Arbeitgeber sind in der aktuellen Wirtschaftslage, welche von Konkurrenzdenken
und Globalität geprägt ist, ständig auf der Suche nach neuen und innovativen Varianten,
wie sie ihre Arbeitnehmer entlohnen können. Fringe Benefits in der Form vom
Halbtax-Abo bis zum Handy, einer Mitgliedschaft im Fitness-Center bis zu
verbilligten Hypotheken sind eine solche Variante. Sie werden heutzutage beinahe
von allen Unternehmungen in irgendeiner Form bei der Entlohnung ihrer
Arbeitnehmer angewendet und sind in der Regel bei der Arbeitnehmerschaft sehr
beliebt. Sie stellen jedoch ein Phänomen dar, über welches bis heute noch wenig
bekannt ist. Wer welche Fringe Benefits in welchem Umfang erhält, welche Wirkung
sie auf das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer zeigen und wie gross ihr Einfluss auf
den Arbeitmarkt ist, entzieht sich bisher der Kenntnis einer breiten Allgemeinheit.
Eine Veröffentlichung damit verbundener Details liegt nicht im Sinne der
Unternehmen. Sie stehen zueinander im Wettbewerb um die besten Ressourcen auf
dem Arbeitsmarkt und möchten daher ihre Entlohnungsstrategien geheim halten.
In diesem Zusammenhang ist eine Grundsatzfrage berechtigt: Wieso werden Lohnbestandteile
überhaupt in Form von Fringe Benefits ausbezahlt, wenn im gleichen
Atemzug die Lohnsumme direkt erhöht werden könnte? Die vorliegende Arbeit geht
auf die gestellten Fragen ein und zeigt anhand des gesammelten Datenmaterials
aktuelle Tendenzen auf.
Eine einheitliche Definition zu Fringe Benefits lässt sich in der wissenschaftlichen
Literatur nicht finden. Einige Autoren verstehen unter dem Begriff die Gesamtheit
aller leistungsorientierten Vergütungen, welche über die feste regelmässige Entlohnung
hinausgehen.1 Andere Definitionen schliessen neben den freiwilligen auch die
gesetzlichen Leistungen mit ein; eine weitere Autorengruppe streitet sich, ob nur
monetäre Leistungen oder auch Sach- und Nutzungsleistungen zu den Fringe
Benefits gezählt werden.2 In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff auf folgende
Art von anderen Lohnbestandteilen abgegrenzt: [...]
