Da die Kinder- und Hausmärchen (KHM) vor allem von Wilhelm Grimm auch als ein „Erziehungsbuch“ für das Bürgertum betrachtet wurde, interessierte mich, ob man die Mythologisierung der Mutterliebe auch über die verschiedenen Auflagen hinweg beobachten kann. Ich suchte mir die KHM "Die zwölf Brüder", "Aschenputtel" und "Hänsel und Gretel" für meine Untersuchung aus, da in diesen Märchen jeweils ein anderer Muttertyp vertreten ist und sah mir deren Darstellung über drei verschiedene Auflagen hinweg an, wobei für mich vor allen Dingen die Darstellung der Mutter-Kind-Beziehung von Interesse war. Ich entschloss mich, für meine Untersuchungen die Auflagen von 1812, 1837 und 1857 zu verwenden. Dabei fiel auf, dass sich immer jeweils zwei der drei Versionen eines Märchens sehr ähnelten, so dass ich schlussendlich pro Mutterfigur nur zwei Auflagen miteinander verglich, was der Erkenntnisgewinnung jedoch keinen Abbruch tat.
In den Märchen "Die zwölf Brüder" und "Aschenputtel" tauchen auch die Mutterfiguren der Schwieger- und der Stiefmutter auf. Da ich vermutete, dass die Darstellung bzw. die veränderte Darstellung dieser Figuren über verschiedene Auflagen hinweg als Kontrastbild zur leiblichen Mutter gleichzeitig das Mutterideal stärken, entschloss ich mich, auch diesen Mutterfiguren in zwei kleinen Exkursen Aufmerksamkeit zu schenken.
In der Schlussfolgerung resümiere ich noch einmal, ob, und wenn ja wie, die Brüder Grimm an der Etablierung eines Idealbildes der liebenden Mutter im Rousseauschen Sinne mitarbeiteten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die lebende gute Mutter - Die zwölf Brüder
- Perfektionierung der guten Mutter
- Kleiner Exkurs zur Schwiegermutter
- Zusammenfassung
- Die tote gute Mutter - Aschenputtel
- Mutterliebe über den Tod hinaus
- Kleiner Exkurs zur Stiefmutter
- Zusammenfassung
- Die lebende böse Mutter – Hänsel und Gretel
- Transformation von Mutter zu Stiefmutter
- Zusammenfassung
- Die ausgewählten Mutterfiguren im Kontext des Rousseauschen Mutterideals
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Mutterfiguren in ausgewählten Märchen der Brüder Grimm (Die zwölf Brüder, Aschenputtel und Hänsel und Gretel) im Kontext des Rousseauschen Mutterideals. Ziel ist es, zu analysieren, wie sich die Darstellung der Mutter-Kind-Beziehung über verschiedene Auflagen der Grimmschen Märchen entwickelt und ob und inwiefern die Brüder Grimm zur Etablierung eines idealisierten Mutterbildes beitrugen.
- Entwicklung des Mutterbildes in den Grimmschen Märchen über verschiedene Auflagen hinweg
- Der Einfluss des Rousseauschen Mutterideals auf die Darstellung der Mutterfiguren
- Vergleich verschiedener Muttertypen (gute, tote, böse Mutter)
- Die Rolle der Schwieger- und Stiefmutter als Kontrastfiguren
- Die Mutter-Kind-Beziehung als zentrales Thema
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt den Kontext der Arbeit: die Grimmschen Märchen, ihre Entstehungsgeschichte und die gesellschaftlichen Veränderungen im 18. und 19. Jahrhundert, die die Vorstellung von Geschlechterrollen und die Mutterrolle beeinflussten. Besonders wird der Einfluss von Rousseau auf das Verständnis von Mutterliebe hervorgehoben und die Forschungsfrage formuliert: Wie wird die Mutterliebe in den ausgewählten Märchen dargestellt und wie verändert sich diese Darstellung über die verschiedenen Auflagen hinweg?
Die lebende gute Mutter - Die zwölf Brüder: Dieses Kapitel analysiert die Darstellung der Mutter in dem Märchen „Die zwölf Brüder“. Die Mutter wird als eine liebende und selbstaufopfernde Frau beschrieben, die alles für ihre Söhne tut. Der Vergleich verschiedener Auflagen zeigt eine Verfeinerung der Darstellung der Mutterfigur im Laufe der Zeit. Die Mutter wird immer mehr als ideale Mutter mit starker Liebe und Hingabe präsentiert. Textveränderungen verdeutlichen diese Entwicklung, insbesondere durch die häufigere Verwendung des Begriffs „Mutter“ und die Ausgestaltung des Dialogs zwischen Mutter und Sohn.
