„Die glückliche Liebe hat in der abendländischen Kultur keine Geschichte“ , stellte der Schweizer Kulturhistoriker Denis de Rougemont in seinem 1939 erschienenen Buch Die Liebe und das Abendland fest. Er stimmt mit dem deutschen Soziologen Niklas Luhmann überein, der für moderne Liebesliteratur rekonstruiert hat, dass das Sicheinlassen auf sexuelle Beziehungen Prägungen und Bindungen erzeugt, die ins Unglück führen. So liegt die Tragik, laut Luhmann, nicht mehr darin, dass die Liebenden nicht zueinanderfinden kön-nen, sondern dass sexuelle Beziehungen Liebe zur Folge haben und dass man sich dieser anschließend nicht mehr entziehen kann. Es ist wohl richtig, dass gerade in der modernen Liebesliteratur immer wieder von gescheiterten Beziehungen, von Trennungen, der Suche nach dem richtigen Partner oder Eheproblemen die Rede ist; alles andere wäre nicht span-nend und würde keineswegs zum Weiterlesen animieren. Viele Bestandteile von Liebescodes, wie sie Luhmann insbesondere aus Romanen rekonstruiert, verdanken ihre weite Verbreitung vor allem ihrem spannungsfördernden Potenzial. Ein Aspekt, den Luhmann allerdings übersieht.
Liebesliteratur wird für gewöhnlich nicht mit dem Begriff Spannungsliteratur in einem Atemzug genannt. Vielmehr ist dann von Kriminalromanen, Detektivliteratur oder Aben-teuergeschichten die Rede. Also von Geschichten, in denen die Gefahr, in die die literarischen Figuren gebracht werden, als ein Spannungsfaktor eine große Rolle spielt. Doch was in einem Text als Gefahr anzusehen ist, hängt davon ab, was der Text als Gefahr suggeriert. Dies bedeutet, dass Gefahr nicht an bestimmte Motive gebunden, sondern potenziell für jeden Inhalt offen ist und somit auch für Motive, wie sie in Liebesliteratur Verwendung finden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Forschungsstand, Literatur und Material
- 3. Zum Gegenstand: Spannung
- 3.1. Begriffsbestimmung
- 3.2. Formen der Spannung
- 3.2.1. Handlungsorientierte Spannungsformen
- 3.2.2. Nicht-handlungsorientierte Spannungsformen
- 4. Die Spannungsanalyse von Liebesliteratur auf der Handlungsebene
- 4.1. Narration zwischen story- und discourse-Ebene
- 4.2. Spannungserzeugung auf der story-Ebene
- 4.2.1. Voraussetzungen für Spannung in Liebesliteratur
- 4.2.2. Spannung aufgrund biologisch fundierter Triebstrukturen
- 4.2.3. Spannung durch das Motiv der Nebenbuhlerschaft
- 4.2.4. Spannung durch das Motiv der unerfüllten Sehnsucht
- 4.2.5. Spannung durch das Motiv der Trennung
- 4.3. Spannungserzeugung auf der discourse-Ebene
- 4.3.1. Das Konflikt- und Bedrohungsspannungsschema (suspense)
- 4.3.2. Das Rätselspannungsschema (mystery)
- 4.3.3. Das Überraschungsschema (surprise)
- 5. Sprachwissenschaftliche Aspekte der Spannungserzeugung in Liebesliteratur
- 5.1. Sprachliche Mittel zur Schaffung von Spannung
- 5.2. Informationszurückhaltung am Erzählbeginn
- 5.3. Unzuverlässiges Erzählen und Spannung
- 5.4. Spannung zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit
- 5.5. Intertextualität und Spannung
- 6. Die emotionspsychologische Bestimmung von Spannung in Liebesliteratur
- 6.1. Paradox of fiction
- 6.2. Zur Rekonstruktion der sprachlichen Gestaltung von Emotionen
- 6.3. Verschiedene Spannungstypen und ihre Emotionen
- 6.4. Regelformulierungen zur Emotionalisierung des Lesers
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Spannungstechniken in modernen literarischen Liebesgeschichten und deren emotionale Effekte auf den Leser. Ziel ist es, die verschiedenen Arten der Spannungserzeugung zu analysieren und aufzuzeigen, wie literarische Mittel eingesetzt werden, um bestimmte Affekte beim Rezipienten hervorzurufen.