1 Vgl. Leciejewski/Dahlems (1997), Seite 15.
2 Vgl. Wälchli (1995), Seite 298.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.1 Principal-Agent-Theorie
2.2 Anreizsysteme
2.3 Motivationstheorie
3 FRINGE BENEFITS
3.1 Gründe und Wirkung
3.1.1 Sicht des Arbeitnehmers
3.1.2 Sicht des Arbeitgebers
3.2 Voraussetzungen
3.3 Probleme bei der Verwendung von Fringe Benefits
3.4 Arten von Fringe Benefits
3.4.1 Vorsorgeleistungen
3.4.2 Sach- und Dienstleistungen
3.4.3 Abgeltung in Freizeit
3.4.4 Gewinn- und Vermögensbeteiligung
3.4.5 Übersicht
3.5 Cafeteria-Systeme
3.5.1 Ausprägungen
3.5.2 Vorteile von Cafeteria-Systemen
3.5.3 Nachteile von Cafeteria-Systemen
4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNGEN
4.1. Pilotstudie über Fringe Benefits des Bundesamtes für Statistik
4.2 Kadersalärstudie 2003
4.3 Arbeitskostenerhebung 2000 des Eurostat
4.4 Analyse des Schwedischen Institutes für Sozialforschung
4.4.1 Fringe Benefits je Geschlecht und Alter
4.4.2 Fringe Benefits nach Ausbildung
4.4.3 Fringe Benefits nach Arbeiterkategorien
4.4.4 Fringe Benefits nach Sektoren
4.4.5 Weitere Untersuchungen
4.5 Amerikanische Studien
4.5.1 Fringe Benefits und Fluktuationsraten
4.5.2 Einflussfaktoren für die Gewährung von Fringe Benefits
5 FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG I - FRAGEBOGEN DES BUNDESAMTES FÜR STATISTIK .
ANHANG II - ÜBERSICHT DER DATEN DES STATISTISCHEN
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gestaltungsempfehlung der Principal-Agent-Theorie
Abbildung 2: Klassifikation von Anreizen
Abbildung 3: Gründe aus Sicht des Arbeitnehmers
Abbildung 4: Gründe aus Sicht des Arbeitgebers
Abbildung 5: Lohnbestandteile
Abbildung 6: Ausgewählte Facetten betrieblicher Statussymbole und Sozialleistungen
Abbildung 7: Funktionsweise von Zusatzplänen
Abbildung 8: Arbeitskostenkategorien
Abbildung 9: verschiedene Bestandteile der Gesamtarbeitskosten
Abbildung 10: Leistungen der Kategorien D1114 und D1212
Abbildung 11: Wer erhält wie viele Fringe Benefits?
Abbildung 12: Fringe Benefits nach Geschlecht
Abbildung 13: Fringe Benefits nach Ausbildung
Abbildung 14: Fringe Benefits nach Arbeiterkategorien
Abbildung 15: Fringe Benefits nach Sektoren
Abbildung 16: Wer erhält Fringe Benefits und wie ist ihr Anteil in Prozent des Lohnes?
1 Einleitung
Arbeitgeber sind in der aktuellen Wirtschaftslage, welche von Konkurrenzdenken und Globalität geprägt ist, ständig auf der Suche nach neuen und innovativen Vari- anten, wie sie ihre Arbeitnehmer entlohnen können. Fringe Benefits in der Form vom Halbtax-Abo bis zum Handy, einer Mitgliedschaft im Fitness-Center bis zu verbilligten Hypotheken sind eine solche Variante. Sie werden heutzutage beinahe von allen Unternehmungen in irgendeiner Form bei der Entlohnung ihrer Arbeitnehmer angewendet und sind in der Regel bei der Arbeitnehmerschaft sehr beliebt. Sie stellen jedoch ein Phänomen dar, über welches bis heute noch wenig bekannt ist. Wer welche Fringe Benefits in welchem Umfang erhält, welche Wirkung sie auf das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer zeigen und wie gross ihr Einfluss auf den Arbeitmarkt ist, entzieht sich bisher der Kenntnis einer breiten Allgemeinheit. Eine Veröffentlichung damit verbundener Details liegt nicht im Sinne der Unternehmen. Sie stehen zueinander im Wettbewerb um die besten Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt und möchten daher ihre Entlohnungsstrategien geheim halten.
In diesem Zusammenhang ist eine Grundsatzfrage berechtigt: Wieso werden Lohn- bestandteile überhaupt in Form von Fringe Benefits ausbezahlt, wenn im gleichen Atemzug die Lohnsumme direkt erhöht werden könnte? Die vorliegende Arbeit geht auf die gestellten Fragen ein und zeigt anhand des gesammelten Datenmaterials aktuelle Tendenzen auf.
Eine einheitliche Definition zu Fringe Benefits lässt sich in der wissenschaftlichen Literatur nicht finden. Einige Autoren verstehen unter dem Begriff die Gesamtheit aller leistungsorientierten Vergütungen, welche über die feste regelmässige Entlohnung hinausgehen.1 Andere Definitionen schliessen neben den freiwilligen auch die gesetzlichen Leistungen mit ein; eine weitere Autorengruppe streitet sich, ob nur monetäre Leistungen oder auch Sach- und Nutzungsleistungen zu den Fringe Benefits gezählt werden.2 In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff auf folgende Art von anderen Lohnbestandteilen abgegrenzt:
Fringe Benefits umfassen Leistungen, „… die nicht in Form von Geld und unabhängig vom Erfolg der Unternehmung resp. einzelner Unternehmungsbereiche und von der individuellen Leistung ausbezahlt werden und von der Unternehmung freiwillig erbracht werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von geld werten Leistungen, Neben- oder Zusatzleistungen. “3
Wie viele Begriffe aus den Wirtschaftswissenschaften stammt der Begriff aus dem englischen Sprachgebrauch. Das Wort Fringe bedeutet im wörtlichen Sinne „Rand“, unter Benefits versteht man „Leistungen“. Fringe Benefits stellen demzufolge „Leistungen am Rande“ dar.
