Die Zeit der Aufklärung, also das 18. Jahrhundert, ist die Zeit der Loslösung des Denkens von den festen Dogmen der Theologie. Lessings „Erziehung des Menschengeschlechts“ und Moses Mendelssohns „Jerusalem…“ untermauern den Wunsch der Aufklärer die Philosophie und das geschichtliche Denken mehr von den theologischen Einflüssen zu befreien und damit den Weg zur rationalen Weltanschauung zu öffnen. Allein die Vernunft sollte Lotse der Erkenntnis sein und nicht mehr die hohlen Phrasen der theologischen Dogmen. Beide Männer stehen für die Forderung nach religiöser Toleranz und der Trennung von Kirche und Staat. Nach Lessings Auffassung passe Gott, wie ein guter Lehrmeister, seine Offenbarungen dem menschlichen Verstand an, so dass ein jeder sie verstehen kann aber ein „verständigerer Mensch“ auch durch diese nicht am höheren Erkennen gehindert werde. Dabei unterscheidet er die Religion der Kirche und die Theologie von der Religion Christi, welche für den Menschen sei. Mendelssohn, der obsavant lebende Jude, begreift dagegen die Religion als einen privaten Lebensbereich, welcher nichts mit Wertigkeit eines Bürgers und dessen Rechten zu tun habe dürfe. Vielmehr wohne einem jeden Menschen die Anlage zum „vernünftigen Erkennen“ allgemeingültiger Glaubenswahrheiten inne, welche ihm erlaube sich weiter zu entwickeln und die Tradition mit dem modernen Wissen zu verbinden. Mendelssohn hielt immer an dem Glauben an einen personalen Gott, an der Unsterblichkeit der Seele und an der Hoffnung auf einen gerechten Ausgleich im Jenseits fest.
Die beiden Schriften unterscheiden sich in ihrer erkenntnistheoretischen Position, denn wo Mendelssohn in „Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum“ seine Gewissheit über ewige Vernunftwahrheiten vertritt, postuliert Lessing den Gedanken an eine „Humanitätsreligion“ mit dem Endzweck der absoluten Toleranz seinen Mitmenschen gegenüber. Dieser Blickwinkel auf eine Entwicklungsgeschichte der geistigen Reifung ist es, welche „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ auch noch im 21. Jahrhundert bedeutend macht.
Beide Autoren richten ihre Werke an das aufgeklärte Bürgertum. Einem Leserkreis von dem sie hofften, dass er der Idee von dem Vernunftglauben folgen würde und welcher diesen Glauben von der institutionellen Religion unterscheiden könne.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gotthold Ephraim Lessing
- Kurzbiographie
- Die Erziehung des Menschengeschlechts
- Moses Mendelssohn
- Kurzbiographie
- Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum
- Die Freundschaft zwischen Mendelssohn und Lessing
- Schlussteil
- Quellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Religionsbegriff bei Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing im Kontext der Aufklärung. Sie untersucht die beiden zentralen Werke der beiden Autoren, "Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum" von Mendelssohn und "Die Erziehung des Menschengeschlechts" von Lessing, um deren Verständnis von Religion und die Rolle der Vernunft im religiösen Diskurs zu analysieren.
- Der Einfluss der Aufklärung auf die Religionsauffassung von Mendelssohn und Lessing
- Die Bedeutung von Vernunft und Toleranz in der Religionsdiskussion
- Der Vergleich der beiden Schriften "Jerusalem" und "Die Erziehung des Menschengeschlechts"
- Die Rolle des Judentums in den Schriften von Mendelssohn und Lessing
- Die Bedeutung von Freundschaft und intellektuellem Austausch zwischen Mendelssohn und Lessing
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die beiden Autoren, Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing, sowie ihre Werke "Jerusalem" und "Die Erziehung des Menschengeschlechts" in den Kontext der Aufklärung und ihrer Bedeutung für die Religionsgeschichte vor. Sie erläutert, wie beide Autoren die Trennung von Kirche und Staat und die Notwendigkeit von religiöser Toleranz propagierten. Die Einleitung hebt auch die unterschiedlichen erkenntnistheoretischen Positionen beider Autoren hervor.
Gotthold Ephraim Lessing
Kurzbiographie
Dieser Abschnitt skizziert die Lebensgeschichte von Gotthold Ephraim Lessing, unterstreicht seine Bedeutung als Dramatiker und Kritiker in der deutschen Aufklärung und beschreibt seine enge Freundschaft mit Moses Mendelssohn. Der Abschnitt erwähnt auch Lessings Beteiligung an der Zeitschrift "Briefe, die neueste Litteratur betreffend".
Die Erziehung des Menschengeschlechts
Dieser Teil konzentriert sich auf Lessings religionsphilosophisches Hauptwerk "Die Erziehung des Menschengeschlechts". Er beschreibt Lessings Kerngedanke, dass Vernunft und göttliche Offenbarung sich nicht ausschließen, sondern einander ergänzen. Die Entwicklung der menschlichen Vernunft wird mit der Entwicklung eines Menschen verglichen, wobei Gott als Erzieher der Menschheit dargestellt wird. Der Abschnitt beschreibt die drei Entwicklungsstufen der Menschheit nach Lessing: die jüdische Geschichte, die Geschichte des Christentums und die Vision eines Ewigen Evangeliums.
Moses Mendelssohn
Kurzbiographie
Dieser Abschnitt behandelt die Lebensgeschichte von Moses Mendelssohn, einem wichtigen Vertreter der jüdischen Aufklärung.
Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum
Dieser Abschnitt konzentriert sich auf Mendelssohns Werk "Jerusalem", welches seine Ansichten zu Religion, Toleranz und jüdischer Identität darlegt.
Die Freundschaft zwischen Mendelssohn und Lessing
Dieser Abschnitt beleuchtet die besondere Beziehung zwischen Mendelssohn und Lessing, deren Freundschaft und intellektueller Austausch entscheidend für die Entwicklung ihrer Gedanken und Werke waren.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Aufklärung, Religion, Vernunft, Toleranz, Judentum, Kirche, Staat, Offenbarung, "Jerusalem", "Die Erziehung des Menschengeschlechts", Moses Mendelssohn, Gotthold Ephraim Lessing.
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- Yvonne Büchner (Author), 2010, Der Religionsbegriff bei Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158779