Linda gibt vor, taubstumm zu sein, kann aber sprechen. Sie trifft auf Werner, der auf Schläge steht. Im Nebenzimmer telefoniert Klaus seiner großen Liebe Franziska hinterher. Franziska aber heiratet Holger, den sie erst seit wenigen Wochen kennt. In Franziskas Modegeschäft kauft Rita, die sich auf ihr Idealgewicht gehungert hat, einen Kaschmirpullover. Ihr Mann Fred versteht ihren Schlankheitswahn nicht. Die beiden richten Franziskas Hochzeit aus. Franziska trifft auf die zornige Elke, die mit ihrem Hochzeitskleid durchbrennt.
Mit diesen Worten lässt sich ein kleiner Teil des Figuren- und Beziehungsgeflechts beschreiben, das Doris Dörrie in ihrer Literaturverfilmung "Bin ich schön?" entwickelt. Basierend auf Erzählungen aus ihren Kurzgeschichtenbänden "Bin ich schön?" und "Für immer und ewig" erzählt der Film von sechzehn Protagonisten, deren Lebenswege sich kreuzen. Dabei bewegt Dörrie sich stets auf einem schmalen Grat zwischen Komik und Nachdenklichkeit. Ursprünglich von Dörrie bereits für 1997 geplant, wurde "Bin ich schön?" nach dem plötzlichen Tod ihres Lebensgefährten und Kameramanns Helge Weindler zu Beginn der Dreharbeiten um ein Jahr verschoben.
Das Ergebnis ist ein sehr persönlicher Film mit biografischen Motiven sowie einer immer wieder anklingenden Melancholie, die sich unter anderem in der gesamten "Semana Santa"-Handlung offenbart, jedoch auch Teil der einzelnen Episoden ist. Jeder der Figuren haftet eine gewisse Melancholie an.
Diese Arbeit beschäftigt sich zentral mit Dörries Kurzgeschichten – und zwar mit denjenigen, die als Vorlage zu "Bin ich schön?" dienten – und deren Umsetzung in die Filmsprache, wobei der Schwerpunkt auf inhaltlichen und weniger auf formalen Aspekten liegen soll. Dies soll keine medienwissenschaftliche Arbeit sein, sondern eine literaturwissenschaftliche, die den Film genauso wie die Kurzgeschichten als literarischen Text auffasst. Die Analyse geht von einem hermeneutischen Ansatz aus, der sich – ausgehend von u. a. Peter Szondi – in der Literaturwissenschaft entwickelt hat und sich mit "dem Sinnverstehen künstlerischer Texte" auseinandersetzt. Zunächst müssen jedoch einführend die Begriffe Kurzgeschichte – auch im Zusammenhang mit der Problematik einer allumfassenden Gattungsbestimmung – und Episodenfilm definiert und untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlagen
- Die Kurzgeschichte
- Der Episodenfilm
- Weibliches Schreiben und weibliche Filmsprache
- Doris Dörrie: Bin ich schön?
- Die Ironikerin
- Von der Kurzgeschichte zum Film
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Kurzgeschichten von Doris Dörrie, die als Vorlage für ihre Verfilmung "Bin ich schön?" dienten, und untersucht deren Umsetzung in die Filmsprache. Der Fokus liegt dabei auf inhaltlichen Aspekten und weniger auf formalen. Die Analyse soll den Film und die Kurzgeschichten als literarische Texte betrachten und von einem hermeneutischen Ansatz ausgehen.
- Die Herausforderungen der Gattungsbestimmung von Kurzgeschichten und Episodenfilmen
- Die spezifischen Merkmale des weiblichen Schreibens und der weiblichen Filmsprache
- Die Ironie und Subversivität in Doris Dörries Werk
- Die Themen Sehnsucht, Illusion, Liebe und Verstellung in "Bin ich schön?"
- Die Verbindung von einzelnen Geschichten zu einem Gesamtbild der deutschen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Thematik der Arbeit ein und präsentiert die Figuren und das Beziehungsgeflecht in Doris Dörries Film "Bin ich schön?". Kapitel 2 untersucht die Grundlagen der Kurzgeschichte und des Episodenfilms, inklusive der Herausforderungen ihrer Definition und der spezifischen Merkmale des weiblichen Schreibens. In Kapitel 3 werden Doris Dörries Verfilmung "Bin ich schön?" und ihr Stil als Ironikerin analysiert. Kapitel 4 fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und legt den Fokus auf die Themen Sehnsucht, Illusion, Liebe und Verstellung im Film.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Kurzgeschichte, Episodenfilm, weibliches Schreiben, Doris Dörrie, "Bin ich schön?", Ironie, Subversivität, Sehnsucht, Illusion, Liebe, Verstellung, deutsche Gesellschaft, Kontingenz, Tragikomik.
- Quote paper
- Christine Pepersack (Author), 2009, Die Kurzgeschichten Doris Dörries im Vergleich zu ihrer Verfilmung "Bin ich schön?", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162765