Personallehre beschäftigt sich mit Vorgängen in Organisationen. Da Organisationen hochkomplexe soziale Gebilde sind, müssen sich (Organisations-)Theorien auf bestimmte Aspekte konzentrieren, gewisse Eigen-schaften hervorheben und andere ausblenden.
Dies lässt sich auch auf die Personallehre übertragen, was zu einer Perspektiveneinteilung in Personalökonomie, Personalmanagement und Personalpolitik führte, die wiederum selbst unterschiedliche Sichtweisen und Ansätze beinhalten (vgl. Ridder 2007: 67 & 83; Krell 2007: 25). So erscheint beispielsweise aus dem Blickwinkel der Personalpoli-tik das Personalmanagement als eine Instrumentenansammlung zum Zwecke der bloßen Kontrolle seitens der Unternehmer, wohingegen beim Personalmanagement Arbeitnehmerinnen als potentielle Möglichkeit für die Schaffung von strategischen Wettbewerbsvorteilen gesehen werden (vgl. Nienhüser 2004: 1672; Ridder 2007: 87). Dies unterstreicht die Notwen-digkeit, sich der Perspektivenvielfalt der Personallehre bewusst zu sein.
Im Folgenden werden die drei programmatischen Orientierungen der Personallehre anhand ihrer Grundzüge umrissen und mittels eines theoretischen Zugangs erläutert. Abgeschlossen wird jedes Unterkapitel mit einer Fragestellung, die die Grundzüge der jeweiligen Perspektive bezogen auf das Thema Personalentwicklung reflektieren soll.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
2. Programmatische Orientierungen der Personallehre
2.1 Grundzüge der Personalökonomie & die Prinzipal-Agenten-Theorie
2.2 Grundzüge des Personalmanagements & der ressourcenbasierte Ansatz
2.3 Grundzüge der Personalpolitik & Ansätze der marxistischen Perspektive
3. Fazit
Literaturverzeichnis
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1. Einleitung
Personallehre beschäftigt sich mit Vorgängen in Organisationen. Da Organisationen hochkomplexe soziale Gebilde sind, müssen sich (Organisations-)Theorien auf bestimmte Aspekte konzentrieren, gewisse Eigenschaften hervorheben und andere ausblenden (vgl. Kieser 1993: 12).
Dies lässt sich auch auf die Personallehre übertragen, was zu einer Perspektiveneinteilung in Personalökonomie, Personalmanagement und Personalpolitik führte, die wiederum selbst unterschiedliche Sichtweisen und Ansätze beinhalten (vgl. Ridder 2007: 67 & 83; Krell 2007: 25). So erscheint beispielsweise aus dem Blickwinkel der Personalpolitik das Personalmanagement als eine Instrumentenansammlung zum Zwecke der bloßen Kontrolle seitens der Unternehmer, wohingegen beim Personalmanagement Arbeitnehmerinnen als potentielle Möglichkeit für die Schaffung von strategischen Wettbewerbsvorteilen gesehen werden (vgl. Nienhüser 2004: 1672; Ridder 2007: 87). Dies unterstreicht die Notwendigkeit, sich der Perspektivenvielfalt der Personallehre bewusst zu sein.
Im Folgenden werden die drei programmatischen Orientierungen der Personallehre anhand ihrer Grundzüge umrissen und mittels eines theoretischen Zugangs erläutert. Abgeschlossen wird jedes Unterkapitel mit einer Fragestellung, die die Grundzüge der jeweiligen Perspektive bezogen auf das Thema Personalentwicklung reflektieren soll. Die Arbeit schließt mit einem Fazit, in dem die Ausarbeitungen zusammengefasst und gegenübergestellt werden.
2. Programmatische Orientierungen der Personallehre
Im Folgenden soll die Personallehre auf ihre Perspektivenvielfalt hin umrissen werden und darauf aufbauend Fragestellungen zum Thema Personalentwicklung abgeleitet werden.
2.1 Grundzüge der Personalökonomie & die Prinzipal-Agenten-Theorie
Alewell und Canis (2005) unterscheiden bei der Perspektive Personalökonomie zwei Sichtweisen. Beiden ist gemein, dass sie sich bei der Vorgehensweise auf die Verwendung des ökonomischen Verhaltensmodells beziehen. Die enger gefasste Sichtweise spricht nur von einer ökonomischen Analyse, wenn sich auf den Gegenstandsbereich Ökonomie bezogen wird, wohingegen sich die zweite durch die charakteristische Vorgehensweise auszeichnet, was die ökonomische Analyse von verschiedenen Gegenstandsbereichen ermöglicht (vgl. ebenda: 163).
Das ökonomische Verhaltensmodell, als Grundvoraussetzung für eine ökonomische Analyse, beinhaltet als zentrales Element die Annahme des methodologischen Individualismus. Demzufolge kann alles beobachtbare Verhalten, samt Ergebnissen, auf Individuen zurückgeführt werden. Bei der Analyse wird von einem „repräsentativen Durchschnittsindividuum“ ausgegangen, das sich in einer Situation der Knappheit befindet, und seine Bedürfnisse aus dem Abgleich der sich ergebenden Restriktionen und Handlungsalternativen mit seinen Präferenzen, nutzenmaximierend und rational befriedigt. Festzuhalten ist, dass beim ökonomischen Verhaltensmodell die Präferenzen des Individuums, die zur Abwägung der Handlungsalternativen dienen, als fix angesehen werden und verändertes Verhalten hier durch eine Veränderung der Situation oder der alternativen Handlungsmöglichkeiten begründet ist (vgl. Alewell & Canis 2005: 163-164; Kirchgässner 1991 zitiert nach ebenda: 164).
