Der zwischen 1819 und 1821 erschienene vierbändige Zyklus „Die Serapions- Brüder“ ist die umfangreichste Zusammenstellung von Erzählungen E.T.A. Hoffmanns und umfasst einen ungewöhnlich langen Schaffenszeitraum. So wurden etwa frühe Erzählungen wie „Die Automate“ (1813) ebenso in das Werk aufgenommen, wie auch solche, die Hoffmann speziell für diese Sammlung verfasst hat, z.B. „Die Königsbraut“ (1821).
Diese Tatsache legt nach Ringel einerseits Zweifel an der inneren Geschlossenheit der „Serapions-Brüder“ nahe, andererseits hat die neuere Forschung aus diesem und weiteren noch auszuführenden Gründen das Serapiontische Prinzip als eine dem Gesamtwerk E.T.A. Hoffmanns inhärente Poetik und als Basis für das gesamte Schaffen des Dichters erkannt.1 Um sich nicht einer dieser Arbeit unangemessenen Betrachtung Hoffmanns Lebenswerks stellen zu müssen, soll in der weiteren Argumentation versucht werden, anhand zweier ausgewählter Erzählungen der Serapionsbrüder die in dem gleichnamigen Zyklus postulierte serapiontische Erzählweise herzuleiten und es als poetologisches Prinzip zu typologisieren. Im Detail soll weiterhin der Nachweis erbracht werden, dass die angestrebte Überwindung des die romantische Welt konstituierenden Dualismus’ zwischen Phantasie und Alltagswirklichkeit, bzw. zwischen innerer und äußerer Welt, für Hoffmann die Erkenntnis der Duplizität des Seins voraussetzt. Diese Erkenntnisleistung, die das Serapiontische Prinzip sowohl erbringt, als auch vom Leser abverlangt, blieb von der Forschung lange Zeit unberücksichtigt und erfuhr vornehmlich mit Wulf Segebrecht die ihr gebührende Beachtung. Die Diskussion um das Verhältnis von Dualismus und Duplizität offenbart des weiteren die Hoffmanns Schaffen begleitende Romantikkritik, insbesondere die Abgrenzung von der frühromantischen Aversion gegen die Alltagswirklichkeit als notwendigen Bestandteil des Lebens. Entgegen der verbreiteten Annahme, Hoffmann verliere sich in seinen Erzählungen im Phantastischen, plädiert er in der Ausarbeitung seines künstlerischen Prinzips, welches er in den Rahmenunterhaltungen der Serapionsbrüder ausdrücklich formuliert, für eine symbolische Einheit von äußerer und innerer Welt, die von der Kunst hergestellt werde und die Duplizität des Seins abbilde.2
Inhaltsverzeichnis
- 1.0. Einleitung
- 2.0. Zur Entstehung der „Serapions-Brüder“
- 3.0. Das Serapiontische Prinzip
- 3.1. Der Einsiedler Serapion - Innere und Äußere Welt
- 3.2. Rat Krespel - Endlichkeit und Unendlichkeit
- 3.3. Die Überwindung des Dualismus
- 3.4. Merkmale Serapiontischen Erzählens
- 4.0. Das Serapiontische Prinzip aus Sicht der Romantikkritik
- 5.0. Die Wirklichkeit als Prüfstein der Phantasie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das serapiontische Prinzip in E.T.A. Hoffmanns Erzählungen, insbesondere den Zyklus „Die Serapions-Brüder“. Die Zielsetzung besteht darin, dieses Prinzip als poetologisches Konzept zu analysieren und seine Bedeutung für Hoffmanns Gesamtwerk zu beleuchten. Dabei wird der Fokus auf die Überwindung des romantischen Dualismus zwischen Phantasie und Realität gelegt.
- Das serapiontische Prinzip als poetologische Grundlage von E.T.A. Hoffmanns Werk
- Die Überwindung des Dualismus zwischen Phantasie und Realität
- Die Bedeutung der Duplizität des Seins in Hoffmanns Erzählweise
- Der Einfluss der Romantikkritik auf Hoffmanns künstlerisches Prinzip
- Das Verhältnis zwischen Realität und Einbildungskraft in Hoffmanns Erzählungen
Zusammenfassung der Kapitel
1.0. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des serapiontischen Prinzips in E.T.A. Hoffmanns Werk ein. Sie betont die Bedeutung des vierbändigen Erzählzyklus „Die Serapions-Brüder“ und dessen heterogene Entstehungszeit. Die Arbeit strebt an, anhand ausgewählter Erzählungen das serapiontische Prinzip als poetologisches Konzept zu definieren und seine Rolle bei der Überwindung des romantischen Dualismus zwischen Phantasie und Realität zu untersuchen. Besonders wird die von Wulf Segebrecht hervorgehobene Erkenntnis der Duplizität des Seins als Kern des serapiontischen Prinzips hervorgehoben.
