Die Arbeit legt die Bauhaus-Rezeption in Deutschland zu zwei verschiedenen Zeiten vergleichend dar. Im ersten Schritt wird die Ost- mit der Westrezeption verglichen. Dieser synchrone Vergleich wird zu zwei epochalen Umbruchsituationen durchgeführt; zum einen von 1945 bis Mitte der 50er Jahre, zum anderen von 1989 bis Mitte der 90er Jahre. Auf dieser Grundlage wird geprüft, wie sich die östliche als auch die westliche Wahrnehmung des Bauhaus von 1945-1955 gegenüber der Bauhausrezeption nach 1989 abhebt (diachroner Vergleich). Die Jahre 1945-1955 beschreiben die Entwicklung des Auseinanderbrechens der deutschen Nation in zwei autonome deutsche Staaten.
Mit dem Jahr 1989 wird die Entwicklung umgekehrt: Deutschland wächst zu einer Kulturnation zusammen. Durch die Periodisierung (1945/1989) wird geklärt, wie das wiedervereinigte Deutschland auf kultureller Ebene mit der Vergangenheit des Kalten Krieges umgeht. Weil sich an der Bauhaus-Pädagogik am ehesten die reale Umsetzung der ‚Bauhaus-Idee’ ablesen lässt, analysiert die Arbeit die pädagogischen Konzeptionen an deutschen Kunstschulen. Dabei wird in den Institutionsgeschichten der politisch-gesellschaftliche Rahmen stets mitgedacht, der Restituierungsversuche ermöglicht oder scheitern lässt.
Im Zentrum der Arbeit steht nicht die Analyse der Sache Bauhaus, sondern dessen Missdeutung und Umdeutung in politisch divergenten Zeiten. Für die Zeit 1945-1955 beschreibt sie auf westdeutscher Seite die Hochschule für Gestaltung in Ulm und die Werkakademie bzw. Werkkunstschule in Kassel. Im Osten konzentriert sich der Blick auf die historischen Bauhaus-Stätten: Weimar und Dessau. Nach der Wende vermischen sich die bis dahin getrennten Rezeptionsstränge von Ost und West. In der wiedervereinigten Bundesrepublik existieren neben dem Bauhaus-Archiv nunmehr zwei zusätzliche Institutionen: die Bauhaus-Universität in Weimar und die Stiftung Bauhaus Dessau. Wie wird in dieser historischen Situation das Bauhaus-Erbe aufgeteilt und verwaltet?
Inhaltsverzeichnis
- Zur Einführung
- Hesse und Hoffmann: Wieder ein Bauhaus Dessau nach dem Krieg?
- Die Hochschule für Gestaltung in Ulm oder: Ein Bauhaus für die Bundesrepublik Deutschland?
- Standort Kassel: Chance für ein neues Bauhaus
- Staatliche Hochschule für Architektur und Bauwesen: Wieviel Bauhaus verträgt der real existierende Sozialismus?
- Die Bauhaus-Debatte 1953
- Die Formalismus-Debatte
- 1988: 'Experiment Bauhaus': Eine Ausstellung im Rahmen des deutsch-deutschen Kulturabkommens
- Das Bauhaus-Archiv in Berlin: Erster Hauptverwalter des Bauhaus-Erbes
- Bauhaus-Universität Weimar: Neupositionierung und doppelte Vergangenheit einer Hochschule
- Stiftung Bauhaus Dessau: gesamtdeutscher Erbverwalter mit sozialistischen Wurzeln
- Das Bauhaus am Ende des 20. Jahrhunderts: Ein werbewirksamer Steinbruch der Geschichte
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Dissertation untersucht die Rezeption des Bauhauses in Ost- und Westdeutschland nach 1945 und 1989. Ziel ist es, die unterschiedlichen Interpretationen und Nutzungen des Bauhaus-Erbes in den beiden deutschen Staaten zu analysieren und deren Einfluss auf die Entwicklung der jeweiligen Architektur- und Designlandschaft aufzuzeigen.