Aus einem inhaltlichen Blickwinkel sind Fringe Benefits aber keineswegs Rander- scheinungen, welche im Rahmen der Entlohnung von Arbeitnehmern eine vernachlässigbare Rolle spielen. Die zunehmende Bedeutung von Fringe Benefits und ihr wachsender Anteil an der Lohnsumme erkannte James Hill bereits im Jahre 1954 und schrieb: „One of the most significant trends of the past decade has been the growth of these supplementary features in the system of wage payments to the point where they are no longer out on the fringes but very much at the center of the employment contract.”4
Während Fringe Benefits vor Jahrzehnten noch vorwiegend einen sozialen Charakter in Form von grundsätzlicher Vorsorge, Verpflegung und angenehmeren Arbeitsbedingungen hatten, spielen sie heutzutage aufgrund der veränderten Umweltbedingungen eine neue Rolle. Die Altersvorsorge, der Gesundheitsschutz und die Arbeitszeitenregelung sind gesetzlich verankert und dürfen nicht freiwillig vom Arbeitgeber entrichtet werden.
Fringe Benefits werden gegenwärtig wie ein Marketinginstrument verwendet, welches beispielsweise die Attraktivität einer Unternehmung auf dem Arbeitsmarkt steigert oder mit welchem die Arbeitnehmer zu höheren Leistungen motiviert werden sollen.
Die Bedeutung von Fringe Benefits wird in der vorliegender Arbeit in fünf Kapiteln erklärt. Nach diesen einleitenden Worten werden im zweiten Kapitel die theoretischen Grundlagen aus der Wissenschaft dargestellt. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem oft zitierten Ansatz der Principal-Agent-Theorie. Erläuterungen zu An- reizsystemen und Motivationstheorien vervollständigen den theoretischen Überblick und runden das Kapitel ab.
Im dritten Kapitel werden dem Leser verschiedene Gründe und deren Wirkungsweise aus Sicht des Arbeitgebers bzw. Arbeitnehmers gezeigt, welche den Einsatz von Fringe Benefits rechtfertigen. Es folgen die Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz, die Probleme bei der Verwendung sowie die Beschreibung der Artenvielfalt von Fringe Benefits. Werden verschiedene Fringe Benefits zu Paketen kombiniert, so wird der betriebswirtschaftliche Begriff der Cafeteria-Systeme verwendet. Die Erläuterungen zur Funktionsweise, zu den Ausprägungen und zu den Vor- und Nachteilen von Cafeteria-Systemen schliessen das dritte Kapitel ab.
Das vierte Kapitel gibt einen Einblick in einige wenige qualitativ hoch stehende Studien, welche dem Phänomen Fringe Benefits in der Praxis nachgehen. Die verwendeten Daten sind aus einem Zeitraum von 1970 bis 2002. Sie bilden die Geschehnisse auf dem europäischen und amerikanischen Gebiet ab und vermögen auch, aktuelle Tendenzen aufzuzeigen.
Kapitel fünf schliesst die Arbeit mit den gefundenen Resultaten und einem Blick in die Zukunft bezüglich der Bedeutung der Fringe Benefits als Lohnbestandteil ab.
2 Theoretische Grundlagen
Wie lässt es sich erklären, dass Unternehmungen ihren Mitarbeitern auf freiwilliger Basis Zusatzleistungen in der Form von Fringe Benefits zukommen lassen und somit zusätzliche Kosten auf sich nehmen? Welchen Nutzen kann die Unternehmung durch die Gewährung solcher Lohnbestandteile gewinnen? Das folgende Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die verwendeten ökonomischen und motivationstheoretischen Ansätze, die zur Beantwortung der gestellten Fragen notwendig sind.
