Ein wesentlicher Bestandteil der Entrepreneurshipforschung ist die Beurteilung des unternehmerischen Erfolges (Bögenhold, Fink, & Kraus, 2009, S. 23). Die Theorie kann als Grundlagenforschung genutzt werden, um eine erfolgreiche Gründung zu lehren, doch wie betrachten die UnternehmerInnen in der Praxis den unternehmerischen Erfolg? Es stellt sich die Frage, wovon gesprochen wird, wenn „Erfolg“ gemeint ist. Bei der Untersuchung von Unternehmenserfolg treten bereits bei der Definition erste Ungenauigkeiten auf (Schulte, 2004, S. 203). Diese Inkonsistenzen müssen im Vorfeld aufgedeckt und beseitigt werden; es braucht eine Begriffsdefinition von "Erfolg" sowie eine Modellierung der Erfolgsfaktoren, um im Rahmen der Entrepreneurshipforschung über unternehmerischen Erfolg ein Globalurteil fällen zu können (Schulte, 2004, S. 203/204). Die Forschungsbereiche sind nicht allein in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre zu finden, sondern auch Soziologie, Psychologie und Politikwissenschaft erheben Ansprüche an die Thematik des Entrepreneurship (Bögenhold, Fink & Kraus, 2009, S. 23/24; Jacobsen, 2006, S. 22; Nerdinger, 1999, S. 6-9). In der internationalen Entrepreneurship-Forschung liegt das allgemeine Interesse auf der Ergründung der Ursachen der Unternehmensgründungen, ebenso wie die Gründungspersonen als wichtige Stellschraube im Gründungsprozess untersucht werden (Walter & Walter, 2009, S. 57). Die Erforschung des Gründungserfolges nimmt hierbei eine gesonderte Stellung ein (vgl. Müller-Böling & Klandt, 1990, S. 149; Zempel, 1999, S. 75). Diese Untersuchungen können mittlerweile als eigenständige Forschungsströmung bezeichnet werden, die ihren Ursprung in der USA fanden (Fallgatter, 2002, S. 150; Jacobsen, 2006, S. 24). „Untersuchungen, die sich mit dem unterschiedlichen Wachstum von Gründungen und möglichen Erklärungsfaktoren (…) auseinandersetzen, finden sich erstmals Anfang der 1980er Jahre“ (Moog, 2004, S. 6). Dabei besteht zunächst die Schwierigkeit darin, Studien mit einer hohen Aussagekraft zu finden, da sich aus den jeweiligen Stichproben und individuellen Situationen der Gründungen nur schwer verallgemeinernde Erfolgsfaktoren ableiten lassen (Fallgatter, 2002, S. 153, 156/157; Hering & Vincenti, 2005, S. 134). Bei der jeweiligen Interpretation der Forschungsergebnisse müssen die individuelle Ausprägungen der Rahmenbedingungen bedacht und die Ergebnisse kritisch hinterfragt werden (Fallgatter, 2002, S. 153/154).
Inhaltsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
A. Theoretischer Teil
1. Einführung in die Fragestellung
1.1 Ausgangslage
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
1.3 Untersuchungsgegenstand
2. Unternehmensgründung
2.1 Begriffe
2.2 Gründungsformen
2.2.1 Neugründung
2.2.2 Andere Gründungsformen zum Vergleich
2.3 Gründungsmanagement
2.4 Gründungsprozess
3. Unternehmerischer Erfolg
3.1 Begriffe
3.2 Forschungslandschaft
3.3 Erfolgskriterien im Überblick
3.3.1 Theoretische Grundlagen
3.3.2 Ableitung der Forschungsfragen
3.4 Erfolgsbestimmende Faktoren im Überblick
3.4.1 Theoretische Grundlagen
3.4.2 Ableitung der Forschungsfragen
4. Zwischenfazit und Forschungsfragen im Überblick
B. Empirischer Teil
5. Qualitative Forschung: Interview
5.1 Methode
5.1.1 Auswahl der Untersuchungsobjekte
5.1.2 Erhebungsinstrumente
5.1.3 Datenerhebung
5.2 Analyseschritte
5.3 Datenauswertung
5.3.1 Erfolgsbegriff und Erfolgskriterien
5.3.2 Zeitraumbezug der Erfolgskriterien
5.3.3 Erfolgsbestimmende Faktoren
5.4 Diskussion der Ergebnisse
5.4.1 Erfolgsbegriff und Erfolgskriterien
5.4.2 Zeitraumbezug der Erfolgskriterien
5.4.3 Erfolgsbestimmende Faktoren
5.4.4 Limitationen
6. Handlungsempfehlungen
6.1 Weiterführende Forschung
6.2 Nutzergruppen
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Gründungsformen
Darstellung 2: Gründungsformen nach Unterkofler (1989)
Darstellung 3: Gründungsprozess nach Unterkofler (1989)
Darstellung 4: Phasenmodell der Unternehmensentwicklung
Darstellung 5: Gründungsprozess als Phasenmodell
Darstellung 6: Gründungserfolg: objektive und subjektive Einteilung
Darstellung 7: Erfolgskriterien als Forschungsfrage
Darstellung 8: Erfolgsbestimmende Faktoren als Forschungsfrage
Darstellung 9: Erfolgskriterien: Mediane
Darstellung 10: Rangliste der Antworten (1. Forschungsfrage)
A. Theoretischer Teil
1. Einführung in die Fragestellung
1.1 Ausgangslage
„Theory is an essential part of what we teach because we do not know any other way to help (…) which is a key to entrepreneurial success, unless we counsel them to rely on luck or intuition” (Fiet, 2000, p. 1).
Ein wesentlicher Bestandteil der Entrepreneurshipforschung ist die Beurteilung des unternehmerischen Erfolges (Bögenhold, Fink, & Kraus, 2009, S. 23). Die Theorie kann als Grundlagenforschung genutzt werden, um eine erfolgreiche Gründung zu lehren, doch wie betrachten die UnternehmerInnen in der Praxis den unternehmerischen Er- folg? Legen sie die gleichen Messstäbe an und verwenden sie die gleichen Kriterien, um über Unternehmensneugründungen und dessen Erfolge zu urteilen, wie es die Theorie vermittelt?
Es stellt sich die Frage, wovon gesprochen wird, wenn „Erfolg“ gemeint ist. Bei der Untersuchung von Unternehmenserfolg treten bereits bei der Definition erste Unge- nauigkeiten auf (Schulte, 2004, S. 203). Durch die unterschiedlich angestrebten Ziele, die UnternehmerInnen verfolgen, können Inkonsistenzen bei dem Gebrauch des Er- folgsbegriffes auftreten. Diese müssen im Vorfeld aufgedeckt und beseitigt werden; es braucht eine Begriffsdefinition sowie eine Modellierung der Erfolgsfaktoren, um im Rahmen der Entrepreneurshipforschung über unternehmerischen Erfolg ein Globalur- teil fällen zu können (Schulte, 2004, S. 203/204).
Jeder Mensch hat seine eigene, individuelle Vorstellung von Erfolg sowie von Fakto- ren, die den Erfolg beeinflussen (Fallgatter, 2002, S. 158). Der eine meint lediglich sub- jektive Größen, wie die Zufriedenheit, während ein anderer ihn mit finanzwirtschaftli- chen Kenngrößen, beispielsweise dem Gewinn, gleichsetzt (Fallgatter, 2002, S. 158/159). Es steht grundsätzliche eine Reihe von Erfolgsgrößen zur Verfügung, die in der Gründungsforschung bisher untersucht wurden. So unterteilte Lang-von Wins (2004) die Kriterien zur Erfolgsbeurteilung in subjektive und objektive Indikatoren, wäh- rend beispielsweise Felden (2007) sowie Heimerl und Reiß (1998) die Einteilung in endogene und exogene Erfolgsfaktoren vornahmen. Doch ist es möglich, ein Globalur- teil über den unternehmerischen Erfolg fällen zu können, wenn alle denkbaren Fakto- ren in einer starren Einteilung kategorisiert werden? Wäre es nicht sinnvoller, die Er- folgsindikatoren zueinander in Verbindung zu setzen und die fixen Einordnungsmuster aufzubrechen? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die einzelnen Faktoren zu un- terschiedlichen Zeitpunkten im Gründungsprozess eine signifikante Rolle spielen oder ob ihnen konstant die gleiche Bedeutung zukommt. Können Erfolgsmaße zeitraumspe- zifisch bei der Beurteilung des Unternehmenserfolges eingesetzt werden, oder ist jeder Indikator zu jedem Zeitpunkt des Gründungsprozesses geeignet?
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, die Inkonsistenz bei der Verwendung des Erfolgs- begriffes zu überwinden und ein Globalurteil über den unternehmerischen Erfolg von Unternehmensneugründungen zu fällen. Es sollen die Verständnislücken, die sich aus der bisherigen Gründungsforschung ergeben, geschlossen werden. Neben der Er- folgsbestimmung steht gleichermaßen die Auseinandersetzung mit den erfolgsbestim- menden Faktoren im Vordergrund, die ergänzend zur Findung des Globalurteils heran- gezogen werden. Es gilt zu überprüfen, ob die bestehenden Strukturen der Erfolgskri- terien eine ausreichende Aussagekraft zur Erfolgsbeurteilung haben oder ob ferner die starren Einteilungen aufgebrochen werden können, um die Erfolgsmerkmale zueinan- der in Beziehung zu setzen.
Zu Beginn der Arbeit wird die Thematik der Unternehmensgründung behandelt. Es werden sowohl die UnternehmerInnen als auch das Unternehmen als Begriffe charak- terisiert, da diese Dimensionen die Bezugssysteme in der Arbeit bilden. Desweiteren werden im Rahmen der Gründungsformen die Unterschiede deutlich gemacht, die zwi- schen einer Neugründung und anderen Unternehmensformen liegen. Es wird erklärt, weshalb sich die Arbeit mit den Unternehmensneugründungen auseinandersetzt und andere Formen außen vor lässt. Darauf aufbauend wird auf die Notwendigkeit eines Gründungsmanagements eingegangen, um anschließend den Gründungsprozess ei- ner Neugründung detailliert zu erklären.
Auf dieser Grundlage baut die Problematik des unternehmerischen Erfolgs auf. Mit einem ausführlichen Blick in die Forschungslandschaft wird gezeigt, welche Lücken und Inkonsistenzen in der bisherigen Entrepreneurshipforschung bezüglich des Er- folgsbegriffes herrschen. Es werden Erfolgsfaktoren sowie erfolgsbestimmende Fakto- ren abgeleitet, erklärt und übersichtlich in ein Bezugssystem gesetzt. Den Abschluss des theoretischen Teils bildet das Zwischenfazit, in dem die theoretische Grundierung zusammengefasst und Arbeitsdefinitionen aufgestellt werden. Zudem werden die abge- leiteten Forschungsfragen dargestellt, denen es gilt, sich im empirischen Teil qualitativ zu nähern.
Um sich den Fragestellungen qualitativ zu nähern, werden mehrere Fallbeispiele inter- viewt. Aus den Ergebnissen werden Hypothesen für die weiterführende Forschung abgeleitet. Es werden die Untersuchungsobjekte vorgestellt, sodass die jeweiligen Rahmenbedingungen der Gründungen deutlich und die Antworten der Probanden im Kontext nachvollziehbarer werden. Ferner werden die Erhebungsinstrumente und die Datenerhebung erläutert. Anschließend folgen die Auswertung der Interviews entspre- chend der Fragestellungen und die Ergebnisdiskussion. Es wird sich mit den Ergebnis- sen kritisch auseinander gesetzt, sodass für die weiterführende Forschung Arbeitshy- pothesen abgeleitet werden können. Zur vollständigen Auseinandersetzung mit der Beurteilung des unternehmerischen Erfolgs wird ein abschließendes Fazit gezogen.
