Manchmal ist das uns Nächste auch das Verzwickteste. Auf die Frage, was Jazz denn eigentlich sei, antwortete der legendäre Jazzmusiker Louis Armstrong angeblich: „If you need to ask you’ll never know.“ Im Fall von Qualia scheint dies nicht anders zu sein. Qualia sind aus dem menschlichen Selbst-Erleben nicht wegzudenken. Sie sind uns überaus vertraut – vielleicht vertrauter als jedes andere Geistesphänomen –, unendlich nah und etwas, über das wir uns niemals täuschen können. Ein genaues Verständnis dieses Phänomens
hingegen scheint noch immer unendlich fern zu sein. Zwischen dem Erleben und dem Verstehen tut sich eine Erklärungslücke auf.
Diese Magisterarbeit bietet im ersten Kapitel einen Überblick auf die gegenwärtige Qualia-Debatte und das Argument der Erklärungslücke. Anhand von
Beispielen und Klassifizierungen wird gezeigt, welche die konstituierenden Aspekte von Qualia sind und was Qualia von anderen bewussten, mentalen Zuständen unterscheidet. Die Qualia-Problematik wird in Teilfragen gesondert und in ihrer philosophischen Relevanz eingeschätzt.
Im zweiten Kapitel wird nach einer historischen und argumentativen Hinführung das ‚explanatory gap argument’ genauer dargestellt und seine Bedeutung im Hinblick auf die Qualia-Problematik näher untersucht. Des Weiteren werden die relevanten Explananda und Explanantia differenziert sowie die Frage aufgeworfen, welche Form eine adäquate Reduktion haben sollte.
Das dritte Kapitel befasst sich im Detail mit den zurzeit wesentlichen reduktionistischen Qualia-Strategien: reduktiver Materialismus, Funktionalismus und Repräsentationalismus. Außerdem finden fiktionalistische und eliminativistische Einwände Erwähnung. Es wird kritisch untersucht, ob diese Strategien eine befriedigende Reduktion von Qualia anbieten und somit das
Argument von Joseph Levine entkräften können.
Schließlich ergibt sich im letzten Kapitel die Gelegenheit für einen Ausblick auf zukünftige philosophische Strategien, die uns zu einer neuen Sichtweise in der Qualia-Problematik führen könnten.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Philosophische Grundlagen der Erklarungslucke
1.1 Was sind Qualia?
1.2 Klassifizierung
1.3 Was sind Qualia nicht?
1.4 Offene Fragen
1.5 Die Relevanz der Qualia-Problematik
1.6 Zusammenfassung
2 Das Argument der Erklarungslucke
2.1 Vorgeschichte
2.2 Das modale Argument
2.3 Das Argument unvollstandigen Wissens
2.4 Physikalistische Einwande
2.5 Die epistemische Erklarungslucke
2.6 Die Explananda
2.7 Reduktion und kausale Rollen
2.8 Zusammenfassung
3 Diskussion
3.1 Ubersicht
3.2 Reduktiver Materialismus
3.3 „Complexity gambit“
3.4 Funktionalismus
3.5 Einfacher Reprasentationalismus: Phanomenaler Extemalismus
3.6 Metareprasentationalismus: Higher-Order Theory
3.7 Fiktionalismus: Die Erlarungslucke als kognitive Illusion
3.8 Eliminativismus
3.9 Zusammenfassung
4 Ausblick
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Einleitung
„Mihi a dicto doctore Domandatur causam et rationem quare Opium facit dormire?
A quoi respondeo Quia est in eo Virtus dormitiva, Cujus est natura Sensus assoupire. “1
Der Doktor-Kandidat im Theaterstuck „Le malade imaginaire“ von JEAN-BAPTISTE MOLIERE ist ein cleverer Rhetoriker. Er erklart die damals unbekannte Funktionsweise des Opiums zirkular mit einem Hinweis auf ein diesem innewohnendes Prinzip oder Vermogen: Die ,virtus dormitiva’. Wahrend der Bakkalaureat bei Moliere seine Prufung mit Bravour meistert, konnen wir mit einer ahnlichen Vorgehensweise im Fall der Reduktion von Qualia nicht mit Beifall rechnen. Unser Publikum wohnt schlieBlich keiner Komodie bei und ist erst zufrieden, wenn die Funktionsweisen phanomenalen Bewusstseins anschaulich und nachvollziehbar erklart sind.
In diesem Sinn formulierte JOSEPH LEVINE im Jahr 1983 das explanatory gap argument’, in dem er unser fundamentales Unwissen von einem mentalen Phanomen diagnostiziert, das uns so selbstverstandlich erscheint wie kaum etwas Anderes in dieser Welt. Die philosophischen Bemuhungen um eine Reduktion subjektiver Erlebnisqualitaten im letzten Jahrhundert haben zwar einige begriffliche Klarungen erreicht, aber das Problem nicht wirklich gelost. Kog- nitionswissenschaftliche Theorien sind aufgestellt worden und gescheitert. Die uberschaumende Euphorie des letzten Jahrhunderts uber das naturwissenschaftliche Erklarungspotenzial fur phanomenales Bewusstsein ist einem gedampften Optimismus gewichen. Der ,Aha-Effekt’ ist ausgeblieben.
Neben der Diagnose unserer Unwissenheit hat das explanatory gap argument’ aber noch mehr zu bieten: Sie beinhaltet eine reizvolle und nutzliche Perspektiv-Verschiebung bezuglich des Qualia-Problems. Die Reduktion muss nach Levine ein explanatorisches Potenzial besitzen, da wir zumindest diese Reduktion nur dann in unser Weltbild integrieren konnen, wenn wir die kausalen und nomologischen Zusammenhange zwischen dem Phanomen und seiner Reduktionsbasis verstehen. Levine verschiebt den Akzent der Problematik von der ontologischen auf die epistemische Ebene und offnet damit den Raum fur eine frnchtbare Zusammenarbeit von analytischer Philosophie und Naturwissenschaft.
Was soil nun die vorliegende Magisterarbeit leisten? Sie wird im ersten Kapitel einen Uberblick auf die gegenwartige Qualia-Debatte und das Argument der Erklarungslucke bieten. Anhand von Beispielen und Klassifizierungen wird gezeigt, welche die konstituierenden Aspekte von Qualia sind und was Qualia von anderen bewussten, mentalen Zustanden unterscheidet. Die Qualia- Problematik wird in Teilfragen unterteilt und in ihrer philosophischen Relevanz eingeschatzt.
Im zweiten Kapitel mochte ich nach einer historischen und argumentativen Hinfuhrung das explanatory gap argument’ genauer darstellen und seine Bedeutung im Hinblick auf die Qualia- Problematik naher untersuchen. Des Weiteren sollen die relevanten Explananda und Explanantia differenziert sowie die Frage aufgeworfen werden, welche Form eine adaquate Reduktion haben sollte.
