Im Falle einer Unternehmensinsolvenz sind die Arbeitnehmer diejenigen, die regelmäßig von diesem Ereignis am stärksten betroffen sind. Insolvenzen sind somit einer der größten Arbeitsplatzvernichter. Der aktuelle Beispiel des Insolvenzfalls Karstadt verdeutlicht dies. Seit November 2009 werden 13 Filialen dichtgemacht und rund 900 von gut 26.000 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz. Bis September 2010 sollen in der Hauptverwaltung 125 Vollzeitstellen abgebaut werden. Dadurch soll eine Personalkostensenkung von EUR 95,2 Mio. auf EUR 86,5 Mio. erreicht werden.
Nach Analyse der aktuellen Insolvenzentwicklung in Deutschland durch die Wirtschaftsauskunftei Creditreform, sei die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im laufenden Jahr 2009 bereits um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Im Jahr 2010 wird die derzeitige Wirtschaftskrise voraussichtlich zu noch mehr Insolvenzen führen. Gerechnet wird mit bis zu 40.000 Unternehmensinsolvenzen.
Dies wirkt sich auf die Zahl der von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffenen Arbeitnehmer aus. Im Jahr 2009 liegen die Arbeitsplatzverluste bei 521.000, im Vorjahr dagegen bei 447.000. Diese überdurchschnittlich starke Zunahme innerhalb eines Jahres hat ihre Ursache in der Häufung der Großinsolvenzen von namhaften Unternehmen wie Quelle, Schiesser, Woolworth oder Qimonda. Allein bei den zehn größten Pleiten des Jahres sind rund 82.600 Stellen bedroht oder bereits abgebaut worden. Bei Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern sind knapp zwei Drittel (63,1 Prozent) aller Arbeitsplatzverluste entstanden. Für rund ein Achtel (12,7 Prozent) des Stellenabbaus waren Kleinunternehmen (ein bis fünf Mitarbeiter) verantwortlich.
Diese sog. Schäden aus Insolvenzen entstehen hauptsächlich durch mangelhafte Insolvenzverwaltung, die sich oft an den Vergütungsinteressen der Insolvenzverwalter und nicht an einer optimalen Gläubigerbefriedigung orientiert. Zumal muss die Insolvenz nicht zwangsläufig das Ende eines Unternehmens bedeuten. Denn gerade mit der Einführung der Insolvenzordnung vom 01.01.1999 ist die Sanierung und die damit verbundene Erhaltung von Unternehmen gem. § 1 Satz 1 InsO ausdrücklich das Ziel des Insolvenzverfahrens. Dagegen stand in der alten Konkursordnung die Unternehmensabwicklung und Zerschlagung im Vordergrund.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 1.1 Zielsetzung
- 1.2 Problemstellung
- 1.3 Vorgehensweise
- 2. Begriffsbestimmung
- 2.1 Insolvenz
- 2.2 Sanierung
- 2.3 Betriebsfortführung
- 2.4 Arbeitnehmer
- 3. Eintritt in die Insolvenz
- 3.1 Voraussetzungen zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Insolvenzantragstellung
- 3.1.1 Zahlungsunfähigkeit
- 3.1.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit
- 3.1.3 Überschuldung
- 3.1.4 Verfahrenskostendeckung
- 3.2 Phasen der Insolvenz
- 3.3 Insolvenzverfahren als Sanierungsmaßnahme
- 4. Stellung des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- 4.1 Arbeitnehmer im vorläufigen Insolvenzverfahren
- 4.2 Arbeitnehmer im eröffneten Insolvenzverfahren
- 4.3 Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf Arbeitsverhältnisse
- 4.3.1 Kündigung nach § 113 InsO
- 4.3.2 Urlaubsansprüche, Krankheitsfall, Sonderkündigungsschutz
- 4.4 Probleme des Arbeitnehmers bei Insolvenz ihres Arbeitgebers
- 5. Strategien von Arbeitnehmerrechten in der Insolvenz zum Zwecke der Sanierung/Betriebsfortführung
- 5.1 Insolvenzgeld
- 5.1.1 Insolvenzgeld-Zeitraum
- 5.1.2 Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes im vorläufigen Insolvenzverfahren
- 5.1.3 Auswirkungen auf Arbeitnehmer
- 5.2 Insolvenzplanverfahren
- 5.2.1 Zielsetzung des Insolvenzplans
- 5.2.2 Ablauf des Insolvenzplanverfahrens
- 5.2.2.1 Vorlage durch den Schuldner oder Insolvenzverwalter
- 5.2.2.2 Vorlage bei Eigenverwaltung
- 5.2.2.3 Prüfung durch Insolvenzgericht
- 5.2.2.4 Erörterungs- und Abstimmungstermin
- 5.2.2.5 Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Verfahrens
- 5.2.3 Auswirkungen auf Arbeitnehmer
- 5.2.4 Probleme des Insolvenzplanverfahrens
- 5.3 Eigenverwaltung
- 5.3.1 Voraussetzung, Zweck und Inhalt
- 5.3.2 Stellung des Schuldners
- 5.3.3 Auswirkungen der Eigenverwaltung
- 5.3.4 Auswirkungen auf Arbeitnehmer
- 5.4 Interessenausgleich und Sozialplan bei Betriebsänderung in der Insolvenz
- 5.4.1 Betriebsänderung nach §§ 121, 122 InsO
- 5.4.2 Interessenausgleich nach § 125 InsO
- 5.4.3 Sozialplan nach §§ 123, 124 InsO
- 5.4.4 Betriebsrat als Voraussetzung
- 5.4.5 Auswirkungen für Arbeitnehmer