2.1 Principal-Agent-Theorie
Die Principal-Agent-Theorie ist ein Ansatz der „neuen Institutionenökonomik“5, welche organisatorische Probleme als Austauschprobleme6 formuliert. Die Unternehmung wird als ein Input-Output-System7 verstanden, welches Inputs kauft und Outputs verkauft. In der Theorie wird zwischen zwei verschiedenen Vertrags- parteien unterschieden: Principal und Agent. Der Agent verfügt über Inputs, die dem Principal nach Abschluss von Verträgen zur Verfügung gestellt werden. Die Unternehmung stellt daher ein Netzwerk von Verträgen zwischen Principals und Agents dar.8 Der Principal ist der Auftraggeber und in vielen Fällen der Eigentümer der Unternehmung, die Agents sind die Auftragsnehmer. Wer Principal oder Agent ist, lässt sich erst bei genauerem Betrachten einer Situation bestimmen.9 Eine einzige Person kann auch zeitgleich beide Rollen ausführen. Der Geschäftsleitungsführer ist aus dem Blickwinkel der Aktionäre der Agent mit dem Auftrag, den Shareholdervalue zu vermehren. Gegenüber seinen unterstellten Mitarbeitern spielt er die Rolle des Principals und ist bestrebt, die Unternehmensstrategie umzusetzen.
Eine Voraussetzung für das Zustandekommen einer Principal-Agent-Beziehung ist die Trennung zwischen Eigentum und Verfügungsgewalt.10 In einer Welt der kostenlosen und sofortigen Informationsbeschaffung, ist eine solche Trennung bezüglich vollkommener Information bzw. Sicherheit vom ökonomischen Stand- punkt aus betrachtet problemlos. Zukünftige Umweltzustände sind mit Sicherheit ex ante bekannt, Handlungen vertragsabweichender und eigennütziger Art können sanktioniert werden. Der Principal kann genau beobachten, ob alle Mitarbeiter in seinem Sinne handeln und aus seiner Sicht die optimalen Entscheidungen fällen. Unter diesen Bedingungen führt eine Arbeitsteilung in einer Unternehmung zu einer wohlstandsmaximierenden Situation, welche als First-Best-Lösung bezeichnet wird.
In der realen Welt müssen Entscheidungen aber unter Unsicherheit getroffen werden. Man ist deshalb bemüht, die Unsicherheit durch Informationsgewinnung zu verringern und die Entscheidungen auf der Basis eines höheren Informationsstandes zu fällen. Informationen sind in der Regel nicht kostenlos verfügbar. Sie sind unvollständig und asymmetrisch zwischen den Akteuren verteilt. Dadurch ergeben sich für die nutzenmaximierenden Agents eigennützige Verhaltensspielräume, welche sie zu ihrem Nutzen und Schaden des Principals ausnützen können.
Anhand der unterschiedlichen Art und Weise der Informationsasymmetrien lassen sich drei verschiedene Fälle unterscheiden:11
- Hidden characteristics,
- Hidden action bzw. Hidden information,
- Hidden intention.
Im ersten Fall hat der Agent vor Vertragsabschluss die Möglichkeit, Qualitätseigenschaften zu verheimlichen oder falsche vorzutäuschen. Es besteht für den Principal die Gefahr, dass er einen nicht optimalen Vertragspartner wählt. Das Informationsdefizit des Principals kann auf drei verschiedene Arten abgebaut werden: Signalling, Screening und Self Selection.
Signalling beschreibt alle Bemühungen des Agenten, mit welchen er dem Principal seine Leistungsqualität zeigt. Ziel dieser Anstrengungen ist es, das Vertrauen des Principals zu gewinnen, damit ein gültiger und fairer Vertrag zustande kommt. Informiert sich der Principal selber über die Qualitätsmerkmale des Agenten, spricht man von Screening. Bietet der Principal dem Agenten verschiedene, differenzierte Verträge an und überlässt ihm die Wahl eines bestimmten Vertrages, so wird dieser Vorgang Self Selection genannt.
In den beiden anderen Fällen hat der Principal nach Vertragsabschluss Mühe, die Anstrengungen oder Absichten des Agenten im vollen Umfang zu beobachten oder zu messen. Der Abbau von Informationsasymmetrien erfolgt durch MonitoringAktivitäten. Monitoring fasst alle Überwachung- und Kontrollaktivitäten zusammen, die diskretionäres Verhalten des Agenten einschränken.