Das dritte Kapitel befasst sich im Detail mit den zurzeit wesentlichen reduktionistischen Qualia- Strategien: reduktiver Materialismus, Funktionalismus und Reprasentationalismus. AuBerdem sollen fiktionalistische und eliminativistische Einwande Erwahnung finden. Es wird kritisch untersucht, ob diese Strategien eine befriedigende Reduktion von Qualia anbieten und somit das Argument von Joseph Levine entkraften konnen.
SchlieBlich ergibt sich im letzten Kapitel die Gelegenheit fur einen Ausblick auf zukunftige philosophische Strategien, die uns zu einer neuen Sichtweise in der Qualia-Problematik fuhren konnten.
Sind also Qualia reduzierbar? Sind sie bereits teilweise reduziert? Oder sind sie aus prinzipiellen Grunden unserem Geist verschlossen? 1st die Erklarungslucke hinfallig — oder doch vielmehr ein Katalysator fur eine Neuformulierung des Problems? Fragen uber Fragen...
Fragen wie diese werden uns noch weiter beschaftigen. Diese Magisterarbeit will aber zumindest ein Baustein fur eine Theorie sein, die das Problem der Reduzierbarkeit von Qualia anhand des explanatory gap argument’ zu klaren hilft. Sie soll im Sinn von PAUEN (2002) letztlich „entweder zu der Einsicht fuhren, dass das Problem in der Tat unlosbar ist, oder aber bei der Entwicklung konkreter Fragestellungen helfen, die einen Ansatzpunkt fur empirische Untersuchungen bieten konnen.“2
1 Philosophische Grundlagen der Erklarungslucke
In diesem Kapitel werden die Grundlagen der Qualia-Problematik aufgezeigt. Der Begriff ,Qualia’ wird naherungsweise anhand von Beispielen und konstituierenden Aspekten definiert sowie in eine Klassifikation von ,Bewusstsein’ eingeordnet. Das ,schwierige Problem’ des Bewusstseins wird von den einfacheren unterschieden. Mithilfe der offenen Fragen wird die philosophische und allgemeine Relevanz der Qualia-Problematik aufgezeigt.
1.1 Was sind Qualia?
Manchmal ist das uns Nachste auch das Verzwickteste. Auf die Frage, was Jazz denn eigentlich sei, antwortete der legendare Jazzmusiker Louis Armstrong angeblich: „If you need to ask you’ll never know.“3 Im Fall von Qualia scheint dies nicht anders zu sein. Immerhin kennt jeder von uns Qualia. Sie sind aus dem menschlichen Selbst-Erleben nicht wegzudenken. Sie sind uns uberaus vertraut — vielleicht vertrauter als jedes andere Geistesphanomen —, unendlich nah und etwas, „uber das wir uns niemals tauschen konnen“.4 Ein genaues Verstandnis dieses Phanomens hingegen scheint noch immer unendlich fern zu sein.
Es ist nicht leicht, eine nicht-zirkulare, abstrakte Definition von Qualia zu geben. Der Begriff Quale (plural: Qualia) kommt ursprunglich aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie ,wie beschaffen?’ oder ,was fur ein?’. Schon 1929 fand C.I. LEWIS fur diesen Begriff eine philosophische Verwendung. Er deutete ein Quale als “given element in a single experience of an object”.5 Seit den fruhen 1970er Jahren steht dieser Kunstterminus in der analytischen Philosophie des Geistes exklusiv fur subjektive Erlebnisqualitaten.6
Eine der einflussreichsten Formulierungen hierfur hat THOMAS NAGEL im Jahr 1974 publiziert. Er definiert in seinem Aufsatz „How it’s like to be a bat?“ ein Quale als das bewusste Erlebnis, wie es sich anfuhlt, in einem bestimmten mentalen Zustand zu sein.7 Er referiert auf das Lebens- gefuhl von Fledermausen, die als Saugetiere uns durchaus verwandt sind, aber auch zugleich sehr verschieden. Es ist keinem von uns moglich, sich vorzustellen, wie es ist, eine Fledermaus zu sein und Ultraschallsignale zur Ortung im Raum zu verwenden — ausser vielleicht Batman.. .8
In einem Standardwerk der ,Philosophy of Mind’ formuliert Ned Block den gleichen Sachverhalt zusammenfassend wie folgt: „Qualia include the ways it feels to see, hear and smell, the way it feels to have a pain; more generally, what it’s like to have mental states.”9 Sehen wir uns ein Beispiel an:
Ich sitze mit Freunden am Abendessen und koste einen guten Rotwein. Er schmeckt mir suB und fruchtig, und es fuhlt sich fur mich an, als habe er eine Heidelbeeren- Note. Mein Sitznachbar jedoch empfindet den gleichen Wein nicht als fruchtig, sondern als leicht ,erdig’. Vielleicht, so denke ich mir, liegt dies daran, dass ich gerade zuvor diese Zitronen-Creme probiert habe und er nicht. Auf dem Etikett steht nichts von Heidelbeeren, aber ich bin mir sicher, einen solchen Geschmack empfunden zu haben.10
Schon an dieser Stelle konnen wir einige typische Merkmale von Qualia festhalten:11
- Qualia sind die Art und Weise, wie wir mentale Zustande erleben. Sie haben einen Erlebnischarakter, der sie von rein kognitiven oder rationalen Zustanden unterscheidet. Dieser Aspekt wird auch die Phanomenalitat von Qualia genannt.
- Qualia „fuhlen sich irgendwie an“, d. h. sie haben einen qualitativen Gehalt.
- Qualia sind bewusst., d. h. wir sind uns wahrend des Erlebens eines Quale des qualitativen Gehalts (,wie es sich anfuhlt’) bewusst.12 Es handelt sich um ein Bewusstsein von der Qualitat des Erlebnisses, nicht um ein Bewusstsein darum, dass die Qualitat so oder so beschaffen ist.
- Qualia sind genau so, wie sie erscheinen. Man kann sich uber den qualitativen Gehalt nicht tauschen.
- Qualia sind partikular. Objektiv gesehen gleiche Wahrnehmungen konnen zu interpersonal oder intrapersonal verschiedenen Qualia fuhren.13
Ein zweites Beispiel:
Ich trete in einen Raum und mir fallt plotzlich der ganz eigenartige Geruch darin auf. Ich kann ihn kaum benennen, vielleicht ein Duft nach alten Holzmobeln und Tomatenstrauchern. Ich spure in mir eine angespannte Neugierde. In meinem Kopf ist ein Bild an das Wohnzimmer meiner GroBmutter als ich ein Kind war, an wehende, sonnenbeschienene Vorhange und an die verbotene Taste eines Plattenspielers, die grun leuchtet. Dies alles empfinde ich als ein Gesamterlebnis.
Hier zeigen sich weitere Aspekte von Qualia:
- Qualia werden direkt erlebt und sind unmittelbar prasent. Sie treten in unser Bewusstsein und sind sofort da.
