Die Piraterie vor der Küste Somalias sowie im Golf von Aden hat mittlerweile bedrohliche Ausmaße angenommen. Als Folge sind die Schiffe des Welternährungsprogramms (WFP) mit internationalen humanitären Hilfslieferungen für die notleidende somalische Bevölkerung stark gefährdet. Eine weitere große Gefahr besteht für die Handelsschifffahrt im Golf von Aden, durch den die wichtigste Handelsroute zwischen Europa und Asien verläuft. Der weltweite Schaden durch Seepiraterie wird von der Internationalen Handelskammer (ICC) auf mehr als 13 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Seit den Kaperungen der MV „Faina“ mit russischen Panzern an Bord und dem saudischen Supertanker „Sirius Star“, spätestens jedoch seit der monatelang andauernden Geiselnahme der Besatzung des deutschen Containerschiffs „Hansa Stavanger“, ist das Problem der modernen Piraterie vor der Küste Somalias auch in der Öffentlichkeit in Deutschland präsent.
Der dramatische Anstieg der Angriffe auf Handelsschiffe hat im Wesentlichen seine Ursachen im zerfallenen Küstenstaat Somalia. Der Staat verfügt über keine funktionierende Zentralregierung und kann daher seiner Aufgabe für Ordnung und Sicherheit im Land selbst sowie in den Gewässern vor der Küste zu sorgen, nicht nachkommen.
In der vorliegenden Arbeit soll die derzeitige Situation in Somalia sowie die Ursachen, die zu dem rasanten Anstieg der Piraterie vor der Küste Somalias geführt haben, aufgezeigt werden. Die rechtlichen Grundlagen im Völkerrecht für die Maßnahmen gegen Piraterie und die Aktivitäten des UN-Sicherheitsrats werden dargestellt. Der Entscheidungsweg zur EU-geführten Militäroperation Atalanta, welche sich als Beitrag zur Bekämpfung der Piraterie im Grenzbereich zwischen Polizei- und Militäraktion bewegt, wird gezeigt. Weiterhin wird auf die rechtliche Problematik auf nationaler Ebene beim Einsatz der Deutschen Marine zur Bekämpfung von Piraterie eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Krisenherd Somalia
- 2.1 Von der Staatsbildung zum Staatszerfall
- 2.2 Internationales Krisenmanagement
- 2.3 Humanitäre Lage
- 2.4 Menschenrechtslage
- 2.5 Die politische Situation
- 2.5.1 Süd- und Zentralsomalia
- 2.5.2 Somaliland
- 2.5.3 Puntland
- 2.6 Clanstrukturen
- 2.7 Die allgemeine Rechtslage
- 2.8 Möglichkeiten somalischer Behörden zur Kontrolle der Hoheitsgewässer
- 3 Internationaler rechtlicher Rahmen zur Piratenbekämpfung
- 3.1 Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen
- 3.1.1 Das Staatsgebiet eines Küstenstaates
- 3.1.2 Tatbestand der Piraterie
- 3.1.2.1 Definition im Seevölkerrecht
- 3.1.2.2 Definition des Terrorismus
- 3.1.3 Verpflichtungen und Befugnisse für die Unterzeichnerstaaten
- 3.1.3.1 Zusammenarbeit aller Staaten
- 3.1.3.2 Berechtigung zum Aufbringen
- 3.1.3.3 Recht zum Betreten
- 3.1.3.4 Recht der Nacheile
- 3.1.3.5 Pflicht zur Hilfeleistung
- 3.1.3.6 Zusammenfassung
- 3.2 Die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates
- 3.2.1 Bemühungen im Vorfeld der Resolutionen
- 3.2.2 Die Resolution 1816
- 3.2.3 Folgeresolutionen
- 3.3 Exkurs: Initiativen von Staaten in pirateriegefährdeten Gebieten
- 3.3.1 Südostasien
- 3.3.2 West- und Zentralafrika
- 3.3.3 Golf von Aden
- 3.1 Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen
- 4 Maßnahmen der EU zur Piratenbekämpfung
- 4.1 Beschlüsse des Rates der EU
- 4.2 Die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP
- 4.2.1 Mission
- 4.2.2 Auftrag und Aufgaben
- 4.2.3 Einsatzgebiet
- 4.3 Abkommen mit Drittstaaten zwecks Überstellung
- 4.3.1 Rechtliche Grundlagen
- 4.3.2 Problem der Überstellung nach Somalia
- 4.3.3 Überstellung nach Kenia
- 4.4 Exkurs: Vorschläge zur Schaffung einer internationalen Gerichtsbarkeit für Fälle von Piraterie
- 5 Rechtsprobleme beim Einsatz der Deutschen Marine gegen Piraten
- 5.1 Pirateriebekämpfung und Grundgesetz
- 5.1.1 Verfassungsrechtliche Kompetenz nach Art. 87a GG
- 5.1.1.1 Ausdrückliche Rechtfertigung in Artikel 25 GG?
