Der Dichter und Dramatiker Bertolt Brecht, der als einer der bedeutendsten Dichter, Schriftsteller und Autoren des 20. Jahrhunderts gilt, entwickelte bereits in seinen frühen Schaffensjahren ein Interesse am Film. Mit dem neuen Medium beschäftigte er sich intensiver, während seiner Emigrationsphase, überwiegend in den USA, von 1941 bis 1947. In dieser Zeit war er mehr oder weniger gezwungen sich dem Film zu widmen, da er hier eine Möglichkeit sah, die Existenz für sich und seine Familie zu sichern. Die Nazis bemächtigten sich nämlich der Einnahmen aus Werken, die an deutsche Verlage gebunden waren, worunter auch Brechts Tantieme fielen. Die Jahre in Hollywood, in denen er sich als Drehbuchautor versuchte, waren für ihn sehr erfolglose Jahre. Vergeblich versuchte er seine politische Einstellung und seine Ziele durch diese neue, massenwirksame Kunst, in dem streng antikommunistischen Land zu etablieren. Doch das einzige, was es ihm einbrachte, waren Verhöre vor dem „Kongreßausschuß zur Untersuchung unamerikanischer Betätigung.“ Auch die Zusammenarbeit mit Fritz Lang am Film: Hangmen also die, in der Brecht seine größte Hoffnung steckte, entstand nicht in seinem Sinne, da der Einfluss von Fritz Lang und dem hinzugezogenen, zweisprachigen Drehbuchautor John Wexley zu sehr Brechts eigentliche Intentionen veränderte und er darüber dermaßen enttäuscht war, dass er sich bereits nach einigen Monaten vom Film distanzierte. Hieraus resultiert nun folgende Frage: Inwieweit hat der Film sich tatsächlich von Brechts anfänglichen Absichten und Zielen weg entwickelt, beziehungsweise inwieweit hat es Brecht nicht doch geschafft sein episches Theater und seine damit verbundenen Ideologien trotz der immensen Veränderungen von Fritz Lang und John Wexley durchzusetzen? In der vorliegenden Arbeit werden zunächst die Ereignisse und die Diskrepanzen zwischen ihm, Lang und Wexley, die Brecht während der Pre-Production miterlebte, genauer dargestellt, um einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Films und die damit verbundenen Drehbuch Änderungen zu erhalten. Im Anschluss daran werden die typologischen brechtschen Elemente näher erläutert, mit Passagen aus dem Film verglichen und genauer analysiert. Dem wird Fritz Lang und seine Stilmittel filmisch zu erzählen, unter Berücksichtigung des Hollywoodkinos in den Vierziger Jahren gegenübergestellt. Ziel der Arbeit ist es herauszufinden, wie viel von Brechts Ästhetik der Film letztendlich doch mit sich trägt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Brechts frühes Filminteresse
- 2. Die Entstehung von Hangmen also die
- 2.1 Seine dritte Phase: Im Exil
- 2.2 Die Ermordung Heydrichs und der Anstoß zur Stoffentwicklung
- 3. Konzepte des epischen Theaters im Film
- 3.1 Der Verfremdungseffekt gegen die Vermittlung einer Illusion
- 3.1.1 Die Verwendung von „Songs“
- 3.1.2 Ein Brief als Appell an den Zuschauer
- 3.2 Volksszenen: Eine Darstellung des kollektiven Widerstands
- 3.3 Das Postulat sozialrevolutionärer Aktivität
- 3.1 Der Verfremdungseffekt gegen die Vermittlung einer Illusion
- 4. Fritz Lang im Hollywoodkino
- 4.1 Deutschlands führender Regisseur im Exil
- 4.2 Gegen einen Überhang „brechtianischer“ Elemente
- 4.3 Der „amerikanische Realismus“ von Fritz Lang
- 4.4 Nicht alle Änderungen Langs gegen die Intentionen Brechts
- 5. Schlussfolgerung: Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Konzeptionen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entstehung des Films „Hangmen Also Die“ (Auch Henker sterben) und analysiert, inwieweit Brechts Konzepte des epischen Theaters in die filmische Umsetzung Eingang gefunden haben. Der Fokus liegt auf dem Spannungsfeld zwischen Brechts Intentionen und den Änderungen durch Fritz Lang und John Wexley im Kontext des Hollywoodkinos der 1940er Jahre.
- Brechts frühes Filminteresse und seine Hoffnung auf das Medium Film zur Verbreitung seiner politischen Ideen.
- Die Entstehung des Films „Hangmen Also Die“ und die Zusammenarbeit zwischen Brecht, Lang und Wexley.
- Die Anwendung von Elementen des epischen Theaters im Film und deren Wirkung.
- Der Einfluss des Hollywoodkinos und des amerikanischen Realismus auf die filmische Umsetzung.
- Die Diskrepanzen zwischen Brechts ursprünglichen Intentionen und dem finalen Film.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Brechts frühes Filminteresse: Die Einleitung führt in das Thema ein, indem sie Brechts frühes Interesse am Film und dessen Bedeutung in seiner Emigrationsphase beleuchtet. Sie betont Brechts Versuche, seine politischen Überzeugungen durch das Medium Film zu vermitteln, und die damit verbundenen Schwierigkeiten im antikommunistischen Hollywood. Die Einleitung skizziert die zentrale Fragestellung der Arbeit: Inwieweit hat sich der Film „Hangmen Also Die“ von Brechts ursprünglichen Intentionen entfernt?