- Qualia konnen unendlich reichhaltig und zugleich amalgamiert., also zu einem einzigen Gesamteindruck verschmolzen sein. Es scheint nicht moglich, einzelne Erlebnisaspekte eines Quale aus demselben herauszulosen. Wie mentale ,Atome’ sind sie nicht weiter teilbar oder analysierbar. Diese Eigenschaften werden u. a. auch als ,Glattheit’, ,Homogenitat’ oder ,grainlessness’ (,Nicht-Kornigkeit’) bezeichnet. Mit diesen Begriffen soll umschrieben werden, dass in Qualia keine interne Struktur zu erkennen sei — sie seien eben ,simple’ bzw. ,raw feelings’.
- Qualia finden immer ,jetzt’ und ,hier’ statt (auch wenn sie Gedachtnisinhalte aktivieren) und werden stets von einem ,Ich’ erlebt. Qualia haben also eine indexikalische Komponente.
- Qualia sind privat und nur subjektiv erfahrbar, d. h. sie sind jedem Individuum nur selbst epistemisch zuganglich. Man sagt, sie konnten nur introspektiv bzw. aus einer Erste-Person-Perspektive erlebt werden. Dies beruhrt auch die Frage nach der Reduktion von Qualia, wie wir sehen werden.
- Qualia scheinen ,durch sich selbst’ schon einen bestimmten qualitativen Gehalt zu haben. An diese Eigenschaft von Qualia schlieBt sich die Frage, ob sie intrinsisch seien.
- Qualia sind sprachlich schwer zu fassen. Eine Beschreibung wird dem Quale nicht wirklich gerecht. Diese Sprachferne fuhrt zu Problemen bei der Reduktion von Qualia.
Phanomenales Bewusstsein scheint aber nicht allein mit Wahrnehmungen auBerer Objekte zu tun zu haben, sondern auch mit dem Erleben eigener korperlicher Zustande. In der Literatur wird fur gewohnlich Schmerz als Beispiel gewahlt — kein Wunder, ist doch der qualitative Gehalt von beispielsweise Zahnschmerzen kaum zu leugnen. Doch auch Hunger und Durst, Erschopfung, Lust oder ein Orgasmus besitzen einen Aspekt subjektiven, qualitativen Erlebens. Selbst Gefuhle und Stimmungen wie Trauer, Wut, Verliebtsein, Zuversicht etc. sind von Qualia begleitet.
Ein letztes Beispiel mag uns vielleicht endgultig auf die richtige Fahrte bringen. AnTTI REVONSUO (1997) weist darauf hin, dass phanomenales Bewusstsein gerade im Traum in seiner reinsten Form auftaucht — fast ganzlich unabhangig von Input (Wahrnehmung) und Output (Handeln). Im Traum sind wir in eine real erscheinende, perzeptuelle Welt eingetaucht, die uns direkt und unmittelbar prasent ist. Wir machen mit allen Sinnen subjektive, sensorische Erfahrungen.
Ich habe eingangs erwahnt, dass eine nicht-zirkulare Definition nicht leicht zu geben ist. So referiert der Aspekt der Subjektivitat und Direktheit von Qualia auch auf das Merkmal der Phanomenalitat vice versa. Diese Zirkularitat ist eines von vielen Hinweisen darauf, dass es uns an Begriffen fur ein adaquates Verstehen von Qualia fehlt. Wir haben (noch) nicht die fraglichen philosophischen Terme festgelegt, die uns ermoglichen wurden, Qualia exakt zu definieren und vollumfanglich zu verstehen.
NED Block (1994) formuliert die pessimistische Ansicht, auf Qualia bzw. deren Synonyme lieBe sich letztendlich nur in Gestalt von Beispielen verweisen.14 Die Eigenheit von Qualia lasst sich in der Tat sehr leicht exemplifizieren. Man stelle sich nur den Geschmack einer Zitrone oder den Klang der Kirchenglocken am nebligen Sonntagmorgen im Herbst vor. Ich denke, eine Definition kann aber im argumentativen und begrifflichen Eingrenzen des fraglichen Gegenstands naherungsweise erarbeitet werden.
Da diese Magisterarbeit die Reduktion von Qualia behandeln mochte, fokussiere ich im Folgenden auf ihre meines Erachtens hierfur wesentlichen Merkmale: Qualia haben
1) einen qualitativen bzw. phanomenalen Gehalt und werden
2) subjektiv und direkt erlebt.
1.2 Klassifizierung
Auch in der analytischen Philosophic des Geistes herrscht keine wirkliche Einigkeit, wie ,Bewusstsein’ zu klassifizieren sei. Ich mochte mich zunachst auf einen Ansatz von GEORG Mohr und Michael QuanTE beziehen, demzufolge drei Bereiche bewusster mentaler Zustande unterschieden werden konnen:15
1) Intentionale Zustande mit reprasentationalem und propositionalem Gehalt sowie sprachlicher Strukturierung (wie z. B. ,glauben, dass p’);
2) Erlebniszustande mit phanomenalem charakter und ohne sprachliche Strukturierung (wie z. B. Schmerzempfinden oder Farb-Eindrucke);
3) Wahrnehmungen mit phanomenalem Charakter und reprasentationalem Gehalt (wie z. B. das Wahrnehmen einer roten Ampel).
Innerhalb dieses Schemas konnen Qualia zunachst der zweiten oder dritten Kategorie zugeordnet werden. Qualia sind nicht mit intentionalen Zustanden gleichzusetzen, da den Ersteren der reprasentationale Gehalt und die sprachliche Strukturierung fehlen. Naturlich konnen Qualia auch als Reprasentationen fungieren: Wenn wir ein Glas Rotwein trinken, konnte unser Quale als Reprasentation beispielsweise der entsprechenden Weinsorte oder deren chemischer Zusammen- setzung interpretiert werden. Einen passionierten Weintrinker wird aber nun nicht das abstrakte Wissen uber ein etwaiges Referenzobjekt interessieren oder die Fahigkeit, diese mental zu reprasentieren, sondern das qualitative Erlebnis selbst — sonst konnte er ja auch nur das Etikett lesen, wie Owen Flanagan richtig bemerkt.
Wenn wir NED BLOCKS wohlbekannte Unterscheidung zwischen ,phenomenal consciousness’ und ,access consciousness’16 flankierend miteinbeziehen, wird deutlich, dass Qualia sich von reinen Wahrnehmungen mit reprasentationalem Gehalt (dritte Kategorie) unterscheiden. Wahrend nach Block das phanomenale Bewusstsein (P-Bewusstsein) nur Erlebnischarakter hat, ist das Zugriffsbewusstsein (Z-Bewusstsein) notwendigerweise mit einem kognitiven Handlungsaspekt verbunden. Auch im Fall von Qualia scheint stets ein Zugang bzw. Zugriff gegeben zu sein. LEVINE (2002) hat dies die „duale Natur“17 von Qualia genannt, die impliziert, dass wir uns unserer Qualia immer gewahr sind. Dennoch scheint mir die Unterscheidung zwischen Z-Bewusstsein und P-Bewusstsein hilfreich zu sein. Sie weist auf den Umstand hin, dass Qualia notwendigerweise einen qualitativen Gehalt besitzen, der dem Z-Bewusstsein durchaus fehlen kann.
