Die Thematik des „Demografischen Wandels“ ist allgegenwärtig, sei es auf Tagungen, in den Tageszeitungen, in Fachzeitschriften, im Internet oder in den Fernsehnachrichten. Nicht selten trifft man in diesem Zusammenhang auf den Begriff des Fachkräftemangels. Mit ihm verbunden sind oftmals Aussagen wie: „400 000 Fachkräfte fehlen: Der Fachkräftemangel nimmt nach Einschätzung des DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammer; Anmerkung der Autorin) ein bedrohliches Ausmaß an“ (Focus online, 2007), Fachkräfte fehlen: Bald droht Arbeitskräftemangel in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft könnte bald stärker unter einem Personalmangel leiden als gedacht. Schon 2015 sollen dem Arbeitsmarkt fast drei Millionen Kräfte fehlen.“ (Tagesspiegel online, 2009).
Sie signalisieren, dass die Arbeitsmarktsituation in Deutschland angespannt ist und bereits heute Fachkräfte fehlen. Das führt an dieser Stelle zu mehreren Fragen: Was ist unter der Begrifflichkeit des „Demografischer Wandels" zu verstehen? Was wird man in der Zukunft wirklich von den demografischen Entwicklungen zu erwarten haben? Fällt der Mangel an Arbeitskräften tatsächlich so stark aus wie die Prognosen vermuten lassen? Besteht ein Handlungsbedarf? Welche Maßnahmen können helfen, den demografischen Entwicklungen entgegenzuwirken? Die vorliegende Arbeit versucht Antworten zu finden.
Ostdeutschland wird den Prognosen zufolge besonders stark von den zukünftigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen betroffen sein. Vor allem der Fachkräftemangel und die dennoch hohe Arbeitslosigkeit werden für die Wirtschaft immer mehr zum Problem. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Arbeit insbesondere mit den ostdeutschen Veränderungen und hier besonders mit den Herausforderungen des Wandels im Land Sachsen-Anhalt, die Weiterbildungen und Nachqualifizierungen immer mehr an Bedeutung gewinnen lassen. Es gibt bereits zahlreiche Varianten in der Erwachsenenbildung, mit denen versucht wird, der Demografie entgegen zu wirken. Ein Instrument sind so genannte Beschäftigungsprojekte, die der Integration von Arbeitslosengeld II-Empfängern (kurz: ALG II-Empfängern) auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen sollen. Ob die Integration mittels solcher Projekte erfolgreich ist, ist jedoch umstritten. Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit wird es daher sein, die Nachhaltigkeit solcher Projekte zu untersuchen und neue Ansätze zum Umgang mit dem „Demografischen Wandel“ zu präsentieren.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Ausgangssituation und Zielsetzung
2 Die demografische Entwicklung in Ostdeutschland
2.1 Der „Demografische Wandel“ im Überblick
2.2 Der „DemografischeWandel“ im Osten
2.3 Ursachenanalyse
3 Konsequenzen für den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt
3.1 Analyse der Fachkräfteentwicklung in Sachsen-Anhalt
3.2 Analyse der Fachkräftesituation im Landkreis Harz
3.3 Lösungsansätze zur Behebung des Fachkräftemangels
4 Die Bedeutung der Erwachsenenbildung
4.1 Einordnung der Erwachsenenbildung in das Bildungssystem
4.2 Betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen für Geringqualifizierte
4.3 Kritik an der Erwachsenenbildung
5 Beschäftigungsprojekte im Allgemeinen
5.1 Definition und Zielsetzung von Beschäftigungsprojekten
5.2 Erfolgsanalyse
5.3 Kritische Beurteilung
6 Das Beschäftigungsprojekt „Kleiner Harz“ in Wernigerode
6.1 Vorstellung „Kleiner Harz“
6.2 Ziele und Erfolge des „Kleinen Harz“
6.3 Beurteilung der Projektteilnehmer
7 Kritische Auseinandersetzung und Verbesserungsvorschläge
8 Zusammenfassung
Anhang
Anhang I: Bildungssystem Deutschland
Anhang II: Fragebogen „Kleiner Harz“
Anhang III: Auswertung Fragebogen
Literaturverzeichnis
Eidesstaatliche Erklärung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:Deutschland Schlusslicht bei Geburten in Europa
Abbildung 2:Absolventen allgemein bildender und beruflicher Schulen in Ostdeutschland (2000 - 2020)
Abbildung 3:Jahresdurchschnittliche Beschäftigungsveränderung in Ostdeutschland 2000 bis 2007
Abbildung 4:Die schlechtesten Landkreise und kreisfreien Städte
Abbildung 5:Sachsen-Anhalt: Altersstruktur der Bevölkerung 2005
Abbildung 6:Sachsen-Anhalt: Altersstruktur der Bevölkerung 2025
Abbildung 7:12. koordinierte Bevölkerungsvorausrechnung: Altersaufbau
Abbildung 8:Arbeitslosenquote in Deutschland 2009 nach Bundesländern
Abbildung 9:sv-Beschäftigte nach Alter und Qualifikation
Abbildung 10:Bevölkerungspyramide für Wernigerode 2010
Abbildung 11:Bevölkerungspyramide für Wernigerode 2025
Abbildung 12:Teilnahme an Weiterbildung stagniert in Europa
Abbildung 13:Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten 1975 bis 2025
Abbildung 14:Erwartungen an das Projekt
Abbildung 15:Feststellung einer persönlichen Veränderung
Abbildung 16:Feststellung einer Veränderung bei anderen Teilnehmern
Abbildung 17:Mittelwerte „Kleiner Harz“
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:Prognose der Bevölkerungsentwicklung Sachsen-Anhalt bis 2025
Tabelle 2:12. koordinierte Bevölkerungsvorausrechnung: Bevölkerung im Jahr 2008/ Bevölkerung im Jahr 2060
Tabelle 3:Der Landkreis Harz im regionalen Vergleich
Tabelle 4:Altersstruktur 2008 und 2025
Tabelle 5:Übernahme der Personen in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis
Tabelle 6:Vermittlungsquote „Kleiner Harz“
Tabelle 7:Altersstruktur „Kleiner Harz“ im Mai 2010
1 Ausgangssituation und Zielsetzung
Die Thematik des „Demografischen Wandels“ ist allgegenwärtig, sei es auf Tagungen, in den Tageszeitungen, in Fachzeitschriften, im Internet oder in den Fernsehnachrichten. Nicht selten trifft man in diesem Zusammenhang auf den Begriff des Fachkräftemangels. Mit ihm verbunden sind oftmals Aussagen wie:
- „400 000 Fachkräfte fehlen: Der Fachkräftemangel nimmt nach Einschätzung des DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammer; Anmerkung der Autorin) ein bedrohliches Ausmaß an“ (Focus online, 2007).
