Ziel dieses Essays soll es sein, zentrale Differenzen zwischen den Theorien - bzw. deren grundsätzlichen Annahmen und Methoden – von Theodor W. Adorno und Max Weber herauszuarbeiten. Einen zentralen Punkt bilden hierbei die Positionen im Streit um eine wertfreie Soziologie. Zwar waren beide niemals direkte Kontrahenten einer Diskussion, doch im Zuge des Positivismusstreites zeigten sich Webers Argumente immer noch als schlagkräftige Gegenposition zu Adornos Ansichten. Ausführungen zu Marx sollen hierbei den Überblick über dieses umstrittene Thema garantieren.
Hauptpunkte für den weiteren Teil des Essays sind die Einwände Adornos gegen Webers Definition des Soziologie-Begriffes und dessen Formulierung von Idealtypen. Im Anschluss daran soll ein Fazit die gewonnenen Erkenntnisse kritisch bewerten.
Inhalt
„Adornos Kritik an Max Weber“
Hauptteil
Fazit
Verzeichnis der verwendeten Literatur
„Adornos Kritik an Max Weber“
Ziel dieses Essays soll es sein, zentrale Differenzen zwischen den Theorien - bzw. deren grundsätzlichen Annahmen und Methoden – von Theodor W. Adorno und Max Weber herauszuarbeiten. Einen zentralen Punkt bilden hierbei die Positionen im Streit um eine wertfreie Soziologie. Zwar waren beide niemals direkte Kontrahenten einer Diskussion, doch im Zuge des Positivismusstreites zeigten sich Webers Argumente immer noch als schlagkräftige Gegenposition zu Adornos Ansichten. Ausführungen zu Marx sollen hierbei den Überblick über dieses umstrittene Thema garantieren.
Hauptpunkte für den weiteren Teil des Essays sind die Einwände Adornos gegen Webers Definition des Soziologie-Begriffes und dessen Formulierung von Idealtypen. Im Anschluss daran soll ein Fazit die gewonnenen Erkenntnisse kritisch bewerten.
Hauptteil
Seit dem Werturteilsstreit bzw. den Diskussionen um die Wertfreiheit der Wissenschaft in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg gilt Max Weber als einer der kompromisslosesten Vertreter einer werturteilsfreien Soziologie. Wissenschaftliche Ergebnisse sollen ihm nach lediglich einen Zustand objektiv beschreiben, wie beispielsweise ein physikalisches Gesetz in den Natur-wissenschaften, nicht aber als normativer Maßstab oder politische Richtlinie gewertet werden. Webers Grundthese lautete: „Es gibt keinen allgemeinen „selbstgewonnenen Maßstab zur Bewertung oder Beurteilung der Verhältnisse, die der Wissenschaftler untersucht. Daraus dass der Wissenschaftler sagt, wie sein Untersuchungsgegenstand ist, kann nichts allgemein Verbindliches darüber abgeleitet werden, wie er sein soll.“[1] So kann beispielsweise aus der Soziologie hervorgehen, dass die Gesellschaft in Klassen unterteilt ist, allerdings nicht daraus abgeleitet werden, dass ein solcher Zustand zu bekämpfen ist. Eine solche Folgerung könnte nur geschlossen werden, wenn diese soziale Ungleichheit aus politischen, religiösen oder sonstigen Überzeugungen abgelehnt wird. Schier unlösbar ist die Aufgabe, die Gleichwertigkeit aller Mensch oder den Anspruch auf Chancengleichheit, Menschenrechte etc. mit wissenschaftlichen Methoden beweisen zu wollen.
Mit dieser Überzeugung knüpft Weber an die Gedanken David Humes an. Dieser wies bereits auf die Unmöglichkeit hin, aus Ist-Sätzen, welche den Zustand der Welt objektiv beschreiben, Soll-Sätze im normativen Sinn – beispielsweise ethnisch, religiös oder politisch motiviert – abzuleiten.[2] Prämisse für ein Urteil über einen Zustand in der Gesellschaft ist also ein vorausgehendes Werturteil.
Allerdings wäre es nun falsch, sich bei Weber das Bild eines gefühlskalten Wissenschaftlers vorzustellen, dem allein die objektive Beschreibung der Wirklichkeit im Sinn steht. Vielmehr predigte er eine strikte Trennung der persönlichen Einstellung bzw. der Politik und dem wissenschaftlichen Arbeiten, um so möglichst unverfälschte Ergebnisse zu erhalten. So kann die Wissenschaft der Politik zwar Anreize für ein verantwortungsvolles Handeln geben, indem Sie beispielsweise aktuelle Gegebenheiten schildert oder mögliche Konsequenzen politischer Pläne skizziert. Zu einer verantwortungsvollen Politik gehören nach Webers Ansicht jedoch auch Ideale, welche wiederum nicht nur einer wissenschaftlichen Unparteilichkeit im Wege stehen, sondern darüber hinaus empirisch unbegründbar sind.
Anders hingegen argumentierte Marx, welcher wegen seines großen Einflusses auf die kritische Theorie in diesem Zusammenhang erwähnenswert ist. Obgleich jeder - der beispielsweise das kommunistische Manifest gelesen hat – eine solche Einstellung bei Marx wahrscheinlich nicht erwartet hätte, war auch er ein Verfechter der werturteilsfreien Wissenschaft. So forderte Marx vom Wissenschaftler eine „uneigennützige Forschung“, „unbefangene wissenschaftliche Untersuchung“, das „konsequente Festhalten des rein theoretischen Standpunkts“, „interessenloses Denken“ und „wissenschaftliche Unparteilichkeit“.[3] Allerdings hat Marx weitaus weniger Bedenken, politische Einstellungen und Entscheidungen durch wissenschaftliche Ergebnisse zu begründen. Vielmehr sollte sich nach Marx die Politik an den Ergebnissen einer wertfreien Wissenschaft orientieren.
Der entscheidende Unterschied in den beiden Betrachtungsweisen liegt laut dem deutschen Philosophen Ulrich Steinvorth in der Anerkennung eines allgemein verbindlichen Wertes. Dies wäre beispielsweise für Marx eine sozialistische Gesellschaft, in welcher sich jeder Mensch frei entfalten kann, als der anzustrebende bzw. nach einem teleologischem Verständnis entstehende Idealtypus des Zusammenlebens. Weber sieht hingegen weitaus pessimistischer in die Zukunft. Zwar stimmen beide darüber ein, „dass die kapitalistische Wirtschaft auf lange Sicht zur Versklavung der Menschen führt, aber (...) [Weber; S.N.] sieht in einer sozialistischen Revolution nur eine Verschärfung der versklavenden Tendenzen, weil in einer Wirtschaft ohne privates Unternehmertum die Arbeiter noch mehr als heute der verbündeten Bürokratie aus Staatsverwaltung und Wirtschaft ausgeliefert wären.“[4]
[...]
[1] Ulrich Steinvorth: Wertfreiheit der Wissenschaften bei Marx, Weber und Adorno. In: Journal for General Philosophy of Science, 1978, Heftnummer 2, S. 294.
[2] Vgl. Ritsert, Jürgen: Einleitung in die Soziologie anhand von Schriften Theodor W. Adornos, S. 96. In: Internet: http://ritsert-online.de/materialien.htm#Vorlesungen_ab_Sommersemester_2004. (aufgerufen am: 8.11.2008)
[3] Vgl. Ulrich Steinvorth (1978, S. 294).
[4] Steinvorth (1978, S. 298).
- Quote paper
- Nikolai Schön (Author), 2008, Adornos Kritik an Max Weber, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164120
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