Der reprasentationale oder intentionale Gehalt ist demnach nicht ein konstituierendes Merkmal des phanomenalen Bewusstseins. Wenn wir versuchen, subjektive Erlebnisqualitaten auf diese Weise in den Griff zu bekommen, lassen wir auch hier das Wesentliche und zu Erklarende aus.
Eine andere populare Kategorisierung in der analytischen Philosophie des Geistes unterscheidet drei Arten des Bewusstseins:18
1) Selbstbewusstsein
2) Kognitives Bewusstsein
3) Phanomenales Bewusstsein
Qualia werden hier mit dem phanomenalen Bewusstsein gleichgesetzt. Die weiter oben ange- fuhrte Argumentation bezuglich des kognitiven Bewusstseins gilt hier naturlich analog: Kognitive Handlungssteuerung, propositionaler und reprasentationaler Gehalt sind Ausschlusskriterien fur Qualia. Obwohl wir gesehen haben, dass Qualia offenbar nur aus der Erste-Person-Perspektive erlebt werden konnen, werden wir sie im Rahmen dieser Magisterarbeit aus Platzgrunden vom Thema ,Selbstbewusstsein’ getrennt betrachten.
1.3 Was sind Qualia nicht?
Recht klar lassen sich Qualia auch von einigen Problemen der Philosophie des Geistes unter- scheiden, die sich ,relativ leicht’ losen lassen, also nachdem ,ein oder zwei Jahrhunderte schwieriger empirischer Arbeit’ vergangen sein werden, wie DAVID CHALMERS (1995) es aus- druckt. Diese leichten Probleme sind insbesondere:
1) die Fahigkeit, auf Umweltstimuli zu reagieren, sie zu diskriminieren und zu kategorisieren
2) die Integration von Information durch ein kognitives System
3) die Fahigkeit, von mentalen Zustanden berichten zu konnen
4) die Fahigkeit eines Systems, auf seine eigenen internen Zustande zugreifen zu konnen, also Z-Bewusstsein
5) der Fokus der Aufmerksamkeit
6) die willkurliche (intentionale) Kontrolle von Verhalten
7) der Unterschied zwischen Schlaf und Wachsein.19 20
Diese aufgezahlten Vorgange sind Formen kognitiver Informationsverarbeitung mit zum Teil propositionalen Gehalten oder intentionaler Ausrichtung, denen jedoch der Aspekt des bewussten Erlebens fehlt. Solche mentalen Zustande scheinen sich eben nicht ,irgendwie anzufuhlen’ — sie haben keinen qualitativen Gehalt. In der philosophischen Diskussion hat sich fur diese und ahnliche mentale Zustande der Ausdruck ,awareness’, also Gewahrsein, durch- gesetzt. Diese Phanomene haben allem Anschein nach eine gute Chance, reduktiv erklart zu werden, doch „the really hard problem ist the problem of experienced72
Kognitives Bewusstsein ist sprach- bzw. begriffsabhangig. Wer beispielsweise den Begriff ,Qualia’ nicht kennt, kann unmoglich der Uberzeugung sein, die Erklarung von Qualia sei moglicherweise eine ,harte Nuss’. Eine solche Sprachgebundenheit ist bei phanomenalem Bewusstsein nicht zu finden. Ein Schmerz braucht nicht benannt zu werden, um da zu sein und gefuhlt zu werden. Naturlich konnen Qualia in Worte gefasst werden — und manche Berufsgruppen wie z. B. Sommeliers haben komplexe Begriffsdifferenzierungen entwickelt —, doch diese Tatsache scheint nur eine sekundare Bedeutung zu haben. Wir sprechen nicht umsonst auch Kleinkindern und Tieren phanomenales Bewusstsein zu, obwohl sie keine, nur rudimentare oder erst in der Entwicklung befindliche Sprachkompetenz besitzen. Aus Berichten uber Qualia lassen sich also schwer Schlusse uber die dahinterliegenden Qualia selbst ziehen.
1.4 Offene Fragen
In der Auseinandersetzung mit dem Thema Qualia ergeben sich einige typische, weitreichende Probleme. Schon EMIL Du BOIS-REYMOND warf in seiner beruhmten ,Ignoramus et Ignorabimus’-Rede im Jahr 1872 eine Frage auf, die bis heute nicht als gelost gelten kann: Wie ist es moglich, dass Materie Bewusstsein hervorbringen kann? Du Bois-Reymond sagte:
„Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andererseits den fur mich ursprunglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Tatsachen: ,Ich fuhle Schmerz, fuhle Lust; ich schmecke SuBes, rieche Rosenduft, hore Orgelthon, sehe Roth’ [...] Es ist eben durchaus und fur immer unbegreiflich, dass es einer Anzahl von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- u.s.w. Atomen nicht sollte gleichgultig sein, wie sie liegen und sich bewegen, wie sie lagen und sich bewegten, wie sie liegen und sich bewegen werden. Es ist in keiner Weise einzusehen, wie aus ihrem Zusammensein Bewusstsein entstehen konne.“21
Es durfte kein Zufall sein, dass Du Bois-Reymond gerade Qualia als Kronzeugen fur die Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnis- und Erklarungsmoglichkeit heranzieht. Sie waren schon damals das groBe Mysterium des Bewusstseins. Zugleich zeigt Du Bois-Reymond, dass es sich hier um eine epistemische, nicht eine metaphysische oder ontologische Frage handelt: Wir konnen den Zusammenhang zwischen Materie und phanomenalem Bewusstsein nicht verstehen, auch wenn dieser plausibel erscheint. Er nimmt hier die fehlende epistemische Verbindung vorweg, die auch JOSEPH LEVINES explanatory gap argument’ betont. Die gleiche Frage stellt denn auch Levine, wenn auch in heutigen Worten: „Wie kann ein rein physikalisches System uberhaupt qualitative Zustande haben? Wie kann es irgendwie sein, ein solches System zu sein?“22
Wir sollten im Hinblick auf den epistemischen Ansatz des ,explanatory gap argument’ zwei Fragen differenzieren:
1) Warum gibt es uberhaupt Qualia in einer materiellen Welt?
2) Wie konnen wir eine materielle Realisation von Qualia verstehen?
Wahrend die erste Frage eine metaphysische oder ontologische ist und von uns nicht beantwortet werden kann, weist die zweite als epistemische auf eine adaquate Reduktion von Qualia hin. Es tauchen somit neue Fragen auf: Lassen sich Qualia reduzieren? Wenn ja, auf welche Weise? Auf welche Reduktions-Basis sollen wir uns beziehen? Muss eine Reduktion streng logisch nachzuvollziehen sein oder reicht uns eine intuitive Hinlanglichkeit? Welche Alternativen stehen zur Verfugung, falls die Reduktion scheitert? Ist ein eventuelles Scheitern einer Reduktion prinzipieller Natur oder kann sie aufgrund begrifflicher bzw. naturwissenschaftlicher Weiter- entwicklungen in Zukunft gelingen?
