Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen Überrest aus dem Schriftgut der EWG, nämlich um Aufzeichnungen des Staatssekretärs Lahr von der Staatssekretärbesprechung vom 5. Juli 1965. Das Dokument ist als „geheim“ gekennzeichnet, was eine Überlieferungsabsicht ausschließt und somit bestätigt, dass es sich um einen Überrest handelt. Die Echtheit der Quelle gilt als gesichert, da das Dokument einer Quellenedition entnommen wurde und somit bereits auf seine Echtheit geprüft ist. Entsehungszeitpunkt der, uns in gekürzter Form vorliegenden Quelle, ist der 5. Juli 1965. Verfasser ist, wie bereits erwähnt, der Staatssekretär Rolf Lahr (1908 – 1085), der nach einer kurzzeitigen Verwendung als Botschafter bei der EWG/EURATOM (1961) im gleichen Jahr zum Staatssekretär im Auswärtigen Amt ernannt wurde. 1969 wurde er deutscher Botschafter in Rom. Der Adressat wird nicht ausdrücklich genannt, jedoch geht aus den Fußnoten hervor, dass Bundesminister (Außenminister) Schröder die Aufzeichnungen gelesen hat. Die Kennzeichnung des Dokumentes als „geheim“ lässt zudem darauf schließen, dass sie nur für dessen Augen bestimmt waren.
Arbeitsauftrag zur Sitzung am 15.06.2007
Quelleninterpretation der folgenden Quelle:
Aufzeichnung des Staatssekretärs Lahr, 05.07.1965, in: Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1965, hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte im Auftrag des Auswärtigen Amts, München 1996, Dok. 267, S. 1113 – 1118.
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen Überrest aus dem Schriftgut der EWG, nämlich um Aufzeichnungen des Staatssekretärs Lahr von der Staatssekretärbesprechung vom 5. Juli 1965. Das Dokument ist als „geheim“ gekennzeichnet, was eine Überlieferungsabsicht ausschließt und somit bestätigt, dass es sich um einen Überrest handelt. Die Echtheit der Quelle gilt als gesichert, da das Dokument einer Quellenedition entnommen wurde und somit bereits auf seine Echtheit geprüft ist. Entsehungszeitpunkt der, uns in gekürzter Form vorliegenden Quelle, ist der 5. Juli 1965. Verfasser ist, wie bereits erwähnt, der Staatssekretär Rolf Lahr (1908 – 1985), der nach einer kurzzeitigen Verwendung als Botschafter bei der EWG/EURATOM (1961) im gleichen Jahr zum Staatssekretär im Auswärtigen Amt ernannt wurde. 1969 wurde er deutscher Botschafter in Rom. Der Adressat wird nicht ausdrücklich genannt, jedoch geht aus den Fußnoten hervor, dass Bundesminister (Außenminister) Schröder die Aufzeichnungen gelesen hat. Die Kennzeichnung des Dokumentes als „geheim“ lässt zudem darauf schließen, dass sie nur für dessen Augen bestimmt waren.
Die Quelle behandelt das Verhalten Frankreichs hinsichtlich der EWG und die daraus folgende Vorgehensweise Deutschlands mit eben dieser Thematik im Hinblick auf einen anstehenden italienischen Staatsbesuch. Lahr beginnt seine Ausführungen mit Erläuterungen zu den Motiven Frankreichs. Er erklärt zunächst, dass es sich bei dem Verhalten Frankreichs in erster Linie um eine „Kraftprobe“ handeln würde, da sowohl ein Ausscheiden aus der EWG als auch ein Scheitern der EWG nicht im Interesse Frankreichs liegen können. Lahr erklärt dies mit den zahlreichen Vorteilen, die Frankreich bereist aus der EWG gewonnen hat und mit der weit fortgeschrittenen Verflechtung des französischen Marktes mit den übrigen Partnern. Die Motive für die französische Position liegen für Lahr bei Charles de Gaulle, den er nur den „General“ nennt und nach dessen Einschätzung Frankreich die führende Kraft in der EWG einnimmt. Die Vorschläge der EWG passen laut Lahr nicht zu den Vorstellungen des „Generals“, weswegen dieser fordert, dass die übrigen Partner den französischen Vorstellungen folgen. Lahr erklärt den Rückzug Frankreichs aus den Veranstaltungen der Gemeinschaft damit, dass de Gaulle darauf spekuliert, dass die Partner ihm entgegen kommen werden um Frankreich zur Rückkehr zu bewegen. Nach dieser Einschätzung folgt Lahrs Darstellung der deutschen Position. Deutschland ist um einen möglichst harmonischen Fortschritt bemüht und nimmt die Vorschläge der Kommission weitgehend an. Außerdem sei Deutschland bemüht, eine annehmbare Lösung für Frankreich zu finden. Lahr betont, dass Deutschland auf Gelassenheit und Zuversicht setzt. Den „unfreundlichen französischen offiziellen Verlautbarungen“ will man nicht in gleicher Weise antworten, um nicht den Eindruck einer reinen deutsch-französischen Kontroverse zu erwecken.
