Der Diskurs um Migration und Integration ist in Deutschland mittlerweile überwiegend zu einem Problemdiskurs geworden. Phänomene wie Jugendgewalt, ethnische Segregation verbunden mit Gettoisierungstendenzen, Prekarisierung und selbst das Aufkommen von religiösem Fundamentalismus werden in direkten Zusammenhang mit Migration gestellt. Eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung dieser Probleme spielt die mediale Darstellung beziehungsweise Inszenierung spektakulärer Fälle wie der gewalttätige Übergriff zweier junger Männer mit Migrationshintergrund auf einen Rentner in einer Münchner U-Bahn im Dezember 2007. Der durch solche Vorfälle angeheizte Diskurs spiegelt dabei das ganze Spektrum politischer Meinungen in Bezug auf Migration wieder – von ablehnenden, teilweise rassistisch gefärbten Argumentationsmustern bis hin zur Forderung nach verstärkten Integrationsbemühungen und einer weiteren Öffnung der Gesellschaft. Diese Vorkommnisse und die dazugehörigen Diskussionen zeigen, dass Migration mittlerweile als gesellschaftliche Realität anerkannt wird. Sie offenbaren aber auch eine gewisse Ratlosigkeit darüber, welche Konsequenzen Migration für die deutsche Gesellschaft hat und in welchem Zusammenhang beispielsweise Probleme wie Jugendgewalt mit Migration stehen. Die Vielzahl der diskutierten politischen Handlungsoptionen verweist auf eine ebenso große Zahl von Problem- und Ursachenanalysen. Es kann kaum verwundern, dass auch der fachwissenschaftliche Diskurs zu diesem Thema keineswegs einer einheitlichen Linie folgt, sondern in vielen Punkten rege und kontroverse Debatten geführt werden.Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob jugendliche Migranten tatsächlich in höherem Maße als Straftäter auftreten als vergleichbare Gruppen und andererseits auch, wie miteinander konkurrierende Interpretationsansätze dieses Phänomen interpretieren und zu erklären versuchen. Dazu wird zunächst versucht, anhand von empirischem Material eine ungefähre Bestimmung der Gewaltbelastung jugendlicher Migranten vorzunehmen. Hierfür werden die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Landes Berlin als Hellfeld-Statistik und eine Schülerbefragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) als Dunkelfeld-Studie herangezogen.
Inhalt
1 Einleitung
2 Problemaufriss: Gewalthandeln bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund
3 Empirische Befunde zum Gewalthandeln Jugendlicher mit Migrationshintergrund
3.1 Zur Auswahl des Datenmaterials
3.2 Daten der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS)
3.2.1 Zur Methode der Datenerhebung
3.2.2 Befunde aus der PKS Berlin 2007
3.3.3 Interpretation der empirischen Befunde der PKS Berlin 2007
3.3 Schülerbefragung 2005 des KFN
3.3.1 Zur Methode der Datenerhebung
3.3.2 Befunde der KFN-Schülerbefragung 2005
3.3.3 Interpretation der Ergebnisse der KFN-Schülerbrefragung 2005
3.4 Fazit aus den empirischen Befunden
4 Erklärungsansätze und Kritik an ihnen
4.1 „Kultur der Ehre“
4.2 Kritik am Konzept der „Kultur der Ehre“
4.3 Gewalt als Ausdruck sozialer Desintegration
5 Fazit: Gewalt Jugendlicher mit Migrationshintergrund als Problem der ganzen Gesellschaft
6 Literatur
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