Fur eine Reduktion von Qualia ergibt sich immer das Problem, dass diese stets aus der subjektiven Innenperspektive erfahren werden. Naturwissenschaftliche Theorien benutzen fur gewohnlich einen anderen Zugang zu Problemen und „es scheint unvermeidlich, dass eine objektive physikalische Theorie von dieser Perspektive abstrahieren wird.“23 Eine solche Abstraktion aber konnte den Wesenskern von Qualia unerklart lassen. Wir sollten uns also auch fragen: Kann eine Erklarung von Qualia in einer objektiven Dritte-Person-Sprache gelingen? Kann eine Reduktion aus einer anderen Position als der Dritte-Person-Perspektive erfolgen?
Ein weiterer Fragenkomplex steht im Zusammenhang mit den kausalen Rollen von Qualia: Sind Qualia im Bewusstsein kausal wirksam? Wie lasst sich dies bestimmen? Wenn Qualia kausal wirksam sind, bedeutet dies eine mentale Verursachung von physischen Phanomenen? Wenn nicht, ist dann der Epiphanomenalismus ein adaquates Erklarungsmodell?24 Beispielhaft fur diese Fragen sollte das sogenannte Bieri-Trilemma der kausalen Wirksamkeit vorgestellt werden.25 PETER BIERI (1993) formuliert drei Satze, die nicht gleichzeitig gultig sein konnen:
1) Mentale Phanomene sind keine physischen Phanomene.
2) Mentale Phanomene sind im Bereich physischer Phanomene kausal wirksam.
3) Der Bereich des Physikalischen ist kausal geschlossen.
Alle drei Satze sind intuitiv plausibel, aber untereinander inkonsistent. Beliebige zwei Satze schlieBen jeweils den dritten aus. Fur eine konsistente Erklarung sind wir gezwungen, einen der Satze als falsch zu markieren. Aber welchen? Wenn wir in den sauren Apfel beiBen und mentale Phanomene als nichts anderes als physische Phanomene betrachten, sind wir verpflichtet, eine adaquate Reduktion von Qualia auf die Reduktionsbasis anzubieten. SchlieBen wir Satz 2) aus, mussen wir Qualia als Epiphanomene betrachten — eine intuitiv unplausible Variante. Wenn wir Satz 3) und damit die durchgehend physische Verursachung von physischen Phanomenen nicht akzeptieren, heben wir unser komplettes physikalisches Weltbild seit dem 17. Jahrhundert aus den Angeln.
1.5 Die Relevanz der Qualia-Problematik
Trotz aller Bemuhungen sind Qualia — in Anlehnung an CHALMERS und BLOCK — vielleicht das ,schwierigste Problem’ der Philosophie des Geistes. Wahrend fur kognitive und intentionale Zustande und Prozesse aussichtsreiche neurobiologische Erklarungsansatze bestehen, sind solche fur phanomenale Erlebnisqualitaten vorerst nicht in Aussicht. Es macht fur manche Beobachter sogar den Eindruck, als sei eine solche Erklarung aus prinzipiellen Grunden nicht greifbar.26
Das Argument der Erklarungslucke fokussiert auf Qualia als das zentrale Element der Bewusstseins-Problematik. ,Bewusstsein’ wiederum durfte die „Kernvariante“27 des Leib-Seele- Problems sein, eine der am eifrigsten bearbeiteten philosophischen Thematiken der Neuzeit. AnTTI REVONSUO (1997) formuliert diesen Umstand so:
„Ohne die Ebene der subjektiven Erfahrung gabe es nicht einmal ein „Problem des Bewusstseins“, noch wurde es Sinn machen, nach dem unmittelbaren neuronalen Korrelat des Bewusstseins zusuchen oder die Konsequenzen zu ermitteln, die bewusste Reprasentationen fur das Verhalten haben. Folglich hangen die anderen Untersuchungsebenen in der Bewusstseinsforschung von dieser Untersuchungsebene ab.28
Die entscheidende Schlacht der Leib-Seele- bzw. Gehirn-Geist-Problematik wird vermutlich am Beispiel des phanomenalen Bewusstseins geschlagen. An ihrem Beispiel konnte also eine entscheidende Brucke zwischen materieller und geistiger Welt gebaut werden. Qualia konnten zum Prazedenzfall der materialistischen Reduzierbarkeit mentaler Zustande werden. So lauten zumindest die Hoffnungen.
Dagegen ware ein Scheitern der wissenschaftlichen Erklarungsversuche ein moglicher Hinweis dafur, dass Qualia (und vielleicht auch andere mentale Zustande) keine physischen Phanomene sind. Zumindest musste die Frage gestellt werden, ob nicht ein epistemischer Dualismus besser geeignet ware, befriedigende Erklarungen zu liefern. Konnte eine prinzipielle Nicht- Reduzierbarkeit von Qualia auf neurobiologische Vorgange aufgezeigt werden, ware dies der TodesstoB fur Teile der wissenschaftlichen Forschung in diesem Feld. Falls sich andererseits herausstellen sollte, dass unser mangelndes Verstandnis unter anderem an unseren noch unausgereiften Begriffen liegt, konnten wir uns gerechtfertigte Hoffnungen auf eine zukunftige begriffliche und wissenschaftliche Uberbruckung der Erklarungslucke machen.
Im Zusammenhang mit den kausalen Rollen phanomenaler Bewusstseinszustande ergibt sich eine noch weit schwerer wiegende Frage: Falls Qualia keine kausalen Rollen fur das Verhalten und das Steuern von Handlungen zugewiesen werden konnten, wozu waren sie dann gut? Sollten wir sie dann als Epiphanomene ansehen? Mussten wir in diesem Fall nicht Abschied nehmen von unserem lieb gewordenen Bild der Willensfreiheit? Ware dies schlicht und einfach ,das Ende unserer Welt’, wie Fred Dretske es drastisch formuliert?
1.6 Zusammenfassung
Als Qualia werden bewusste, mentale Zustande bezeichnet, die einen phanomenalen Erlebnis- charakter und einen qualitativen Gehalt aufweisen sowie nur aus der subjektiven Erste-Person- Perspektive erfahren werden konnen. THOMAS NAGEL definiert Qualia als das ,how it’s like’, sich in einem bestimmten mentalen Zustand zu befinden. Synonym hierzu verwenden wir die Begriffe ,Phanomenales Bewusstsein’ und ,subjektive Erlebnisqualitaten’. Als weitere konstituierende Aspekte sind zu nennen: Direktheit bzw. unmittelbare Prasenz, Privatheit, Partikularitat, Homogenitat, Indexikalitat und Sprachferne. Zunachst offen lassen mochte ich, ob Qualia intrinsisch oder relational sind, da diese Zuordnung die Frage der Reduzierbarkeit im Kern betrifft. In dieser Magisterarbeit mochte ich mich auf die meiner Ansicht nach wichtigsten Eigenschaften konzentrieren: Qualia haben einen qualitativen Gehalt und werden subjektiv erlebt.