- 5.5 Übertragende Sanierung als Betriebsübergang bzw. Betriebsteilübergang nach § 613a BGB
- 5.5.1 Übertragende Sanierung (Asset Deal)
- 5.5.2 Anwendbarkeit des § 613a BGB in der Insolvenz
- 5.5.3 Betriebsübergang und Betriebsteilübergang
- 5.5.4 Rechtsfolgen des § 613a BGB
- 5.5.5 Zeitpunkt des Betriebsübergangs
- 5.5.5.1 Betriebsübergang im Eröffnungsverfahren
- 5.5.5.2 Betriebsübergang zwischen Verfahrenseröffnung und Berichtstermin
- 5.5.5.3 Betriebsübergang nach dem Berichtstermin
- 5.5.6 § 613a BGB als Sanierungshindernis
- 5.5.7 Auswirkungen des Betriebsübergangs auf den Arbeitnehmer
- 5.5.7.1 Interessenausgleich und Sozialplan
- 5.5.7.2 Massenentlassung gemäß §§ 17 ff. KSchG
- 5.5.7.3 Erweitertes Kündigungsrecht gemäß § 113 InsO
- 5.5.7.4 Einschränkung des § 613a BGB durch § 128 InsO
- 5.5.7.5 Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge
- 5.6 Übertragende Sanierung durch Einschaltung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG)/Transfergesellschaft/Auffanggesellschaft
- 5.6.1 Funktion und rechtliche Struktur der BQG
- 5.6.2 Übergang der Arbeitnehmer vom insolventen Arbeitgeber zur BQG
- 5.6.3 Betriebsübergang mit geminderter Belegschaft
- 5.6.4 Auswirkungen auf Arbeitnehmer
- 5.6.4.1 Arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen
- 5.6.4.2 Strukturelles Kurzarbeitergeld
- 5.7 Kurzarbeit
- 5.7.1 Voraussetzungen der Kurzarbeit
- 5.7.2 Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einführung von Kurzarbeit
- 5.7.3 Ansprüche des Arbeitnehmers
- 5.7.3.1 Arbeitsentgelt, Kurzarbeitergeld und Arbeitsdauer
- 5.7.3.2 Krankheit, Urlaub, Feiertage
- 5.7.3.3 Betriebsversammlung
- 5.7.4 Auswirkungen auf Arbeitnehmer
- 6. Arbeitsrechtliche Strategien bei Masseunzulänglichkeit, Masselosigkeit
- 6.1 Begriffsdefinition Masseunzulänglichkeit
- 6.2 Begriffsdefinition Masselosigkeit
- 6.3 Insolvenzgeld
- 6.4 Eigenverwaltung
- 6.5 Arbeitslosengeld bei Freistellung der Arbeitnehmer
- 6.6 Betriebsübergang, Sozialplan, Interessenausgleich
- 6.7 Zulässigkeit des Insolvenzplanverfahrens trotz Masseunzulänglichkeit
- 6.8 Stellung des Arbeitnehmers im Falle der Masseunzulänglichkeit
- 6.9 Stellung des Arbeitnehmers im Falle der Masselosigkeit
- 7. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Gestaltung und Entwicklung von arbeitsrechtlichen Strategien für Arbeitnehmerrechte im Rahmen von Insolvenzverfahren. Das Ziel ist es, die rechtlichen Möglichkeiten und Herausforderungen für Arbeitnehmer in dieser Situation zu beleuchten und praktikable Strategien zur Sicherung ihrer Rechte zu entwickeln.
- Rechtliche Rahmenbedingungen der Insolvenz und Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse
- Strategien zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten im Insolvenzverfahren
- Insolvenzgeld, Insolvenzplanverfahren und Eigenverwaltung als wichtige Instrumente
- Betriebsübergang, Interessenausgleich und Sozialplan als Möglichkeiten zur Sanierung
- Sicherung von Arbeitnehmerrechten bei Masseunzulänglichkeit und Masselosigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in das Thema ein, indem es die Zielsetzung der Arbeit, die Problemstellung und die gewählte Vorgehensweise erläutert. Kapitel 2 behandelt grundlegende Begriffsbestimmungen wie Insolvenz, Sanierung, Betriebsfortführung und Arbeitnehmer. Kapitel 3 befasst sich mit dem Eintritt in die Insolvenz und den damit verbundenen Voraussetzungen, Phasen und Instrumenten. Kapitel 4 analysiert die Stellung des Arbeitnehmers im Insolvenzverfahren und die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf seine Arbeitsverhältnisse. Kapitel 5 beschäftigt sich mit Strategien von Arbeitnehmerrechten in der Insolvenz zum Zwecke der Sanierung/Betriebsfortführung. Hier werden Instrumente wie Insolvenzgeld, Insolvenzplanverfahren, Eigenverwaltung, Interessenausgleich und Sozialplan sowie Betriebsübergang und Kurzarbeit diskutiert. Kapitel 6 behandelt die besonderen Herausforderungen für Arbeitnehmer bei Masseunzulänglichkeit und Masselosigkeit. Schließlich zieht Kapitel 7 ein Fazit und fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen und Begriffe der Arbeit sind Insolvenz, Arbeitnehmerrechte, Sanierung, Betriebsfortführung, Insolvenzgeld, Insolvenzplanverfahren, Eigenverwaltung, Betriebsübergang, Interessenausgleich, Sozialplan, Kurzarbeit, Masseunzulänglichkeit, Masselosigkeit.
- Quote paper
- Elvan Cakir (Author), 2010, Gestaltung und Entwicklung von arbeitsrechtlichen Strategien von Arbeitnehmerrechten in der Insolvenz zum Zwecke einer Sanierung/Betriebsfortführung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158139