Das 20. Jahrhundert wurde bis in die 1990er Jahre hinein durch große internationale Spannungen und Konflikte geprägt. Im Zuge der großen Krisen und Kriege sind Millionen von Menschenleben geopfert worden und neue Weltanschauungen, Regierungssysteme und Weltmächte sind entstanden und zum Teil wieder verworfen oder vernichtet worden. Zum Ende des Kalten Krieges konnte zwar nicht das „Ende der Geschichte“, aber zumindest das vorläufige Ende der großen internationalen Spannungen und (Welt-)Kriegsgefahr eingeläutet werden.
Als Historiker stellt das 20. Jahrhundert aber nicht nur eine wichtige Zäsur des Übergangs der größten Industrienationen in demokratische Strukturen dar, sondern wirft auch immer wieder die Frage auf, welche kausalen Zusammenhänge die ereignisvolle Geschichte des letzten Jahrhunderts ermöglichten.
Am Anfang dieser Kausalkette steht der Erste Weltkrieg, weshalb auf dessen Bedeutung nicht deutlich genug hingewiesen werden kann. Will man nämlich Antworten auf die Frage nach den Ursachen beispielsweise des Zweiten Weltkriegs oder dem ihm unmittelbar folgenden Kalten Krieg finden, so sind diese mit Sicherheit in den Ereignissen vor, während oder kurz nach dem großen Krieg von 1914 zu suchen. Nicht umsonst weisen die meisten Historiker auf dessen Bedeutung als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ hin.
Doch wie kam es dazu, dass im Jahr 1914 die größten und einflussreichsten Nationen rund um den Globus mit- und gegeneinander einen Krieg führten, in dessen Verlauf mehr als 10 Millionen Menschen ihr Leben ließen? Welche kurzfristigen Ereignisse und langfristigen Entwicklungen führten zu dessen scheinbar unausweichlichen Determination?
Eine Antwort auf diese Frage ist ebenso wichtig wie schwierig. Dies liegt vor allem daran, dass bei der Beantwortung die multikausalen Zusammenhänge sowohl langfristiger, als auch unmittelbarer Ursachen dargelegt und verknüpft werden müssen. In dieser Arbeit werden daher sowohl die langfristigen Ursachen (diplomatische Wende, Wettrüsten, Imperialismus und die internationalen Krisen vor 1914), als auch diejenigen Prozesse dargelegt und miteinander in Verbindung gebracht, die erst mit dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajevo am 28. Juni 1914 ins Rollen gerieten und am 1. August 1914 in die Katastrophe führten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Langfristige Ursachen des Ersten Weltkrieges
- Die Veränderung des europäischen Bündnissystems seit Bismarck
- Die Entstehung der Triple Entente
- Die Entstehung des russisch-französischen Militärbündnisses
- Der Abschluss der Entente England - Frankreich
- Das Zustandekommen der Entente England – Russland
- Die Polarisierung des Bündnissystems und die Verfestigung der Machtblöcke
- Die Vertiefung der englisch-französischen Beziehungen
- Die Außenpolitik Frankreichs und Russlands vor dem Ersten Weltkrieg
- Die Theorie der „Einkreisung“ des Deutschen Reichs
- Entspannungsversuche
- Ökonomische und technische Veränderungen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts
- Imperialismus und Nationalismus um die Jahrhundertwende
- Das Wettrüsten der Großmächte
- Das Wettrüsten zur See
- Das Wettrüsten zu Lande
- Die internationalen Krisen vor 1914
- Die Erste Marokkokrise 1905/06
- Die Bosnische Annexionskrise 1908/09
- Die Zweite Marokkokrise 1911
- Die Balkankriege 1912/13
- Die Liman von Sanders Affäre 1913
- „Je eher, desto besser“ – Kriegserwartungen und Erwartungen an den Krieg
- Der Schlieffen-Plan
- Julikrise und Kriegsausbruch 1914
- Das Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914
- Die Konflikte auf dem Balkan als Gefahr für Österreich-Ungarn
- Die Julikrise 1914
- Die Diplomatie zwischen Sarajevo und dem Blankoscheck am 5. Juli 1914
- Das Kalkül eines lokal begrenzten Krieg
- Der Plan des unannehmbaren Ultimatums an Serbien
- Die Phase der relativen Ruhe zwischen dem 7. und dem 23. Juli 1914
- Staatsbesuch Poincarés in St. Petersburg zwischen dem 20. und dem 23. Juli 1914
- Die Phase der Eskalation - Das österreichische Ultimatum an Serbien am 23. Juli 1914
- Die internationale Krisendiplomatie seit dem 23. Juli 1914
- Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914
- Die russische Krisenpolitik und das Überschreiten des ,,Point of no return"
- Das endgültige Hinzutreten Englands gegen die Mittelmächte
- Vergebliche Versuche Bethmann Hollwegs, den Krieg abzuwenden
- Kriegsausbruch – Der „Zustand drohender Kriegsgefahr“ und die Mobilisierung im Deutschen Reich
- Kriegserklärung des Deutsches Reichs an Russland
- Kriegserklärung des Deutschen Reichs an Frankreich
- Die Verletzung der belgischen Neutralität und der Eintritt Englands in den Krieg
- Der Austritt Italiens aus dem Dreibund
- August 1914
- Die Kriegsbetrachtung in der Bevölkerung
- Die Stimmung der Bevölkerung nach Bekanntgabe des Kriegszustandes
- Das „,Augusterlebnis“
- Der,,Geist und die „Ideen von 1914“
- Das Verhalten der Sozialdemokraten
- Zusammenfassung
- Der Erste Weltkrieg als „Urkatastrophe 20. Jahrhunderts“
- Das europäische Bündnissystem und seine Veränderungen
- Der Einfluss von Imperialismus und Nationalismus auf die internationale Politik
- Das Wettrüsten der Großmächte und dessen Rolle in der Eskalation der Konflikte
- Die Julikrise 1914 und die Diplomatie der beteiligten Mächte
- Der Kriegsausbruch und die Reaktionen der Öffentlichkeit im Deutschen Reich
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Zulassungsarbeit befasst sich mit den Ursachen des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914. Sie untersucht sowohl langfristige Faktoren wie die Veränderungen im europäischen Bündnissystem, den Imperialismus und das Wettrüsten der Großmächte, als auch die unmittelbaren Ereignisse, die zur Auslösung der Julikrise führten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den historischen Kontext des Ersten Weltkriegs umreißt und die Relevanz des Themas hervorhebt. Anschließend werden die langfristigen Ursachen des Krieges beleuchtet, wobei der Schwerpunkt auf den Veränderungen im europäischen Bündnissystem, dem Imperialismus und dem Wettrüsten der Großmächte liegt. Der zweite Teil der Arbeit konzentriert sich auf die Julikrise 1914 und die entscheidenden Ereignisse, die zum Kriegsausbruch führten. Dabei wird die Politik und das Kalkül der Mittelmächte im Zentrum der Untersuchung stehen. Abschließend wird der Kriegsausbruch und die Reaktion der Öffentlichkeit, der Parteien und der Arbeiterbewegung im Deutschen Reich behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie dem europäischen Bündnissystem, dem Imperialismus, dem Wettrüsten, der Julikrise 1914, dem Attentat von Sarajevo, dem österreichischen Ultimatum an Serbien, der Kriegsdiplomatie, dem Kriegsausbruch und der öffentlichen Reaktion auf den Krieg im Deutschen Reich.
- Quote paper
- Matti Ostrowski (Author), 2009, Julikrise und Kriegsausbruch 1914, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/156698