Die Kosten des Umfanges solcher Massnahmen, mittels derer die schädlichen Massnahmen zu Lasten des Principals beschränkt werden, können den Nutzen aus der Arbeitsteilung schmälern oder sogar aufheben. Dieser Zustand führt in der realen Welt zu Abweichungen von der First-Best-Lösung. Sie sind als Agency Kosten bekannt. Man unterscheidet drei verschiedene Arten:12
- die Signalisierungskosten des Agenten,
- die Kontrollkosten des Principals
- und der verbleibende Wohlstandsverlust.
Signalisierungskosten entstehen dem Agenten aus diversen Signalling-Aktivitäten. Als Kontrollkosten des Principals bezeichnet man die Bemühungen, welche die Kontrolle und Überwachung des Agenten verursachen. Die verbleibende Abweichung von der optimalen Lösung wird als Wohlstandsverlust beschrieben. Ein alternativer Weg der Problemlösung kann in allen drei Fällen der Informationsa- symmetrie über eine Interessenangleichung gegangen werden. Den Agents werden Anreize angeboten, damit diese die gleichen Interessen wie der Principal verfolgen und Entscheidungen in seinem Sinn fällen. Der grosse Vorteil dieses alternativen Vorgehens ist, dass Such- und Informationskosten auf beiden Seiten umgangen werden.
Die Abbildung 1 gibt eine detaillierte Übersicht über die drei Fälle und der entsprechenden Ansätze, welche die Probleme eines jeden Falles abschwächen oder lösen.
Wie müssen nun Anreizsysteme innerhalb eines Unternehmens aussehen, damit sie die Mitarbeiter dazu motivieren, einen Beitrag zur Verwirklichung der Unternehmungsziele zu leisten? Den entscheidenden Ansatzpunkt bildet dabei die Allokation des Risikos zwischen beiden Parteien.13 Die Principal-Agent-Theorie rät zur Übertragung eines Teils des Risikos auf den Agenten in Form eines variablen, leistungsabhängigen Anreizvertrags. Die tatsächliche Höhe der Vergütung ist für den Agenten ungewiss: Neben seinem persönlichen Engagement ist das Arbeitsergebnis ebenfalls von exogenen Umweltfaktoren abhängig, die der Agent nicht beeinflussen kann. Mit steigender Risikoaversion ist er zunehmend weniger an der Übernahme unternehmerischen Risikos und folglich leistungsabhängiger Vergütungen interessiert. Es müssen ihm vermehrt fixe, leistungsunabhängige Anreize geboten werden, damit er seinen Vertrag nicht auflöst. Fringe Benefits sind genau solche Leistungen und erfüllen die gestellten Anforderungen.
Ergänzend sei erwähnt, dass der Agent nicht nur aufgrund der gesetzten Anreize, sondern auch aus Reputationsgründen ein Verhalten im Sinne des Principals zeigen wird.14 Die aktuelle Leistung des Arbeitnehmers dient meistens als Grundlage für das Gehalt in der nachfolgenden Periode. Erfüllt der Arbeitnehmer die Vorstellungen des Arbeitgebers nicht, wird dieser die Kosten und den Nutzen einer Arbeitsvertragsver- längerung abwägen. Sind die Kosten regelmässig grösser als der Nutzen, wird der Arbeitgeber das Vertragsverhältnis aufheben und dies im Arbeitszeugnis entsprechend festhalten. Der Arbeitnehmer wird sich daher hüten, seine Reputation leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
Abbildung 1: Gestaltungsempfehlung der Principal-Agent-Theorie, Quelle: Picot/Dietl/Frank (1999), Seite 91.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Anreizsysteme
Anreizsysteme spielen im Bereich der Interessenangleichung zwischen Principal und Agent eine wichtige Rolle. Ein modernes Personalmanagement berücksichtigt diesen Gedanken und misst der Gestaltung solcher Systeme eine grosse Bedeutung zu. Unter Anreizsystem versteht man die Gesamtheit der von der Unternehmung gewährten Zahlungen, die den Arbeitnehmern Nutzen stiften.15 „ Anreize sind von der Organisation gewährte Vergütungen für die Bereitschaft einer Person, in einer Organisation als Mitglied einzutreten und nach Annahme der Mitgliedschaft indivi- duelle Beiträge in Form von Zeit, Energie oder anderen Ressourcen zur Realisation des Organisationsziels zu leisten. “ 16 Wie hoch der Nutzen eines Anreizes einge- schätzt wird, hängt stark von den Bedürfnissen und der Wahrnehmung des einzelnen Individuums ab. Je stärker die Anreize den sich im Zeitverlauf ändernden Bedürfnissen des Arbeitnehmers entsprechen, desto eher wird dieser das gewünschte Verhalten zeigen. Wichtig ist, dass die geforderte Arbeitsleistung den gewährten Anreizen wertmässig mindestens entspricht und keinen Vergleich zu anderen An- reizpaketen, die auf dem Arbeitsmarkt für ähnliche Leistungen angeboten werden, zu scheuen braucht.