- 5.1.1.2 Ausdrückliche Rechtfertigung in Artikel 24 II GG?
- 5.1.1.3 Amtshilfe nach Artikel 35 GG?
- 5.1.2 Trennungsgebot
- 5.1.3 Notwendigkeiten und Ansätze einer Neuregelung
- 5.1.1 Verfassungsrechtliche Kompetenz nach Art. 87a GG
- 5.2 Möglichkeiten der Anwendung deutschen Strafrechts
- 5.2.1 Internationale Rechtsgrundlagen
- 5.2.2 Nationale Rechtsgrundlagen
- 5.2.3 Straftatbestände
- 5.3 Kompetenzen der Deutschen Marine im Rahmen der Operation Atalanta
- 5.3.1 Festnahme
- 5.3.2 Überstellung
- 5.3.3 Kompetenz der Nothilfe außerhalb der Operation Atalanta
- 5.4 Mögliche Mitwirkung der Bundespolizei
- 5.4.1 Seeaufgabengesetz
- 5.4.2 Mittel und Einsatzkräfte der Bundespolizei
- 5.5 Das Asylrecht und aufgebrachte Piraten
- 5.5.1 Das Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland
- 5.5.2 Zum Asylrecht auf deutschen Kriegsschiffen
- 5.6 Der Parlamentsbeschluss vom 19. Dezember 2008
- 5.6.1 Rechtsgrundlagen
- 5.6.2 Einzusetzende Kräfte und Fähigkeiten
- 5.1 Pirateriebekämpfung und Grundgesetz
- 6 Der Umfang möglicher Hilfeleistungen für die Handelsschifffahrt
- 6.1 Der Umfang der deutschen Beteiligung
- 6.2 Vorbeugende Maßnahmen
- 6.3 Eingreifende Maßnahmen
- 6.4 Exkurs: Marineschifffahrtsleitung (MSLtg) / Naval Co-Operation and Guidance for Shipping (NCAGS)
- 7 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit den Rechtsproblemen, die im Zusammenhang mit dem Einsatz der Deutschen Marine zur Bekämpfung von Piraterie vor der Küste Somalias auftreten. Sie analysiert die rechtlichen Grundlagen und Herausforderungen dieses komplexen Einsatzes im Kontext des internationalen Rechts, des deutschen Rechts und des Grundgesetzes.
- Die rechtliche Einordnung und Analyse der Piraterie als Straftat im Seevölkerrecht und im deutschen Strafrecht
- Die Untersuchung der internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen und der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates
- Die Analyse der deutschen verfassungsrechtlichen Grundlagen für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland, insbesondere im Hinblick auf die Pirateriebekämpfung
- Die Beurteilung der rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit der Festnahme und Überstellung von Piraten, sowie der möglichen Mitwirkung der Bundespolizei
- Die Berücksichtigung des Asylrechts und der humanitären Aspekte im Umgang mit aufgebrachten Piraten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Problematik der Piraterie vor der Küste Somalias und beschreibt die komplexe politische und rechtliche Situation in diesem Krisenherd. In Kapitel 2 werden die Hintergründe der Piraterie und die Herausforderungen des internationalen Krisenmanagements beleuchtet.
Kapitel 3 beleuchtet den internationalen rechtlichen Rahmen zur Piratenbekämpfung und analysiert die Verpflichtungen und Befugnisse der Unterzeichnerstaaten des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen.
Kapitel 4 analysiert die Maßnahmen der EU zur Piratenbekämpfung, insbesondere die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP, und untersucht die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit Abkommen zur Überstellung von Piraten.
Kapitel 5 analysiert die Rechtsprobleme, die im Zusammenhang mit dem Einsatz der Deutschen Marine gegen Piraten vor der Küste Somalias auftreten.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit behandelt die Themen Pirateriebekämpfung, Seerecht, internationales Recht, Deutsches Recht, Grundgesetz, Operation Atalanta, Festnahme, Überstellung, Asylrecht, humanitäre Hilfe, Handelsschifffahrt.
- Quote paper
- Thomas Miatke (Author), 2009, Rechtsprobleme beim Einsatz der Deutschen Marine gegen die Piraten vor der Küste von Somalia, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164134