Im Rahmen einer Klassifizierung des Begriffs ,Bewusstsein’ konnen Qualia als Erlebniszustande zum einen von intentionalen Zustanden mit propositionalem Gehalt und zum Anderen von Wahrnehmungen mit reprasentationalem Gehalt differenziert werden. Aufgrund ihres qualitativen Gehalts unterscheiden sie sich des Weiteren von kognitiven Bewusstseinszustanden, wie sie durch den Begriff ,awareness’ definiert sind. Phanomenales Bewusstsein tritt zwar u. a. auch in Verbindung mit intentionalen Zustanden auf, ist aber nicht mit diesen gleichzusetzen, da Intentionalitat kein konstitutives Merkmal ist. Die wirklich ,harte Nuss’ sind subjektive Erlebnisqualitaten. Deren Beruhrungspunkte mit dem Thema ,Selbstbewusstsein’ konnen im Rahmen dieser Arbeit nicht untersucht werden.
Die offenen Fragen sind zahlreich. Es ist uns nicht klar, warum und auf welche Weise Qualia eine materielle Basis haben konnten. Wir wollen wissen, ob eine Reduktion moglich und wie sie zu erreichen ist. Hierbei ist noch offen, ob und wie es gelingen kann, die Erste-Person-Perspektive der bewussten Erfahrung mit der Dritte-Person-Perspektive wissenschaftlicher Forschung zusammenzubringen. Es ist auch zu untersuchen, ob Qualia kausale Rollen und somit eine Wirksamkeit in einer materiellen Welt zugeordnet werden konnen. Ganz im Sinn des explanatory gap argument’ befassen wir uns nicht mit der ontologischen, sondern mit der epistemischen Seite dieser Fragen.
Die Relevanz einer Losung des Qualia-Problems konnte unter Umstanden eminent sein. Dies gilt zum einen fur die philosophische Diskussion und zum anderen fur laufende neurobiologische Forschungsvorhaben. Eine Losung des Qualia-Problems als Prazedenzfall konnte erhebliche Auswirkungen auf die Leib-Seele-Thematik, die Willensfreiheit und das Selbstverstandnis menschlichen Erlebens haben.
Ich mochte mich im folgenden Kapitel auf einen Ansatz der Problemdarstellung konzentrieren, der mir besonders aufschlussreich erscheint: Das Argument der Erklarungslucke nach Joseph Levine.
2 Das Argument der Erklarungslucke
In diesem Kapitel wird eine historische und argumentative Hinfuhrung zum explanatory gap argument’ von JOSEPH Levine (1983, 1993) skizziert. Das Argument wird detailliert vorgestellt. Daran schlieBt sich die Frage an, welche Form eine adaquate Reduktion von Qualia haben sollte.
2.1 Vorgeschichte
Interessanterweise reicht die Intuition, dass Bewusstsein und Qualia nicht mithilfe naturwissen- schaftlicher bzw. neurobiologischer Forschung adaquat erklart werden konnen, weit zuruck. Als im neunzehnten Jahrhundert die Erforschung des Gehirns in den Mittelpunkt des wissen- schaftlichen Interesses ruckte, formulierten Skeptiker bereits Vorlaufer der Levine’schen Erklarungslucke. So beschrieb der irische Physiker JOHN Tyndall (1868) den tiefsitzenden Zweifel bezuglich der Qualia-Problematik in treffender Weise:
„Granted that a definite thought, and a definite molecular action in the brain, occur simultaneously; we do not possess the intellectual organ, nor apparently any rudiment of the organ, which would enable us to pass, by a process of reasoning, from the one to the other. They appear together, but we do not know why. Were our minds and senses so expanded, strengthened, and illuminated, as to enable us to see and feel the very molecules of the brain; were we capable of following all their motions, all their groupings, all their electric discharges, if such there be; and we were intimately acquainted with the corresponding states of thought and feeling, we should be as far as ever from the solution of the problem, ‘How are these physical processes connected with the facts of consciousness?’ The chasm between the two classes of phenomena would still remain intellectually impassable.”29
Tyndall markiert deutlich zwei wesentliche Fragen: 1) Warum ist Bewusstsein ein neurobiologischer Zustand? 2) Wie haben wir uns den Zusammenhang zwischen Gehirn und Geist zu erklaren? Er behauptet, dass auch die genaueste wissenschaftliche Beobachtung des Gehirns uns diese beiden Fragen nicht beantworten kann, da diese in ihrem Kern intellektueller, also philosophischer Natur sind.30 Der intellektuelle Abgrund, der sich zwischen den beiden Klassen von Phanomenen auftut, scheint nicht uberbruckbar zu sein. Insbesondere die zweite Frage lenkt die Aufmerksamkeit auf das unbefriedigende explanatorische Potenzial des Materialismus, das wir im Fortgang weiter betrachten werden. Ahnliche Positionen wie Tyndall bezogen die Naturwissenschaftler Emil Du Bois-Reymond, Hermann von Helmholtz, Wilhelm Wundt und Theodor Fechner.
RUDOLF Carnap (1932a, 1932b) aus dem Kreis der Logischen Empiristen versuchte, eine Universalsprache der Wissenschaft zu etablieren. So sollten psychologische Terme in eine physikalische Sprache ubersetzt werden, um die Psychologie auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen. Interessant in unserem Zusammenhang ist, dass Carnaps ,Semantischer Physikalismus’ hauptsachlich deshalb scheiterte, weil eine detaillierte physikalische Sprache gar nicht zur Verfugung stand.31 So war nicht klar, welche physikalischen Terme die psychologischen ersetzen konnten. Eine analoge Situation beschreibt auch die gegenwartige Erklarungslucke bei der Ersetzung mentaler Gehalte durch physikalische Pradikate.
Trotz dieser vorgegebenen Mangel erfuhr die sogenannte Identitatstheorie (IT) seit Mitte des letzten Jahrhunderts im Zuge des neurobiologischen Fortschritts groBen Zulauf. Die IT behauptete, dass Qualia mit neurobiologischen Zustanden identisch seien. Der entscheidende Vorzug, den die IT zu bieten schien, war die Moglichkeit, einen Geist-Materie-Dualismus argumentativ zuruckzuweisen. ULLIN T. Place (1956) schlug als einer der Ersten vor, „that we can identify consciousness with a given pattern of brain activity, if we can explain the subject’s introspective observations by reference to the brain processes with which they are correlated.”32
Die sehr gemaBigte Position von Place forderte keinerlei Reduktion, sondern nur eine Identifizierung. Sie formulierte lediglich die wissenschaftliche Hypothese, dass Bewusstsein und korrelierte Gehirnzustande Beobachtungen bzw. Beschreibungen desselben Ereignisses („event“) sein konnten. Naturlich gibt es viele Beispiele fur Phanomene, die miteinander raumzeitlich korrelieren und kausal verbunden, jedoch nicht identisch sind:
„There is a systematic correlation, for example, between the movement of the tides and the stages of the moon, but this does not lead us to say that records of tidal levels are records of the moon’s stages or vice versa.”33
Dennoch halt Place den Geist/Gehirn-Fall zur Identifizierung fur gut geeignet. Bemerkenswert ist erstens, dass seiner Ansicht nach eine solche Identifizierung vor allem eine kausale Erklarung des Zusammenhangs erfordert; und zweitens, dass eine Identifizierung aus dieser Perspektive weder auf Reduktion noch auf Elimination von introspektiv erlebten, bewussten Zustanden hinauslauft. PLACE (I960) betont in einer Antwort an JOHN SMARTS (1959) in diesem Punkt striktere Ansicht noch einmal die Bedeutung einer kausalen Erklarung und die Stellung der Identitats-,Theorie’ als Hypothese.