Die tote gute Mutter - Aschenputtel: Das Kapitel widmet sich der Darstellung der Mutter in „Aschenputtel“. Hier wird die Mutterliebe über den Tod hinaus thematisiert. Die Analyse fokussiert darauf, wie die Erinnerung an die verstorbene Mutter die Handlung und das Schicksal von Aschenputtel prägt. Der Kontrast zur bösen Stiefmutter verstärkt das Bild der idealisierten, verstorbenen Mutter. Die Analyse vergleicht die Darstellung der Mutter in verschiedenen Auflagen und untersucht die Entwicklung ihrer Rolle im Laufe der Zeit.
Die lebende böse Mutter – Hänsel und Gretel: Dieses Kapitel untersucht die Darstellung der bösen, lebenden Mutter in „Hänsel und Gretel“. Im Fokus steht die Transformation der Mutter zur Stiefmutter und deren Rolle in der Geschichte. Die Analyse betrachtet die Motivationen und Handlungen der Mutter und den Kontrast zur idealisierten Mutterfigur in anderen Märchen. Die verschiedenen Auflagen werden verglichen, um zu zeigen, wie sich die Darstellung der Mutter und ihre Beziehung zu ihren Kindern verändert hat.
Schlüsselwörter
Mutterliebe, Mutterrolle, Rousseausches Mutterideal, Grimmsche Märchen, Geschlechterrollen, Mutter-Kind-Beziehung, Stiefmutter, Schwiegermutter, Volksmärchen, Auflagenvergleich, Idealisierung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse von Mutterfiguren in Grimms Märchen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Darstellung von Mutterfiguren in drei ausgewählten Märchen der Brüder Grimm – „Die zwölf Brüder“, „Aschenputtel“ und „Hänsel und Gretel“ – unter Berücksichtigung des Rousseauschen Mutterideals. Der Fokus liegt auf der Entwicklung des Mutterbildes über verschiedene Auflagen der Märchen hinweg und dem Einfluss des Rousseauschen Ideals auf diese Darstellung.
Welche Märchen werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf drei Grimmsche Märchen: „Die zwölf Brüder“, „Aschenputtel“ und „Hänsel und Gretel“. Diese wurden aufgrund der unterschiedlichen Darstellung der Mutterfiguren (gute, tote, böse Mutter) ausgewählt.
Welche Arten von Mutterfiguren werden verglichen?
Es werden verschiedene Muttertypen verglichen: die lebende gute Mutter („Die zwölf Brüder“), die tote gute Mutter („Aschenputtel“) und die lebende böse Mutter („Hänsel und Gretel“). Zusätzlich werden Stief- und Schwiegermütter als Kontrastfiguren betrachtet.
Welche Rolle spielt das Rousseausche Mutterideal?
Das Rousseausche Mutterideal dient als wichtiger Kontext für die Analyse. Die Arbeit untersucht, wie sich dieses Ideal auf die Darstellung der Mutterfiguren in den Grimmschen Märchen auswirkt und ob und wie die Brüder Grimm zu seiner Etablierung beitrugen.
Wie wird die Entwicklung des Mutterbildes untersucht?
Die Untersuchung der Entwicklung des Mutterbildes erfolgt durch einen Vergleich verschiedener Auflagen der Grimmschen Märchen. Dabei wird analysiert, wie sich die Darstellung der Mutterfiguren im Laufe der Zeit verändert hat (z.B. durch Textveränderungen, Ausgestaltung von Dialogen).
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in die Einleitung, Kapitel zu den drei ausgewählten Märchen („Die zwölf Brüder“, „Aschenputtel“, „Hänsel und Gretel“), ein Kapitel zum Kontext des Rousseauschen Mutterideals, und ein Fazit. Jedes Kapitel enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Mutterliebe, Mutterrolle, Rousseausches Mutterideal, Grimmsche Märchen, Geschlechterrollen, Mutter-Kind-Beziehung, Stiefmutter, Schwiegermutter, Volksmärchen, Auflagenvergleich, Idealisierung.
Welches ist das zentrale Thema der Arbeit?
Das zentrale Thema ist die Darstellung der Mutter-Kind-Beziehung in ausgewählten Grimmschen Märchen und deren Entwicklung im Kontext des Rousseauschen Mutterideals.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Darstellung der Mutter-Kind-Beziehung in den ausgewählten Märchen zu analysieren und zu untersuchen, wie sich diese Darstellung über verschiedene Auflagen hinweg entwickelt hat und ob und inwiefern die Brüder Grimm zur Etablierung eines idealisierten Mutterbildes beitrugen.
- Quote paper
- Melanie Bossen (Author), 2009, Zur Reproduktion des Rousseauschen Mutterideals in ausgewählten Märchen der Gebrüder Grimm, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160263