Das Problem der Vereinzelung und Isolation ist ein Thema, dass scheinbar besonders in der heutigen Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt. Es kann alle Gruppen der Gesellschaft betreffen – chronisch kranke Menschen, psychiatrische Patienten, Strafgefangene, ebenso wie alte Menschen, Alleinerziehende oder Arbeitslose. Immer mehr Bevölkerungsanteile werden mit Isolation konfrontiert; in einem viel größeren Ausmaß als in vormodernen Zeiten. Die „räumliche“ Isolation ist dabei eine mögliche Ausprägungsform unter vielen. Einsamkeits- und Isolationserfahrungen lassen sich in der Literatur weit zurückverfolgen, bereits in der Bibel durchlebt Jona alle Ängste der Verlassenheit. Dennoch scheinen die Isolationserlebnisse und –ängste ab dem frühen zwanzigsten Jahrhundert zuzunehmen.
Schon die Wahl des Schauplatzes verdeutlicht dabei einen Zusammenhang zwischen dem inneren Erleben des Protagonisten und der Außenwelt. Jeder Raum vergegenwärtigt die darin lebende Person und offenbart nicht selten die Beziehung des Bewohners zur Welt. Insofern wird der Raum zum „Symbol“ und dient (in dem hier betrachteten Zusammenhang) als bildhaftes Zeichen der Veranschaulichung eines Lebensstils, der von Unsicherheit und Ungeborgensein geprägt ist. Der Raum bleibt dabei nicht nur Lebensraum, sondern nimmt weitere Bedeutungsebenen und Konnotationen an, wie beispielsweise „Zufluchtort“, „Gefängnis“, „Schneckenhaus“ oder „Kontemplationsort“.
In Bezug auf die drei, beispielhaft gewählten Prosastücke von Autoren des 20. Jahrhundert (Kafka, Bernhard, Süskind) drängen sich
dabei folgende Behauptungen auf:
These 1: Die räumliche Isolation ist eine mögliche Reaktion des Individuums auf die gesellschaftlichen Gegebenheiten.
These 2: Die gesellschaftlichen Isolationen der Menschen liegen häufig in existenziellen Ängsten begründet.
These 3: Die existenzielle Angst des Protagonisten aus “Die Verwandlung”, Gregor Samsa, ist die Angst vor der Ich-Aufgabe.
These 4: Die existenzielle Angst des Protagonisten aus “Der Kulterer”, Franz Kulterer, ist die Angst vor der Ich-Werdung.
These 5: Die existenzielle Angst des Protagonisten aus “Die Taube”, Jonathan Noel, ist die Angst vor der Veränderung.
Diese fünf Thesen sollen nachfolgend untersucht werden. Aufgrund der vielschichtigen Kausalitäten wird zusätzlich Literatur zum Thema Verhaltenspsychologie und Soziologie herangezogen, um anhand dieser Parallelen und Zuordnungen festzuhalten, welche auf eine Be- oder Widerlegung der Thesen deuten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Hauptteil
- 2.1 Die Soziologie von Alleinsein, Einsamkeit und Isolation
- 2.2 Charakterisierung der Protagonisten
- 2.2.1 Gregor Samsa
- 2.2.2 Franz Kulterer
- 2.2.3 Jonathan Noel
- 2.3 Die Form der räumlichen Isolation
- 2.3.1 Die Gestalt der „Zelle“ des Gregor Samsa
- 2.3.2 Die Gestalt der „Zelle“ des Franz Kulterer
- 2.3.3 Die Gestalt der „Zelle“ des Jonathan Noel
- 2.4 Gesellschaftliche Randbedingungen einer „räumlichen Isolation“
- 2.5 Weitere Beispiele aus der Literatur der Moderne
- 3. Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Symbolik räumlicher Isolation in der modernen Literatur anhand von Franz Kafkas „Die Verwandlung“, Thomas Bernhards „Der Kulterer“ und Patrick Süskinds „Die Taube“. Ziel ist es, die Darstellung und die Bedeutung räumlicher Isolation als Reaktion auf gesellschaftliche Bedingungen und existenzielle Ängste zu analysieren.
- Räumliche Isolation als Ausdruck gesellschaftlicher Bedingungen
- Existenzielle Ängste als Ursache für räumliche Isolation
- Die Rolle der räumlichen Isolation in der Charakterentwicklung der Protagonisten
- Die Symbolik des Raumes als "Zelle" und dessen Bedeutung
- Vergleichende Analyse der drei ausgewählten Werke
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der räumlichen Isolation in der modernen Literatur ein. Sie betont die zunehmende Bedeutung von Isolation in der heutigen Gesellschaft und verweist auf literarische Beispiele, die dieses Thema bereits in früheren Zeiten aufgriffen. Die Arbeit konzentriert sich auf die räumliche Isolation als Reaktion auf Orientierungslosigkeit und existenzielle Ängste, im Gegensatz zu freiwilliger Einsamkeit. Die Einleitung formuliert Thesen, die im Hauptteil anhand der ausgewählten Werke untersucht werden: räumliche Isolation als Reaktion auf gesellschaftliche Gegebenheiten, existenzielle Ängste als Grundlage gesellschaftlicher Isolation und die spezifischen Ängste der Protagonisten in den drei ausgewählten Werken (Angst vor der Ich-Aufgabe, Ich-Werdung und vor Veränderung).
