In seinem Vorwort zu den Beiträgen des Bad Homburger Kolloquiums von 1999, die
unter dem Titel ”Fakten und Fiktionen, Strategien fiktionalbiographischer Dichterdarstellungen
in Roman, Drama und Film seit 1970” erschienen, sagt der Herausgeber
Christian von Zimmermann, das Material an historischen Quellen, welches der Autor
einer Biographie heranzieht, könne in seiner Form Aussage über die Intention des
Autors treffen.1 Diese Aussage ließe sich in Sten Nadolnys Roman „Die Entdeckung der
Langsamkeit“, welcher schon 1980, drei Jahre vor Erscheinen, für das fünfte Kapitel
„Kopenhagen 1801“ mit dem Ingeborg Bachmann-Preis ausgezeichnet und nach
Erscheinen bei der Kritik durchweg positiv aufgenommen wurde, weiter ausführen. Der
Roman, von Helmut Mottel als Mischung aus Historien-, Bildungsroman und
Reisebericht definiert, ist geprägt von der Figur und Geschichte des historisch realen
Seefahrers John Franklin, der in seiner Person als Schnittstelle von Historie und Fiktion
fungiert.2 Diese Verknüpfung von real Existentem und Irrealem ist typisch für den
Roman der siebziger und achtziger Jahre. Die Autoren, so Ralph Kohpeiß, „suchen [...]
dem Vorwurf des vergangenheitsseligen Rückzugs in die Geschichte durch eine
entschiedene Betonung des Gegenwartscharakters ihrer Werke zuvorzukommen“.3 „Die
Entdeckung der Langsamkeit“ gehört neben anderen Werken, wie beispielsweise Edgar
Hilsenraths „Märchen vom letzten Gedanken“ (1989), zur Reihe jener Romane, die
Geschichte erzählen, aber gleichzeitig Gegenwartsbezug zu Entstehungszeit aufbauen.
Die Art der Verbindung von Fakten und Fiktion und deren Funktion in Nadolnys
Roman soll folgend genauer dargestellt werden.
1 Vgl. Zimmermann, Christian von (Hrsg.): Fakten und Fiktionen. Strategien fiktionalbiographischer
Dichterdarstellungen in Roman, Drama und Film seit 1970. Beiträge des Bad Homburger Kolloquiums,
21.-23. Juni 1999. Tübingen 2000, S.3.
2 Vgl. Mottel, Helmut: „Die Entdeckung der Langsamkeit – ein postmoderner Erfolgsroman“. In: Bunzel,
Wolfgang (Hrsg.): Sten Nadolny. Eggingen 1996.
3 Kohpeiß, Ralph: Sten Nadolny. Die Entdeckung der Langsamkeit. In: Oldenbourg Interpretationen, Bd.
77, 2. Auflage, München, Oldenbourg 1999, S.21.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- John Franklin – historische Persönlichkeit mit fiktiven Charakterzügen
- Funktion der Verbindung von Fiktion und Historie
- Nadolnys Zivilisationskritik im Sinne Paul Virilios
- Orientierung Nadolnys an Michel Foucault
- Schlußwort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Verbindung von Historie und Fiktion in Sten Nadolnys Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“. Sie untersucht, wie Nadolny die Figur des historischen Seefahrers John Franklin nutzt, um eine kritische Auseinandersetzung mit Zivilisation und Moderne zu entwickeln.
- Die Rolle der Langsamkeit als zentrales Motiv im Roman
- Die Verbindung von historischen Fakten und fiktiven Elementen in der Darstellung John Franklins
- Die Kritik an der Beschleunigung der Moderne und der Verlust der individuellen Erfahrung
- Die Auseinandersetzung mit den philosophischen Ideen von Paul Virilio und Michel Foucault
- Die Bedeutung der Langsamkeit als Gegenentwurf zur modernen Zivilisation
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt den Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ von Sten Nadolny im Kontext der fiktionalbiographischen Literatur dar. Es werden die wichtigsten Merkmale des Romans beleuchtet, wie die Verbindung von Historie und Fiktion, die zentrale Figur John Franklins und die Kritik an der Moderne.
John Franklin – historische Persönlichkeit mit fiktiven Charakterzügen
Dieses Kapitel befasst sich mit der Figur John Franklins und der Frage, wie Nadolny historische Fakten mit fiktiven Elementen verbindet. Es wird gezeigt, dass die Langsamkeit als charakteristisches Merkmal des literarischen Franklin eine zentrale Rolle spielt und dem Leser einen kritischen Blick auf die Geschichte und die moderne Gesellschaft ermöglicht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Langsamkeit, Geschichte, Fiktion, Moderne, Zivilisation, John Franklin, Sten Nadolny, Paul Virilio, Michel Foucault, fiktionalbiographische Literatur, Roman der Postmoderne.
- Quote paper
- Franziska Sperner (Author), 2003, Die Verbindung von Historie und Fiktion und deren Funktion in Sten Nadolnys "Die Entdeckung der Langsamkeit", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16217