2.2 Die Bestimmung der Tugenden
- 2.2.1 Die Charaktertugenden
- 2.2.2 Die Mitte als Definitionselement der ethischen Tugenden
- 2.2.3 Die dianoetischen Tugenden (arete dianoetike)
- 2.3 Politische (bios politikos) oder Theoretische Existenz (bios theoretikos)
- 3 Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Tugendethik des Aristoteles und deren Bezug zur Frage nach dem besten Leben. Sie analysiert den aristotelischen Begriff der Eudaimonia und die Rolle der Tugenden – sowohl der Charakter- als auch der Vernunfttugenden – für ein gelungenes Leben in der Polis. Schließlich wird die Frage nach der optimalen Lebensform, dem "bios politikos" versus dem "bios theoretikos", im Kontext der aristotelischen Philosophie beleuchtet.
- Der Begriff der Eudaimonia (Glückseligkeit) als höchstes Gut.
- Die Charaktertugenden und ihre Bestimmung durch die "Mitte" (Mesotes).
- Die Vernunfttugenden und ihre Bedeutung für das ethische Handeln.
- Das Verhältnis von individueller Glückseligkeit und politischer Gemeinschaft (Polis).
- Die Frage nach dem besten Leben: Politische oder theoretische Existenz.
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in die aristotelische Vorstellung vom Menschen als "zoon politikon" ein und erläutert die zentrale Rolle der Politik als Anwendung der Ethik. Sie skizziert den Forschungsansatz der Arbeit, der sich auf die Nikomachische Ethik konzentriert und den Begriff der Eudaimonia als Ausgangspunkt nimmt, um die Kompetenzen der Bürger für ein gelungenes Staatswesen zu untersuchen. Die Arbeit kündigt die schrittweise Analyse der Glückseligkeit, der Charaktertugenden, der Vernunfttugenden und schließlich die Auseinandersetzung mit der Frage nach der optimalen Lebensform an.
2 Die Tugendlehre des Aristoteles: Dieses Kapitel stellt die aristotelische Tugendlehre umfassend dar. Es beginnt mit einer detaillierten Analyse des Begriffs der Eudaimonia, der als höchstes und selbstgenügsames Ziel allen menschlichen Strebens definiert wird. Anschließend wird die Unterscheidung zwischen den Charaktertugenden (durch Gewöhnung erworben) und den dianoetischen Tugenden (durch Belehrung erworben) erläutert. Der zentrale Aspekt der "Mitte" (Mesotes) als Definitionselement der ethischen Tugenden wird umfassend diskutiert, wobei die Notwendigkeit einer situations- und personenabhängigen Interpretation hervorgehoben wird. Die Kapitel diskutieren auch die verschiedenen Arten der Tugenden und beleuchtet ihr Verhältnis zur Vernunft und zur politischen Gemeinschaft.
Schlüsselwörter
Aristoteles, Tugendethik, Eudaimonia, Glückseligkeit, Charaktertugenden, Vernunfttugenden, Mesotes, Mitte, Polis, politische Gemeinschaft, bios politikos, bios theoretikos, Nikomachische Ethik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Aristoteles' Tugendethik"
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Aristoteles' Tugendethik und ihren Bezug zum besten Leben. Sie untersucht den Begriff der Eudaimonia (Glückseligkeit), die Rolle der Charakter- und Vernunfttugenden und die Frage nach der optimalen Lebensform (bios politikos vs. bios theoretikos).
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende zentrale Themen: Den Begriff der Eudaimonia als höchstes Gut, die Bestimmung der Charaktertugenden durch die "Mitte" (Mesotes), die Bedeutung der Vernunfttugenden für ethisches Handeln, das Verhältnis von individueller Glückseligkeit und politischer Gemeinschaft (Polis) sowie die Frage nach dem besten Leben: politischer oder theoretischer Existenz.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit besteht aus einer Einleitung, einem Hauptkapitel über Aristoteles' Tugendlehre und einem Schluss. Die Einleitung führt in die aristotelische Vorstellung vom Menschen als "zoon politikon" ein und skizziert den Forschungsansatz. Das Hauptkapitel analysiert detailliert den Begriff der Eudaimonia, die Charakter- und Vernunfttugenden und die Bedeutung der "Mitte".
Was wird in der Einleitung erklärt?
Die Einleitung führt in die aristotelische Sicht des Menschen als soziales Wesen ("zoon politikon") ein und betont die Bedeutung der Politik als Anwendung der Ethik. Sie beschreibt den Forschungsansatz der Arbeit, der sich auf die Nikomachische Ethik konzentriert und die Eudaimonia als Ausgangspunkt nimmt, um die Kompetenzen der Bürger für ein gelungenes Staatswesen zu untersuchen.
Was ist das zentrale Thema des Hauptkapitels?
Das Hauptkapitel ("Die Tugendlehre des Aristoteles") stellt umfassend die aristotelische Tugendlehre dar. Es analysiert den Begriff der Eudaimonia, unterscheidet zwischen Charakter- und Vernunfttugenden und erläutert die Bedeutung der "Mitte" (Mesotes) als Definitionselement der ethischen Tugenden. Es beleuchtet auch das Verhältnis der Tugenden zur Vernunft und zur politischen Gemeinschaft.
Welche Schlüsselbegriffe werden verwendet?
Schlüsselbegriffe sind: Aristoteles, Tugendethik, Eudaimonia, Glückseligkeit, Charaktertugenden, Vernunfttugenden, Mesotes, Mitte, Polis, politische Gemeinschaft, bios politikos, bios theoretikos, Nikomachische Ethik.
Wie wird der Begriff der "Mitte" (Mesotes) erklärt?
Die "Mitte" (Mesotes) wird als zentrales Definitionselement der ethischen Tugenden erklärt. Es wird betont, dass die "Mitte" situations- und personenabhängig interpretiert werden muss.
Was ist der Unterschied zwischen "bios politikos" und "bios theoretikos"?
Die Arbeit untersucht die Frage nach der optimalen Lebensform: "bios politikos" steht für ein Leben in der politischen Gemeinschaft, während "bios theoretikos" ein Leben der theoretischen Beschäftigung bezeichnet. Die Arbeit beleuchtet den Gegensatz und die mögliche Synthese dieser beiden Lebensformen im Kontext der aristotelischen Philosophie.
Für wen ist diese Arbeit bestimmt?
Diese Arbeit ist für alle bestimmt, die sich für Aristoteles' Philosophie, insbesondere seine Tugendethik, interessieren. Sie eignet sich besonders für akademische Zwecke und die Analyse ethischer Themen.
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- Carina Losert (Author), 2010, Die Tugendethik des Aristoteles und die Frage nach dem besten Leben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164440