Eine wichtige Voraussetzung für die Wirkung von Anreizen besteht darin, dass sie für den Mitarbeiter hinreichend begehrenswert sind und einen hohen Wert darstellen. Der Kreativität bei finanziellen Anreizen sind keine Grenzen gesetzt: Gehalt, Prämie, Erfolgsbeteiligung, Zahlungen für die Alterversorgung, Lebensversicherungen, Produktvergünstigungen, Darlehen etc. sind nur eine kleine Auswahl der Möglich- keiten.
Einerseits wird zwischen monetär bewertbaren und nicht monetär bewertbaren Anreizen unterschieden. Folgende Grafik gibt eine Übersicht über die Vielfalt der Anreizmöglichkeiten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Klassifikation von Anreizen, Quelle: Brandenberg (2001), Seite 37.
Eine andere Klassifikationsart teilt Anreize in solche materieller sowie immaterieller Natur auf. Zu der ersten Gruppe zählen unter anderem Löhne, Gehälter und Erfolgsprämien. Beförderungen, Anerkennungen und andere innerbetriebliche Fördermassnahmen sind den immateriellen Anreizen zuzurechnen.
Anreizsysteme haben einen grossen Einfluss auf das Verhalten der Arbeitnehmer, die im Rahmen eines Motivationsmanagements zur Vornahme von erforderlichen Handlungen veranlasst werden. Dadurch wird die Umsetzung der erarbeiteten strategischen und operativen Pläne erst ermöglicht. Aufgrund dieser steuernden und handlungsleitenden Funktion stellen Anreizsysteme wesentliche Instrumente zur Führung eines Unternehmens dar.
2.3 Motivationstheorie
Anreize und Motive stehen in einer engen Beziehung zueinander. „ Motivation ist ein hypothetisches Konstrukt. Es bezeichnet jenen Teil des menschlichen Handelns, der ihm die Richtung, Stärke und Dauer verleiht. Motivation ist so etwas wie die Energie, die ein Individuum für eine bestimmte Handlung aktiviert. “ 17 Üblicherweise wird zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation unterschieden, wobei sich die Principal-Agent-Theorie ausschliesslich auf die extrinsischen Arbeitsanreize konzentriert.
Bei der extrinsischen Motivation wird davon ausgegangen, dass die Motivation durch externe Belohnung zustande kommt und verstärkt wird. Das gewünschte Verhalten wird durch einen Belohnungs- oder Sanktionsanreiz herbeigeführt. Verhält sich der Agent im Sinne des Principals, so wird der Agent in vereinbarter Weise belohnt. Weicht das Verhalten des Agenten von den Forderungen des Principals ab, so wird der Anspruch des Agenten auf die Belohnung zwecks Bestrafung gestrichen.
Die intrinsische Motivation geht davon aus, dass Motivation durch Interesse an der Tätigkeit oder der Sache selbst entsteht, auch ohne externe Belohnung. Die Aufgabe eines Arbeitnehmers ist demzufolge so zu gestalten, dass dieser in der Ausübung seiner Tätigkeit Befriedigung findet und sich mit dem Produkt seiner Tätigkeit identifizieren kann. Dadurch werden beim Arbeitnehmer Kräfte bzw. Motivation zur Vollendung oder Fortführung seiner Arbeit freigesetzt.