- Definition und Typologisierung von Spannung in Liebesliteratur
- Analyse der Spannungserzeugung auf der Handlungs- und Diskursebene
- Sprachwissenschaftliche Mittel zur Schaffung von Spannung
- Emotionspsychologische Wirkung von Spannungstechniken
- Exemplarische Analyse ausgewählter Liebesromane
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die These auf, dass Liebesliteratur, entgegen der landläufigen Meinung, ein hohes Spannungspotenzial besitzt. Sie argumentiert, dass Gefahr nicht an bestimmte Motive gebunden ist und dass auch scheinbar weniger dramatische Stoffe durch die Interaktion zwischen Text und Leser Spannung erzeugen können. Der Fokus liegt auf der Bedeutung von Spannung für die Lesemotivation und der Notwendigkeit, Spannungsstrategien in Liebesromanen systematisch zu untersuchen.
2. Forschungsstand, Literatur und Material: Dieses Kapitel dürfte einen Überblick über den bisherigen Forschungsstand zum Thema Spannung in der Literatur geben, insbesondere in Bezug auf Liebesliteratur. Es wird vermutlich relevante Theorien und Studien vorstellen und die Methodik der Arbeit begründen, indem es die verwendeten Materialien und die Vorgehensweise der Analyse erläutert. Die Auswahl der zu analysierenden Liebesromane und die Kriterien für diese Auswahl werden ebenfalls hier behandelt.
3. Zum Gegenstand: Spannung: Dieses Kapitel definiert den Begriff "Spannung" und differenziert zwischen verschiedenen Spannungsformen. Es wird wahrscheinlich zwischen handlungsorientierten und nicht-handlungsorientierten Spannungsformen unterscheiden und diese Kategorien detailliert erläutern. Der Fokus liegt hier auf der theoretischen Fundierung der Spannungsanalyse.
4. Die Spannungsanalyse von Liebesliteratur auf der Handlungsebene: Dieses Kapitel analysiert die Spannungserzeugung in Liebesliteratur auf der Handlungsebene (story) und der Erzählebene (discourse). Es wird vermutlich verschiedene narrative Strategien untersuchen, die Spannung erzeugen, wie z.B. das Motiv der Nebenbuhlerschaft oder unerfüllten Sehnsucht. Die Analyse wird die unterschiedlichen Arten der Spannung, z.B. suspense, mystery und surprise, im Kontext der Liebesliteratur betrachten.
5. Sprachwissenschaftliche Aspekte der Spannungserzeugung in Liebesliteratur: In diesem Kapitel werden die sprachlichen Mittel untersucht, die zur Schaffung von Spannung in Liebesromanen beitragen. Es werden wahrscheinlich Aspekte wie Informationszurückhaltung, unzuverlässiges Erzählen, die Beziehung zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit sowie Intertextualität analysiert. Hier wird der Fokus auf den sprachlichen Ausdruck und seine Wirkung auf den Leser gelegt.
6. Die emotionspsychologische Bestimmung von Spannung in Liebesliteratur: Dieses Kapitel behandelt die emotionale Wirkung von Spannungstechniken auf den Leser. Es wird sich wahrscheinlich mit dem "Paradox of fiction" auseinandersetzen und untersuchen, wie sprachliche Gestaltung Emotionen beim Leser hervorruft. Verschiedene Spannungstypen und ihre emotionalen Konsequenzen werden analysiert.
