Zeitzeugen wie Historikern ist es gleichermaßen nicht leicht gefallen, die Person und damit die Herrschaft Napoleon Bonapartes zu charakterisieren. Kaum eine Herrschaftsform der Weltgeschichte war so voller Widersprüche wie die, die im Laufe des 19. Jahrhunderts als „Bonapartismus“ bekannt werden sollte. Es war und ist schwer zu beurteilen, ob der napoleonische Staat bloß eine Unterbrechung der demokratisch-parlamentarischen Entwicklung Frankreichs, die autoritärste Form des aufgeklärten Absolutismus in der Tradition des 18. Jahrhunderts oder gar eine vormoderne Militärdiktatur gewesen ist. Gerade aufgrund der Erfahrungen mit dem militärischen Totalitarismus Deutschlands, Italiens, Japans und der Sowjetunion im 20. Jahrhundert wurde die Herrschaft Napoleons als deren direkter Vorläufer und „Wegweiser“ gesehen und bezeichnet. Andererseits galt Napoleons Herrschaft als Wiedergeburt des antiken Cäsarismus, als eine Form der „römischen Diktatur“, als ein „Kompromiss zwischen den Notwendigkeiten einer Wohlfahrtsregierung, die sich im Kampf mit ganz Europa befindet und den aus der Revolutionszeit überkommenen Empfindlichkeiten gegenüber der monarchischen Gewalt.“
Inzwischen hat sich trotz aller Begriffsvielfalt der moderne Begriff der „Diktatur“ für Napoleons Herrschaft weitgehend durchgesetzt. Dennoch herrscht unter den Forschern noch kein Konsens darüber, welche Art der Diktatur Napoleons Herrschaft war. Momentan konkurrieren besonders zwei Begriffe miteinander. Der Begriff der „Militärdiktatur“ geht von einer Dominanz der Uniformen in der napoleonischen Herrschaftsstruktur aus. Die größte Konkurrenz dieser Definition geht in der aktuellen Forschung vom Begriff der „zivilen Diktatur“ aus, einer neutraleren Version des romantisierenden Begriffs der „römischen Diktatur“ bzw. „Wohlfahrtsdiktatur“. Diese Bezeichnung wendet sich v.a. gegen die Behauptung, dass Napoleon seine Macht und Legitimität hauptsächlich der Armee verdankte und Frankreich nur als permanenter Sieger auf dem Schlachtfeld regieren konnte. Sie glaubt an die Dominanz von Legitimations- und Herrschaftsformen wie dem Plebiszit, dem „Appell an das Volk“ und die umfassende napoleonische Bürokratie, durch die Ruhe und Ordnung mit dem Namen Napoleons dauerhaft verknüpft wurde. Die nach wie vor anhaltende und ungelöste Debatte über eine geeignete Definition der napoleonischen Herrschaftsstruktur ist die Motivation für die vorliegende Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Pseudoparlamentarismus der Verfassungen der Jahre VIII, X und XII
- Napoleonische Verfassungsgrundsätze
- Volkssouveränität und Plebiszite
- Wahllisten, Wahlgremien und die Notablen
- Die Kompetenzen der Exekutiven
- Die Kompetenzen der Legislativen
- Napoleonische Verfassungsgrundsätze
- Das Ende aller Opposition und der „parlamentarischen Anarchie“
- Die Polizei und die Kontrolle der öffentlichen Meinung
- Das Ende der chouannerie und der brigandage
- Die Ausschaltung der parlamentarischen Opposition
- Die Zerschlagung der royalistischen und jakobinischen Verschwörungen
- Zentralisierung: Hierarchisierung und Rationalisierung der Verwaltung
- Das Ende der Finanz- und Kreditkrisen
- Die Departements, Arrondissements und Kommunen
- Rechtsprechung und Code Civil
- Rückkehr zum monarchischen Prinzip
- Das Konkordat, die organischen Artikel und der Friede mit der Religion
- Die Stiftung der Ehrenlegion
- Die Rückkehr der Emigranten
- Die Wiedereinführung einer Hofstruktur
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Staatsaufbau und die Herrschaftsstruktur Napoleon Bonapartes während der Konsulatszeit (1799-1804). Ziel ist es, die Frage zu klären, ob Napoleons Herrschaft als eine Form ziviler Diktatur betrachtet werden kann. Die Arbeit analysiert die napoleonischen Verfassungen, die Mechanismen zur Unterdrückung der Opposition und die Zentralisierung der Verwaltung.