1.3 Untersuchungsgegenstand
Um die aus der Theorie und dem bisherigen Forschungsstand abgeleiteten For- schungsfragen zu beantworten, wird eine qualitative Annäherung mit Hilfe von Inter- views vorgenommen. Das Ziel der Untersuchung ist es, eine heterogene Gruppe von Unternehmen zu dem Forschungsgegenstand zu befragen, um die aus der Theorie resultierenden Fragestellungen zu überprüfen und beantworten zu können. Der Unter- suchungsgegenstand stellt hierbei sieben Unternehmensneugründungen in Deutsch- land dar. In der vorliegenden Studie wird angestrebt, die Lücken und Inkonsistenzen des bisherigen Forschungsstandes zu füllen, die eigenen Forschungsfragen zu beant- worten und Hypothesen für eine weiterführende, quantitative Forschung zu formulieren. Die erste Forschungsfrage beinhaltet die gebräuchlichsten Erfolgskriterien, deren Re- levanz bei der Erfolgsbeurteilung erfasst werden soll. Ergänzt werden diese Aussagen durch die zweite Forschungsfrage, die die Erfolgsfaktoren in den Kontext des Grün- dungsprozesses setzt. Die dritte Forschungsfrage zielt darauf ab, die Komplexität der Neugründung und deren Rahmenbedingungen zu erfassen, indem endogene und exo- gene Faktoren in die Untersuchung einbezogen werden, die den Erfolg beeinflussen. Die endogenen Faktoren meinen die Einflüsse der Gründungsperson auf die Gründung selbst und dessen Erfolgsbeurteilung, während die exogenen Faktoren die Auswirkun- gen der Umwelt auf die Gründung meinen (vgl. Jacobsen, 2006, S. 138; Unterkofler, 1989, S. 81). Sie sind in der vorliegenden Arbeit als erfolgsbestimmende Faktoren zu begreifen und ergänzen die Erfolgskriterien, sodass sie ein umfassendes Globalurteil über unternehmerischen Erfolg ermöglichen.
2. Unternehmensgründung
2.1 Begriffe
„Der Gründer [ist] häufig nur ein Faiseur, der gegen Provision eine Unternehmung vermittelnd, besonders finanztechnisch zusammenbringt. (…) Trotzdem halten wir fest, dass jemand grundsätzlich nur dann Unternehmer ist, wenn er eine „neue Kombinati- on“ durchsetzt.“ (Schumpeter, 1993, S. 115/116).
Mit diesen Worten charakterisiert Schumpeter den Typ des dynamischen Unterneh- mers, dessen Aufgabe in der Durchsetzung neuer Produktkombinationen liegt. Schum- peter (1993) untergliedert die Kombinationsdurchsetzung in fünf Alternativen: der Schaffung eines Gutes, der Anwendung einer neuen Produktionsmethode, der Markt- erschließung, der Nutzung neuer Bezugsquellen von Rohstoffen und Halbfabrikaten sowie der Durchsetzung einer auf die Marktverhältnisse bezogene Neuorganisation (S. 100/101). Doch wie lässt sich die Brücke schlagen, um nicht nur von UnternehmerIn- nen, sondern von Gründungspersonen zu sprechen?
Nach Nathusius und Szyperski (1977) sind UnternehmerInnen „diejenigen Personen, die die Funktion der Durchsetzung neuer Kombination wahrnehmen“ (S. 25), während sie GründerInnen als „diejenigen Personen [beschreiben], die neue Kombinationen dadurch durchsetzen, dass sie ein gegenüber seiner Umwelt qualitativ abgegrenztes und vorher in der gleichen Struktur nicht existierendes System schaffen“ (S. 25). „Die von dem Unternehmer geschaffene Struktur (das Unternehmen) ist der Hintergrund, vor dem seine Entscheidungen und Handlungen stattfinden“ (Lang-von Wins, 2004, S. 149/150).
Die UnternehmerInnen zeichnen sich durch ein Bündel von Kompetenzen und persön- lichkeitsübergreifenden Fertigkeiten aus; sie handeln eigenverantwortlich handeln und betreiben aktiv das Unternehmensgeschäft (Lang-von Wins, 2004, S. 148/149). Die Gründungsperson ist maßgeblich an allen Entscheidungen beteiligt und schafft ein Unternehmen durch die Kombination der Produktionsfaktoren (vgl. Lang-von Wins, 2004, S. 148; Walter & Walter, 2009, S. 59). Nach Aussagen von Daschmann (1994) zufolge, liegen die Motive der Gründungsperson in dem Streben nach Gestaltungs- freude, Verantwortung und Erfolg (S. 58/59). Darüber hinaus konnten Nathusius und Szyperski (1977) feststellen, dass die Gestaltung der neukombinierten Produktionsfak- toren durch einen Gründungsplanungsprozess erzeugt wird (S. 25). Die Schaffung ei- nes vorher noch nicht existierenden Wirtschaftsgutes wird somit zum charakteristi- schen Merkmal einer Unternehmensgründung (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 25). Die GründerInnen sind natürliche oder juristische Personen, welche den Prozess in Gang setzen, eine Idee zu verwirklichen; die UnternehmerInnen hingegen treiben die- sen Prozess voran und tragen das wirtschaftliche Risiko (Unterkofler, 1989, S. 36).
Die Gründung wird als ein „Prozess der Schaffung dieses gegenüber seiner Umwelt qualitativ abgegrenzten und vorher in gleicher Struktur nicht existenten Systems“ defi- niert (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 25). Angelehnt an die Auffassung von Unterkof- ler (1989) wird in der vorliegenden Arbeit unter der Gründung ein mehrstufiger und interdisziplinärer Prozess verstanden, welcher das Ziel hat, eine Idee durch die Schaf- fung eines Unternehmens zu realisieren und zu vermarkten (S. 35). Neben der Neu- kombination der Produktionsfaktoren zeichnet sich die Gründung durch die Eigenstän- digkeit der Institution gegenüber der Umwelt ab (Hering & Vincenti, 2005, S. 5). Die Gründung ist an komplexe Planungs- und Entscheidungsverläufe gebunden und mit Unsicherheit behaftet (Hunsdiek, 1987, S. 15). Damit bezieht sich die Unternehmens- gründung auf die erste Phase im Lebenszyklus eines Unternehmens, ähnlich wie die UnternehmerInnen in der Anfangsphase der Unternehmensgründung als Gründungs- personen verstanden werden (vgl. Hering & Vincenti, 2005, S. 5; Lang-von Wins, 2004, S. 149).
In der vorliegenden Arbeit wird dem Beispiel von Unterkofler (1989), Fallgatter (2002) sowie Hering und Vincenti (2005) gefolgt, indem die Begriffe „Existenzgründung“ und „Unternehmensgründung“ voneinander eindeutig abgegrenzt werden. Es werden so- wohl von Fallgatter (2002), wie auch von Hering und Vincenti (2005) und Unterkofler (1989) die Unterschiede zwischen der Existenz- und Unternehmensgründung darge- legt. Aus Gründen der Vollständigkeit und der Begriffsdefinition für die weitere Arbeit werden eben diese Unterschiede im Folgenden thematisiert. Anhand der Ausprägung der Geschäftsideen sowie den Wachstums- und Beschäftigungspotenzialen lassen sich Differenzierungen zwischen der Unternehmensgründung und der Existenzgrün- dung ableiten (Fallgatter, 2002, S. 21). Zudem ergänzt Unterkofler (1989) in seinen Ausführungen, dass bei der Unternehmensgründung eine neue Wirtschaftseinheit ge- schaffen wird, während das Motiv der Existenzgründung vorrangig der Wechsel von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis oder der Arbeitslosigkeit in die Selbstän- digkeit ist (Unterkofler, 1989, S. 35). Bei beiden Formen der Neugründung handelt es sich um eine Unternehmung im betriebswirtschaftlichen Sinn (Fallgatter, 2002, S. 22).
2.2 Gründungsformen
2.2.1 Neugründung
In diesem Abschnitt soll eine inhaltliche Abgrenzung von der Neugründung zu anderen Gründungsformen erfolgen, um darzulegen, weshalb sich die vorliegende Arbeit mit den Unternehmensneugründungen auseinandersetzt und andere Unternehmensfor- men außen vor lässt.
Bei der Typologie der Unternehmensgründungen lassen sich die zugrundeliegenden Unternehmenskonzepte kategorisieren und in drei Merkmalsausprägungen einteilen, die die unterschiedlichen Gründungsformen systematisieren (Klandt, Nathusius, & Seibt, 2001, S. 58). In der Literatur werden über diese drei Differenzierungen hinaus noch vereinzelt weitere Unterscheidungsmerkmale genannt, sodass die nachstehende Einteilung nicht auf die nachfolgenden Strukturen beschränkt ist (vgl. Saßmannshausen, 2001).
Zum Einen kann die Gründung anhand des Innovationsgrades in innovativ und imitie- rend unterschieden werden (Klandt, Nathusius, & Seibt, 2001, S. 58/59; Saßmannshausen, 2001, S. 128; Unterkofler, 1989, S. 56-63). Wie es bereits Schum- peter (1993) darstellte, werden Faktorkombinationen von Produktionsmittel als innova- tive Gründungen angesehen, während imitierende Gründungen schon am Markt be- stehenden Vorbildern folgen und lediglich die Kombination der eingesetzten Faktoren vervielfachen (Hougaard, 2005, p. 32; Klandt, Nathusius, & Seibt, 2001, S. 58/59; Schumpeter, 1993, S. 100/101; Unterkofler, 1989, S. 61).
Die zweite Differenzierungsmöglichkeit bietet der Grad der Selbständigkeit der Grün- dungspersonen (Klandt, Nathusius, & Seibt, 2001, S. 58-60; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 26; Saßmannshausen, 2001, S. 129). Hierbei bezieht sich das Merkmal auf den angestrebten Selbständigkeitsstatus, da der derzeitige Zustand der Gründungs- person fälschlicherweise ein bestehenden Abhängigkeitsverhältnis bezeichnen könnte (Klandt, Nathusius, & Seibt, 2001, S. 60). Während bei der Selbständigkeit das neu gegründete Unternehmen rechtlich unabhängig von bisher existierenden Unternehmen agiert, hängen unselbständige Gründungen rechtlich oder wirtschaftlich von einem be- stehenden Unternehmen ab, obwohl sie im Ergebnis eine neue Wirtschaftseinheit bil- den (Hering & Vincenti, 2005, S. 9; Klandt, Nathusius, & Seibt, 2001, S. 60). Unselb- ständigen Gründungen sind beispielsweise Tochtergesellschaften (Hering & Vincenti, 2005, S. 9).
Die dritte Möglichkeit der Einteilung nach dem Ausprägungsgrad ist die Strukturexis- tenz, die in originäre und derivative Gründungen differenziert werden kann (Hering & Vincenti, 2005, S. 8; Klandt, Nathusius, & Seibt, 2001, S. 58; Saßmannshausen, 2001, S. 128/129). Da diese Einteilung von der Mehrheit der AutorInnen genutzt wird, bildet sie die Grundlage der vorliegenden Arbeit (vgl. Dreier, 2001; Fallgatter, 2002; Nathusius & Szyperski, 1977; Schumann & Steinle, 2003; Unterkofler, 1989). Originäre Gründungen meinen Aufbaugründungen, die „weitgehend ohne Verwendung bereits vorhandener Unternehmensstrukturen durchgeführt [werden] “ (Hering & Vincenti, 2005, S. 8). Da zum Zeitpunkt der Gründung keine signifikanten Strukturkomponenten beste- hen, hat die Gründungsperson alle Freiräume das Unternehmen zu gestalten und ge- ringere Restriktionen, an die sie sich halten muss (Hering & Vincenti, 2005, S. 8; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 26/27). Der Nachteil der originären Gründung ist nach Nathusius und Szyperski (1977) der möglicherweise mangelhafte Erfahrungshinter- grund der Gründungsperson über die Komponenten und das Verhalten der aufzubau- enden Strukturen, sodass hiermit ein größeres Risiko der Falschentscheidungen ent- steht (S. 27). Die derivative Gründung hingegen hat einen Übernahme- beziehungs- weise Umgründungscharakter (Hering & Vincenti, 2005, S. 8/9; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 27). Es können zwar bereits vorhandene Strukturmerkmale grundlegend ge- ändert werden, jedoch birgt eben diese Beständigkeit das geringere Risiko (Hering & Vincenti, 2005, S. 8/9). Ein Beispiel hierfür ist der Kauf einer bereits bestehenden Wirt- schaftseinheit. Durch die Eingliederung der neuen Strukturen in die bisher bestehen- den werden die Gestaltungsspielräume des neuen Unternehmens verringert (Hering & Vincenti, 2005, S. 9).
Nathusius und Syzsperski (1977) haben die Ausprägung der Merkmale hinsichtlich der Selbständigkeit und der Strukturexistenz in einer Vier-Felder-Matrix zusammengeführt, um die Breite der möglichen Gründungsformen aufzuzeigen (S. 26-30). In der folgen- den Abbildung wird die Kombination der Ausprägungen dargestellt, welche im Folgen- den erläutert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 1: Gründungsformen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Nathusius & Szyperski, 1977, S. 27
Die Kombination von unselbständigen und derivativen Gründungen wird als „unechte Gründung“ bezeichnet, da sie beispielsweise als Übernahme eines bereits bestehen- den Unternehmens in Form einer Tochtergesellschaft ausgeprägt sein kann, deren Entscheidungsgewalt beim Mutterunternehmen liegt (vgl. Nathusius & Szyperski, 1977, S. 27). Dabei wird die Identität der ursprünglichen Wirtschaftseinheit weitgehend erhal- ten, sodass weder die Kombination der Produktionsfaktoren neu wäre, noch sich die Unternehmensstruktur geändert hätte (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 27/28). Damit werden keine strukturellen Veränderungen vorgenommen, wenn man von dem Wech- sel der Eigentumsverhältnisse absieht (Hering & Vincenti, 2005, S. 11). Beschreibend für diese Kombination ist die Fusion beziehungsweise die Umgründung (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 27).