Motivationstheorien lassen sich in zwei Kategorien aufteilen: Inhaltstheorien und Prozesstheorien.18 Inhaltliche Theorien beschäftigen sich mit den konkreten Bedürfnissen bzw. Motiven (wie zum Beispiel Lohn, Anerkennung usw.), die das Verhalten des Menschen bestimmen. Je nach Intensität und Bedeutung der Bedürf- nisse wird ein Individuum sich durch Anreize zu einem bestimmten Verhalten bewegen lassen. Die wichtigsten Vertreter dieses Ansatzes sind Maslow, der Bedürf- nisse in Pyramidenform hierarchisch ordnet, sowie Herzberg, der zwischen Hygiene- und Motivationsfaktoren unterscheidet.
Prozesstheorien versuchen den Prozess der Entstehung, Ausrichtung und Energieaus- stattung von menschlichem Verhalten formal zu erklären. Die bekannteste Prozess- theorie ist die Erwartungs-Wert-Theorie von Vroom. Sie betrachtet den Menschen als denkendes, zielgerecht handelndes Individuum. Motivation wird als Prozess beschrieben, der die Wahl zwischen verschiedenen Aktivitäten bestimmt. Eine solche Theorie kann nur über den Prozess der individuellen Entscheidungsfindung aufklären, nicht jedoch über die inhaltlichen Gründe, welche für die getroffene Entscheidung ausschlaggebend sind. Hat der Arbeitnehmer eine Entscheidung getroffen, tritt er entweder dem Unternehmen bei und erbringt Leistungen in bestimmtem Umfang oder er tritt dem Unternehmen nicht bei. Warum er so handelt, kann mit dieser Theorie nicht untersucht werden.
3 Fringe Benefits
Der Begriff ist aufgrund des englischen Sprachgebrauchs in der Bevölkerung wenig bekannt. Einige damit verbundene Leistungen sind hingegen weit verbreitet und allgegenwärtig. So sind in der Schweiz insbesondere auf den unteren Hierarchiestufen verbilligte Reka-Checks als Lohnbestandteil ein häufig anzutreffender Fringe Benefit. In der betriebswirtschaftlichen Literatur findet man keine eindeutige Definition, anhand welcher eine Leistung klar und deutlich als Fringe Benefit identifiziert werden kann. Eine gewisse Unkenntnis in der Bevölkerung ist daher auch auf die verschiedenen, mehrdeutigen Definitionen zurückzuführen.
Damit Fringe Benefits genauer von anderen Lohnbestandteilen abgegrenzt und auf ihre Bedeutung untersucht werden können, gilt in der vorliegenden Arbeit die in der Einleitung erläuterte Definition.
3.1 Gründe und Wirkung
Die Gründe für die Nachfrage bzw. das Angebot von Fringe Benefits und deren Wirkung sind aus Sicht der betroffenen Parteien unterschiedlich. Arbeitnehmer verfolgen andere Ziele und Interessen als Arbeitgeber. Ziele, die durch den Einsatz freiwilliger Zusatzleistungen erreicht werden wollen, müssen im Voraus definiert und deren Erfolg kontrolliert werden. Mit ändernden Umweltbedingungen muss sich die Unternehmung regelmässig befassen, um die Wirkung und Kosten- bzw. Nutzen- verhältnisse auf einem optimalen Level zu halten. Ein starkes Fringe Benefit-System berücksichtigt die Interessen des Arbeitgebers, des Arbeitnehmers und der Kunden.19
3.1.1 Sicht des Arbeitnehmers
Arbeitnehmer mit hohen Einkommen sind aufgrund der Steuerprogression eher an weniger steuersensitiven Einkommensbestandteilen interessiert. Solche Individuen sind erpicht, einen Teil der materiellen Bedürfnisse nicht über das zu versteuernde Gehalt, sondern direkt über steuerneutrale Leistungen der Unternehmung abzudecken. Fringe Benefits sind aufgrund der eher locker geregelten steuerlichen Behandlung eine interessante Alternative, wobei natürlich die Steuerbehörden die Art und den wertmässigen Umfang solcher Leistungen berücksichtigen. So ist in einer kürzlich erschienenen Auflage der Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag zu lesen, dass Untenehmen vermehrt Naturalleistungen und Fringe Benefits auszahlen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung will dieser Tendenz Einhalt gewähren, indem ab dem Jahr 2005 solche Leistungen in der ganzen Schweiz auf dem Lohnausweis des Arbeitnehmers detailliert aufgeführt werden müssen.20 So ist auch am 3. November 2002 eine Motion mit dem gleichen Ziel im Nationalrat eingereicht worden. „Der Lohnausweis hat sämtliche Leistungen des Arbeitgebers zu enthalten, ohne Rücksicht auf die Bezeichnung, unter der sie ausgerichtet werden (insbesondere Lohn; Zulagen; Gratifikationen; Gehaltsnebenleistungen, so genannte Fringe Benefits; Spesenvergütung)“.21
Alter, Geschlecht und Geschmack spielen eine grosse Bedeutung bezüglich Begehrlichkeit einzelner Fringe Benefits. Ältere Mitarbeiter sind tendenziell eher weniger an verbilligten Fitness- oder Sportclubabonnementen interessiert, jüngere Leute schätzen solche Möglichkeiten viel mehr. Vorsorgeleistungen spielen dagegen für ältere Leute eine grössere Bedeutung als für jüngere Leute. Lazear stellt fest, dass weibliche Mitarbeiter Fringe Benefits, die den familiären Bedürfnissen entgegenkommen wie zum Beispiel Teilzeitarbeit oder flexible Arbeitszeiten, einen höheren Wert zumessen als dies männliche Mitarbeiter tun.22
Green spekuliert, dass Mitarbeiter mit hoher Ausbildung häufiger Fringe Benefits beziehen.23 Einerseits verdienen gut ausgebildete Arbeitnehmer üblicherweise mehr als schlechter ausgebildete. Angesichts des höheren Einkommens ist ihre Nachfrage nach steuerneutralen Entschädigungsformen grösser. Andererseits erkennen sie den wahren Wert und die Vorteile solcher Leistungen oft besser als ihre Kollegen, welche eine schlechtere Ausbildung genossen haben.
Verbilligte oder überobligatorische Versicherungsmöglichkeiten im Bereich Ruhe- stand, Krankheit, Unfall, Invalidität oder Tod decken Sicherheitsbedürfnisse ab, welche durch andere Lohnbestandteile nur unzureichend befriedigt werden.
[...]
1 Vgl. Leciejewski/Dahlems (1997), Seite 15.
2 Vgl. Wälchli (1995), Seite 298.
3 Kappl/Uschatz (1992), Seite 150.
4 Hill (1954), Seite 222.
5 Die Agency-Theorie zählt zusammen mit der Transaktionskosten- und der Property-Rights-Theorie zur sogenannten „neuen Institutionenökonomik“. Ausgangspunkt dieser Theorien ist, dass Transaktionen auf dem Markt kostenpflichtig sind. Das Preissystem ermöglicht keine kostenneutrale Koordination von Tauschbeziehnung. Neu wird das Institut des Vertrages als Ansatz gewählt und spielt in diesen Theorien die zentrale Rolle. Die Agency-Theorie geht insbesondere auf die frühen Arbeiten von Stiglitz (1974) und Ross (1973) zurück.
6 Vgl. Brandenberger (2001), Seite 4.
7 Vgl. Petersen (1989), Seite 24.
8 Vgl. Haid (1997), Seite 10.
9 Vgl. Picot/Dietl/Frank (1999), Seite 85.
10 Vgl. Haid (1997), Seite 14.
11 Vgl. Picot/Dietl/Frank (1999), Seite 90.
12 Vgl. Picot/Dietl/Frank (1999), Seite 86.
13 Vgl. Brandenberg (2001), Seite 5.
14 Vgl. Picot/Dietl/Frank (1999), Seite 92.
15 Vgl. Petersen (1989), Seite 4.
16 Frese (1980), Seite 286.
17 Wächter (1990), Seite 202.
18 Vgl. Osterloh, Gerhard (1992), Seite 125.
19 Vgl. McColl-Kennedy/Kiel/Dann (1993), Seite 2.
20 Vgl. Aschwanden (2003), Seite 16.
21 Vgl. Kurrus (2002), Seite 1.
22 Vgl. Lazear (1995), Seite 57.
23 Vgl. Green (1985), Seite 270.
- Arbeit zitieren
- Nils Wimmersberger (Autor:in), 2003, Die Bedeutung von Fringe Benefits als Lohnbestandteil, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16227
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