Als zweites zentrales Element arbeiten die Autoren unter Bezugnahme auf Becker (1976) „[...] die Analyse von Gleichgewichtszuständen auf Märkten[.]“ (Alewell & Canis 2005: 164) heraus. Märkte sind nötig für die Koordination der individuellen Handlungen und Entscheidungen und umfassen Tauschvorgänge, die als soziale Interaktionen interpretiert werden können (vgl. Becker 1976 zitiert nach ebenda: 164). Das Kosten-Nutzen-Konzept, Anreizsysteme und die Investition (bspw. in Humankapital) sind aus dem ökonomischen Verhaltensmuster abgeleitete Interpretationsmuster (vgl. ebenda: 165).
Im Folgenden werde ich die Prinzipal-Agenten-Theorie als beispielhaften theoretischen Zugang erläutern und anschließend darauf aufbauend eine Fragestellung zum Thema Personalentwicklung ableiten.
Die neuere Personalökonomik befasst sich unter spezifischen Annahmen mit Kostenaspekten im Rahmen der Beschaffung und des Einsatzes von Personal (vgl. Ridder 2007: 67). Dieser weiter oben schon genannte Kosten-Nutzen-Aspekt spiegelt sich auch in der Prinzipal-Agenten-Theorie (PAT) wider, welche in der Personallehre insbesondere die Vertragsbeziehungen zwischen Arbeitgerberin und Arbeitnehmerin beleuchtet. Im Sinne einer arbeitsteiligen Gesellschaft wird angenommen, dass die mit einer „fremden Aufgabe“ beauftragte Arbeitnehmerin nicht (immer) freiwillig mit größtmöglicher Effizienz arbeitet. Da Informationen weder kostenlos noch vollständig sind, kann die Arbeitgeberin nicht ständig prüfen, ob die beauftragten Personen die Arbeit so ausführen, wie sie diese selbst ausführen würde (vgl. ebenda: 70-71). Als Grundannahmen werden unterstellt, dass die Ziele von Prinzipal (Arbeitgeberin) und Agent (Arbeitnehmerin) mit Konfliktpotential verbunden sein können und der Agent bezüglich der Erledigung der Aufgabe mit einem Informationsvorsprung ausgestattetet ist. Es ergibt sich die Problematik, die Vertragsgestaltung möglichst so auszurichten, dass die Interessen des Prinzipals, hier der Arbeitgeberin, auch ohne vollständige Überwachung eingehalten werden. Als wesentliche Elemente sind zu nennen:
Das Verhalten der Akteure
Informationsprobleme,
Kontrollprobleme,
Vertragsgestaltung (vgl. Ridder 2007: 71-72 sowie ebenda: 71 und die dort angegebe
nen Quellen).
Auf Basis der personalökonomischen Perspektive und der PAT lässt sich fragen, inwieweit Instrumente der Personalentwicklung dazu beitragen können, Zielkonflikte zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin abzubauen. Fort- und Weiterbildungen könnten dazu dienen, Informationsasymmetrien zu minimieren und so die Kontrollprobleme und damit verbundene Kosten zu verringern. Man könnte empirisch prüfen, ob Arbeitnehmerinnen, die an Personalentwicklungsprogrammen teilgenommen haben (intrinsisch) motivierter sind, und sich so die Informationsasymmetrien sowie die damit verbundenen Kontrollkosten minimieren lassen. Im Sinne des Kosten-Nutzen Kalküls der Personalökonomie wären Personalentwicklungsmaßnahmen nur sinnvoll solange die Kosten hierfür geringer bleiben als die durch die Informationsasymmetrie verursachten Kontrollkosten.
2.2 Grundzüge des Personalmanagements & der ressourcenbasierte Ansatz
Auf der Ebene des Personalmanagements lassen sich grundsätzlich zwei Konzepte unterscheiden: Das Harvard- und das Michigan Konzept. Zur kurzen Umreißung dieser Perspektive beziehe ich mich auf das Michigan Konzept (vgl. Tichy et al. 1982: 47-50).
Tichy et al. sehen das Personalmanagement als strategischen Faktor, der erstmals von Galbraith und Nathanson in die strategische Arena hinzugefügt worden ist (vgl. ebenda: 48). Grundsätzlich wird bei dieser programmatischen Orientierung das Personal als Ressource gesehen, die bei korrektem strategischem Einsatz „[...] einen eigenständigen Beitrag zur Begründung [...] von Wettbewerbsvorteilen zu leisten[.]“ (Ridder 2007: 83) vermag.
Wright et al. (1994) sprechen dem Humankapital sogar einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes (RBA) zu. Die Autoren kommen nach der theoriegeleiteten Analyse zu dem Schluss, dass Humanressourcen eine Quelle für einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil sind, da sie als wertvoll, selten, unimitierbar und nicht substituierbar im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes gelten und dass eine Integration der Humanressourcen nach dem RBA in die Formulierungsphasen der Unternehmensstrategie sinnvoll ist (vgl. ebenda: 8-13 & 23).
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- Quote paper
- Daniel Stitz (Author), 2009, Programmatische Orientierungen der Personallehre, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161849
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