Hingegen sind die selbständigen und derivativen Gründungen mit Existenzgründungen durch eine Übernahme gleichzusetzen (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 28). Die bis- her unselbständige Gründungsperson strebt die Selbständigkeit an und übernimmt zu diesem Zweck ein bestehendes Unternehmen, dessen Aufbau nahezu unverändert bleibt. Lediglich die Person in Form der GründerInnen wird ausgetauscht (Hering & Vincenti, 2005, S. 11; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 28).
Die dritte Ausprägung ist die Kombination der Unselbständigkeit mit einer originären Gründung. Es kann eine neue Wirtschaftseinheit durch ein bestehendes Unternehmen geschaffen werden (Hering & Vincenti, 2005, S. 11; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 29). Diese Betriebsgründung steht dabei zwar in der Abhängigkeit des Mutterunter- nehmens, kann jedoch durch eine Neukombination von Produktionsfaktoren neue Pro- dukte auf dem Markt bringen und damit neue Märkte erschließen (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 29).
Die Unternehmensgründung wird durch die Verknüpfung von der Selbständigkeit mit einer originären Gründung benannt und stellt die Grundlage der Untersuchungen in der vorliegenden Arbeit dar. Die Kennzeichen sind die hohe Ausprägung der Entschei- dungsmöglichkeiten sowie die Bündelung des Wissens- und Erfahrungspotenziales der Entscheidungsträger, welche in der Gründungsperson vereint werden (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 29). Damit entsteht ein großes Entscheidungsfeld, was viele Alter- nativen zur Gestaltungsmöglichkeiten während der Durchführung der Gründung bereit hält (Hering & Vincenti, 2005, S. 10). Das Ergebnis stellt eine „selbständige neu ge- schaffene Wirtschaftseinheit“ (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 29) dar, welche als Gründung im engeren Sinn verstanden wird und damit von den anderen Unterneh- mensformen eindeutig abzugrenzen ist (vgl. Nathusius & Szyperski, 1977, S. 30).
Es können neben diesen vier eindeutig abgrenzbaren Ausprägungen auch Mischfor- men entstehen (Hering & Vincenti, 2005, S. 11/12). Beispielsweise können sich Zwi- schenstufen, wie das Franchising oder Sponsored Spin-Offs, ergeben, die sich nur bedingt in die Vier-Felder-Matrix eingliedern lassen (Hering & Vincenti, 2005, S. 12). Auf der Grundlage dieser groben Einteilung nach Nathusius und Szyperski (1977) er- folgt eine detailliertere Strukturierung der Unternehmensformen nach Unterkofler (1989), bei der auch die Mischformen Beachtung finden. Diese ist in der nachstehen- den Darstellung zu sehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 2: Gründungsformen nach Unterkofler (1989)
Quelle: Unterkofler, 1989, Abb. 1.7, S. 46
Unterkofler (1989) klassifiziert die Systemgestaltungsaspekte in systemändernde und systemschaffende Gründungen (S. 45). Mit der Systemänderung beschreibt er deriva- tive Gründungen, die auf einem bereits existierenden Unternehmen aufbauen; jedoch kann die grundlegende Struktur bei der Gründung im Prozessverlauf geändert werden (Unterkofler, 1989, S. 45). Die systemschaffenden Gründungen sind mit der originären Ausprägung der Systemgestaltung gleichzusetzen, sodass sie sich an keine bisherigen Strukturen adaptieren müssen, sondern frei von existierenden Unternehmungen be- stimmt werden können (Schumann & Steinle, 2003, S. 17; Unterkofler, 1989, S. 45/46).
Es werden von Unterkofler (1989) die Träger unterschieden (S. 47). Demnach kann die Gründung entweder von einem Unternehmen oder aber von einer oder mehreren Gründungspersonen vollzogen werden (Fallgatter, 2002, S. 25; Unterkofler, 1989, S. 47). Hinsichtlich der Kombination der Einzelgründung mit den derivativen und originä- ren Ausprägungen ergibt sich eine nahezu identische Matrix wie die von Nathusius und Szyperski (1977), wie sie bereits beschrieben wurde. Durch das Erweitern der Träger auf die Ebene der Kooperationen entstehen weitere Unternehmensformen, die durch die Kombination von GründerInnen, etablierten Unternehmen und Jungunternehmen differenziert werden (vgl. Unterkofler, 1989, Abb. 1.7, S. 46).
Um zu verstehen, weshalb sich die vorliegende Arbeit mit den Neugründungen ausei- nandersetzt, soll die Neugründung kurz charakterisiert werden. Im darauffolgenden Abschnitt werden die Unterschiede von der Neugründung zu anderen Unternehmens- formen, wie exemplarisch der Betriebsübernahme als Beispiel der derivativen Grün- dung, aufgezeigt.
Die Unternehmensneugründung ergibt sich bei der Kombination von einer originären Gründung mit einer Einzelgründung; das heißt ein Individuum errichtet durch die Um- setzung einer Idee eine neue Wirtschaftseinheit (Unterkofler, 1989, S. 49). Hierbei spielt nach Auffassung von Unterkofler (1989) besonders die Gründungsperson eine Rolle, da sie es ist, die maßgeblich über den Gründungserfolg entscheidet (S. 49). Ein Kennzeichen von Unternehmensneugründungen ist oftmals die Neuheit des Unter- nehmens, sodass Kundenbeziehungen bisher in keinem nennenswerten Umfang be- stehen (Gonschior & Roth, 1990, S. 61). Zudem treten finanzielle Engpässe durch die Aufwendungen in Investitionen und Betriebsmittel auf, bei dem die Erträge erst deutlich später die Kosten ausgleichen, sofern nicht Kapital in ausreichender Höhe der Grün- dungsperson zur Verfügung steht (Gonschior & Roth, 1990, S. 61/62). Darüber hinaus muss die Unternehmensstruktur erst aufgebaut werden (Unterkofler, 1989, S. 49), so- dass Organisationsstrukturen durch die Gründungsperson frei wählbar sind. Aus Grün- den der Vereinfachung werden in der vorliegenden Arbeit die Begriffe „Unternehmens- neugründung“ und „Unternehmensgründung“ synonym verwendet.
Da nach Auffassung von Fueglistaller, Müller und Volery (2008) der Erfolg von einer Unternehmensgründung maßgeblich von den Gründungspersonen abhängt (S. 7/8, S. 40), soll die Teamgründung in die Betrachtung der vorliegenden Arbeit einbezogen werden. Unterkofler (1989) charakterisiert die Teamgründung durch die Kooperation mehrerer Gründungspersonen, die gemeinsam systemschaffend wirken (Unterkofler, 1989, S. 46). Als Gründungsträger werden in der vorliegenden Arbeit mindestens zwei natürliche Personen angesehen (vgl. Dreier, 2001, S. 30). Gründungsformen, bei de- nen sich juristische Personen zusammenschließen, werden damit ausgeschlossen. Bei der Teamgründung liegt der Vorteil darin, dass sich die Stärken der jeweiligen Unter- nehmensgründerInnen ergänzen und somit mehr Kompetenzen und Fähigkeiten bün- deln (Unterkofler, 1989, S. 52). Selten kann nach Fueglistaller, Müller und Volery (2008) eine einzige Person alle nötigen Talente und Fähigkeiten in sich vereinen, die es für eine erfolgreiche Gründung braucht (S. 55). In Phasen von auftretenden Proble- men haben Teamgründungen gezeigt, dass sich die einzelnen Partner gegenseitig motivieren können und in Problemsituationen adäquatere Lösungen finden (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 188; Unterkofler, 1989, S. 52). Sie verfügen zusam- men über eine größere Kapazität, um Probleme zu lösen, sowie einen breiteren Erfah- rungshorizont und ein großes Spektrum an Wissen (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2008, S. 55). Jedoch können sich Zusammenschlüsse von mehreren natürlichen Per- sonen auf Grund der individuellen Wertvorstellungen und charakterlichen Eigenschaf- ten negativ auf die Gründung auswirken, wenn beispielsweise Konflikte unter den Gründungspersonen auftreten oder die Kompetenzen nicht eindeutig geklärt sind (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2008, S. 55; Unterkofler, 1989, S. 52).
Bei der Untersuchung des Erfolgsbegriffes sowie der Erfolgskriterien wird in der vorlie- genden Arbeit die Einschränkung der Unternehmensneugründungen gelockert, indem Teamgründungen zugelassen werden. Im Blickpunkt dieser Arbeit stehen originäre Unternehmensgründungen natürlicher Personen, welches sowohl die Unternehmens- neugründung durch eine Person als auch die Teamgründung durch mindestens zwei Gründungspersonen einschließt (vgl. Schulte, 2004, S. 204). Damit werden unter Gründungspersonen diejenigen Personen verstanden, die ein systemschaffendes Un- ternehmen aufbauen und es täglich organisieren (vgl. Rauch & Frese, 1998, S. 8).
2.2.2 Andere Gründungsformen zum Vergleich
Neben der Abgrenzung von den Gründungsformen, an denen juristische Personen beteiligt sind, werden auch derivative Gründungen in den Betrachtungen der vorliegen- den Arbeit außen vor gelassen. Es erscheinen Unternehmen mit bereits gefestigten Organisationsstrukturen ungeeignet, sodass derivative Gründungen in den Betrachtun- gen dieser Arbeit ausgeschlossen werden (vgl. Unterkofler, 1989, S. 45). Es stehen originäre Gründungen natürlicher Personen im Fokus der Arbeit, die systemschaffend wirken. Um die vorgenommene Abgrenzung besser zu verstehen, wird die Betriebs- übernahme als Beispiel für eine derivative Gründung herausgenommen und charakte- risiert.
Der Gründungsperson stehen für die Betriebsübernahme im Sinne der Unternehmens- nachfolge verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2008, S. 165). So kann zum Beispiel die Nachfolge familienintern angetreten werden oder die Gründungsperson kauft ein bestehendes Unternehmen ab (vgl. Felden, 2007, S. 475; Fueglistaller, Müller, & Volery, 2008, S. 165). Bei dem Großteil der Übernah- men ist die Ausgangslage gefestigt; es wird lediglich die Führungsebene gewechselt (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2008, S. 166; Unterkofler, 1989, S. 48). Die Unterneh- mensübernahme ist ebenso mit eventuell auftretenden Schwierigkeiten verbunden, wie es eine Unternehmensneugründung ist, jedoch handelt es sich hierbei meist um Orga- nisations- und Planungsangelegenheiten (Fueglistaller, Müller & Volery, 2008, S. 166,179-182). Der Schwerpunkt der potenziellen Probleme liegt weniger in dem Grün- dungsprozess selbst, sondern vielmehr in der Nachfolgeregelung im Sinn der Eigentü- merstruktur sowie der Geschäftsführung und den daraus entstehenden Konflikten des Führungswechsels mit dem bisherigen Personal (vgl. Fueglistaller, Müller, & Volery, 2008, S. 166, 179).
2.3 Gründungsmanagement
Um die Vorgänge und die Komplexität einer Gründung näher zu beleuchten, wird die Relevanz des Gründungsmanagements herausgearbeitet. Es dient dem umfassenden Verständnis der Erfolgskriterien und deren Zeitraumbezug in dem Gründungsprozess.
Die Gründung ist ein langandauernder und oftmals mehrjähriger Prozess, weshalb eine systematische Planung vonnöten ist (Hering & Vincenti, 2005, S. 165; Hunsdiek, 1987, S. 15; Unterkofler, 1989, S. 35). Angelehnt an die Ausführungen von Dowling und Drumm (2003) bezieht sich das Gründungsmanagement auf die Schaffung einer Insti- tution, während der Begriff des Entrepreneurship darüber hinaus die Probleme und Lösungsansätze der Führungsebene und des Wachstums einbezieht (S. 2). Da keine einheitliche Definitionen von Gründungsmanagement beziehungsweise Entrepreneurship existiert, wird in der vorliegenden Arbeit zwischen ihnen kein Unter- schied gemacht (vgl. Dowling & Drumm, 2003a, S. 15). Der Begriff des Gründungsma- nagements wird im engeren Sinne, der des Entrepreneurship im weiteren Sinn ge- braucht. Das Gründungsmanagement bezieht sich als Teil des Unternehmungsgrün- dungsprozesses auf die Phase der Gründung im engeren Sinn und betrifft damit die Planungs- und Aufbauphase (vgl. Zacharias, 2001, S. 38).