2.0. Zur Entstehung der „Serapions-Brüder“: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehungsgeschichte des Erzählzyklus. Es beschreibt den "Seraphinenorden", einen literarischen Zirkel um Hoffmann, der sich wöchentlich traf, und dessen Entwicklung zum "Serapionsbrüder"-Kreis. Der Ursprung des Namens und die Rolle von Hoffmanns Verleger Reimer bei der Planung und Realisierung des Projekts werden erläutert. Die Bedeutung der Rahmenunterhaltungen für die Poetologie Hoffmanns wird hervorgehoben, da sie ihm Raum für ausführliche Stellungnahmen zu seiner Erzählweise boten, im Gegensatz zu seinen vorherigen Werken wie den „Fantasie- und Nachtstücken“.
3.0. Das Serapiontische Prinzip: Dieses Kapitel behandelt das serapiontische Prinzip im Kern. Es betont die zentrale Bedeutung dieses Prinzips in der Hoffmann-Forschung und dessen Ausdruck einer ureigenen Poetik des Autors. Das Kapitel diskutiert verschiedene Interpretationen und Ansätze, das Prinzip zu definieren, unter anderem den Vergleich mit Tiecks „Phantasus“. Es wird der Versuch unternommen, zu erklären, wie Hoffmann die Einheit von äußerer und innerer Welt symbolisch darstellt und die Duplizität des Seins abbildet. Der Unterschied zu der Frühromantik, die die Realität illusionär überwinden wollte, wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Serapiontische Prinzip, E.T.A. Hoffmann, Romantik, Dualismus, Duplizität, Phantasie, Realität, Einbildungskraft, Poetik, Erzählweise, Romantikkritik.
Häufig gestellte Fragen zu: Das Serapiontische Prinzip in E.T.A. Hoffmanns Erzählungen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das "serapiontische Prinzip" in E.T.A. Hoffmanns Erzählungen, insbesondere im Zyklus "Die Serapions-Brüder". Der Fokus liegt auf der Untersuchung dieses Prinzips als poetologisches Konzept und seiner Bedeutung für Hoffmanns Gesamtwerk, speziell im Hinblick auf die Überwindung des romantischen Dualismus zwischen Phantasie und Realität.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entstehung der "Serapions-Brüder", das serapiontische Prinzip selbst (inklusive Interpretationen und Definitionen), die Romantikkritik im Kontext des serapiontischen Prinzips, sowie das Verhältnis von Phantasie und Realität in Hoffmanns Erzählungen. Die Duplizität des Seins als Kern des serapiontischen Prinzips spielt eine zentrale Rolle.
Was ist das serapiontische Prinzip?
Das serapiontische Prinzip ist ein poetologisches Konzept in E.T.A. Hoffmanns Werk. Es beschreibt eine spezifische Erzählweise und Weltansicht, die die Einheit von äußerer und innerer Welt, sowie die Überwindung des Dualismus zwischen Phantasie und Realität anstrebt. Die Arbeit untersucht verschiedene Interpretationen und Definitionen dieses Prinzips und vergleicht es mit ähnlichen Konzepten der Romantik, beispielsweise Tiecks "Phantasus".
Welche Rolle spielt die Romantikkritik?
Die Arbeit untersucht den Einfluss der Romantikkritik auf Hoffmanns künstlerisches Prinzip und wie sich das serapiontische Prinzip in Bezug auf die frühromantische Tendenz, die Realität illusionär zu überwinden, positioniert. Es wird gezeigt, wie Hoffmann sich von der Frühromantik abgrenzt.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Entstehung der "Serapions-Brüder", ein zentrales Kapitel zum serapiontischen Prinzip, ein Kapitel zur Romantikkritik im Kontext des Prinzips und ein abschließendes Kapitel, welches das Verhältnis von Realität und Phantasie beleuchtet. Jedes Kapitel wird zusammengefasst.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Serapiontisches Prinzip, E.T.A. Hoffmann, Romantik, Dualismus, Duplizität, Phantasie, Realität, Einbildungskraft, Poetik, Erzählweise, Romantikkritik.
Welche Bedeutung hat die Duplizität des Seins?
Die Duplizität des Seins wird als Kern des serapiontischen Prinzips betrachtet. Hoffmann stellt die Einheit von äußerer und innerer Welt dar und bildet die Verschränkung von Realität und Einbildungskraft ab. Diese Duplizität ist zentral für das Verständnis der Erzählweise und Poetik Hoffmanns.
Wie wird die Überwindung des Dualismus dargestellt?
Die Arbeit untersucht, wie Hoffmann durch das serapiontische Prinzip den in der Romantik oft präsenten Dualismus zwischen Phantasie und Realität überwindet. Dies geschieht durch die Darstellung der Einheit und Verschränkung beider Welten, statt ihrer gegenseitigen Ausgrenzung.
- Citar trabajo
- Andreas Becker (Autor), 2003, Dualismus und Duplizität als Merkmale des serapiontischen Prinzips bei E.T.A. Hoffmann, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16415