- „Fachkräfte fehlen: Bald droht Arbeitskräftemangel in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft könnte bald stärker unter einem Personalmangel leiden als gedacht. Schon 2015 sollen dem Arbeitsmarkt fast drei Millionen Kräfte fehlen.“
(Tagesspiegel online, 2009)
- „Immer mehr Fachkräfte fehlen: Boomender Logistikstandort Hamburg stößt an Grenzen“ (Heinrich Publikationen GmbH, 2008).
Sie signalisieren, dass die Arbeitsmarktsituation in Deutschland angespannt ist und bereits heute Fachkräfte fehlen. Das führt an dieser Stelle zu mehreren Fragen: Was ist unter der Begrifflichkeit des „Demografischer Wandels" zu verstehen? Was wird man in der Zukunft wirklich von den demografischen Entwicklungen zu erwarten haben? Fällt der Mangel an Arbeitskräften tatsächlich so stark aus wie die Prognosen vermuten lassen? Besteht ein Handlungsbedarf? Welche Maßnahmen können helfen, den demografischen Entwicklungen entgegenzuwirken? Die vorliegende Arbeit versucht Antworten zu finden.
Ostdeutschland wird den Prognosen zufolge besonders stark von den zukünftigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen betroffen sein. Vor allem der Fachkräftemangel und die dennoch hohe Arbeitslosigkeit werden für die Wirtschaft immer mehr zum Problem. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Arbeit insbesondere mit den ostdeutschen Veränderungen und hier besonders mit den Herausforderungen des Wandels im Land Sachsen-Anhalt, die Weiterbildungen und Nachqualifizierungen immer mehr an Bedeutung gewinnen lassen. Es gibt bereits zahlreiche Varianten in der Erwachsenenbildung, mit denen versucht wird, der Demografie entgegen zu wirken. Ein Instrument sind so genannte Beschäftigungsprojekte, die der Integration von Arbeitslosengeld II- Empfängern (kurz: ALG II-Empfängern) auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen sollen. Ob die Integration mittels solcher Projekte erfolgreich ist, ist jedoch umstritten. Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit wird es daher sein, die Nachhaltigkeit solcher Projekte zu untersuchen und neue Ansätze zum Umgang mit dem „Demografischen Wandel“ zu präsentieren.
Die zu untersuchenden Forschungsthesen in diesem Rahmen lauten wie folgt:
- Der „Demografische Wandel“ betrifft auch und vor allem das Land Sachsen-Anhalt.
- Die Erwachsenenbildung und das damit verbundene „Lebenslange Lernen“ werden zu wichtigen Komponenten, um den Fachkräftemangel zu minimieren.
- Beschäftigungsprojekte dienen sowohl der sozialen Integration, als auch der Integration auf dem Arbeitsmarkt.
Zur Überprüfung der Thesen ist die Arbeit folgendermaßen aufgebaut: Nach dieser Einleitung wird sie sich im Punkt 2 zunächst mit den demografischen Auswirkungen im Allgemeinen und den Veränderungen in Ostdeutschland im Speziellen auseinandersetzen. Dafür wird sowohl der Ist-Zustand ermittelt, als auch Ursachen und prognostizierte Veränderungen analysiert. Aus diesen Erkenntnissen werden im Punkt 3 schließlich (mögliche) Konsequenzen für den Arbeitsmarkt abgeleitet. Der Schwerpunkt hierbei liegt auf dem Land Sachsen-Anhalt. Das Kapitel beschäftigt sich darauf aufbauend mit der daraus resultierenden Fachkräftesituation und dem Fachkräftebedarf. Hier wird zudem speziell der Landkreis Harz fokussiert, da im späteren Verlauf der Arbeit ein Beschäftigungsprojekt aus dieser Region vorgestellt und analysiert wird. Weiterhin werden hier Lösungsansätze zur Behebung des Fachkräftemangels konzipiert. Da der Fachkräftemangel neue Herausforderungen an das Bildungssystem stellt, wird dieses und die Bedeutung der Erwachsenenbildung im Punkt 4 näher betrachtet. Weiterhin wird die Relevanz betrieblicher Weiterbildungen für Geringqualifizierte dargestellt und der Sinn der Erwachsenenbildung hinterfragt. Der Punkt 5 definiert den Begriff der Beschäftigungsprojekte und deren Zielsetzungen. Anhand der Vorstellung dreier Beispiele werden die Erfolgsquoten des Instruments analysiert. Dann erfolgt auch hier eine kritische Betrachtung zur Thematik. Im Punkt 6 findet zu den Beschäftigungsprojekten das Praxisbeispiel „Kleiner Harz“ in Wernigerode Anwendung. Der „Kleiner Harz“ und seine Ziele werden vorgestellt und seine Erfolge dokumentiert. Danach erfolgt eine Auswertung der Teilnehmernehmerzufriedenheit. Im vorletzten Punkt werden die wichtigsten Kritikpunkte erarbeitet, die Nachhaltigkeit von Beschäftigungsprojekten untersucht und daraus Verbesserungsvorschläge abgeleitet. Schließlich erfolgt in Punkt 8 eine Zusammenfassung, die die bedeutungsvollsten Aspekte der Arbeit noch einmal darlegen soll.