Das Management unterteilt sich in seinen Funktionen in die Planung, Organisation, den Personaleinsatz und die Mitarbeiterführung sowie in die Kontrolle (Fallgatter, 2002, S. 141; Kirschbaum, 1990, S. 83). Bezogen auf das Gründungsmanagement beziehen sich diese Funktionen analog auf die Prozesse einer Gründung. Dabei versteht sich die Gründungsperson als Träger der Gründungsentscheidungen (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 6). Sie ist einer der Haupteinflussfaktoren im Gründungsprozess, da sie als „Ideenträger, Planer und Steuerer sowie Durchführer und Überwacher“ gleichermaßen verstanden wird (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 6). Bei der Unternehmensgründung hat die Gründungsperson einen großen Ziel- und Aktionsraum, in dem sie ihre Ent- scheidungen trifft (Hunsdiek, 1987, S. 16; Szyperski, 1990, S. 6). Sie muss sich weder an bestehende Unternehmenstraditionen halten, noch ist sie an existierende Macht- strukturen gebunden; die Gründungsperson ist autonom in ihren Entscheidungen (Hunsdiek, 1987, S. 16/17). Dies macht es umso verständlicher, warum in der vorlie- genden Arbeit die Gründungsperson maßgebend für den unternehmerischen Erfolg angesehen wird und im Fokus der Untersuchung steht.
Das unternehmerische Handeln bezieht sich auf die Durchführung der daraus resultie- renden Managementaktivitäten, wobei aufgrund der anfangs meist fehlenden Basis an MitarbeiterInnen bei einer Neugründung dem Personaleinsatz und der Mitarbeiterfüh- rung geringe Bedeutung zugemessen werden kann (Fallgatter, 2002, S. 142). Der Fo- kus zahlreicher Untersuchungen liegt eher auf den Managementfunktionen der Pla- nung und Organisation, da diesen als Grundlage eines Unternehmens im Aufbau ein hoher Stellenwert zukommt (Fallgatter, 2002, S. 142). So haben sich nicht nur Gartner, Bird und Starr (1992) und Shumann und Seeger (1986) in ihren Studien mit der Ge- schäftsplanung und der Organisation auseinandergesetzt, sondern auch Göbel (1998) und Brüderl, Preisendörfer und Ziegler (1998) untersuchten die Gründungsplanung (vgl. Fallgatter, 2002, Tab. 14, S. 143-145).
Im Gründungsmanagement kann eine detaillierte Geschäftsplanung erfolgen, die durch einen formalen Geschäftsplan die Geschäftsidee in all ihre Bestandteile aufschlüsselt und der Gründungsperson dadurch Probleme offen legt; das Geschäftskonzept wird legitimiert (Fallgatter, 2002, S. 146; Lang-von Wins, 2004, S. 63; Pohle, 2008, S. 19). Zudem birgt die Planung die Möglichkeit, das Handeln der Gründungspersonen in der Gründungsphase detailliert zu strukturieren, welches die Insolvenzwahrscheinlichkeit reduzieren kann (Fallgatter, 2002, S. 147; Lang-von Wins, 2004, S. 63). Wird die Gründung unsachgemäß durchgeführt, wird die Überlebensfähigkeit schon am Anfang gefährdet; das Unternehmen wäre vorab zum Scheitern verurteilt (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 23). Damit liegt beim Gründungsmanagement der Fokus in der „planvollen Entwicklung einer unternehmerischen Einheit vor allem in der kritischen Phase des organisatorischen Neuaufbaues“ (Pohle, 2008, S. 20). Es braucht nach Nathusius und Szyperski (1977) eine strategische Planung, um ein in der Zukunft trag- fähiges Unternehmen zu schaffen (S. 23/24). Die Planungsfunktion steht deshalb am Anfang des Managementprozesses, da sie der Zielbestimmung dient (Hiddemann, 2007, S.11). Bereits in der Aufbauphase falsch getroffenen Entscheidungen können die gesamte Unternehmung zum Scheitern bringen (Bögenhold, Fink, & Kraus, 2009, S. 23; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 24), sodass es verständlich wird, weshalb ein grundlegendes und strukturiertes Gründungsmanagement von zentraler Bedeutung ist. Es sind nicht alle Entscheidungen von Relevanz, da kurz- oder mittelfristige Bestim- mungen - unter Inkaufnahme von Verlusten - rückgängig gemacht werden können; jedoch haben besonders in der Gründungsphase die strategischen Entscheidungen grundlegenden Einfluss auf die spätere Unternehmensstruktur und auf die weitreichen- de Zielsetzung (Hunsdiek, 1987, S. 16; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 24). „Unter- nehmen, die erfolgreich sein wollen, benötigen eine Strategie, welche sich klar auf die zukünftigen Chancen abstützt“ (Rüttimann, 2008, S. 121).
2.4 Gründungsprozess
Die vorliegende Arbeit behandelt in Anlehnung an Unterkofler (1989) die Gründung als einen Prozess, der prinzipiell in verschiedene Phasen unterteilt werden kann (Albach, 1984, S. 3; Dowling, 2003a, S. 15; Fueglistaller, Müller, & Volery, 2008, S. 13; Hering &
Vincenti, 2005, S. 13; Unterkofler, 1989, S. 35). Kirschbaum (1990) beschreibt die Gründung als einen Reifeprozess, „der vom ersten Impuls einer Gründungsidee aus- geht, sich inzwischen dem vagen Erkennen der Notwendigkeit einer Entscheidung bis hin zum Vorliegen eines präzisen Entscheidungsproblems vollzieht“ (S. 84).
Zacharias (2001) hingegen charakterisiert die Unternehmensgründung als einmaligen, individuellen Vorgang, der durch nicht wiederholbare Situationen initiiert wird (S. 38). Ein Phasenschema besitzt deshalb nur einen idealtypischen Charakter und ist in der konkreten Anwendung mit Einschränkungen bei der genauen Trennung zwischen den einzelnen Phasen zu sehen (vgl. Hering & Vincenti, 2005, S. 13). Es beeinflussen indi- viduelle Umstände den Gründungsprozess, sodass sich eine Verallgemeinerung auf jede Unternehmensneugründung erschwert (vgl. Hering & Vincenti, 2005, S. 13). Je- doch meint Zacharias (2001) auch einen idealtypischen Verlauf der frühen Entwicklung eines Unternehmens zeichnen zu können, wie es in der Darstellung 4 auf Seite 17 ab- gebildet ist (S. 38).
Unterkofler beschreibt die Gründung als mehrstufig, interaktiv und interdisziplinär und teilt sie in drei Phasen (1989, S. 35/36). Doch ist diese Einteilung geeignet, sich dem Gründungsprozess zu nähern oder können andere AutorInnen sinnvollere Strukturie- rungen darlegen? Dieser Fragestellung wird sich genähert, indem unterschiedlichste Prozessmodelle kurz vorgestellt und Rückschlüsse für die vorliegende Arbeit gezogen werden. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Das Ergebnis wird die Entwicklung eines geeigneten Phasenmodells für den Gründungsprozess sein, wel- ches als Grundlage der weiteren Arbeit dient und auf den Zeitraumbezug der Erfolgs- kriterien Einfluss nimmt.
Schumann und Steinle (2003) gehen in ihrem Prozessmodell lediglich von zwei Pha- sen aus: der Vor- und der Nachgründungsphase (S. 18). In die Vorgründungsphase zählen die Entwicklung der Geschäftsidee sowie die Erarbeitung der Unternehmungs- konzeption und die formale Gründung (S. 18/19). Die Nachgründungsphase beginnt bei der Entwicklung der Produkte oder Dienstleistungen, die auf den Markt gebracht werden (S. 18/19). Dies bezieht die technische Entwicklungsphase, die Kundenakquise und Patentanmeldungen ein (S. 18/19). Es folgen die Markteinführung sowie die Etab- lierungs- und Wachstumsphasen bei einer tragfähigen Geschäftsidee (S. 18/19). Die Nachgründungsphase endet in der Konsolidierung, die durch die Stabilität in der Orga- nisation und dessen Abläufen gekennzeichnet ist (S. 18/19). Schumann und Steinle sehen das Ende des Gründungsprozesses in der wirtschaftlichen Selbständigkeit und der langfristen Tragfähigkeit am Markt (S. 19).
Hingegen schlüsselt Lang-von Wins den Gründungsprozess in drei Abschnitte (2004, S. 77-80). Er unterteilt den Unternehmensgründungsverlauf in die Vorgründungs-, Gründungs- und Nachgründungsphase (Lang-von Wins, 2004, S. 77-80). In der Vor- gründungsphase sollen neben der Ideenfindung und der Erstellung des Geschäftspla- nes die Standortsuche und die Ausschöpfung der Finanzierungsmöglichkeiten im Mit- telpunkt der Überlegungen stehen (Lang-von Wins, 2004, S. 78). In der aktiven Grün- dungsphase liegt nach Lang-von Wins die Konzentration für die Gründungspersonen auf den Aufgaben, die „sich stärker auf das Schaffen und Verwalten der Unterneh- mensstruktur beziehen“ (S. 79). Neben den Vorbereitungen für den Markteintritt gehö- ren beispielsweise Konkurrenzanalysen und Kundenakquise dazu (S. 79). Die Nach- gründung wird durch den Übergang von dem Gründer als Person zu einer funktional organisierten Institution charakterisiert (S. 79/80).
Das Prozessmodell nach Unterkofler (1989) teilt den Gründungsprozess ebenfalls in drei Abschnitte. Er beschreibt mit der Vorgründungsphase die Aktivitäten der Unter- nehmenserrichtung und bezieht sich damit auf die technisch-organisatorische Gestal- tung (S. 37). Zu dieser Phase zählen die vorbereitenden Schritte, wie beispielsweise sämtliche Analyse- und Planungsaktivitäten (S. 37/38). Auf diesem Fundament baut die Gründungsphase auf, zu der die Vorgänge gehören, welche das Unternehmen in rechtlicher, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht als selbständige Institution ausbilden (S. 38). In diesem Prozessabschnitt entstehen nur Kosten; Umsätze werden noch nicht erzielt (S. 38). Ab diesem Zeitpunkt existiert nach der Auffassung von Unterkofler die Unternehmung als Gründung im engeren Sinn (S. 38). Auf der Gründungsphase auf- bauend stützt sich die Entwicklungsphase, die Unterkofler nochmals in die Frühent- wicklungsphase sowie die Entwicklungsphase II und Entwicklungsphase III teilt, wie es in nachstehender Darstellung abgebildet ist (S. 37/38). In der Frühentwicklungsphase werden die ersten Umsätze erzielt (S. 38). Sobald das Unternehmen nicht nur Umsät- ze, sondern auch erste Gewinne verzeichnet, wird von der Entwicklungsphase II ge- sprochen (S. 38). Die dritte Entwicklungsphase meint die Reifephase und hat ihren Ursprung in den nachlassenden Umsatz- und Gewinnzuwächsen (S. 38). Der Grün- dungsprozess ist erst dann abgeschlossen, wenn das Unternehmen die Eintrittsbarrie- ren des Marktes überschritten hat, am Markt bestehen kann und wirtschaftliche, stabile Verhältnisse aufweist (S. 39).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 3: Gründungsprozess nach Unterkofler (1989)
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Unterkofler, 1989, Abb. 1.4, S. 37
Zacharias (2001) zeigt ein seinem Phasenmodell einen ähnlichen Verlauf der Unter- nehmensentwicklung, wie in der Darstellung 4 zu sehen ist (S. 38). Er ordnet ebenfalls die Ideengenerierung in die Vorgründungsphase ein (S. 38). Mit dem Entschluss der Gründung beginnt die Gründungsdurchführung, die sich in die Planungs- und die Auf- bauphase trennt und die Gründung im engeren Sinn meint (S.38). Ab der Institutionali- sierung des Unternehmens schließt sich die Frühentwicklungsphase an, in der die ers- ten Geschäfte getätigt werden und Umsätze zu verzeichnen sind (S. 38). Mit dem Break-Even-Point, bei dem es erstmalig von der Verlust- in die Gewinnphase übergeht, beginnt die Entwicklungsphase (S. 38).