- Die Rolle der napoleonischen Verfassungen und Plebiszite
- Die Methoden zur Ausschaltung politischer Opposition
- Die Zentralisierung und Rationalisierung der französischen Verwaltung
- Die Rückkehr zu monarchischen Prinzipien unter Beibehaltung ziviler Strukturen
- Die Frage nach der "Zivilen Diktatur" als Charakterisierung von Napoleons Herrschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die kontroverse historische Einordnung von Napoleons Herrschaft. Sie zeigt die verschiedenen Interpretationen, von der Unterbrechung demokratischer Entwicklung bis hin zur Militärdiktatur oder zivilen Diktatur, auf und begründet die Notwendigkeit einer eingehenden Analyse des Staatsaufbaus im Konsulat, um die Frage nach der zivilen Diktatur zu beantworten. Die Arbeit konzentriert sich auf die Konsulatszeit (1799-1804) um eine überschaubare und grundlegende Phase der napoleonischen Herrschaft zu untersuchen.
Der Pseudoparlamentarismus der Verfassungen der Jahre VIII, X und XII: Dieses Kapitel analysiert die napoleonischen Verfassungen der Jahre VIII, X und XII. Es untersucht die Verfassungsgrundsätze, insbesondere die Volkssouveränität und die Rolle von Plebisziten, sowie die Zusammensetzung der Wahlgremien und die Macht der Notablen. Im Fokus steht die scheinbar parlamentarische Struktur, die aber in Wirklichkeit Napoleons Macht festigte und die Exekutive deutlich stärkte gegenüber der Legislative.
Das Ende aller Opposition und der „parlamentarischen Anarchie“: Dieses Kapitel befasst sich mit den Maßnahmen Napoleons zur Unterdrückung der politischen Opposition. Es untersucht die Rolle der Polizei, die Kontrolle der öffentlichen Meinung und die Ausschaltung royalistischer, jakobinischer und liberaler Bewegungen. Die Effektivität der Repressionsmaßnahmen Napoleons im Kontext der Stabilisierung seiner Herrschaft wird detailliert beschrieben.
Zentralisierung: Hierarchisierung und Rationalisierung der Verwaltung: Dieses Kapitel behandelt die umfassende Zentralisierung und Rationalisierung der französischen Verwaltung unter Napoleon. Es analysiert die Reformen im Finanz- und Kreditwesen, die Neuorganisation der Departements, Arrondissements und Kommunen sowie die Einführung des Code Civil. Der Fokus liegt auf der Effizienzsteigerung und der Stärkung der zentralen Kontrolle durch Napoleon.
Rückkehr zum monarchischen Prinzip: Dieses Kapitel analysiert Napoleons Maßnahmen zur Rückkehr zu monarchischen Prinzipien. Es untersucht das Konkordat mit dem Papst, die Einführung der organischen Artikel, die Versöhnung mit der Kirche, die Gründung der Ehrenlegion, die Rückkehr der Emigranten und die Wiedereinführung einer Hofstruktur. Die Analyse beleuchtet die Strategien, mit denen Napoleon seine Herrschaft durch die symbolische Wiederbelebung monarchischer Elemente festigte, ohne die Errungenschaften der Revolution vollständig aufzugeben.
