Die Sozialpolitik ist eines der zentralen Politikfelder des modernen Staates und prägt durch ihren großen Anteil am Staatshaushalt die Staatsquote und somit auch die sonstigen Spielräume und Handlungsmöglichkeiten eines Landes. Zwischen 1960 und 2001 sind die Staatsausgaben in den 18 OECD-Ländern im Durchschnitt von ursprünglich 26,9 auf 45,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gestiegen. Diese Entwicklung erklärt sich maßgeblich aus der Ausweitung der Sozialausgaben, die sich im gleichen Zeitraum von 10,6 Prozent auf 22,7 Prozent des BIP mehr als verdoppelt haben (vgl. Castles 2006: 5). Seit den 70ern gibt es zwar vermehrt Kürzungen, diese sind allerdings häufig punktuell, sodass nur selten von einem umfassenden Abbau der Sozialleistungen gesprochen werden kann (vgl. Köppe/Starke/Leibfried 2008: 17).
Ob in einem Land ein weiterer Ausbau des Sozialstaates stattfindet oder ob es hingegen zu spürbaren Kürzungen kommt, wird durch verschiedene Theorien zu erklären versucht, von denen in dieser Arbeit die Parteiendifferenzthese betrachtet werden soll. Die Kernaussage dieses Ansatzes besagt, dass die Sozialleistungsquote eines Landes mit der Parteibeteiligung an der Regierung des Landes erklärt werden kann. Konservative und liberale Parteien begrenzen die Sozialausgaben tendenziell, während sozialdemokratische und linke Parteien die Leistungen eher erweitern (vgl. Wagschal 2007: 332). Ob dem tatsächlich so ist, ist vor allem deswegen von Relevanz, weil die Bestätigung der These für einen deutlich direkteren Einfluss des Volkes auf die Sozialleistungsquote spräche als deren Falsifikation.
In den letzten Jahren wird von einem Rückgang des Zusammenhangs der Parteizusammensetzung und der Sozialleistungsquote in den 80er und 90er Jahren berichtet, da der Handlungsspielraum der Regierungen geschrumpft sei und sich die Parteien ähnlicher geworden seien (vgl. Schmidt/Ostheim 2007b: 58 f.). Der Bedarf an Sozialleistungen habe dermaßen zugenommen, dass für Parteien kaum eine Möglichkeit bleibe, diese nach ihren Präferenzen zu formen. Grund hierfür sei, dass mit dem Altern der Gesellschaften und der hohen Arbeitslosigkeit neuer Bedarf an Sozialleistungen in zwei Kerngebieten des Sozialstaates entstehe, die überall zum Standardrepertoire gehörten (vgl. Castles 2006: 48).
Ob die Parteiendifferenzthese heute also noch Erklärungskraft bezüglich der Höhe der Sozialausgaben hat, soll im Folgenden überprüft werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 2. PARTEIENDIFFERENZTHESE
- 2.1. PARTEIENDIFFERENZTHESE ALLGEMEIN
- 2.2. PARTEIENDIFFERENZTHESE IN DER SOZIALSTAATSFORSCHUNG
- 3. EMPIRIE
- 3.1. MÖGLICHE OPERATIONALISIERUNGEN
- 3.2. EMPIRISCHE ERGEBNISSE ZUR PARTEIENDIFFERENZTHESE
- 3.3. VERGLEICH KOALITIONSVERTRÄGE DER GROẞEN KOALITION 2005-2009 UND DER CHRISTLIBERALEN KOALITION SEIT 2009
- 4. FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss von Parteien auf die Höhe der Sozialausgaben. Sie setzt sich zum Ziel, die Parteiendifferenzthese zu analysieren und zu beurteilen, ob sie weiterhin relevant ist, um die Höhe der Sozialausgaben in modernen Gesellschaften zu erklären.
- Der Einfluss von Parteien auf die Höhe der Sozialausgaben
- Die Gültigkeit der Parteiendifferenzthese in der heutigen Zeit
- Die Rolle von Konservativen und Liberalen im Vergleich zu Sozialdemokraten und Linken
- Die Bedeutung der Sozialpolitik in modernen Staatshaushalten
- Die Entwicklung der Sozialausgaben in den letzten Jahrzehnten
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Bedeutung der Sozialpolitik im modernen Staat und die Entwicklung der Sozialausgaben in den letzten Jahrzehnten beleuchtet. Sie stellt die Parteiendifferenzthese als ein mögliches Erklärungsmodell für die Höhe der Sozialausgaben vor und führt die Forschungsfrage ein.
- Kapitel 2: Parteiendifferenzthese: In diesem Kapitel wird die Parteiendifferenzthese allgemein erläutert und ihre Anwendung im Bereich der Sozialpolitik untersucht. Es werden unterschiedliche Ansätze zur Einordnung von Parteien im Hinblick auf ihre Positionen zur Sozialpolitik diskutiert.
- Kapitel 3: Empirie: Das dritte Kapitel befasst sich mit der empirischen Überprüfung der Parteiendifferenzthese. Es werden verschiedene empirische Methoden und Studien betrachtet, die die Auswirkungen von Parteien auf die Höhe der Sozialausgaben analysieren. Das Kapitel beinhaltet auch eine eigene Analyse von Koalitionsverträgen in Deutschland.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Sozialpolitik, Parteiendifferenzthese, Sozialausgaben, Staatsquote, Koalitionsverträge, vergleichende Politikwissenschaft, Sozialstaatsforschung, OECD, Empirie und Policy-Outcome.
- Quote paper
- Jana Wagner (Author), 2010, Der Einfluss der Parteien auf die Höhe der Sozialausgaben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158012