2 Die demografische Entwicklung in Ostdeutschland
Der Punkt 2 beschäftigt sich mit den Begriffen „Demografischer Wandel“ und Fachkräftemangel. Anschließend wird die zukünftige Entwicklung Ostdeutschlands dargelegt und mögliche Ursachen analysiert.
2.1 Der „Demografische Wandel“ im Überblick
Der „Fachkräftemangel“ bezeichnet eine Situation, in der „dem Arbeitsmarkt des Landes nicht ausreichend Fachkräfte zu angemessenen Konditionen zur Verfügung stehen“ (Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen-Anhalt, 2009, S. 23). Er resultiert vor allem aus dem „Demografischen Wandel“, der wesentlichen Einfluss auf die Bevölkerungsveränderung nimmt und immer mehr zur Herausforderung für Staat und Unternehmen wird. Der „Demografischer Wandel“ kann als die „Veränderung der Zusammensetzung der Altersstruktur einer Gesellschaft“ definiert werden (Marktform GmbH, o. J.). Er wird dabei von drei wesentlichen Aspekten beeinflusst:
- von der Geburtenrate
- von der Lebenserwartung und
- von dem Wanderungssaldo
(Esche/ Meier, 2006, S. 4)
Geburtenrate
Auch wenn die Weltbevölkerung wächst, geht der Bevölkerungsanteil in den meisten Industrienationen zurück (Wagner, 2004, S. 26). Ein wesentlicher Grund ist die Abnahme der Geburtenzahlen. Die nötige durchschnittliche Geburtenzahl, um den Bestand zu sichern, liegt bei 2,1 pro Frau (Brandenburg/Domschke, 2007, S.19). Dieser Wert wird jedoch von keinem europäischen Land erreicht. Durch die sinkende Geburtenrate wird der Prozess der Bevölkerungsabnahme in Europa beschleunigt. Die Ursache für diesen Effekt liegt unter anderem in dem so genannten „Pillenknick“ der 1970er Jahre. (Klingholz u. a., 2006, S. 6) Deutschland ist im internationalen Vergleich allerdings besonders stark von dieser Problematik betroffen. Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau liegt in Deutschland bei 1,37. Zum Vergleich: In Irland liegt der Wert bei 1,99; der europäische Durchschnitt beträgt 1,5. (RP online GmbH, o. J.) Gemessen an der relativen Einwohnerzahl weist Deutschland damit die weltweit niedrigste Geburtenrate auf (Klingholz u .a. 2006, S. 6).
Die nachstehende Grafik zeigt Deutschland im Europa-Vergleich:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1:Deutschland Schlusslicht bei Geburten in Europa (in Anlehnung an Medrum Christliches Informationszentrum, 2009)
Im Jahr 2009 wurden in Deutschland ungefähr 651 000 Kinder geboren, so wenig wie noch in keinem anderen Jahr zuvor (F.A.Z. Electronic Media GmbH, 2010). Die Prognosen lassen vermuten, dass die Zahl der Geburten weiter zurückgehen wird. In Folge dessen wird sich die Zahl der Schulabgänger, der Auszubildenden und der Studienanfänger ebenso verringern. Für die Absolventenzahl an allgemein bildenden und beruflichen Schulen wird angenommen, dass sich die Zahl von 2000 zu 2011 in etwa halbiert und dann relativ konstant bleibt. (Bogai/Hirschenauer, 2008, S.46)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2:Absolventen allgemein bildender und beruflicher Schulen in Ostdeutschland (2000 - 2020) (Statistische Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz, Dokumentation Nr. 182 und 184, 2007; nach Bogai/Hirschenauer, 2008, S.46)
Die Kombination aus geringen Schulabgängerzahlen und der hohen Auswanderungsrate bei den Jugendlichen führt zu einer veränderten Qualifikationsstruktur, die problematisch scheint. Die gut ausgebildeten Kräfte gehen, die anderen bleiben.
Lebenserwartung
Die Lebenserwartung der Menschen steigt stetig an. In den letzten hundert Jahren ist sie in Deutschland um über 30 Jahre angestiegen. (Klingholz u. a., 2006, S.34) Lag sie um 1950 bei 64,6 Jahren für Männer und bei 68,5 Jahren für Frauen, erwartet man heute für Neugeborene eine Lebenserwartung von 77,2 Jahren für Männer und von 82,4 Jahren für Frauen (Statistisches Bundesamt, 2009). Ursprünglich ist dieser Sachverhalt auf die sich verringernde Rate der Kindersterblichkeit und den medizinischen Fortschritt zurückzuführen. Am Anfang des 20. Jahrhunderts betrug die Wahrscheinlichkeit, dass ein Junge älter als 10 Jahre wird 72,8% beziehungsweise 75,8% für Mädchen. Heute hingegen liegen die Wahrscheinlichkeiten bereits bei 99,3% und 94,4%. (Baade, 2007, S. 14) Durch die gestiegene Lebenserwartung ergeben sich Veränderungen in der Arbeitswelt. Sie führt dazu, dass Erwerbstätige dem Arbeitsmarkt länger zur Verfügung stehen und auch im Alter noch leistungsfähig sind.
Wanderungssaldo
„Der Wanderungssaldo entspricht der Summe der zuziehenden Ausländer und der aus dem Ausland zurückkehrenden Staatsangehörigen in einem gegebenen Jahr, abzüglich der Fortzüge von Aus- und Inländern im selben Jahr“ (OECD, 2009, S. 74).
Im Jahr 2008 fiel der Saldo das erste Mal seit der Wiedervereinigung Deutschlands negativ aus. Er belief sich auf - 56 000. (Statistisches Bundesamt, 2010 a) Dabei galt Deutschland viele Jahre als Einwanderungsland. Anders als in anderen Industrienationen ziehen nach einem Bericht der Netzeitung (2008) nun immer weniger ausländische Bürger nach Deutschland. Somit schrumpft die Erwerbsbevölkerung zunehmend.