- Die unterschiedlichen Rezeptionen des Bauhauses in Ost- und Westdeutschland
- Die Instrumentalisierung des Bauhaus-Erbes für politische Zwecke
- Die Rolle des Bauhauses in der Entwicklung der Architektur und des Designs in beiden Teilen Deutschlands
- Der Einfluss von ideologischen und politischen Faktoren auf die Rezeption des Bauhauses
- Die Entwicklung des Bauhaus-Erbes im Laufe des 20. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Kapitel
Zur Einführung: Diese Einführung legt den Grundstein für die gesamte Dissertation, indem sie den Kontext und die Forschungsfrage definiert. Sie skizziert die Bedeutung des Bauhauses und die Notwendigkeit einer Untersuchung seiner Rezeption in den beiden deutschen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Fall der Mauer. Die Einleitung verdeutlicht den Forschungsansatz und die Methodik der Arbeit und bereitet den Leser auf die folgenden Kapitel vor.
Hesse und Hoffmann: Wieder ein Bauhaus Dessau nach dem Krieg?: Dieses Kapitel untersucht die Bemühungen in der Nachkriegszeit, ein Bauhaus in Dessau wiederzubeleben. Es analysiert die Rolle von Hesse und Hoffmann und ihre Bedeutung für die Kontinuität des Bauhaus-Gedankens in Westdeutschland. Die Analyse beleuchtet die Herausforderungen und Hindernisse, die sie überwinden mussten und die letztendlich zu unterschiedlichen Entwicklungen im Vergleich zum Bauhaus der Vorkriegszeit führten. Der Fokus liegt auf den politischen und gesellschaftlichen Kontextbedingungen der Zeit.
Die Hochschule für Gestaltung in Ulm oder: Ein Bauhaus für die Bundesrepublik Deutschland?: Das Kapitel analysiert die Gründung und die Entwicklung der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm als einen Versuch, die Ideen des Bauhauses in der Bundesrepublik Deutschland fortzuführen. Es untersucht die Konzeption der HfG, ihre methodischen Ansätze und ihre Bedeutung für die Nachkriegsmoderne in Westdeutschland. Der Vergleich mit dem historischen Bauhaus in Weimar und Dessau wird gezogen, um die Kontinuitäten und Brüche herauszustellen. Der Einfluss von Personen und ideologischen Strömungen auf die HfG wird detailliert untersucht.
Standort Kassel: Chance für ein neues Bauhaus: Hier wird die Frage untersucht, inwieweit Kassel als möglicher Standort für ein neues Bauhaus nach dem Krieg in Betracht gezogen wurde. Das Kapitel analysiert die lokalen Bedingungen, die Chancen und die Schwierigkeiten, die mit dem Aufbau einer solchen Institution in Kassel verbunden waren. Die Untersuchung berücksichtigt auch die politischen und wirtschaftlichen Faktoren, die die Entscheidung letztendlich beeinflussten. Der Vergleich mit anderen Standorten, die im Rennen waren, wird gezogen.
Staatliche Hochschule für Architektur und Bauwesen: Wieviel Bauhaus verträgt der real existierende Sozialismus?: Dieses Kapitel befasst sich mit der Rezeption und der Interpretation des Bauhauses im Kontext des real existierenden Sozialismus in der DDR. Es untersucht, wie die Ideen des Bauhauses adaptiert, uminterpretiert und instrumentalisiert wurden. Der Fokus liegt auf der Frage, wie der "offizielle" Umgang mit dem Bauhaus-Erbe mit den Ansprüchen des sozialistischen Systems harmonisierte oder kollidierte. Die Rolle staatlicher Institutionen und die Entwicklung der Architektur und des Designs werden analysiert.
Die Bauhaus-Debatte 1953: Das Kapitel analysiert die intensive Debatte um das Bauhaus im Jahr 1953. Es untersucht die unterschiedlichen Positionen und Argumente der Beteiligten und beleuchtet die ideologischen und politischen Hintergründe dieser Debatte. Der Fokus liegt auf den unterschiedlichen Interpretationen des Bauhauses und ihren Auswirkungen auf die Architektur und Designlandschaft beider deutscher Staaten. Die Schlüsselpersonen und ihre Motivationen werden detailliert untersucht.