Die Reihenfolge der Tätigkeiten einer Unternehmensgründung ist die gleiche, auch wenn die AutorInnen den Gründungsprozess in unterschiedlich viele Phasen einteilen. Die Bestimmung des Gründungsprozesses in der vorliegenden Arbeit orientiert sich an Unterkofler (1989) sowie Zacharias (2001) und teilt sich in die Vorgründungs-, die Gründungs-, Frühentwicklungs- und Entwicklungsphase. In der Darstellung 5 ist dieser Prozess zur besseren Veranschaulichung grafisch abgebildet. Analog zu den bereits beschriebenen Inhalten enthält die Vorgründungsphase die vorbereitenden Schritte zur Unternehmensgründung und beinhaltet den Geschäftsplan. Die anschließende Grün- dungsphase beschreibt die Gründung im engeren Sinn und ist durch den juristischen Gründungsakt geprägt (vgl. Hering/Vincenti, 2005, S. 14). In der Gründungsphase werden die Unternehmensstrukturen geschaffen, sodass der organisatorische, instituti- onelle Aufbau im Vordergrund steht (vgl. Hering/Vincenti, 2005, S. 14). Es schließt sich die Frühentwicklungsphase an, die mit den ersten Umsätzen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 4: Phasenmodell der Unternehmensentwicklung
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Zacharias, 2001, Abb. 1, S. 38
beginnt und bei der erstmaligen Überschreitung der Verlustphase in die Gewinnphase, dem Break-Even-Point, endet (vgl. Zacharias, 2001, S. 38). Anschließend beginnt die Entwicklungsphase. Der Gründungsprozess endet nach Auffassung der Autorin bei der Erreichung der wirtschaftlichen, langfristigen Selbständigkeit und dem Ausbau der Pro- dukte und Dienstleistungen, um neue Absatzmärkte zu erreichen (vgl. Hering/Vincenti, 2005, S. 15).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 5: Gründungsprozess als Phasenmodell
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Unterkofler, 1989, Abb. 1.4, S. 37; Zacharias, 2001, Abb. 1, S. 38
3. Unternehmerischer Erfolg
3.1 Begriffe
In diesem Kapitel wird Abstand von der Unternehmensgründung genommen und sich näher mit dem unternehmerischen Erfolg auseinandergesetzt. Zunächst wird der Be- griff des „Erfolges“ thematisiert. Anschließend wird ein Überblick der Forschungsland- schaft gegeben, aus dem sich Erfolgskriterien zur weiteren Untersuchung ableiten las- sen. Um der Komplexität der Thematik gerecht zu werden, werden über die Erfolgskri- terien hinaus erfolgsbestimmende Faktoren in die Betrachtung hinzugenommen, um ein umfassendes Globalurteil über unternehmerischen Erfolg fällen zu können.
Am Anfang der Untersuchungen des Gründungserfolges stellt sich zunächst die Frage, was „Erfolg“ ist und was ihn ausmacht (vgl. Batinic, Moser, & Zempel, 1999, S. 8). Je nachdem, aus welchem Blickwinkel man ihn betrachtet, ergeben sich verschiedene Vorstellungen (Klandt, 2006, S. 12; vgl. auch Lang-von Wins, 1999, S. 25). „Der Grün- dungserfolg im engeren Sinn ist das Ergebnis der Faktoren, deren Einflussnahme bis zum Zeitpunkt der Geschäftseröffnung wirksam wurde“ (Dreier, 2001, S. 123). Der da- mit verstandene qualifizierte Gründungserfolg wird von Dreier als das Resultat der wei- teren Entwicklung des neugegründeten Unternehmens verstanden (S. 123). Um ihn empirisch untersuchen zu können, braucht es die Benennung konkreter Messzahlen (Preisendörfer, 2002, S. 55). Ganz allgemein formuliert beschreiben Schumann und Steinle (2003) den Erfolg als das „positive Ergebnis einer Bemühung“, welches im Lau- fe der Zeit variabel ist (Schumann & Steinle, 2003, S. 20; vgl. auch Niemeier, 2008, S. 37). Den Begriff des unternehmerischen Erfolgs zu definieren, ist jedoch nicht ganz so einfach, wie es augenblicklich scheint (vgl. Niemeier, 2008, S. 37). Der Erfolg ist sehr komplex zu betrachten, da er je nach individuellem Standpunkt und in Einzelfallbe- trachtungen unterschiedlich empfunden wird und durch multiple Faktoren bedingt ist (vgl. Niemeier, 2008, S. 37). Es stellt sich die Frage, welche Aussagekraft die einzel- nen Erfolgsfaktoren haben und in welcher Beziehung sie zueinander stehen, um über den Erfolg von Unternehmensneugründungen urteilen zu können (vgl. Batinic, Moser, & Zempel, 1999, S. 8). Es braucht eine sinnvolle Operationalisierung der Variablen, die das theoretische Konstrukt des Gründungserfolges beschreiben (Hering & Vincenti, 2005, S. 42). Erschwerend kommt hinzu, dass der Erfolg ein komplexes Zusammen- spiel aus vielen Teilaspekten ist, welche individuell variiert werden (Jacobsen, 2006, S. 37). Aus diesem Grund werden endogene und exogene Faktoren als erfolgsbestim- mende Variablen in den Betrachtungen der vorliegenden Arbeit ergänzt.
Um auf erster Stufe den Gründungserfolg zu bewerten und als Forschungsobjekt her- nehmen zu können, haben Müller-Böling und Klandt (1990) das Stattfinden der Grün- dungsaktivität als Voraussetzung für die Messung des Erfolges festgelegt (S. 159/160).
Es folgt als zweite Stufe die Betrachtung des Überlebens der Unternehmensneugrün- dung, welches auch von anderen AutorInnen als grundsätzliches Kriterium verwendet wird (Müller-Böling, 1990, S. 159/160; vgl. auch Batinic, Moser, & Zempel, 1999, S. 8; Dreier, 2001, S. 124; Hering & Vincenti, 2005, S. 42; Moog, 2004, S. 1; Preisendörfer, 2002, S. 56). Es wird als „Minimalkriterium“ beschrieben und meint den Bestand der Institution über einen gewissen Zeitraum hinweg (Preisendörfer, 2002, S. 56).
Für ein erstes Urteil über den Erfolg von Unternehmensneugründungen und die Opera- tionsalisierung der erfolgsbestimmenden Faktoren legt die vorliegende Arbeit das „Drei-Faktoren-Modell“ zugrunde (vgl. Brüderl, Preisendörfer & Ziegler, 2007, S. 276/277; Preisendörfer, 2002, S. 45). Dies erleichtert als eine zunächst grobe Eintei- lung den Einstieg in die Vielfalt der Erfolgsfaktoren, auch wenn die Zuordnung der ein- zelnen Charakteristika in die jeweilige Kategorie nicht immer eindeutig ist (Heckmann, 2009, S. 75; Preisendörfer, 2002, S. 46).
Preisendörfer (2002) systematisiert die Erfolgsmerkmale in folgende drei Gruppen. Zum einen werden personenbezogene Faktoren benannt, welche sich auf die Verhal- tensweisen und die charakteristischen Eigenschaften der Gründungsperson beziehen (Heckmann, 2009, S. 75; Preisendörfer, 2002, S. 45). Schließlich ist nach Auffassung der AutorInnen, wie Heckmann und Preisendörfer, die Gründungsperson ein zentraler Faktor, der beispielsweise Einfluss auf die Art der Gründung und damit auf den Grün- dungserfolg nimmt (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 277; Heckmann, 2009, S. 75; Preisendörfer, 2002, S. 46). In der Forschung werden beispielsweise Charakter- eigenschaften gesucht, die eine Gründungsperson als besonders erfolgreich auszeich- nen (Preisendörfer, 2002, S. 46). Zu diesen Eigenschaften gehören nach Auffassung der vorliegenden Literatur nicht nur eine hohe Leistungsmotivation, sondern auch eine über dem Durchschnitt liegende Risikoneigung (Corsten, 2002, S. 10; Heckmann, 2009, S. 76; Preisendörfer, 2002, S. 46). Corsten (2002) schlüsselt die Merkmale der Gründungsperson in soziodemografische und persönliche Faktoren auf, worin das Humankapital eine besondere Position einnimmt (S. 8/9).
Zum zweiten werden unternehmensbezogene Faktoren aufgezeigt, die die Eigenschaf- ten der Unternehmung zum Zeitpunkt der Gründung meinen (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 277; Preisendörfer, 2002, S. 45). Damit werden die strukturellen Set- zungen zum Gründungszeitpunkt einbezogen, die einen dauerhaften Einfluss auf die Unternehmensentwicklung nehmen; es wird Abstand von der Gründungsperson ge- nommen (Heckmann, 2009, S. 96; Preisendörfer, 2002, S. 47). Zu diesen Faktoren gehören Arbeitskräfte und Investitionen, da sich diese bei einer Fehlentscheidung nicht ohne weiteres rückgängig machen ließen (Heckmann, 2009, S. 96; Preisendörfer, 2002, S. 47). Besonders bei geringem Startkapital müssen die Unternehmensentschei- dungen wohl überlegt sein, da Fehlinvestitionen den Bestand und die Entwicklungs- chancen der Neugründung gefährden würden (Preisendörfer, 2002, S. 48). „Eine er- folgsversprechende Gründung tritt mit einer soliden finanziellen Grundausstattung an“ (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 277).
Die dritte Faktorengruppe bezieht sich auf das Umfeld der Unternehmensgründung. Es schließt die lokalen, branchenspezifischen und gesamtwirtschaftlichen Aspekte der Unternehmung zum Gründungszeitpunkt ein (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 277, S. 279; Corsten, 2002, S. 13; Preisendörfer, 2002, S. 45). Im Gegensatz zu den personen- und unternehmensspezifischen Einflussfaktoren ist das relevante Um- feld der Gründung relativ schwer abzugrenzen (Heckmann, 2009, S. 114). Dabei be- stimmt die Konstellation der Umfeldfaktoren die Charakteristik der bestehenden Oppor- tunitätsstruktur und beschreibt die Nachfrageseite (Preisendörfer, 2002, S. 48/49). „Ei- ne starke Konkurrenz, Wettbewerb über die Preise, eine rasche Änderung des Kun- denkreises in einer Branche und saisonale Schwankungen erschweren den erfolgrei- chen Marktzugang von kleinbetrieblichen Neugründungen; Qualitäts- und Innovations- wettbewerb [und] eine hohe Marktdynamik (…) hingegen erleichtern den Zugang“ (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 279).
3.2 Forschungslandschaft
Für eine genauere Annäherung an die Untersuchungen von Erfolg und seinen Kriterien folgt ein Einblick in bisherige Studien. Es wird jedoch kein Anspruch auf Vollständigkeit des dargestellten Forschungsstandes erhoben. Das Ziel dieses Abschnitts ist es viel mehr, einen groben Überblick über die deutschsprachige Forschungslandschaft zu geben, um im weiteren Anschluss einen Handlungsbedarf für weitere empirische For- schung aufzudecken, an den die vorliegende Arbeit anknüpft.
Die Forschungsbereiche sind nicht allein in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre zu finden, sondern auch Soziologie, Psychologie und Politikwissenschaft erheben An- sprüche an die Thematik des Entrepreneurship (Bögenhold, Fink & Kraus, 2009, S. 23/24; Jacobsen, 2006, S. 22; Nerdinger, 1999, S. 6-9). In der internationalen Entrepreneurship-Forschung liegt das allgemeine Interesse auf der Ergründung der Ursachen der Unternehmensgründungen, ebenso wie die Gründungspersonen als wichtige Stellschraube im Gründungsprozess untersucht werden (Walter & Walter, 2009, S. 57). Die Erforschung des Gründungserfolges nimmt hierbei eine gesonderte Stellung ein (vgl. Müller-Böling & Klandt, 1990, S. 149; Zempel, 1999, S. 75). Diese Untersuchungen können mittlerweile als eigenständige Forschungsströmung bezeich- net werden, die ihren Ursprung in der USA fanden (Fallgatter, 2002, S. 150; Jacobsen, 2006, S. 24). „Untersuchungen, die sich mit dem unterschiedlichen Wachstum von Gründungen und möglichen Erklärungsfaktoren (…) auseinandersetzen, finden sich erstmals Anfang der 1980er Jahre“ (Moog, 2004, S. 6). Dabei besteht zunächst die Schwierigkeit darin, Studien mit einer hohen Aussagekraft zu finden, da sich aus den jeweiligen Stichproben und individuellen Situationen der Gründungen nur schwer ver- allgemeinernde Erfolgsfaktoren ableiten lassen (Fallgatter, 2002, S. 153, 156/157; He- ring & Vincenti, 2005, S. 134). Bei der jeweiligen Interpretation der Forschungsergeb- nisse müssen die individuelle Ausprägungen der Rahmenbedingungen bedacht und die Ergebnisse kritisch hinterfragt werden (Fallgatter, 2002, S. 153/154). Als Grundlage des folgenden empirischen Überblicks wird die zuvor vorgenommenen Einteilung in personen-, betriebs- und umfeldspezifische Ansätze verwendet (vgl. Heckmann, 2009, S. 88).