Zusammenfassend ergibt sich folgendes Bild: Die Geburtenrate ist zu gering, das Alter der Beschäftigten steigt und der Wanderungssaldo ist unausgeglichen. Die Folgen sind unter anderem erhöhte Kosten in der Sozialversorgung (z. B. Rentenversicherungen) und Probleme in der Krankenversorgung. Hinzu kommen nach Brandenburg/Domschke (2007, S. 27) Herausforderungen für den Arbeitsmarkt:
- Die Zahl junger Arbeitskräfte wird aufgrund der geringen Geburtenzahl zurückgehen; es scheiden mehr Personen altersbedingt aus der Arbeitswelt aus, als junge Kräfte nachrücken.
- Der Anteil der gut ausgebildeten Kräfte wird abnehmen; Engpässe entstehen.
- Das Wirtschaftswachstum nimmt ab, da Know-how fehlt.
- Das durchschnittliche Alter der Erwerbstätigen steigt.
2.2 Der „Demografische Wandel“ im Osten
Was der „Demografische Wandel“ für den ostdeutschen Arbeitsmarkt bringen wird, ist noch unklar. Grundsätzlich gibt es dazu zwei kontroverse Thesen. Die erste These prognostiziert dem Arbeitsmarkt eine Besserung. Durch die abnehmende Bevölkerungszahl im Osten wird das Angebot an Arbeitskräften zurückgehen und die Unternehmen sind gezwungen, ihre offenen Stellen mit den vorhandenen Arbeitslosen zu besetzen. Dies führe zu einer Entlastung der Arbeitsmarktsituation und zu geringerer Arbeitslosigkeit. Die zweite These hingegen vermutet, dass die Arbeitsmarktlage weiterhin angespannt bleiben wird. Basierend auf dem Rückgang der Bevölkerung werden weniger Güter nachgefragt und durch die geringere Güternachfrage sind die Unternehmen gezwungen weniger Arbeitskräfte zu beschäftigen. Dies führe zu vermehrter Arbeitslosigkeit. (Grundig/Pohl, 2007, S. 3) Die Arbeitslosigkeit wiederum hat den Effekt, dass noch weniger Güter nachgefragt werden. Auf diese Weise wird die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Osten immer dramatischer. Welche These schließlich eintreten wird, scheint unsicher. Fest steht jedoch, dass sich die Zahl der Erwerbstätigen stark verringern wird. Als Erwerbstätige bezeichnet man nach Wildmann (2007, S. 22) alle Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Bis zum Jahr 2020 geht man von einem Rückgang von 600 000 Menschen (circa 7 %) aus (Grundig/Pohl, 2007, S. 3). Der Rückgang der Erwerbstätigen und die Auswirkungen des „Demografischen Wandels“ sind dabei allerdings regional sehr unterschiedlich (Bogai/Hirschenauer, 2008, S. 44). Vor allem Ballungsgebiete, wie beispielsweise Leipzig, verzeichnen einen noch eher leicht anwachsenden Bevölkerungsstand, wobei ländliche Regionen stark an Bevölkerung verlieren werden (Klingholz u. a., 2006, S. 11). Die nachstehende Karte zeigt die jahresdurchschnittliche Änderung der Beschäftigtenzahl in Ostdeutschland für den Zeitraum 2000 bis 2007.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3:Jahresdurchschnittliche Beschäftigungsveränderung in Ostdeutschland 2000 bis 2007 (Statistikangebot der Bundesagentur für Arbeit/ Bogai und Hirschenauer, 2008 nach Bogai/ Hirschenauer, 2008, S. 51)
Besonders stark sind demnach die östlichen Kreise Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsens betroffen, sowie nördliche und östliche Teile Thüringens. Eine positive Bilanz können südlich von Berlin gelegene Kreise und Landkreise, die an westdeutsche Regionen angrenzen, ziehen. Dazu gehört unter anderem der sachsen-anhaltische Landkreis Harz, der den niedersächsischen Kreis Goslar benachbart.