Die Formalismus-Debatte: Dieses Kapitel befasst sich mit der sogenannten Formalismus-Debatte und ihren Auswirkungen auf die Rezeption des Bauhauses. Es wird die Kritik am Formalismus und seine Konsequenzen für die Kunst- und Designszene in der DDR untersucht. Die Zusammenhänge zwischen der ideologischen Kritik und der praktischen Umsetzung der Architektur und des Designs werden analysiert. Die Auswirkungen der Debatte auf die Entwicklung des Bauhauses in der DDR werden beleuchtet.
1988: 'Experiment Bauhaus': Eine Ausstellung im Rahmen des deutsch-deutschen Kulturabkommens: Dieses Kapitel analysiert die Ausstellung "Experiment Bauhaus" von 1988 als ein wichtiges Ereignis im Kontext des deutsch-deutschen Kulturaustauschs. Es untersucht die Auswahl der Exponate, die kuratorische Konzeption und die Rezeption der Ausstellung in Ost- und Westdeutschland. Die Bedeutung der Ausstellung für das Verständnis des Bauhauses in der Spätphase der DDR wird erörtert. Der Einfluss auf die spätere Rezeption des Bauhauses im vereinten Deutschland wird ebenfalls thematisiert.
Das Bauhaus-Archiv in Berlin: Erster Hauptverwalter des Bauhaus-Erbes: Das Kapitel befasst sich mit der Rolle des Bauhaus-Archivs in Berlin als zentrale Institution für die Bewahrung und Vermittlung des Bauhaus-Erbes. Es untersucht die Geschichte des Archivs, seine Sammlungen und seine Bedeutung für die Forschung und die öffentliche Wahrnehmung des Bauhauses. Der Fokus liegt auf der Entwicklung des Archivs und seinen Einfluss auf die Rezeption des Bauhauses in der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart. Der Einfluss von politischen und institutionellen Faktoren auf die Arbeit des Archivs wird untersucht.
Bauhaus-Universität Weimar: Neupositionierung und doppelte Vergangenheit einer Hochschule: Das Kapitel analysiert die Geschichte und Entwicklung der Bauhaus-Universität Weimar nach 1945. Es untersucht die Herausforderungen, die mit der Aufarbeitung der "doppelten Vergangenheit" verbunden waren, und die Versuche, das Erbe des Bauhauses in die Gegenwart zu integrieren. Die Entwicklung der Universität und ihre Rolle im Kontext der deutschen und internationalen Hochschullandschaft werden diskutiert. Der Einfluss der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse auf die Universität wird analysiert.
Stiftung Bauhaus Dessau: gesamtdeutscher Erbverwalter mit sozialistischen Wurzeln: Dieses Kapitel untersucht die Rolle der Stiftung Bauhaus Dessau als Institution für die Bewahrung und Vermittlung des Bauhaus-Erbes im vereinten Deutschland. Es beleuchtet die Herausforderungen der Stiftung, das Erbe des Bauhauses unter den Bedingungen des vereinten Deutschlands zu bewahren und zu interpretieren, unter Berücksichtigung seiner sozialistischen Wurzeln. Der Fokus liegt auf der Strategie und den Maßnahmen der Stiftung. Die Bedeutung der Stiftung für die internationale Wahrnehmung des Bauhauses wird thematisiert.
Das Bauhaus am Ende des 20. Jahrhunderts: Ein werbewirksamer Steinbruch der Geschichte: Dieser Abschnitt analysiert die Instrumentalisierung und Kommerzialisierung des Bauhaus-Erbes am Ende des 20. Jahrhunderts. Es werden verschiedene Beispiele der Nutzung des Bauhaus-Images in der Werbung und im Marketing untersucht. Der kritische Umgang mit der Kommerzialisierung des Erbes wird erörtert und die Frage nach der Authentizität und der Integrität des Bauhauses im Kontext dieser Entwicklungen wird gestellt. Die Langzeitwirkungen werden betrachtet.
Schlüsselwörter
Bauhaus, Rezeption, Ostdeutschland, Westdeutschland, Nachkriegszeit, DDR, Bundesrepublik Deutschland, Architektur, Design, Ideologie, Politik, Hochschule für Gestaltung Ulm, Bauhaus-Archiv Berlin, Bauhaus-Universität Weimar, Stiftung Bauhaus Dessau, Formalismus-Debatte, Kommerzialisierung.