Die Weiterentwicklung der Identitatstheorie verschob den Akzent von der Beschreibbarkeit mentaler Zustande in physikalischem Vokabular hin auf die Annahme einer metaphysischen oder ontologischen Identitat von Geist und Gehirn.34 Der Vorteil war nicht gering. Ein solcher Physikalismus musste das Mentale nun nicht mehr als in einer physikalischen Sprache beschreibbar annehmen, da Bruckengesetze35 deren Funktion ubernahmen.
HILARY Putnam (1968) trat der IT mit dem Argument der multiplen Realisierbarkeit entgegen. Sie besagt im Kern, dass ein mentaler Zustand M von verschiedenen Gehirnzustanden G1, G2 etc. realisiert sein kann. Die Rot-Wahrnehmungen einer Biene und eines Menschen sind hochstwahrscheinlich durch verschiedene Gehirnzustande realisiert. Ein bestimmter, konkreter Zustand M (Token) kann also nicht mit dem Zustand G (Type) identisch sein.36 Folglich konnen auch mentale Zustande M (Type) nicht mit Gehirnzustanden G (Type) identisch sein. Die Identitatstheorie galt damit gemeinhin als widerlegt.37
Die Identitatstheorie hat jedoch nicht nur logische Inkonsistenzen, sondern auch Erklarungs- probleme: Sie bleibt uns die kausale Erklarung der zugrunde liegenden, neuronalen Prozesse von Qualia schuldig.38 Man konnte diesen Einwand salopp so formulieren: „Gut, Qualia sind mit neurobiologischen Prozessen identisch. Das ist nach allem, was wir wissen sehr wahrscheinlich — wozu sonst sollte das Zentralnervensystem gut sein? Aber womit genau sind Qualia identisch?“ Die IT liefert keinen Hinweis auf eine Antwort.
2.2 Das modale Argument
Nach Putnam tritt SAUL KRIPKE (1972) der Identitatstheorie mit einem Einwand entgegen, der als ,modal argument’ einflussreich geworden ist. Sein Argument macht auf einen modalen, logischen Fehler in der Identitatstheorie aufmerksam und besagt im Kern, dass es zwischen anerkannten wissenschaftlichen und umstrittenen psychophysischen Identitatsaussagen einen wichtigen Unterschied gibt, der die Ungultigkeit der letzteren offenbart. Wir betrachten in Kripkes Beispiel zwei typische Satze:39
1) Wasser ist identisch mit H2O.
2) Schmerz ist identisch mit der Reizung von C-Fasern.40
Diese Satze werden laut Kripke auf beiden Seiten des Identitatszeichens durch ,starre Designatoren’ gekennzeichnet. Sie sind somit, wenn sie wahr sind, notwendigerweise wahr. Dennoch scheint es vorstellbar zu sein, dass sie falsch — und damit kontingent — sind. Wie ist das moglich?
Im Fall von 1) ist diese „scheinbare Kontingenz“ mit der „tatsachlichen Notwendigkeit“41 leicht in Einklang zu bringen: Eine Flussigkeit, die ihren Oberflacheneigenschaften zufolge Wasser zu sein scheint, aber zugleich nicht der chemischen Formel H2O entspricht, ist in Wirklichkeit kein Wasser. Der chemisch-physikalische Aufbau ist konstitutiv fur die Oberflacheneigenschaften von Wasser. Eine analoge Argumentation fur 2) muss jedoch scheitern. Man vergleiche in diesem Zusammenhang die folgenden Satze:
3) Was du fur Wasser gehalten hast, ist in Wirklichkeit kein Wasser!
4) Was du fur Schmerz gehalten hast, ist in Wirklichkeit gar keiner!
Fur Satz 3) gilt: Eine chemische Analyse der in Frage stehenden Flussigkeit wird uns uberzeugen, dass wir uns geirrt haben. Es handelt sich nicht um Wasser mit der Mikrostruktur H2O, sondern lediglich um eine wasserahnliche Flussigkeit — nennen wir sie XYZ. Wir haben uns von den wasserahnlichen Oberflacheneigenschaften von XYZ tauschen lassen, d. h. davon, wie uns XYZ erscheint. Die Relation zwischen unseren ,Wassererlebnissen’ und H2O ist tatsachlich kontingent, da wir sie (falschlicherweise) auch mit XYZ in Verbindung bringen konnen. Die Relation zwischen der Substanz Wasser und H2O ist jedoch nicht kontingent. Die Substanz Wasser kann nicht XYZ sein. Satz (1) ist tatsachlich notwendigerweise wahr.
Satz 4) hingegen mutet geradezu absurd an. SchlieBlich wurde sich niemand den direkten Eindruck eines empfundenen Schmerzes durch eine neurobiologische Analyse ,wegerklaren’ lassen. Ein Schmerzerlebnis ist nun einmal nichts anderes als Schmerz.42 Die ,scheinbare Kontingenz’ von 2) kann nicht befriedigend erklart werden, da wir in der Identitatsbehauptung kein Element der Notwendigkeit finden konnen. Mit 4) wird deutlich, dass bei Qualia der qualitative oder phanomenale Gehalt des Erlebens konstitutiv fur das eigentliche Phanomen ist. LEVINE (1993) fasst die offenbare Asymmetrie zwischen wissenschaftlichen und psycho- physischen Identitatsaussagen wie folgt zusammen:
„Phanomenale mentale Zustande unterscheiden sich von gewohnlichen externen Objekten darin, daB auf sie die Standardunterscheidung zwischen der Art und Weise, wie sie erscheinen und wie sie wirklich sind nicht anwendbar ist.“43
Kripke zieht aus seinem modalen Argument den Schluss, dass die Identitatstheorie im strengen Sinn ungultig ist:
„So the conclusion of this investigation would be that the analytical tools we are using go against the identity thesis and so go against the general thesis that mental states are just physical states.”44
[...]