Durchschnittlich erwartet man in Ostdeutschland bis zum Jahr 2020 in der Altersgruppe der 15- bis 65-Jährigen eine durchschnittliche Auswanderungsquote von 16,5 % (Grundig/Pohl, 2007, S. 3). Viele junge Menschen zieht es vor allem aufgrund der vermuteten besseren Ausbildungsplätzen und Vergütungsmöglichkeiten in den Westen. Während 2006 im Westen auf 100 Bewerber 80 Ausbildungsverträge geschlossen wurden, waren es in den neuen Bundesländern nur 60 (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2008; nach Bogai/Hirschenauer, 2008, S. 46). Das stellt die ostdeutschen Länder vor das Problem, dass junge Nachwuchskräfte vermehrt fehlen und Humankapital „verloren“ geht. Doch nicht nur die Arbeitsplätze, auch die Infrastruktur spielt eine wesentliche Rolle dabei, ob junge Menschen im Land bleiben. Daher profitieren Großstädte und Ballungszentren vermehrt von den demografischen Entwicklungen, da sich der Wunsch nach Freizeitgestaltung hier eher verwirklichen lässt als auf dem Land. (Klingholz u. a., 2006, S. 11) Nach einem Ranking des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung gehören zu den 20 schlechtesten Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands 19 ostdeutsche, 10 davon in Sachsen-Anhalt. Dadurch wirken sich die Veränderungen in den neuen Bundesländern schneller aus als in Westdeutschland.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4:Die schlechtesten Landkreise und kreisfreien Städte (Klingholz u. a., 2006, S. 11)
Ein Grund liegt sicherlich in der hohen Arbeitslosigkeit. Sie ist in den neuen Bundesländern etwa doppelt so hoch wie in den westdeutschen Bundesländern. So lag die Arbeitslosenquote im Mai 2010 in Westdeutschland bei 6,6 % und in Ostdeutschland bei 12,1 % (Bundesagentur für Arbeit, 2010b). Damit verbunden ist ein hoher Kostenfaktor, gerade für die Arbeitslosenversicherung. 2003 schätzte man den Aufwand auf circa 9 Milliarden Euro. (Blos, 2006; nach Bogai/Hirschenauer, 2008, S. 44)
Zu bedenken gilt jedoch, dass viele ostdeutsche Bürger zum Arbeiten in den Westen pendeln. Betrachtet man eine wohnortbezogene Statistik, stellt man fest, dass Ostdeutsche fast genauso oft erwerbstätig sind wie westdeutsche Bürger. Da der Pendlersaldo unausgeglichen ist, fehlen aber viele Fachkräfte im Osten. Die Einpendlerzahl in Ostdeutschland lag im Jahr 2006 bei ca. 80 000 Personen. Dem entgegen standen 375 000 Auspendler. Diese Situation verschärft den Fachkräftemangel erheblich und zeigt langfristige Folgen. (Bogai/Hirschenauer, 2008, S. 44)
Das Risiko arbeitslos zu werden ist im Allgemeinen stark von der Qualifikation abhängig, wobei auch Hochqualifizierte teils davon betroffen sind. Eine Aufstellung der Arbeitslosenquote nach Qualifikationsniveau zeigte im Jahr 2004, dass 50 % der gering qualifizierten Menschen (keine Berufsausbildung), circa 20 % der Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung und 5 % der hoch qualifizierten Kräfte (mit Studium) ohne Arbeit waren. (Grundig/Pohl, 2007, S. 4)
Gemessen an den angesprochenen Faktoren Bevölkerungszahl, Arbeitslosigkeit, Wanderungssaldo, Geburtenzahl und Qualifikationsniveau zeichnet sich zusammenfassend ein stark negatives Bild der ostdeutschen Arbeitsmarktlage ab. Bestätigt wird dies durch eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. In jener fand man heraus, dass unter den 20 Landkreisen und kreisfreien Städte mit den besten demografischen Trends nur 4 ostdeutsche zu finden sind. Bei Betrachtung der besten ökonomischen Trends schafft es kein einziger Landkreis unter die besten 20. Unter den schlechtesten 13 hingegen befinden sich 11 ostdeutsche Kreise und Städte. (Klingholz u. a., 2006, S. 11/S. 17 ) Ostdeutschland steht dementsprechend vor großen Herausforderungen, die es in Zukunft zu lösen gilt.
2.3 Ursachenanalyse
Die Geburtenrate, der Wanderungssaldo und die steigende Lebenserwartung sind die wichtigsten Aspekte, die die demografischen Entwicklungen vorantreiben (Esche/Meier, 2006, S. 4). Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, warum die Lebenserwartung steigt, die Geburtenrate zu niedrig und der Wanderungssaldo unausgeglichen ist.
Ein Grund für den Geburtenrückgang sind die gestiegenen direkten Kinderkosten, wie Bekleidung, Nahrung, Ausbildungskosten etc. (Steinmann, 1999, S. 84 f). Besonders Frauen mit einem hohen Bildungsniveau haben keine oder nur wenige Kinder, da ihre Opportunitätskosten (hier: entgangenes Entgelt und schlechtere Karrierechancen durch die Entscheidung für ein Kind) besonders hoch sind (Brandenburg/Domschke, 2007, S.24f). Die Hauptursache liegt zumeist in der schweren Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben (Matalik/Schade, 1998, S 191 f). Es fehlt an ausreichenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung, wie zum Beispiel an Kinderkrippen- oder Kindergartenplätzen. So fanden 2006 in Westdeutschland nur 1,3 % der Eltern mit Kindern unter drei Jahren einen städtischen Krippenplatz. (Henrich, 2008)
Ein weiterer Grund für die niedrige Geburtenzahl ist die hohe Abwanderungsquote der Frauen im Alter von 18 bis 29 Jahren. Alleine im Zeitraum 1991 bis 2004 verließen rund 513 000 Frauen die ostdeutschen Bundesländer. Das hat zur Folge, dass viele Männer aus den neuen Bundesländern keine Frau finden und somit auch keine Familie gründen können. Die Motive für die Auswanderung liegen oftmals in der Berufswahl begründet. Frauen erlernen häufig Berufe, die in den ländlichen Gegenden des Ostens weniger gefragt sind. Dazu gehören zum Beispiel Berufe aus dem Dienstleistungssektor. (Klingholz u. a., 2008, S. 25) Außerdem sehen viele Frauen in den alten Bundesländern bessere Verdienstmöglichkeiten, denn ostdeutsche Arbeitnehmer erreichen effektiv nur rund 83 % des westdeutschen Entgeltniveaus (Berliner Morgenpost, 2010) und eine Angleichung ist aufgrund der geringen Tarifbindung derzeitig noch nicht absehbar (n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH, 2010). Hinzu kommt, dass es Frauen generell schwerer haben, in Ostdeutschland eine Arbeitsstelle zu finden.
Die steigende Lebenserwartung kann insbesondere mit dem medizinischen Fortschritt begründet werden. Die medizinische Versorgung ist in den letzten Jahrzehnten besser geworden, es wurden neue Arzneimittel entwickelt und alternative Medikamente hergestellt. Daraus resultiert einerseits, dass die Todesfälle Neugeborener reduziert und andererseits die altersbedingten Todesfälle hinausgezögert werden können. Des Weiteren entwickeln die Menschen vermehrt ein Bewusstsein für eine gesunde Lebensweise. Gesunde Ernährung, Sport und Ausgeglichenheit sind zu zentralen Themen des Alltags geworden. Das Angebot an Sport- und Freizeitmöglichkeiten ist vielfältig und so genannte „Wellness-Produkte“ sind immer mehr im Trend. (Buttler, 2003, S. 94)
3 Konsequenzen für den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt
Das ostdeutsche Bundesland Sachsen-Anhalt ist besonders stark von den demografischen Entwicklungen betroffen. Die Zahl der erwerbstätigen Bevölkerung wird weiter zurückgehen und das Durchschnittsalter der Beschäftigten steigen. Damit verbunden sind gravierende Herausforderungen für den Arbeitsmarkt, denn die demografischen Entwicklungen wirken sich maßgeblich auf das Fachkräfteangebot und die Fachkräftenachfrage aus. Im Folgenden soll die Situation in Sachsen-Anhalt und speziell im Landkreis Harz untersucht werden.