Schlüsselwörter
Liebesliteratur, Spannung, Spannungstechniken, emotionale Effekte, Narration, Discourse, Sprachwissenschaft, Emotionspsychologie, Textanalyse, Liebesroman, Handlungsebene, Erzählebene, suspense, mystery, surprise.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Spannungstechniken in modernen literarischen Liebesgeschichten
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Spannungstechniken in modernen literarischen Liebesgeschichten und deren emotionale Auswirkungen auf den Leser. Es wird analysiert, wie verschiedene Arten der Spannungserzeugung funktionieren und welche literarischen Mittel eingesetzt werden, um bestimmte Emotionen beim Leser hervorzurufen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Definition und Typologisierung von Spannung in Liebesliteratur, die Analyse der Spannungserzeugung auf Handlungs- und Diskursebene, sprachwissenschaftliche Mittel zur Schaffung von Spannung, die emotionspsychologische Wirkung von Spannungstechniken und eine exemplarische Analyse ausgewählter Liebesromane.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, Forschungsstand, Gegenstandsbestimmung (Spannung), Spannungsanalyse auf Handlungsebene, sprachwissenschaftliche Aspekte der Spannungserzeugung und emotionspsychologische Bestimmung von Spannung in Liebesliteratur. Jedes Kapitel baut aufeinander auf und vertieft die Analyse der Spannungstechniken in Liebesromanen.
Was wird in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung stellt die These auf, dass Liebesliteratur ein hohes Spannungspotenzial besitzt, auch wenn dies nicht immer offensichtlich ist. Sie argumentiert für die Notwendigkeit einer systematischen Untersuchung von Spannungsstrategien in Liebesromanen und betont deren Bedeutung für die Lesemotivation.
Was beinhaltet das Kapitel zum Forschungsstand?
Dieses Kapitel bietet einen Überblick über den bisherigen Forschungsstand zum Thema Spannung in der Literatur, insbesondere in Bezug auf Liebesliteratur. Es werden relevante Theorien und Studien vorgestellt, die Methodik der Arbeit begründet und die verwendeten Materialien sowie die Vorgehensweise der Analyse erläutert. Die Auswahl der analysierten Liebesromane und die Kriterien hierfür werden ebenfalls dargestellt.
Wie wird der Begriff "Spannung" definiert?
Das Kapitel "Zum Gegenstand: Spannung" definiert den Begriff "Spannung" und unterscheidet zwischen verschiedenen Spannungsformen, insbesondere zwischen handlungsorientierten und nicht-handlungsorientierten Formen. Die theoretische Fundierung der Spannungsanalyse steht hier im Mittelpunkt.
Wie wird die Spannung auf der Handlungsebene analysiert?
Das Kapitel zur Spannungsanalyse auf der Handlungsebene untersucht die Spannungserzeugung auf der Handlungsebene (story) und der Erzählebene (discourse). Es analysiert narrative Strategien wie das Motiv der Nebenbuhlerschaft oder unerfüllten Sehnsucht und betrachtet verschiedene Spannungstypen (suspense, mystery, surprise) im Kontext von Liebesliteratur.
Welche sprachwissenschaftlichen Aspekte werden betrachtet?
Das Kapitel zu den sprachwissenschaftlichen Aspekten untersucht sprachliche Mittel zur Schaffung von Spannung, wie Informationszurückhaltung, unzuverlässiges Erzählen, die Beziehung zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit sowie Intertextualität. Der Fokus liegt auf dem sprachlichen Ausdruck und seiner Wirkung auf den Leser.
Wie wird die emotionale Wirkung von Spannung behandelt?
Das Kapitel zur emotionspsychologischen Bestimmung von Spannung befasst sich mit der emotionalen Wirkung von Spannungstechniken auf den Leser. Es behandelt das "Paradox of fiction" und untersucht, wie sprachliche Gestaltung Emotionen beim Leser hervorruft. Verschiedene Spannungstypen und ihre emotionalen Konsequenzen werden analysiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Liebesliteratur, Spannung, Spannungstechniken, emotionale Effekte, Narration, Discourse, Sprachwissenschaft, Emotionspsychologie, Textanalyse, Liebesroman, Handlungsebene, Erzählebene, suspense, mystery, surprise.
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- M.A. Doreen Fräßdorf (Author), 2010, Spannungstechniken in literarischen Liebesgeschichten und ihre emotionalen Effekte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159603