2. Hauptteil: Der Hauptteil analysiert die drei ausgewählten literarischen Werke, um die in der Einleitung aufgestellten Thesen zu überprüfen. Er beginnt mit einer Betrachtung der Soziologie von Alleinsein, Einsamkeit und Isolation, bevor er auf die Charakterisierung der Protagonisten Gregor Samsa, Franz Kulterer und Jonathan Noel eingeht. Im Anschluss wird die Form der räumlichen Isolation in jedem Werk untersucht und die "Zelle" als Symbol der Isolation interpretiert. Der Einfluss gesellschaftlicher Randbedingungen auf die räumliche Isolation wird beleuchtet und schließlich werden weitere Beispiele aus der Literatur der Moderne angeführt.
Schlüsselwörter
Räumliche Isolation, Einsamkeit, existenzielle Angst, moderne Literatur, Kafka, Bernhard, Süskind, „Die Verwandlung“, „Der Kulterer“, „Die Taube“, Symbol, Zelle, Gesellschaft, Individuum, Ich-Aufgabe, Ich-Werdung, Veränderung.
Häufig gestellte Fragen zu: Räumliche Isolation in der modernen Literatur (Kafka, Bernhard, Süskind)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese akademische Arbeit analysiert die Symbolik räumlicher Isolation in drei ausgewählten Werken der modernen Literatur: Franz Kafkas „Die Verwandlung“, Thomas Bernhards „Der Kulterer“ und Patrick Süskinds „Die Taube“. Der Fokus liegt auf der Darstellung und Bedeutung räumlicher Isolation als Reaktion auf gesellschaftliche Bedingungen und existenzielle Ängste der Protagonisten.
Welche Ziele werden verfolgt?
Die Arbeit untersucht die räumliche Isolation als Ausdruck gesellschaftlicher Bedingungen und existenzieller Ängste. Sie analysiert die Rolle der räumlichen Isolation in der Charakterentwicklung der Protagonisten und interpretiert die Symbolik des Raumes, insbesondere die Metapher der „Zelle“. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der vergleichende Ansatz, der die drei Werke miteinander in Beziehung setzt.
Welche Themen werden behandelt?
Die zentralen Themen sind räumliche Isolation, Einsamkeit, existenzielle Angst, die Charakterisierung der Protagonisten Gregor Samsa, Franz Kulterer und Jonathan Noel, die Symbolik der „Zelle“ als Raum der Isolation, gesellschaftliche Randbedingungen, die Ich-Aufgabe, die Ich-Werdung und die Angst vor Veränderung. Die Arbeit differenziert zwischen räumlicher Isolation als Reaktion auf äußere Umstände und freiwilliger Einsamkeit.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Einleitung, Hauptteil und Schlussbetrachtung. Die Einleitung führt in die Thematik ein und formuliert zentrale Thesen. Der Hauptteil analysiert die drei Werke, untersucht die Charaktere und die Symbolik der räumlichen Isolation, beleuchtet gesellschaftliche Faktoren und präsentiert weitere literarische Beispiele. Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Werke werden analysiert?
Die Arbeit analysiert Franz Kafkas „Die Verwandlung“, Thomas Bernhards „Der Kulterer“ und Patrick Süskinds „Die Taube“. Diese Werke dienen als Fallbeispiele für die Untersuchung der räumlichen Isolation und ihrer Bedeutung in der modernen Literatur.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Räumliche Isolation, Einsamkeit, existenzielle Angst, moderne Literatur, Kafka, Bernhard, Süskind, „Die Verwandlung“, „Der Kulterer“, „Die Taube“, Symbol, Zelle, Gesellschaft, Individuum, Ich-Aufgabe, Ich-Werdung, Veränderung.
Wie wird die räumliche Isolation dargestellt?
Die räumliche Isolation wird als Symbol für die existenzielle Krise und die gesellschaftliche Ausgrenzung der Protagonisten interpretiert. Der Raum wird als „Zelle“ beschrieben und analysiert, um die Einschränkungen und die psychische Belastung der Figuren zu verdeutlichen.
Welche Rolle spielen gesellschaftliche Bedingungen?
Die Arbeit untersucht, wie gesellschaftliche Bedingungen die räumliche Isolation der Protagonisten beeinflussen. Sie beleuchtet den Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Strukturen und der Erfahrung von Isolation und Ausgrenzung.
Wie werden die Protagonisten charakterisiert?
Die Arbeit charakterisiert die Protagonisten Gregor Samsa, Franz Kulterer und Jonathan Noel im Detail und untersucht ihre individuellen Reaktionen auf die räumliche Isolation im Kontext ihrer jeweiligen Lebensumstände und psychischen Verfassung.
- Quote paper
- Susanne Friedrich (Author), 2010, Über die Symbolik der räumlichen Isolation des Menschen in der modernen Literatur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160170