3.1 Analyse der Fachkräfteentwicklung in Sachsen-Anhalt
Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben insbesondere die folgenden Aspekte, die für das Land Sachsen-Anhalt an dieser Stelle näher betrachtet werden:
- die Bevölkerungsentwicklung, speziell der erwerbsfähigen Personen sowie deren Alters- und Qualifikationsstruktur
- die Arbeitslosenzahl
- die Auswanderungs- und Pendlerzahlen
- die Entwicklung der Geburtenzahlen
die Bevölkerungsentwicklung und die Veränderung der Alters- und Qualifikationsstruktur
Von 2002 zu 2020 wird in Sachsen-Anhalt ein Bevölkerungsrückgang von knapp 500 000 Personen erwartet. Die Einwohnerzahl wird dann in etwa 2,06 Millionen betragen, im Jahr 2050 nur noch 1,4 Millionen. Das entspricht einem prozentualen Rückgang der Bevölkerung von circa 19,35 (2002 zu 2020) beziehungsweise von 44,21 (2002 zu 2050). Den stärksten Rückgang verzeichnet dabei der ehemalige Landkreis Bitterfeld (seit 2007 Kreis Anhalt-Bitterfeld) mit circa 27,75 %. (Bullerjahn, 2005, S. 127) Der geringste Bevölkerungsrückgang wird mit 11,49% im Ohrekreis erwartet, der zwischen 1990 und 2001 sogar ein Bevölkerungswachstum von 8 % aufwies. Heute verlieren jedoch alle sachsen-anhaltischen Kreise an Bevölkerung. (Klingholz u .a., 2006, S. 110 f)
Insgesamt ist die Einwohnerzahl in Sachsen-Anhalt seit 1990 von 2,9 Millionen auf 2,5 Millionen gesunken. Würde sich die Entwicklung weiterhin so gestalten, dann entleert sich das Bundesland innerhalb der nächsten 100 Jahre. Hinzu kommt, dass Sachsen-Anhalt von allen Bundesländern die höchste Abwanderungsquote verzeichnet. Seit 1945 gab es im Land kein Bevölkerungswachstum mehr. Zwischen 2001 und 2003 verlor beispielsweise der damalige Landkreis Bitterfeld jährlich 1,6 % an Bevölkerung. Das ist der höchste Wanderungssaldo in ganz Sachsen-Anhalt. Von 2006 zu 2020 wird hier ein weiterer Verlust von 24 % prognostiziert. Die Zahl wiederum ist höher als in jedem anderen deutschen Bundesland. Vom Alterungsprozess am stärksten betroffen ist die Stadt Dessau, vor allem aufgrund der hohen Abwanderungsquote. Zwischen 2001 und 2003 gehörte Dessau zu den Städten mit der höchsten Abwanderungsquote im gesamten Bundesgebiet. (Klingholz u. a., 2006, S. 112 ff )
Relevant für den Arbeitsmarkt ist insbesondere die Altersgruppe der 15- bis 67-Jährigen, also die Zeit nach dem Schulabgang bis zum Renteneintrittsalter. Gut 1,55 Millionen Menschen in dieser Altersgruppe standen 2009 dem sachsen-anhaltischen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Zum 30.06.2008 waren knapp 745 000 von ihnen in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigt. Rund jeder Siebente von ihnen war 55 Jahre und älter. Bis zum Jahr 2016 wird sich die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter voraussichtlich um gut 150 000 Menschen beziehungsweise 13 % verringern. (Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen-Anhalt, 2009, S. 3/S. 6)
Doch nicht nur langfristig, auch kurzfristig muss in Sachsen-Anhalt mit Veränderungen in der Altersstruktur gerechnet werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5:Sachsen-Anhalt: Altersstruktur der Bevölkerung 2005 (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, 4. Regionale Bevölkerungsprognose, 2007; nach Industrie- und Handelskammer Magdeburg, 2007, S. 5)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6:Sachsen-Anhalt: Altersstruktur der Bevölkerung 2025 (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, 4. Regionale Bevölkerungsprognose, 2007; nach Industrie- und Handelskammer Magdeburg, 2007, S. 5)
Eine Betrachtung der absoluten Bevölkerungszahlen in Sachsen-Anhalt zeigt die folgende Entwicklung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1:Prognose der Bevölkerungsentwicklung im Land Sachsen-Anhalt bis 2025 (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, 2009; nach Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen-Anhalt, 2009, S. 20)
Bis zum Jahr 2016 wird die Zahl der Personen ohne Berufsausbildung um 32.000 (- 23 %), mit abgeschlossener Berufsausbildung um ungefähr 114 000 (- 12 %) und mit Hochschulausbildung um circa 9 000 (- 7 %) zurückgehen (Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen-Anhalt, 2009, S. 5).