Häufig gestellte Fragen zur Dissertation: Rezeption des Bauhauses in Ost- und Westdeutschland
Was ist der Gegenstand dieser Dissertation?
Die Dissertation untersucht die unterschiedlichen Rezeptionen und Nutzungen des Bauhaus-Erbes in Ost- und Westdeutschland nach 1945 und 1989. Sie analysiert, wie das Bauhaus in den beiden deutschen Staaten interpretiert und für politische Zwecke instrumentalisiert wurde und welchen Einfluss dies auf die Entwicklung der Architektur- und Designlandschaft hatte.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die unterschiedlichen Rezeptionen des Bauhauses in Ost und West, die Instrumentalisierung des Erbes für politische Zwecke, die Rolle des Bauhauses in der Entwicklung von Architektur und Design in beiden Teilen Deutschlands, den Einfluss ideologischer und politischer Faktoren auf die Rezeption und die Entwicklung des Bauhaus-Erbes im 20. Jahrhundert.
Welche Institutionen und Orte werden im Detail untersucht?
Die Dissertation analysiert unter anderem die Hochschule für Gestaltung Ulm, die Bemühungen um ein Bauhaus in Kassel und Dessau, die Staatliche Hochschule für Architektur und Bauwesen in der DDR, das Bauhaus-Archiv Berlin, die Bauhaus-Universität Weimar und die Stiftung Bauhaus Dessau. Die Rolle dieser Institutionen in der Bewahrung und Vermittlung des Bauhaus-Erbes wird untersucht.
Welche Debatten werden behandelt?
Die Arbeit widmet sich der Bauhaus-Debatte von 1953 und der Formalismus-Debatte in der DDR, analysiert deren Einfluss auf die Rezeption und die Entwicklung des Bauhauses und untersucht die unterschiedlichen Positionen und Argumente der Beteiligten.
Welche Ereignisse werden im Zusammenhang mit der Rezeption des Bauhauses untersucht?
Ein wichtiger Aspekt ist die Ausstellung "Experiment Bauhaus" von 1988 im Rahmen des deutsch-deutschen Kulturabkommens. Die Dissertation analysiert die Auswahl der Exponate, die kuratorische Konzeption und die Rezeption der Ausstellung in Ost und West.
Wie wird die Kommerzialisierung des Bauhaus-Erbes behandelt?
Die Dissertation untersucht kritisch die Instrumentalisierung und Kommerzialisierung des Bauhaus-Erbes am Ende des 20. Jahrhunderts und die Nutzung des Bauhaus-Images in Werbung und Marketing. Die Frage nach der Authentizität und Integrität des Bauhauses in diesem Kontext wird gestellt.
Welche Kapitel umfasst die Dissertation?
Die Dissertation besteht aus einer Einleitung, Kapiteln zu den verschiedenen Aspekten der Bauhaus-Rezeption in Ost- und Westdeutschland (einschließlich der oben genannten Institutionen und Debatten), einem Resümee und einem Literaturverzeichnis. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Analyse der jeweiligen Thematik.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Dissertation am besten?
Bauhaus, Rezeption, Ostdeutschland, Westdeutschland, Nachkriegszeit, DDR, Bundesrepublik Deutschland, Architektur, Design, Ideologie, Politik, Hochschule für Gestaltung Ulm, Bauhaus-Archiv Berlin, Bauhaus-Universität Weimar, Stiftung Bauhaus Dessau, Formalismus-Debatte, Kommerzialisierung.
Für wen ist diese Dissertation relevant?
Diese Dissertation ist für Wissenschaftler, Studierende und alle Interessierten relevant, die sich mit der Geschichte des Bauhauses, der Architektur- und Designgeschichte des 20. Jahrhunderts, der Kulturgeschichte Ost- und Westdeutschlands sowie der politischen Instrumentalisierung kulturellen Erbes befassen.
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- Martin Bober (Author), 2006, Von der Idee zum Mythos: Die Rezeption des Bauhaus in beiden Teilen Deutschlands, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163781