1 Moliere JB: Le Malade Imaginaire, Drittes Zwischenspiel
2 Pauen (2002), S. 31
3 Zitiert nach Block (1978), S. 281.
4 Metzinger (2001), S. 26
5 Lewis (1929), S. 60
6 Es gibt eine Vielzahl von Synonymen fur den Begriff Qualia: Phanomenales Bewusstsein, raw feelings, secondary qualities, sensory qualities, subjective qualities of experience, experiential properties, etc. In dieser Magisterarbeit werde ich ,Qualia’ nur synonym mit ,Phanomenales Bewusstsein’ und ,subjektive Erlebnisqualitaten’ verwenden.
7 Nagel (1974), deutsch in Bieri (1981), S. 261-275. Die Wendung ,what it is like’ ist ursprunglich von Farrell (1950).
8 An diese Stelle passt wohl auch Wittgensteins „Wenn ein Lowe sprechen konnte, wir wurden ihn nicht verstehen.“ Siehe Wittgenstein (1953), deutsch in: Wittgenstein (1999), S. 568.
9 Block (1994): Qualia. In: Guttenplan (1994), S. 514f
10 Neben den gustatorischen waren des Weiteren als direkt wahrnehmungsgebundene Qualia zu nennen: visuelle, auditive/akustische, taktile und olfaktorische Qualia sowie Schmerzqualia.
11 Ohne einen Anspruch auf Konsistenz oder Vollstandigkeit erheben zu wollen, da der Qualiabegriff kontrovers diskutiert wird, wie wir sehen werden.
12 Es gibt Philosophen, die die Existenz von unbewussten Qualia fur moglich halten, etwa Ned Block, s. a. Rosenthal (1993). Der Aspekt des Erlebens scheint mir aber notwendigerweise mit Bewusstsein verknupft zu sein. Siehe hierzu auch das Kapitel Diskussion.
13 Dies bedeutet naturlich nicht, dass partikulare Qualia sich prinzipiell nicht kategorisieren lieBen. In der sprachlichen Kommunikation fuhren wir ja taglich Vergleiche und Formen von Kategorisierungen durch.
14 Block N (1994): Consciousness. In: Guttenplan (1994), S. 210-219
15 Mohr & Quante (2004): Bewusstsein. In: Prechtl (2004), S. 45-48
16 Siehe Block (1995)
17 Levine (2002), S. 114. Levine lehnt die Unterscheidung von Z-Bewusstsein und P-Bewusstsein im Grunde ab. Siehe hierzu auch Levine (2001), S. 168ff.
18 Walter (2001), in Heckmann & Walter (2001), S. 11f
19 Zitiert nach Chalmers (1995), deutsch in Esken & Heckmann (1998), S. 222.
20 Ebenda, S. 202
21 Du Bois-Reymond (1872), deutsch in Du Bois-Reymond (1974), S. 71.
22 Levine (1993), deutsch in Heckmann & Walter (2001), S. 102.
23 Nagel (1974), S. 262f
24 Dies beruhrt letztlich auch die Frage, ob der Mensch uber einen freien Willen verfugt.
25 Hier und im Folgenden nach Bieri (1981), S. 5. Ursprunglich wurde das Trilemma formuliert von LePore & Loewer (1987), S. 630.
26 McGinn (1991, 1993) halt das Problem wegen der sogenannten ,kognitiven Verschlossenheit’ fur unlosbar.
27 Metzinger (2001), S. 48
28 Revonsuo (1997), S. 205
29 Tyndall (1868), in: Tyndall (1892), S. 87
30 Tyndall ist der Ansicht, dass uns Menschen das ,intellektuelle Organ’ fehlt, um den Zusammenhang zwischen Gehirn und Geist zu verstehen. Dies erinnert an die popular gewordene These der kognitiven Geschlossenheit von McGinn (1991), die besagt, dass die Wirkungsweise eines Systems nur von einem komplexeren, ubergeordneten System verstanden werden kann.
31 Dabei hatte Carnap (1928) in § 22 noch selbst bemerkt, dass Identitat unverstandlich sei, solange nicht klar sei, was es heiBt, einer „inneren und auBeren Seite zugrunde zu liegen.“ Siehe hierzu auch Beckermann et al. (1992), S. 2-6 und Heidelberger (2002), S. 60-66.
32 Place (1956), in Borst (1970), S. 42.
33 Ebenda, S. 48
34 Siehe etwa Smart (1959, 1963) und Armstrong (1965, 1968).
35 Hier sind Bruckengesetze im Sinne von Ernest Nagel gemeint, s. Nagel (1961).
36 „Token“ ist ein einzelner Zustand, wahrend ein „Type“ einander ahnliche Token in einer Gruppe subsumiert.
37 Dies ist heute umstritten, siehe Kim (1993). Donald Davidsons „Anomaler Monismus“ (s. Davidson (1970)) sowie der Funktionalismus nahmen in der Folge die Stellung der IT ein.
38 Popper (1977) hat fur die Auslaufer der Identitatstheorie die Bezeichnung „Schuldscheinmaterialismus“ gepragt. Siehe in Popper & Eccles (1982), S. 130ff.
39 Die von Kripke favorisierten Beispielssatze sind „heat ist the motion of molecules" und „pain is a brain state“, doch die Schlussfolgerungen sind die gleichen. Siehe Kripke (1972), in Schwartz (1977), S. 94ff.
40 Der Ausdruck „Feuern von C-Fasern“ ist naturlich wissenschaftlich langst uberholt. Es stammt ursprunglich aus Sigmund Exners Buch „Physiologische Erklarung der psychischen Erscheinungen“ aus dem Jahr 1894! In der philosophischen Diskussion wird er jedoch weiterhin gerne als Platzhalter fur noch zu erforschende neurobiologische Gehirnprozesse verwendet.
41 Beide Levine (1983), S. 354ff, deutsch in: Heckmann & Walter (2001), S. 81
42 Ware dies nicht so, wurde es bedeuten, „that a certain pain X might have existed, yet not have been pain. This seems to me self-evidently absurd.” Siehe Kripke (1972), in Schwartz (1977), S. 99, Anm. 17. Aus dem Zusammenfallen des Schmerzerlebnisses mit dem Schmerz scheint Kripke die Schlussfolgerung zu ziehen, dass im Fall von Schmerz auch die epistemische und die metaphysische Moglichkeit zusammenfallen. Dies verleitet Kripke offenbar zur Ansicht, dass ,Schmerz’ und das ,Feuern von C-Fasern’ metaphysisch gesehen nicht identisch sein konnen. Genau diese Verwechslung von de re und de dicto ist der Kritikpunkt von Levine (1993) und anderer am modalen Argument.
43 Levine (1993), deutsch in Walter (2001), S. 81f.
44 Siehe Kripke (1972), in Schwartz (1977), S. 101. Ob Kripkes modales Argument tatsachlich logisch ins Ziel kommt, darf durchaus bezweifelt werden. Zur Kritik am modalen Argument siehe etwa Hill (1997) und naturlich Levine (1983, 1993).
- Quote paper
- M.A. Jussi Nienstedt (Author), 2009, Sind Qualia reduzierbar?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159363
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.