Hinsichtlich des personenspezifischen Ansatzes wurden nicht nur das Geschlecht der Gründungsperson, sondern auch das Alter, die Nationalität und das Humankapital un- tersucht, denn häufig wird der Gründungsperson selbst einen erfolgsrelevanten Effekt zugesprochen (vgl. Heckmann, 2009, S. 88-95, Moog, 2004, S. 6, 8). „Although com- prehensive data from official statistics on new firm formation and entrepreneurs starting a new business are lacking in Germany, we know from empirical studies that entry rates differ between regions, and that the propensity to become an entrepreneur is in- fluenced by socio-demographic variables like sex and age“ (Sternberg & Wagner, 2004, p. 34). Mit dem Datensatz der Gründerstudie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (im Folgenden ZEW-Studie benannt) erforschte Almus (2002) die Unterschiede zwischen den Wachstumsraten der Gründungspersonen, welche einen Professoren- oder Doktortitel inne hatten und welche lediglich eine Ausbildung abge- schlossen haben (Heckmann, 2009, S. 89). „Auch ein akademischer Grad oder ein schneller Studienabschluss können zu positiveren Einschätzungen der Erfolgswahr- scheinlichkeit einer Gründung führen“ (Moog, 2004, S. 25). Auf der Grundlage der Münchener Gründerstudie setzten sich Brüderl, Preisendörfer und Ziegler mit der Sterblichkeitsrate von Unternehmensgründungen auseinander, die hinsichtlich des Geschlechtes und der Nationalität der GründerInnen erhoben wurde (Heckmann, 2009, S. 89). Den Ergebnissen zufolge scheitern weibliche Gründungen öfter als männliche, während die Nationalität in der Sterblichkeitsrate keinen nennenswerten Unterschied aufweist (Heckmann, 2009, S. 89). Ebenfalls mit den Daten der Münchener Gründer- studie haben Brüderl und Preisendörfer (2000, in Fallgatter, 2002, Tab. 15, S. 153; Heckmann, 2009, S. 89) einen eingeschränkten Zusammenhang des Humankapitals mit dem Beschäftigungswachstum offen gelegt. Hinz und Ziegler (1999) stellen in der Leipziger Gründerstudie fest, dass es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Überlebenswahrscheinlichkeit der Neugründungen und dem Vorhandensein der Branchenerfahrung gäbe (vgl. auch Heckmann, 2009, S. 90). Moog (2002) zeigte auf Grundlage der Kölner Gründerstudie, dass keine Verbindung zwischen dem Ge- schlecht der GründerInnen und dem Beschäftigungswachstum besteht (Heckmann, 2009, S. 90). Jedoch zeigen die Resultate der Kölner Gründerstudie, dass das Human- kapital der Gründungsperson einen starken Effekt auf den Gründungserfolg hat (Moog, 2004, S. 115). So können eine fundierte Ausbildung und Erfahrungswissen den Grün- dungserfolg direkt wie auch indirekt beeinflussen (Moog, 2004, S. 115).
Bei den Studien mit betriebsspezifischem Hintergrund ergeben sich folgende Ergebnis- se. Untersucht wurden unter anderem die Anzahl der GründerInnen, das Startkapital und die Rechtsform der Gründung sowie dessen Betriebsalter und die Betriebsgröße zum Gründungszeitpunkt (Heckmann, 2009, S. 98-106). Mit dem Datensatz der ZEW- Studie hat Almus (2002) den signifikant negativen Zusammenhang zwischen dem Be- schäftigungswachstum und der Startgröße der Unternehmung feststellen können (in Heckmann, 2009, S. 107). Jedoch konnte er keinen charakteristischen Einfluss durch eine Teamgründung erkennen (in Heckmann, 2009, S. 107). Mit der Münchener Grün- derstudie haben Brüderl und Preisendörfer (2000) hingegen eine positive Verknüpfung zwischen der Betriebsgröße zum Zeitpunkt der Gründung und der Wahrscheinlichkeit des Beschäftigungswachstums nachgewiesen (in Heckmann, 2009, S. 107). Aber auch sie konnten keine bedeutende Verbindung zwischen der Teamgründung und der Wahrscheinlichkeit des Beschäftigungswachstums aufdecken, ebenso wenig wie Moog (2004) mit der Grundlage des Datensatzes der Kölner Gründerstudie (in Heckmann, 2009, S. 107/108). Im Gegensatz dazu sagt Dowling (2003) über die Erfolgsfaktoren aus, dass Teamgründungen erfolgreicher seien, als Einzelgründungen (S. 26/27). Be- züglich der Rechtsform konnten Hinz und Wilsdorf (1999) mit der Leipziger Gründer- studie eine bedeutende, höhere Überlebenswahrscheinlichkeit von Kapitalgesellschaf- ten verglichen mit Personengesellschaften aufzeigen (in Heckmann, 2009, S. 108).
In den wenigen Studien mit umfeldspezifischem Hintergrund wurden sowohl der Standort als auch die Branche der Gründung untersucht (vgl. Heckmann, 2009, S. 114- 120). „Only a very limited number of international studies are by now dedicated to inter- regional differences in start-up activities within countries” (Sternberg & Wagner, 2004, p. 22). „Es hat sich sowohl in Deutschland als auch in den USA gezeigt, dass junge Gründer ohne Branchenerfahrung weniger erfolgreich sind“ (Dowling, 2003b, S. 30). Zudem zeigten die empirischen Forschungsergebnisse nach Almus (2002) anhand der ZEW-Gründerstudie keinen Zusammenhang zwischen der Einwohnerdichte und dem Beschäftigungswachstum der Unternehmensneugründungen (in Heckmann, 2009, S. 119). Brüderl, Preisendörfer und Ziegler haben in der Münchener Gründerstudie eben- falls keine signifikanten Unterschiede zwischen den Regionen hinsichtlich des Überle- bens und Wachstums der Neugründungen aufzeigen können; einzige Ausnahme wa- ren die Neugründungen aus der Region Oberland, die eine höhere Überlebenswahr- scheinlichkeit aufwiesen (vgl. auch Heckmann, 2009, S. 119). Moog (2004) stellte kei- ne nennenswerten Unterschiede bei der Entwicklung der Beschäftigung zwischen den Branchen fest (vgl. auch Heckmann, 2009, S. 119).
Wie die Übersicht der verschiedenen Studien und Forschungsergebnisse zeigt, sind die Schlussfolgerungen sehr inkonsistent und zum Teil widersprüchlich. Es ist auffällig, dass in der Fülle der Studien jeweils nur einige Erfolgsfaktoren und erfolgsbestimmen- de Faktoren untersucht werden, jedoch nicht alle möglichen Zusammenhänge und Faktoren berücksichtigt wurden. „Über die Frage, anhand welcher Größen der Erfolg beurteilt werden soll, besteht keine Einigkeit, vielmehr werden von verschiedenen Au- toren zahlreiche unterschiedliche Erfolgsmaße zur Erfolgsbeurteilung herangezogen“ (Schenk, 1998, S. 59). Die vorliegende Arbeit versucht diese Hürde zu nehmen und untersucht eine Fülle von Erfolgsfaktoren und deren Verknüpfungen mit Faktoren, die den Erfolg beeinflussen können, ohne dass sie selbst einen Erfolgsfaktor darstellen würden. Diese werden in der vorliegenden Arbeit als erfolgsbestimmende Faktoren verstanden.
3.3 Erfolgskriterien im Überblick
3.3.1 Theoretische Grundlagen
So differenziert die verschiedensten Studien und Forschungsarbeiten auch sind, so umfangreich sind die möglichen Erfolgskriterien, die herangezogen werden können, um den unternehmerischen Erfolg global beurteilen zu können. Es werden in diesem Ab- schnitt die vielfältigen Kriterien und Einteilungen in einem Überblick vorgestellt, um die für diese Arbeit wichtig empfundenen Erfolgskriterien zur eigenen Forschung heraus- zugreifen und näher zu erläutern.
Es wirken viele Einflussgrößen auf den Unternehmenserfolg ein, der durch komplexe Wirkungszusammenhänge und Wechselbeziehungen charakterisiert wird (Daschmann, 1994, S. 11). Auf Grund des Umfangs der Faktoren, die die Unternehmensgründungen und Gründungspersonen beschreiben, ist es ausschlaggebend, die wesentlichsten Stellgrößen des Erfolgs zu benennen (Daschmann, 1994, S. 11). „Faktoren, die heute wirksam sind, können zu einem späteren Zeitpunkt durch andere abgelöst sein und einen anderen Einflussgrad besitzen“ (Niemeier, 2008, S. 41). Es besteht die Schwie- rigkeit, bei der Vielfalt die richtigen Kenngrößen zu untersuchen (Hering & Vincenti, 2005, S. 43).
Einen ersten Einstieg in die Fülle der Erfolgskriterien bieten die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (Hering & Vincenti, 2005, S. 42; Lang-von Wins, 2004, S. 125). Zu diesen gehören beispielsweise der Gewinn, der Umsatz und die Höhe des Unternehmerein- kommens, ebenso wie die Mitarbeiterzahl, Marktanteile, Wachstumszahlen und die Patentanzahl (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 92; Hering & Vincenti, 2005, S. 42; Müller-Böling & Klandt, 1990, S. 160; Zempel, 1999, S. 75). Es werden ebenso psychologische Kennzahlen untersucht, die die wirtschaftlichen Kenngrößen ergänzen (Hering & Vincenti, 2005, S. 42; Zempel, 1999, S. 75). Dazu gehört nicht nur das Errei- chen individueller Ziele, wie Selbstverwirklichung und Prestigestreben, sondern auch die berufliche Unabhängigkeit ebenso wie die Arbeitszufriedenheit (Hering & Vincenti, 2005, S. 42). Eine weitere denkbare Strukturierung der Erfolgskriterien ist die Systema- tisierung in objektive und subjektive Maße (Brush & Vanderwerf, 1992, S. 159; Jacob- sen, 2006, S. 36; Niemeier, 2008, S. 37; Preisendörfer, 2002, S. 57; Schumann & Steinle, 2003, S. 20). Die objektiven Kriterien sind zum Beispiel Gewinn, Umsatz und Mitarbeiterzahl sowie Marktanteile und die Rentabilität von Umsatz oder Kapital (Schumann & Steinle, 2003, S. 20). Die subjektiven Kriterien umfassen „die mit der Aufnahme der Selbständigkeit verbundenen Ziele der Gründerperson(en)“ (Schumann & Steinle, 2003, S. 20) ebenso wie die Zufriedenheit der Gründungspersonen mit dem jeweiligen Zielerreichungsgrad (Niemeier, 2008, S. 40; Preisendörfer, 2002, S. 57; Schumann & Steinle, 2003, S. 20). Eine beispielhafte Übersicht weiterer objektiver und subjektiver Kriterien zeigt die nachfolgende Darstellung, bei der die Bezugssysteme der Gründungsperson und des Unternehmens gewählt wurden. Eine weitere Einteilung der Erfolgskriterien ist die Separierung in quantitative und qualitative Kriterien (Daschmann, 1994, S. 50/51; Niemeier, 2008, S.38-44). Die quantitative Abgrenzung beinhaltet die Erfassung der Betriebsgröße, die mittels Umsatz, Gewinn, Marktanteil, Mitarbeiterzahl, Unternehmenswachstum oder Bilanzsumme beziffert werden kann (Daschmann, 1994, S. 50; Niemeier, 2008, S. 38). Im Gegensatz dazu bilden die quali- tativen Kriterien eine Ergänzung, wie exemplarisch die Untersuchung des Stils und die Eigenschaften der Unternehmensleitung, die Ausprägung der Organisations- und Rechtsformen sowie die Eigenschaften der Betriebsabläufe und die Unternehmenskul- tur (Daschmann, 1994, S. 51; Niemeier, 2008, S. 40/41).
Neben diesen Einteilungen der Erfolgskriterien könnte auch die Systematik der Meilen- steine genutzt werden (Lang-von Wins, 2004, S. 125). Dadurch würde eine Unabhän- gigkeit von der Fristigkeit der einzelnen Kriterien geschaffen werden, sodass sich Un- ternehmerInnen auf einzelne Abschnitte der Unternehmensentwicklung konzentrieren können, wie beispielsweise die ersten Verkäufe oder das Durchbrechen des Break- Even-Punktes (Lang- von Wins, 2004, S. 125).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 6: Gründungserfolg: objektive und subjektive Einteilung
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Klandt, 1996, S. 10, zitiert nach Dreier, 2001,S. 123
Wie es bereits durch die Übersicht deutlich wurde, gibt es eine Fülle an Erfolgskriteri- en. In der vorliegenden Arbeit liegt der Fokus auf der gemeinsamen Schnittmenge der verschiedenen Einteilungen, welche für die weiteren Untersuchungen in der vorliegen- den Arbeit als relevant betrachtet werden. Diese Schnittmenge umfasst das Bestands- kriterium im Sinne des Überlebens, den Gewinn, Umsatz und die Beschäftigtenzahl sowie das Einkommen der Gründungsperson. Ergänzend wird auf den Zielerrei- chungsgrad und die Zufriedenheit der Bezugssysteme der Gründungsperson und des Unternehmens eingegangen. In den nachfolgenden Absätzen werden diese Kriterien kurz charakterisiert, da sich die Forschungsfragen hieraus ableiten.
