Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG kann „jedermann“ Verfassungsbeschwerde erheben.
Die Grundrechtsfähigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist vor diesem Hintergrund jedenfalls dann zu verneinen, wenn diese öffentliche Aufgaben wahrnimmt.
Juristische Personen als Grundrechtsinhaber anzusehen und sie in den Schutzbereich bestimmter materieller Grundrechte einzubeziehen, ist nur dann gerechtfertigt, wenn ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der natürlichen Personen ist.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen zu Lasten von privaten Verbrauchern. Die Beschwerdeführerin ist ein Gasversorgungsunternehmen. Sie wurde vom Land B... nach der deutschen Wiedervereinigung privatisiert. Aus den angegriffenen Entscheidungen sei an keiner Stelle ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof erkannt und berücksichtigt habe, dass sich die Beschwerdeführerin bei der Vereinbarung der Preisanpassungsklausel im Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG bewegt habe. Die verfassungsrechtlich gebotene sorgfältige Analyse und Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Schutzgüter fehle. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Vertragsfreiheit im vorliegenden Fall nicht durch Art. 12 Abs. 1 GG, sondern durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt sei, ändere sich im Ergebnis nichts. Zudem führten die angegriffenen Entscheidungen zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung ihrer Berufsfreiheit, zu der es auch gehöre, das Entgelt für die eigene berufliche Leistung frei aushandeln zu können. Sie nähmen der Beschwerdeführerin angesichts deutlich gestiegener Beschaffungspreise wesentliche Teile ihres leistungsäquivalenten Vergütungsanspruchs. Dies betreffe eine sehr große Zahl von Kundenverhältnissen, und in fast allen Fällen gehe es um mehrfache, sich kumulierende Preisanpassungen und längere Zeiträume.
Inhaltsverzeichnis
- Privatautonomie und Inhaltskontrolle privatrechtlicher AGB*1
- Verfassungsbeschwerden
- Die Verfassungsbeschwerden sind jedenfalls nicht in vollem Umfang zulässig
- Form und Inhalt der Verfassungsbeschwerde
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der Frage der Privatautonomie und Inhaltskontrolle privatrechtlicher AGBs am Beispiel von Gaspreiserhöhungen durch ein Gasversorgungsunternehmen.
- Grundrechtsfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts
- Inhaltskontrolle von AGBs und deren Übereinstimmung mit gesetzlichen Regelungen
- Beschwerdefähigkeit im Verfassungsrecht
- Die Bedeutung von Tarifkunden- und Sonderkundenverhältnissen im Energieversorgungsrecht
- Die Auslegung von AGBs im Hinblick auf eine mögliche unangemessene Benachteiligung von Kunden
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel behandelt den Sachverhalt und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Verfassungsbeschwerden gegen die Gaspreiserhöhungen. Es beschreibt die Position des Gasversorgungsunternehmens, die Preisanpassungsklausel in den AGBs und die gerichtlichen Instanzen, die sich mit dem Fall befasst haben.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Frage der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden. Es analysiert die Beschwerdefähigkeit des Gasversorgungsunternehmens und erörtert, ob es Träger von Grundrechten ist, die durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verletzt wurden.
Das dritte Kapitel geht auf die Form und den Inhalt der Verfassungsbeschwerde ein. Es erläutert die Anforderungen an die Begründung, die Fristvorgaben und die Bedeutung des Rechtswegs vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde.
Schlüsselwörter
Privatautonomie, Inhaltskontrolle, AGBs, Gasversorgung, Verfassungsbeschwerde, Beschwerdefähigkeit, Grundrechte, Tarifkunden, Sonderkunden, Preisänderungsrecht, Äquivalenzverhältnis, Rechtsschutzbedürfnis, Rechtswegerschöpfung, Subsidiaritätsprinzip.
- Citation du texte
- Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Auteur), 2010, Privatautonomie und Inhaltskontrolle privatrechtlicher AGB, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160802