Typhus, Cholera, Pocken - Die Bedrohung der Menschheit durch tödliche Infektionskrankheiten, die sich nicht selten zu verheerenden Epidemien ausweiteten, ist so alt wie die Menschheit selbst. Die Darstellung des gesellschaftlichen Ausnahmezustandes, der durch einen solchen radikalen Einschnitt in das menschliche Leben hervorgerufen und oftmals mit einer apokalyptischen Stimmung und Massenhysterie einhergeht, scheint seit vielen Jahrhunderten, trotz seines Schreckens, eine faszinierende Wirkung auf die Menschen ausgeübt zu haben. Folglich verwundert es nicht, dass es schon früh zu einer literarischen Auseinandersetzung mit diesem Thema kam. Vor allem über einen der drei gefürchteten apokalyptischen Reiter - die Pest - sind zahlreiche schriftliche Zeugnisse vorhanden. Dabei gilt die Pest gemeinhin aufgrund ihrer extremen Ansteckungsgefahr und den damit verbunden Opferzahlen als die katastrophalste Epidemie des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Neben ihren dramatischen Auswirkungen auf die demographische Landschaft Europas waren ihre Auswirkungen darüber hinaus weit hinein bis in die wirtschaftlichen, sozialen, politischen und geisteswissenschaftlichen Bereiche deutlich spürbar.
Bezüglich der literarischen Auseinandersetzungen mit der Pest lassen sich drei oftmals voneinander getrennt behandelte Intentionen seitens der Autoren erkennen, indem diese ein wissenschaftliches, ein paränetisches oder ein literarisches Interesse verfolgen. In der vorliegenden Arbeit werde ich die Darstellung der Londoner Pest von 1665 in Daniel Defoes A Journal on the Plague Year, erschienen in 1722, in den Mittelpunkt rücken, um letztlich aufzuzeigen, dass Defoe alle der genannten Interessen in seinem Werk aufgreift. Um dies erreichen zu können, werde ich zu Beginn erläutern, welche Interessen einem Werk, das die Pest thematisiert, zugrunde liegen können, damit anschließend Defoes A Journal on the Plague Year auf dieser Grundlage untersucht werden kann. Der Hauptteil wird sich demnach auf die Analyse des Primärtextes stützen, doch werden des Weiteren auch Fachbücher über die Pest in der Frühen Neuzeit komparativ herangezogen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Pest als literarisches Mittel
- A Journal on the Plague Year von Daniel Defoe
- Biographie und literarisches Schaffen des Daniel Defoe
- Das Journal
- Der Erzähler H.F.
- Die Interessenvielfalt im Journal
- Das wissenschaftliche Interesse
- Die Pest als medizinisches Phänomen
- Die Sterblichkeit von Männern und Frauen
- Die Pest im Journal
- Das literarische Interesse
- Auswirkungen auf das Zusammenleben
- Die Pest als Gleichmacher? - Soziale Unterschiede
- Das paränetische Interesse
- Die Rolle der Religion
- Zusammenbruch einer geordneten Welt
- Das wissenschaftliche Interesse
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Darstellung der Londoner Pest von 1665 in Daniel Defoes A Journal on the Plague Year und analysiert, wie Defoe in seinem Werk die unterschiedlichen Interessen des wissenschaftlichen, paränetischen und literarischen Diskurses über die Pest aufgreift.
- Die Pest als literarisches Motiv und ihr Einsatz als erzählerisches Mittel
- Die Darstellung der Pest als medizinisches, soziales und religiöses Phänomen
- Die Auswirkungen der Pest auf das gesellschaftliche Leben in London
- Die Rolle der Religion und des menschlichen Verhaltens im Angesicht der Pandemie
- Daniel Defoes literarisches Schaffen und seine Intentionen in A Journal on the Plague Year
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die historische Bedeutung der Pest und die vielschichtigen Auswirkungen dieser Krankheit auf die Gesellschaft. Anschließend werden die unterschiedlichen Interessen, die Autoren in ihren Werken über die Pest verfolgen, vorgestellt: Das wissenschaftliche, das paränetische und das literarische Interesse.
Kapitel 3 befasst sich mit Daniel Defoes A Journal on the Plague Year. Es zeichnet zunächst ein Bild von Defoes Leben und literarischem Schaffen. Anschließend werden die verschiedenen Facetten des Journals analysiert, mit besonderem Fokus auf den Erzähler H.F.
Kapitel 4 erörtert die Interessenvielfalt im Journal. Es untersucht, wie Defoe sowohl das wissenschaftliche Interesse, zum Beispiel an der medizinischen Seite der Pest, als auch das literarische Interesse, indem er die Auswirkungen der Pest auf das gesellschaftliche Leben schildert, und das paränetische Interesse, das in Defoes Auseinandersetzung mit der Rolle der Religion im Angesicht der Pandemie deutlich wird, in seinem Werk miteinander vereint.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Pest, Literatur, Daniel Defoe, A Journal on the Plague Year, wissenschaftliches Interesse, paränetisches Interesse, literarisches Interesse, soziale Auswirkungen, Religion, Geschichte.
- Quote paper
- Julia Altmann (Author), 2008, Die Interessenvielfalt in Daniel Defoes "A Journal on the Plague Year", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158303