Schlüsselwörter
Napoleon Bonaparte, Konsulat, zivile Diktatur, Staatsaufbau, Herrschaftsstruktur, Verfassungen, Plebiszit, Opposition, Repression, Zentralisierung, Verwaltung, Code Civil, Konkordat, Ehrenlegion, Monarchie, Revolution.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Napoleon Bonapartes Herrschaft im Konsulat (1799-1804)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Staatsaufbau und die Herrschaftsstruktur Napoleon Bonapartes während der Konsulatszeit (1799-1804). Das zentrale Thema ist die Frage, ob Napoleons Herrschaft als eine Form der zivilen Diktatur betrachtet werden kann.
Welche Aspekte werden in der Arbeit analysiert?
Die Arbeit analysiert die napoleonischen Verfassungen, die Mechanismen zur Unterdrückung der Opposition, die Zentralisierung der Verwaltung, die Rückkehr zu monarchischen Prinzipien und die Frage nach der "Zivilen Diktatur" als Charakterisierung von Napoleons Herrschaft.
Welche Verfassungen werden untersucht?
Die Arbeit analysiert die napoleonischen Verfassungen der Jahre VIII, X und XII. Dabei wird der scheinbar parlamentarische Aufbau untersucht und mit der tatsächlichen Machtfülle der Exekutive unter Napoleon verglichen.
Wie wird die Unterdrückung der Opposition dargestellt?
Die Arbeit beschreibt die Maßnahmen Napoleons zur Unterdrückung der politischen Opposition, darunter die Rolle der Polizei, die Kontrolle der öffentlichen Meinung und die Ausschaltung royalistischer, jakobinischer und liberaler Bewegungen. Die Effektivität dieser Repressionsmaßnahmen im Kontext der Stabilisierung seiner Herrschaft wird detailliert beschrieben.
Wie wird die Zentralisierung der Verwaltung dargestellt?
Die Arbeit behandelt die umfassende Zentralisierung und Rationalisierung der französischen Verwaltung unter Napoleon. Analysiert werden die Reformen im Finanz- und Kreditwesen, die Neuorganisation der Verwaltungsebenen (Départements, Arrondissements und Kommunen) sowie die Einführung des Code Civil. Der Fokus liegt auf der Effizienzsteigerung und der Stärkung der zentralen Kontrolle.
Wie wird die Rückkehr zu monarchischen Prinzipien beschrieben?
Die Arbeit analysiert Napoleons Maßnahmen zur Rückkehr zu monarchischen Prinzipien, wie das Konkordat mit dem Papst, die Einführung der organischen Artikel, die Versöhnung mit der Kirche, die Gründung der Ehrenlegion, die Rückkehr der Emigranten und die Wiedereinführung einer Hofstruktur. Es wird untersucht, wie Napoleon seine Herrschaft durch die symbolische Wiederbelebung monarchischer Elemente festigte, ohne die Errungenschaften der Revolution vollständig aufzugeben.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Arbeit?
Napoleon Bonaparte, Konsulat, zivile Diktatur, Staatsaufbau, Herrschaftsstruktur, Verfassungen, Plebiszit, Opposition, Repression, Zentralisierung, Verwaltung, Code Civil, Konkordat, Ehrenlegion, Monarchie, Revolution.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über den Pseudoparlamentarismus der napoleonischen Verfassungen, ein Kapitel über das Ende der Opposition, ein Kapitel über die Zentralisierung der Verwaltung, ein Kapitel über die Rückkehr zu monarchischen Prinzipien und ein Fazit.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Frage zu beantworten, ob Napoleons Herrschaft als zivile Diktatur bezeichnet werden kann. Die detaillierte Analyse der verschiedenen Aspekte seiner Herrschaft soll zu einer fundierten Beantwortung dieser Frage beitragen.
Wo finde ich mehr Informationen?
Die detaillierte Ausarbeitung der einzelnen Kapitel mit Quellenangaben und weiterführenden Informationen findet sich im Haupttext.
- Quote paper
- Tim Altpeter (Author), 2010, Staatsaufbau und Herrschaftsstruktur Napoleon Bonapartes während der Konsulatszeit (1799-1804) - Eine Form der zivilen Diktatur?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163157