Das grundlegende Maß zur Erfolgsbestimmung ist in der ersten Dimension das Über- lebenskriterium, welches das zukünftige Bestehen des Unternehmens meint (Batinic, Moser, & Zempel, 1999, S. 8; Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 91; Brush & Vanderwerf, 1992, S. 157; Jacobsen, 2006, S. 37; Lang-von Wins, 2004, S. 125; Moser & Schuler, 1999, S. 32; Preisendörfer, 2002, S. 56; Schulte, 2004, S. 217; Schenk, 1998, S. 59). Jedoch ist zu beachten, dass ein „Nichtüberleben“ beziehungsweise die Aufgabe des Unternehmens nicht mit einem Scheitern oder einem Misserfolg gleichzu- setzen ist (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 91/92; Jacobsen, 2006, S. 37/38; Merz, 2001, S. 124). Das Unternehmen könnte ebenso gewinnbringend verkauft oder übergeben werden (Jacobsen, 2006, S. 38; Moog, 2004, S. 80). Marktaustritte können geplant sein und auch ohne das Vorliegen von Insolvenzgründen vollzogen werden (Schulte, 2004, S. 217). Untersucht wurde das Überlebenskriterium beispielsweise als eines von drei Erfolgskriterien in der Münchener Gründerstudie (vgl. Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007).
Die zweite Dimension beschreibt das Wachstum von Unternehmensgrößen, wie Ge- winn, Umsatz und Beschäftigung (Brush & Vanderwerf, 1992, S. 157, 159; Moser & Schuler, 1999, S. 33; Preisendörfer, 2002, S. 57; Schenk, 1998, S. 61). Die Wachs- tumsraten dienen als Größenmaß der Beschreibung der Unternehmensentwicklung (Schulte, 2004, S. 212). „Das prozentuale Wachstum ist (..) stark abhängig von der Unternehmensgröße zu Beginn des Betrachtungszeitraumes“ (Schulte, 2004, S. 221). Es wird in der vorliegenden Arbeit nicht als einzelnes Kriterium betrachtet, sondern in dem jeweiligen Zusammenhang mit dem Gewinn, dem Umsatz und dem Beschäfti- gungsmaß gesehen.
Der in der Betriebswirtschaftslehre oft gebrauchte Begriff „Erfolg“ bezieht sich auf die Differenz zwischen Ertrag und Aufwand und ist damit mit dem Gewinn gleichzusetzen (Jacobsen, 2006, S. 37/38; Schenk, 1998, S. 60; Schumann & Steinle, 2003, S. 20). Jedoch können Gewinnanteile früherer Perioden, Gewinnabführungen und die Bildung oder Auflösung von stillen Rücklagen den Gewinn des aktuell zu betrachtenden Jahres erheblich beeinflussen und verzerren (Schenk, 1998, S. 60; Schulte, 2004, S. 218). Zudem ergeben sich Darstellungsspielräume durch die anfängliche Wahl der Rechts- form und der Abhängigkeit der Unternehmensgröße (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 93; Schulte, 2004, S. 218).
Um die Nachteile des Gewinns auszublenden, haben sich beispielsweise Moog in der Kölner Gründerstudie sowie Brüderl, Preisendörfer und Ziegler in der Münchener Gründerstudie von ihm distanziert und sich stattdessen auf die Untersuchung des Um- satzes als Erfolgsmaß konzentriert (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007; Moog, 2004). „Umsatz ist das am Markt erzielte monetäre Ergebnis des Leistungserstellungs- prozesses und bildet daher Größe und Erfolg ab“ (Schulte, 2004, S. 218). Er definiert sich damit als der Wert der erbrachten Leistungen innerhalb des Rahmens der typi- schen Betriebstätigkeit (Wöhe, 2008, S. 695). Damit hängt das Umsatzwachstum stark vom Alter des Unternehmens ab (Lang-von Wins, 2004, S. 125). Da der Umsatz nicht als Grundlage der Besteuerung gilt, frei von Bewertungsproblemen und damit leicht zu erheben ist, eignet sich der Umsatz als Erfolgskriterium (Moog, 2004, S. 81). Zudem reagiert er sofort auf die geänderten Verhältnisse am Markt und kann somit als Prä- senzindikator eingesetzt werden (Moog, 2004, S. 81; Schenk, 1998, S. 60).
Eine ebenfalls schon untersuchte Variable ist das Maß der Beschäftigung. Als nicht- monetäres Maß stellt es das Wachstum der Beschäftigung in einem bestimmten Zeit- raum dar (Moog, 2004, S. 82; Schenk, 1998, S. 60; Schulte, 2004, S. 219). Brüderl, Preisendörfer und Ziegler verwenden diese Kenngröße in der Münchener Studie als eines der Hauptuntersuchungsobjekte (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007). Die Entwicklung des Personalbestandes ist kein Erfolgsmaß im eigentlichen Sinn, aber es lässt Rückschlüsse über die Sicherung der Marktposition und der Auftragslage und damit auf das betriebswirtschaftliche, langfristige Wohlergehen des Unternehmens zu (Jacobsen, 2006, S. 40; Moog, 2004, S. 82; Preisendörfer, 2002, S. 56). Der Vorteil besteht darin, dass die Beschäftigtenzahl als Wachstumsmaß herangezogen werden kann, ohne inflationäre Wachstumseffekte berücksichtigen zu müssen (Schulte, 2004, S. 220). Begrenzt wird die Aussagekraft der Beschäftigungszahl durch die Unteilbarkeit der Arbeitskräfte sowie Inflexibilität der Vertragsgestaltung; die Anpassungsmöglichkei- ten des Personalbestandes sind zeitlich verzögert (Schulte, 2004, S. 220).
Eine Möglichkeit, die monetären Faktoren mit den nicht-monetären zu verbinden, ist das Einkommen (Schenk, 1998, S. 61). „Auf der individuellen Ebene kann eine Unter- nehmensgründung als erfolgreich bezeichnet werden, wenn der Gründer für sich ein hohes Einkommen erwirtschaftet oder zumindest eine Einkommensverbesserung ge- genüber abhängiger Beschäftigung erzielt“ (Jacobsen, 2006, S. 38). Auch Brüderl, Preisendörfer und Ziegler haben in der Münchener Gründerstudie die Einkommensver- besserung erhoben (2007, S. 101/102); ebenso wie Hamilton (2000) das Einkommen von Selbständigen und UnternehmerInnen aus volkswirtschaftlicher Perspektive unter- suchte (in Lang-von Wins, 2004, S. 126). Auch Hunsdiek hat den Gründungserfolg auf der Basis der Einkommenssituation der Gründungsperson eingeschätzt (Hunsdiek, 1987, S. 67). Das Einkommen stellt somit eine wichtige Facette des unternehmeri- schen Erfolgs dar (Galais, 1999, S. 194; Schenk, 1998, S. 61).
Die Bestimmung der Erfolgskriterien wird durch den Erreichungsgrad persönlicher Ziele ergänzt (Moog, 2004, S. 76; Preisendörfer, 2002, S. 57; Schenk, 1998, S. 62/63). Die- se Definition von „Erfolg“ stammt aus der Psychologie und nimmt an, dass das Aufstel- len und Erreichen persönlich gesetzter Ziele ein Bestimmungskriterium des unterneh- merischen Erfolges ist (Lang-von Wins, 2004, S. 149). Dabei hängt der Unterneh- menserfolg von der Zielsetzung und dem subjektiven Empfinden der einzelnen Person über den Zielerreichungsgrad ab (Jacobsen, 2006, S. 37, 39; Moog, 2004, S. 76; Schenk, 1998, S. 62). „Neben der Gefahr von Schätzfehlern, Verzerrungen durch Stimmungslagen oder Wunschvorstellungen erscheint insbesondere der Mangel eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes für alle urteilenden Individuen nachteilig“ (Schul- te, 2004, S. 221). Es ermöglicht dennoch ein umfassendes Urteil über den Gründungs- erfolg, da die Gründungsperson eine zentrale Wirkungskraft im Gründungsprozess ist (Jacobsen, 2006, S. 39; Schulte, 2004, S. 221). Persönliche Ziele können beispiels- weise die Unabhängigkeit, die Selbstverwirklichung und das Durchsetzen der eigenen Idee sein (Moog, 2004, S. 76). Der Nachteil bei der Untersuchung des Erreichungsgra- des der persönlichen Ziele ist, dass es keine objektiven Messkriterien bildet und des- halb die Vergleichbarkeit der Erfolgsbeurteilungen der Gründungspersonen erschwert wird (Moog, 2004, S. 76). Aus diesem Grund dient der Zielerreichungsgrad als erklä- render Zusatzindikator (Moog, 2004, S. 76).
Das abzuleitende Maß des Zielerreichungsgrades ist die persönliche Einschätzung der Zufriedenheit (Moog, 2004, S. 76; Moser & Schuler, 1999, S. 33; Schenk, 1998, S. 63/64). Wenn sich die finanzielle Lage der Gründungsperson verbessert und sie ihre Fähigkeiten und Talente nutzen kann, um ihre Ideen zu verwirklichen, kann sich Zu- friedenheit einstellen (Jacobsen, 2006, S. 38; Lang-von Wins, 2004, S. 129). „Für die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation ist den Ergebnissen zufolge besonders der Fortschritt bei der Bearbeitung der bisherigen Ziele und Pläne sowie die finanzielle Situation des Unternehmens wichtig“ (Lang-von Wins, 2004, S. 129). Jedoch ist auch die Zufriedenheit ein schwer vergleichbares Kriterium, da es jeder für sich anders defi- niert (Jacobsen, 2006, S. 38).
Je nach Perspektive werden wirtschaftliche und psychologische, unternehmerische und persönliche Sichten und Bezugssysteme eingenommen und auf Grundlage des jeweiligen Forschungsziels die unterschiedlichen Erfolgsvariablen operationalisiert. Wie die Aufschlüsselung der einzelnen Erfolgskriterien gezeigt hat, hat jede Variable für sich ein Für und Wider. Stützt man die Erfolgsmessung auf nur eine Größe, besteht die Gefahr, die konzeptionellen Mängel zu übernehmen (Schulte, 2004, S. 216). Es wäre zweckmäßiger, mehrere Kriterien miteinander zu verbinden und dadurch die jeweiligen Vorteile zu nutzen und die Nachteile auszublenden. Dies haben beispielsweise Brüderl, Preisendörfer und Ziegler (2007) in der Münchener Gründerstudie getan, indem sie das Überleben, das Umsatzwachstum und die Beschäftigungsverhältnisse gleichermaßen als Untersuchungsgegenstand betrachtet haben. Durch die parallele Betrachtung meh- rerer Kriterien entstehen multiple Indikatoren (Schulte, 2004, S. 217). Diese haben den Vorteil, ein umfassendes, mehrdimensionales Bild zu untersuchen, dem weniger Sub- jektivität anhaftet und den Erfolg in seiner gesamten Komplexität widergibt (vgl. Lang- von Wins, 2004, S. 146; Schulte, 2004, S. 222).
3.3.2 Ableitung der Forschungsfragen
Der Überblick der möglichen Erfolgskriterien zeigt ein sehr differenziertes und komple- xes Bild auf, in dem der Begriff des Erfolgs sehr inkonsistent und uneinheitlich ge- braucht wird. Die vorliegende Arbeit versucht die relevantesten Kriterien aufzugreifen und zu untersuchen, um ein Globalurteil über unternehmerischen Erfolg von Neugrün- dungen fällen zu können. „Wichtig ist, dass zur Beurteilung des Unternehmenserfolges immer mehrerer Größen herangezogen werden sollten. Nur die Verwendung mehrerer Indikatoren wird dem multidimensionale Charakter des Unternehmenserfolges gerecht“ (Schenk, 1998, S. 81).