Diese Aufzeichnungen des Staatssekretärs Lahr entstanden am 5. Juli 1965 und lagen dem Bundesminister noch am selben Tag vor. Am Tag ihrer Entstehung teilte die französische Regierung mit, dass ihr ständiger Vertreter Boegner nicht mehr an den Tagungen der Ministerräte noch an anderen Ausschüssen teilnehmen werde. Der 5. Juli 1965 kann somit als Tag des Ausbruches der Krise des leeren Stuhls in der EWG datiert werden. Die Aufzeichnungen wurden außerdem kurz vor einem Staatsbesuch des italienischen Staatspräsidenten Saragat, der sich vom 6. bis zum 10. Juli in der Bundesrepublik aufhielt, verfasst. Italien hatte vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1965 den Vorsitz im gemeinsamen Rat der Europäischen Gemeinschaft. Des weiteren gab es zunehmende Gerüchte in der Presse, dass Frankreich für Kompromissvorschläge bereit sein und in einige Wochen später (26./27. Juli) trat der letzte Ministerrat vor der bis September andauernden Ferienpause zusammen.
Als Staatssekretär im Auswärtigen Amt, hat der Autor Rolf Lahr natürlich gute Kenntnisse über die von ihm geschilderten Ereignisse und Umstände, der Staatssekretärausschuss war außerdem maßgeblich an der deutschen Europapolitik beteiligt. Dennoch schildert er in seinen Ausführungen nicht genau den Verlauf der Krise mit Frankreich und wie sich eben diese schon seit einiger Zeit abzeichnete. Auch Vorschläge zur Lösung der Krise werden von Lahr nicht genannt, seine Aufzeichnungen ähneln vielmehr einem Verhaltenskodex für Deutschland angesichts der Lage und des italienischen Staatsbesuches. Er beginnt zunächst mit einer Darstellung der französischen Position und stellt fest, dass Frankreich keine wirklichen Motive hat um die EWG scheitern zu lassen. Vielmehr würde Frankreich eine „Kraftprobe“ veranstalten um die Partner zu Kompromissen und Zugeständnissen zu zwingen. Lahr beschwört den Außenminister, dass sich Deutschland jedoch zurückhaltend und gelassen geben soll. Statt die Initiative zu ergreifen, solle man auf Vorschläge der Kommission warten. Als Begründung für dieses Verhalten gibt Lahr das Bild der Krise in der Öffentlichkeit an. Man wolle nämlich nicht den Eindruck erwecken, es handele sich bei der Krise um eine rein deutsche Auseinandersetzung mit Frankreich. Die von Frankreich verbreiteten „Unrichtigkeiten“ wolle man aber dennoch vor der Presse richtig stellen. Diese Vorschläge von Lahr sind angesichts des historischen Kontexts durchaus nachvollziehbar. Die Aufzeichnungen entstanden nur kurz vor einem Besuch des italienischen Staatspräsidenten, dessen Land zur Zeit den Vorsitz im gemeinsamen Rat hatte. Lahr scheint darum bemüht, dass die deutsche Position möglichst neutral und zurückhaltend erscheint. Man wollte offenbar nicht den Eindruck erwecken, mit Frankreich zu „streiten“ oder durch übereilte Initiativen eine Provokation hervorzurufen. Deutschland soll sich als harmonisch und um eine „ausgewogene Gesamtlösung“ bemüht präsentieren.
Lahrs Aufzeichnungen wurden vom Bundesminister Schröder noch am selben Tag gelesen und dürften somit einen Einfluss auf bevorstehende Gespräche mit Italiens Staatspräsident Saragat und der Presse gehabt haben. Da der Staatssekretärausschuss ein wichtiges Organ in der deutschen Europapolitik darstellte, wird Schröder die Vorschläge Lahrs und des Ausschusses vermutlich ernst genommen haben. Zudem dient die Quelle auch als Stimmungsbild, denn sie zeigt deutlich die Position, die Deutschland nach außen hin vertreten wollte und wie man intern um Gelassenheit bemüht war.
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- Arbeit zitieren
- Florian Rübener (Autor:in), 2007, Quelleninterpretation der Aufzeichnung des Staatssekretärs Lahr, 05.07.1965, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163934