Die Veränderung der Altersstruktur bringt mehrere Konsequenzen mit sich. So wird sich zum Beispiel die Infrastruktur wandeln. Bereits jetzt stehen circa 230 000 Wohnungen in Sachsen-Anhalt leer (das entspricht einem ungefähren Anteil von einem Sechstel des gesamten Wohnungsbestands), Schulen werden geschlossen und Unternehmer ziehen sich aus der Region zurück. Alleine im Zeitraum 1992 bis 2005 wurden 666 Schulen geschlossen. (Klingholz u. a., 2006, S. 112)
Damit einhergehend sinkt die Zahl der Schüler, der Abzubildenden und der jungen Erwerbstätigen kontinuierlich. Auch die Entwicklung der Studierendenzahlen ist rückläufig. Im Vergleich zu 2005 rechnet man im Jahr 2015 mit einer Verringerung an Studienanfängern von rund 3 000. Zu 2005 ist das ein Rückgang von 43 %. (Gabriel, o. J., S. 1) Damit verbunden ist ein geringes Wirtschaftswachstum, welches Probleme auf dem Arbeitsmarkt verursacht. In Ostdeutschland liegt das reale Wachstum bei circa 1,5 %, dies gilt in etwa auch für das Land Sachsen-Anhalt (Bullerjahn, 2005, S. 127).
Die nachstehende Tabelle zeigt die Altersstruktur 2008 und die prognostizierte Struktur für das Jahr 2060.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2:12. koordinierte Bevölkerungsvorausrechnung: Bevölkerung im Jahr 2008/ Bevölkerung im Jahr 2060 (in Anlehnung an Statistisches Bundesamt, 2010b)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7:12. koordinierte Bevölkerungsvorausrechnung: Altersaufbau (Statistisches Bundesamt, 2010c)
die Arbeitslosenzahl
Die Arbeitslosenquote in Sachsen-Anhalt ist die zweithöchste in Deutschland (Klingholz u. a., 2006, S. 115). Lag im Jahr 2009 die bundesdurchschnittliche Quote bei rund 8 %, erreichte sie in Sachsen-Anhalt einen Mittelwert von 13,6 % (Bundesagentur für Arbeit 2010; nach Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2010). Regional erreicht sie Werte von über 26 %, wie zum Beispiel im Kreis Aschersleben-Staßfurt (Klingholz u. a., 2006, S. 115).
Die nachstehende Grafik visualisiert den Vergleich der Arbeitslosenquote der einzelnen deutschen Bundesländer im Jahr 2009:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8:Arbeitslosenquote in Deutschland 2009 nach Bundesländern (in Anlehnung an Bundesagentur für Arbeit, 2010; nach Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2010)
Die absolute Arbeitslosenzahl in Sachsen-Anhalt betrug im Juni 2010 gut 170 000. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 15,1 %. Bei zusätzlicher Erfassung der Beschäftigten, die sich in Kurzarbeit befanden, erhöht sich die Zahl auf gut 225 000. Damit war fast jeder Fünfter (19,5%) von Unterbeschäftigung betroffen. (Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen-Anhalt, 2009, S. 11) Auch wenn im Juni 2010 die Arbeitslosenquote auf 12,3 % leicht sank, bringt die hohe Arbeitslosigkeit Probleme mit sich (Bundesagentur für Arbeit, 2010a). Die Kosten der Arbeitslosenversorgung sind hoch, die Einnahmen der Länder sinken. Auch aus betrieblicher Perspektive ist die Arbeitslosigkeit schwierig. Einerseits kann ein Unternehmen zwar aus dem Pool der Arbeitslosen Arbeitskräfte gewinnen, andererseits fehlen diesen aber die nötige praktische Erfahrung. Das gilt insbesondere für Langzeitarbeitslose, die schon länger nicht mehr in ihrem Beruf gearbeitet haben.
die Auswanderungs- und Pendlerzahlen
711 893 Menschen zogen nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Zeitraum vom 03.10.1990 bis zum 31.12.2008 nach Sachsen-Anhalt. 956 753 verließen hingegen das Land. Der Wanderungssaldo ist demnach negativ (- 244 860). (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, 2009) Auch hier zeigt sich, dass das Land kontinuierlich an Bevölkerung verliert. Seit dem Jahr 1990 wandern im Durchschnitt 17 000 Menschen pro Jahr aus Sachsen-Anhalt aus. Die meisten davon im Alter von 18 und 30 Jahren. Das ist vor allem aus dem Grund problematisch, da in diesem Alter gewöhnlich der Kinderwunsch entsteht. (Klingholz u. a., 2006, S. 110)
Im Juni 2008 arbeiteten rund 140 000 Sachsen-Anhalter in einem anderen Bundesland. Rund 55 000 Menschen kamen hingegen zum Arbeiten nach Sachsen-Anhalt. Damit ist auch hier der Saldo unausgeglichen. Unter den Auspendlern besitzen 61% eine Berufsausbildung. Das bedeutet, dass diese Fachkräfte dem Arbeitsmarkt fehlen. (Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Sachsen-Anhalt, 2009, S. 14 f)
die Entwicklung der Geburtenzahlen
Die Zahl der Geburten lag 1990 bei 32 000, im Jahr 2004 ist sie auf 17 000 gesunken. Die geringste Geburtenrate in Sachsen-Anhalt verzeichnet die Stadt Bernburg mit 1,06 Kindern pro Frau. Das ist einer der geringsten Raten in der gesamten Bundesrepublik. Die geringe Geburtenrate hat zur Folge, dass insgesamt mehr Leute sterben, als geboren werden. Der Saldo beträgt circa 12 000. Durch die geburtenschwachen Jahrgänge wird sich die Zahl der 16- bis 19-Jährigen von 2006 zu 2011 in etwa halbiert haben. (Klingholz u. a., 2006, S. 114)
Die Bevölkerungsentwicklung bringt gravierende Veränderungen für Sachsen-Anhalt. Hinzu kommt, dass die Einnahmen des Landes sinken. Bis 2020 wird ein Einnahmenrückgang von 10 Milliarden Euro auf 6,3 Milliarden Euro prognostiziert. Einerseits verringern sich durch die abnehmende Bevölkerungszahl die Steuereinnahmen und andererseits sind sinkende Zuschüsse der Europäischen Union beziehungsweise des Bundes zu erwarten. (Bullerjahn, 2005, S. 128) Von den jährlichen Ausgaben des Landes können nur rund 40 % durch Steuereinnahmen gedeckt werden. Das führt dazu, dass sich Sachsen-Anhalt immer mehr verschuldet. Pro Einwohner liegt die Verschuldung bei etwa 8.000 Euro, das ist der höchste Wert in Deutschland. (Klingholz u.a., 2006, S. 118) Nach dem Zahlenspiegel der Industrie- und Handelskammer Magdeburg (2007, S. 30) liegt das Bruttoinlandsprodukt (kurz BIP) im Sachsen-Anhalt zudem weit unter dem Durchschnitt. Im Jahr 2006 lag es in Sachsen-Anhalt bei 20.532 Euro (und damit auf Platz 13), in Bayern bei 32.777 Euro. Auffällig ist, dass das Bruttoinlandsprodukt im Osten generell weitaus geringer ist als in den westdeutschen Bundesländern.