Zur Systematisierung der Kriterien wird in Anlehnung an die der Arbeit zugrunde geleg- te Literatur die Teilung in objektive und subjektive Erfolgskriterien vorgenommen (vgl. Brush & Vanderwerf, 1992; Hunsdiek, 1987; Moog, 2004; Preisendörfer, 2002; Schulte, 2004; Schumann & Steinle, 2003). Ähnlich wie bei Klandt (1996) wird als Bezugssys- tem die Einteilung in Unternehmen und UnternehmerIn gewählt, so wie beide Begriffe bereits am Anfang der Arbeit charakterisiert wurden. Mit den UnternehmerInnen sind die Gründungspersonen gemeint; mit den Unternehmen die Unternehmensgründun- gen. Die in der weiteren Arbeit zu untersuchenden Kriterien sind in der nachstehenden Vier-Felder-Matrix schematisch dargestellt. Sie gründen sich aus der Fülle der mögli- chen Erfolgskriterien und bilden die Schnittmenge der in den Studien gefundenen Krite- rien, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.
Auf der einen Seite wird die Nachprüfbarkeit der Kriterien „Überleben“, „Gewinn“, „Um- satz“, „Beschäftigte“ und „Einkommen“ möglich, sowie es für die Objektivität nötig ist, da sie durch Zahlen eindeutig belegt werden können und einheitliche Maßstäbe für Vergleiche resultieren (vgl. Lamnek, 2005, S. 75, 174, 177; Schulte, 2004, S. 15). Zum anderen betrachtet die vorliegende Arbeit die Gründungsperson als eine maßgebliche Schlüsselstelle für den Erfolg des Unternehmens, sodass subjektive Erfolgskriterien die objektiven ergänzen. Das Ziel ist es, die Komplexität des Erfolgsbegriffes wiederzuge- ben. Zur vollständigen Untersuchung werden der Grad der Zielerreichung sowie die Zufriedenheit auf beide Bezugssysteme des Unternehmens und der Gründungsperson bezogen, sodass sowohl die Umsatz- und Gewinnerwartungen als auch die Zufrieden- heit der Beschäftigten, Kunden, Lieferanten und Kooperationspartner in der durchzu- führenden Studie erfasst werden (vgl. Dreier, 2001, S. 125). Dabei wird es zur Heraus- forderung, die Vergleichbarkeit individuellen Standpunkte herbeizuführen und ein ein- heitliches Globalurteil über unternehmerischen Erfolg fällen zu können (vgl. Lamnek, 2005, S. 180, 254).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 7: Erfolgskriterien als Forschungsfrage
Quelle: eigene Darstellung
Zur Ergänzung und zum besseren Verständnis der Relevanz der Erfolgskriterien für die Beurteilung des unternehmerischen Erfolgs soll in der zweiten Forschungsfrage der Bezug der Kriterien zum Gründungsprozess hergestellt werden. „Für den Gründer ist dies in erster Linie ein Lernprozess, bei dem mit fortschreitender Information und De- taillierung der Problemstellung immer neue Aspekte sichtbar werden und so in eine immer differenzierter werdende Zielstellung führen“ (Kirschbaum, 1990, S. 84). So könnte sich nicht nur der Grad der Zielerreichung in dem mehrjährigen Prozess der Gründung ändern, sondern beispielsweise auch die Bedeutung der Beschäftigtenzahl (vgl. Jacobsen, 2006, S. 40; Moog, 2004, S. 82; Preisendörfer, 2002, S. 56). Durch die Wachstumsprozesse in der Gründung könnten Kriterien, wie zum Beispiel Umsatz und Gewinn, eine differenzierte Relevanz herangezogen werden, sodass sich die Frage ergibt, ob alle Erfolgskriterien allgemeingültig zu jedem Zeitpunkt anwendbar sind oder ob ihnen in Abhängigkeit des derzeitigen Standes im Wachstumsprozess der Grün- dung eine differenzierte Aussagekraft zukommt (vgl. Daschmann, 1994, S. 10). „Fakto- ren, die heute wirksam sind, können zu einem späteren Zeitpunkt durch andere abge- löst sein“ (Niemeier, 2008, S. 41).
3.4 Erfolgsbestimmende Faktoren im Überblick
3.4.1 Theoretische Grundlagen
Um den komplexen Zusammenhängen der Erfolgsthematik gerecht zu werden, ergän- zen die erfolgsbestimmenden Faktoren die Erfolgskriterien. Zu diesem Zweck werden endogene und exogene Faktoren benannt und erläutert, die sich zum einen aus dem „Drei-Faktoren-Modell“ ergeben und zum anderen aus Studien und dem bisherigen Forschungsstand abgeleitet werden (vgl. Brüderl, Preisendörfer & Ziegler, 2007, S. 276/277).
Bereits 1986 hat Plaschka ein Erfolgsmodell aufgestellt, welches die Gründung mit der inneren Einwirkung durch die Gründungsperson und die Einflussnahme äußerer Fakto- ren in Verbindung setzt (Jacobsen, 2006, S. 138). Unterkofler (1989) hat die Einflüsse des mikro- und makrosozialen Umfeldes der Gründung als endogene und exogene Variable festgehalten (vgl. Abb. 1.13, S. 81). Sie sind in der vorliegenden Arbeit als erfolgsbestimmende Faktoren zu begreifen und ergänzen die Erfolgskriterien, sodass sie ein umfassendes Globalurteil über unternehmerischen Erfolg ermöglichen. Umwelt wird von Voigt (1988) als „ die Summe aus wirtschaftlichen, ökologischen wirtschaftli- chen, gesellschaftlichen, demografischen, biologischen Faktoren und Entwicklungen“ zusammengefasst (S. 17), welche die exogenen Faktoren in dieser Arbeit charakteri- siert. Es können nationale wie auch internationale Märkte, politische und rechtliche Rahmenbedingungen den Erfolg eines Unternehmens beeinflussen; die Einflüsse sind im jeweiligen Systemkontext zu sehen (Daschmann, 1994, S. 83; Klandt & Szyperski, 1990, S. 111; Jacobsen, 2006, S. 42; Unterkofler, 1989, Abb. 3.1, S. 197/198). Unter- kofler beschreibt es als dynamische Wettbewerbswirtschaft, in der sich individuelle und situative Rahmenbedingungen bei jeder Gründung individuell ausprägen (1989, S. 80). Zudem erhebt die „Öffentlichkeit (..) Forderungen nach einem bestimmten Verhalten und entwickelt gesellschaftliche Belohnungs- aber auch Sanktionsmechanismen ge- genüber Gründern“ (Nathusius & Szyperski, 1977, S. 15). Endogene Faktoren, die Ein- fluss auf die Erfolgschancen der Gründung nehmen, sind in der Gründungsperson selbst verankert (Frese & Rauch, 1998, S. 12-14; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 38). Die Gründungsperson beeinflusst aufgrund ihrer Werte und Identität den Unterneh- menserfolg und prägt damit entscheidend die Entwicklung des Unternehmens (Lang- von Wins, 2004, S. 17, 18, 130). Es spielt zudem eine Rolle, ob das Unternehmen al- lein gegründet wird oder ob mehrere Gründungspersonen ihre Stärken miteinander vereinen und im Team gründen beziehungsweise in einem Netzwerk kooperieren (Ja- cobsen, 2006, S. 42; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 39). Jacobsen zählt beispiels- weise neben den Persönlichkeitseigenschaften das Humankapital, Ausbildung und Erfahrungen zu den endogenen Faktoren hinzu (Jacobsen, 2006, S. 42; vgl. Nathusius & Szyperski, 1977, S. 39).
Die vorliegende Arbeit nimmt eine Auswahl der gebräuchlichsten endogenen und exo- genen Faktoren vor, bei der kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. In den folgenden Absätzen werden das Humankapital in Formen von der Bildung, Qualifikati- on und Erfahrung der Gründungsperson, sowie die Teambildung und Kooperationen beschrieben. Darüber hinaus werden die Konjunktur, Branche, Standort sowie der ge- sellschaftliche und kulturelle, politische und rechtliche Rahmen als exogene Faktoren dargestellt.
Als erstes wird das Humankapital als endogener Faktor behandelt. Es leitet sich aus der Humankapitaltheorie ab, bei der angenommen wird, dass der Mensch bewusst Investitionen in sein Humankapital mit dem Ziel der zukünftigen Einkommenserzielung setzt (Heckmann, 2009, S. 68; Moog, 2004, S. 27). Je nach Höhe des Humankapitals gestaltet sich die individuelle Leistungsfähigkeit (Frese & Rauch, 1998, S. 18; Heck- mann, 2009, S. 68). Damit hat das Humankapital Einfluss auf das Überleben der Neu- gründung und die Beschäftigungsrate (Heckmann, 2009, S. 82; Lang-von Wins, 2004, S. 130). Bei der Gründung kann das Humankapital in Form bisheriger positiver wie negativer Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten der Gründungspersonen genutzt sowie aus Fehlern gelernt werden (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007, S. 47; Heckmann, 2009, S. 68/69; Preisendörfer, 2002, S. 50). Auch können erfolgreiche Selbständige aus dem Familien- und Bekanntenkreis als Vorbildfunktion wirken und ihre Erfahrungen an die NeugründerInnen weitergeben (Heckmann, 2009, S. 69). „So- fern eine Gründung erfolgt, kann erwartet werden, dass Betriebe von gut ausgebildeten Gründern über höhere Erfolgschancen als die Betriebe von Gründern mit geringeren Humankapital verfügen“ (Heckmann, 2009, S. 72). Brüderl, Preisendörfer und Ziegler (2007) unterstützen die Aussagekraft des Humankapitals, da sich in der Münchener Gründerstudie gezeigt hat, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen dem Grad des Schulabschlusses und dem Überleben der Gründung gibt (Brüderl, Preisendörfer, & Ziegler, 2007; vgl. auch Heckmann, 2009, S. 93). Auch Cooper und Gimeno-Gascòn (1992) und Lussier und Pfeifer (2000) stellten eine Korrelation zwi- schen dem Grad der Ausbildung und dem höheren Erfolg fest (in Jacobsen, 2006, S. 69). Desweiteren können Gründungspersonen mit höherem Humankapital in ihrer un- selbständigen Tätigkeit zuvor mehr Eigenkapital zurückgelegt haben, welches sie in die Gründung einbringen (Heckmann, 2009, S. 72, 83). Diese Annahme wird durch die Untersuchung von Åstebro und Bernhardt (2005) bestätigt (in Heckmann, 2009, S. 72).
„Durch die höheren Kapitalressourcen und besseren Beschaffungsmöglichkeiten von Fremd- und Eigenkapital werden Betriebe von Gründern mit höherem Humankapitalni- veau vermutlich auch größer gegründet werden als vergleichbare Gründungen schlechter ausgebildeter Gründer“ (Heckmann, 2009, S. 83). Die Studienergebnisse von Schumann und Steinle (2003) bestätigten die Aussagen von Brüderl, Preisendörfer und Ziegler und ergänzen diese mit der Schlussfolgerung, dass, je höher der Bildungs- abschluss der befragten Gründungsperson ist, sie desto positiver die Ertragslage und ihren individuellen Zielerreichungsgrad beurteilen (Schumann & Steinle, 2003, S. 31). Die Erfahrung speziell in dem Beruf oder der Branche, in welcher das Unternehmen neu gegründet werden soll, ist ebenso grundlegend für den möglichen Erfolg, da eine höhere Vertrautheit der Gründungspersonen mit dem Markt, der Technologie und der spezifischen Branche die Grundlage bildet, Trends und Marktnischen zu entdecken, in der sie neue Ideen entwickeln und Unternehmen gründen (Heckmann, 2009, S. 71; Klandt, 2006, S. 30; Merz, 2007, S. 385). Die Berufserfahrung ist „offenbar ein wichti- ges Erfolgskriterium für eine Neugründung“ (Heckmann, 2009, S. 71). Auch Picot, Laub und Schneider (1989) haben in ihren Untersuchungen einen positiven Zusammenhang zwischen der Branchenerfahrung und dem Erfolg herstellen können (in Moog, 2004, S. 28). Ebenfalls hat die Qualifikation der UnternehmensgründerInnen Einfluss auf den Gründungserfolg (Daschmann, 1994, S. 92; Hunsdiek, 1987, S. 20; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 39). Nach Heckmann gilt für die Qualifikation der einzelnen Per- son, dass der jeweilige Abschluss eine hohe Aussagekraft über nicht beobachtbare Charakteristika hat und als Signalfunktion Auskunft über den Ehrgeiz und Fleiß der Gründungsperson gibt (Heckmann, 2009, S. 73). Weiterhin können Abschlüsse wichti- ge Signale gegenüber Lieferanten, Kunden und Kapitalgebern setzen (Heckmann, 2009, S. 73, S. 82; Nathusius & Szyperski, 1977, S. 40).
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- Arbeit zitieren
- Juliane Steuer (Autor:in), 2010, Eine qualitative Annäherung an das Konstrukt "Unternehmerischer Erfolg", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162559
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