2. Die Entstehung von „Hangmen also die“: Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung des Films im Kontext von Brechts Exil in den USA. Es thematisiert Brechts Motivation, seine politische Haltung durch den Film zu äußern und gleichzeitig seinen Lebensunterhalt zu sichern. Die Ermordung von Reinhard Heydrich wird als Ausgangspunkt für die Stoffentwicklung des Films vorgestellt. Das Kapitel deutet bereits die Konflikte zwischen Brecht und Lang bezüglich der filmischen Umsetzung an.
3. Konzepte des epischen Theaters im Film: Dieses Kapitel analysiert die Übertragung der Prinzipien des epischen Theaters Brechts in den Film. Es beschreibt den Verfremdungseffekt und die Verwendung von Songs und Appellen an den Zuschauer als Mittel der epischen Gestaltung. Der Fokus liegt auf der Darstellung des kollektiven Widerstands und dem Postulat sozialrevolutionärer Aktivität im Kontext des Films.
4. Fritz Lang im Hollywoodkino: Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle von Fritz Lang im Hollywoodkino der 1940er Jahre. Es analysiert die spezifischen Regiemethoden Langs und den Einfluss des "amerikanischen Realismus" auf die filmische Umsetzung. Es diskutiert, inwieweit Langs Änderungen von Brechts ursprünglicher Konzeption abwichen und dennoch möglicherweise unerwartete Synergien ermöglichten.
Schlüsselwörter
Bertolt Brecht, episches Theater, Verfremdungseffekt, Fritz Lang, Hollywoodkino, „Hangmen Also Die“, Anti-Nazi-Film, Exil, politische Ideologie, Drehbuchentwicklung, filmische Umsetzung.
Häufig gestellte Fragen zu "Hangmen Also Die" (Auch Henker sterben)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Entstehung des Films "Hangmen Also Die" (Auch Henker sterben) und analysiert, inwieweit Bertolt Brechts Konzepte des epischen Theaters in die filmische Umsetzung Eingang gefunden haben. Der Fokus liegt auf dem Spannungsfeld zwischen Brechts Intentionen und den Änderungen durch Fritz Lang und John Wexley im Kontext des Hollywoodkinos der 1940er Jahre.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Brechts frühes Filminteresse und seine Hoffnung auf das Medium Film zur Verbreitung seiner politischen Ideen, die Entstehung des Films "Hangmen Also Die" und die Zusammenarbeit zwischen Brecht, Lang und Wexley, die Anwendung von Elementen des epischen Theaters im Film und deren Wirkung, den Einfluss des Hollywoodkinos und des amerikanischen Realismus auf die filmische Umsetzung sowie die Diskrepanzen zwischen Brechts ursprünglichen Intentionen und dem finalen Film.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: 1. Einleitung: Brechts frühes Filminteresse; 2. Die Entstehung von "Hangmen also die"; 3. Konzepte des epischen Theaters im Film; 4. Fritz Lang im Hollywoodkino; 5. Schlussfolgerung: Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Konzeptionen. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt der Entstehung und Umsetzung des Films im Hinblick auf Brechts episches Theater.
Wie wird die Entstehung des Films "Hangmen Also Die" dargestellt?
Die Entstehung des Films wird im Kontext von Brechts Exil in den USA dargestellt. Brechts Motivation, seine politische Haltung durch den Film auszudrücken und gleichzeitig seinen Lebensunterhalt zu sichern, wird thematisiert. Die Ermordung Reinhard Heydrichs wird als Ausgangspunkt für die Stoffentwicklung vorgestellt. Die Arbeit deutet die Konflikte zwischen Brecht und Lang bezüglich der filmischen Umsetzung an.
Welche Rolle spielt das epische Theater Brechts im Film?
Die Arbeit analysiert die Übertragung der Prinzipien des epischen Theaters in den Film. Der Verfremdungseffekt, die Verwendung von Songs und Appellen an den Zuschauer als Mittel der epischen Gestaltung werden beschrieben. Die Darstellung des kollektiven Widerstands und das Postulat sozialrevolutionärer Aktivität im Kontext des Films stehen im Mittelpunkt.
Welche Rolle spielt Fritz Lang?
Die Arbeit beleuchtet die Rolle Fritz Langs im Hollywoodkino der 1940er Jahre, seine Regiemethoden und den Einfluss des "amerikanischen Realismus" auf die filmische Umsetzung. Es wird diskutiert, inwieweit Langs Änderungen von Brechts ursprünglicher Konzeption abwichen und ob dennoch unerwartete Synergien entstanden sind.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Die Schlussfolgerung befasst sich mit dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Konzeptionen – der von Brecht und der von Lang und Wexley – während der Entstehung des Films. Sie fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen und bewertet, wie stark der finale Film von Brechts ursprünglichen Intentionen abweicht.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Bertolt Brecht, episches Theater, Verfremdungseffekt, Fritz Lang, Hollywoodkino, "Hangmen Also Die", Anti-Nazi-Film, Exil, politische Ideologie, Drehbuchentwicklung, filmische Umsetzung.
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- Rosalinda Basta (Author), 2008, Das epische Theater Brechts im Hollywoodkino, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164381