Sachsen-Anhalt hat zwar von allen ostdeutschen Bundesländern bislang die höchste Investitionsförderung erhalten, trotzdem ist die Rate der Unternehmensgründungen im Vergleich zu anderen Bundesländern gering (Klingholz u. a., 2006, S. 115 f). Im Jahr 2006 gab es im Land Sachsen-Anhalt insgesamt 17 618 Gewerbeanmeldungen (Industrie- und Handelskammer Magdeburg, 2007, S. 11), in Sachsen waren es im Halbjahr 2006 bereits 23 410 (Statisches Bundesamt Sachsen, 2006).
3.2 Analyse der Fachkräftesituation im Landkreis Harz
Auch der Landkreis Harz (Sachsen-Anhalt) wird bis zum Jahr 2025 an Bevölkerung verlieren. Im Jahr 2008 lebten 237 653 Personen im Landkreis. Bis 2025 wird ein Bevölkerungsrückgang von 17,9 % prognostiziert. Auch im Jahr 2010 leben rund 240 000 Menschen im Landkreis Harz. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung wird im Zeitraum von 2008 zu 2025 von 46,4 Jahre auf 51,8 Jahre steigen. (Bertelsmann Stiftung, 2010) Der Anteil der unter 19-Jährigen liegt bei 24,5 %, die Altersgruppe der 20- bis 64-Jährigen nimmt 61,2 % der Bevölkerung ein, die der über 65-Jährigen 14,3 %. Bis zum Jahr 2025 wird sich die Einwohnerzahl um etwa 30 000 verringern. Von den 210000 dann im Landkreis Harz lebenden Personen werden voraussichtlich 30,1 % unter 19 Jahre sein, 54,9 % zwischen 20 und 64 Jahren und 15,0 % über 65 Jahre. (Fuchs, 2010, S. 4) Die Zahl der über 80-Jährigen wird sich zudem bis 2025 fast verdoppeln. Lag der Anteil 2008 bei 5,6 %, wird er 2025 10,9 % betragen. (Bertelsmann Stiftung, 2010) Im regionalen Vergleich zu allen sachsen-anhaltischen Kreisen zeigt sich, dass der Landkreis Harz damit durchschnittlich vom Bevölkerungsschwund betroffen ist. So wird im Landkreis Mansfeld-Südharz wird mit einem Rückgang von 21,4 % gerechnet, in Magdeburg von 4,8 %. (Fuchs, 2010, S. 5) Hier zeigt sich ebenso die Tendenz wie in ganz Ostdeutschland: Ballungsräume (wie Magdeburg) sind weniger stark als ländliche Gegenden von den demografischen Entwicklungen betroffen.
Die nachstehende Tabelle zeigt den prognostizierten Bevölkerungsrückgang im Landkreis Harz und in den angrenzenden Kreisen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 3:Der Landkreis Harz im regionalen Vergleich (in Anlehnung an Fuchs, 2010, S. 5)
Die Voraussage verdeutlicht, dass die Bevölkerungsentwicklung sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in den angrenzenden niedersächsischen Kreisen rückläufig ist. Damit scheint klar, dass die Einwohnerzahlen in ganz Deutschland und nicht nur in den ostdeutschen Bundesländern zurückgehen. Die Landkreise Goslar und Nordhausen müssen mit einem stärkeren Rückgang als der Landkreis Harz rechnen. Die Daten weisen somit daraufhin, dass der Rückgang der Bevölkerung in den neuen Bundesländern nicht allein auf die Pendlerströme gen Westdeutschland zurückzuführen ist. Die entscheidenden Aspekte, wie sich die Einwohnerzahl entwickeln wird, lassen sich eher in der Altersstruktur und in der Attraktivität der Kreise vermuten. So ist es wahrscheinlich, dass sich junge Menschen eher dort niederzulassen, wo sich angemessene Gehaltsvorstellungen realisieren lassen, die Infrastruktur günstige Verkehrswege zur Arbeit ermöglicht und ausreichend Freizeitaktivitäten zur Verfügung stehen.
Durch den allgemeinen Bevölkerungsrückgang wird auch der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter sinken. Betrachtet man die für den Arbeitsmarkt relevante Gruppe, hier der 20- bis 64 Jährigen, lässt sich von 2010 bis 2025 eine Verringerung der Erwerbspersonenquote von 6,3 % feststellen. Im Gegenzug steigt im Zeitverlauf die Altersgruppe der unter 19-Jährigen kontinuierlich an. Das lässt vermuten, dass eine Vergreisung im Landkreis Harz langfristig eher unwahrscheinlich ist, da der Anteil der unter 19-Jährigen im Jahr 2025 doppelt so hoch ist, wie der der über 65-Jährigen. Der Anteil der über 65-Jährigen wird dann 15,0 % betragen. (Fuchs, 2010, S. 4)
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- Arbeit zitieren
- Sandra Giereth (Autor:in), 2010, Die Nachhaltigkeit von Beschäftigungsprojekten zur Bekämpfung des Fachkräftemangels am Beispiel des "Kleinen Harz" in Wernigerode, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160485
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