Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland hat sich seit Beginn der 60er Jahre als insgesamt sehr stabil erwiesen, auch wenn es in den letzten zwei Jahrzehnten durchaus Modifikationen erfahren hat.
Doch warum entstehen überhaupt Parteien und wie bildet sich ein stabiles Parteiensystem heraus? Diese Fragen sowie das Wahlverhalten der Bürger sind zentraler Untersuchungsgegenstand der modernen empirischen Wahlforschung. Dabei sind zwei Erklärungsansätze besonders hervorzuheben, die die unterschiedlichen Aspekte des Entscheidungsprozesses individueller Wahlentscheidungen und deren Auswirkungen auf die Makroebene formulieren.
Zum Einen der stratifikationstheoretische Ansatz, der sozialstrukturelle Faktoren betont und zum Anderen der institutionelle Ansatz, der parteipolitische Faktoren in den Vordergrund stellt. Die Unvollständigkeit dieser einseitigen Konzepte veranlasste Seymour Lipset und Stein Rokkan zu einer Zusammenführung der beiden Theorien zur sogenannten "Cleavage-Theorie", die in einem eigenen Abschnitt näher erläutert wird.
In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, inwiefern die "Cleavage-Theorie" geeignet ist, die Entwicklung des Parteiensystems in der Bundesrepublik Deutschland seit 1945 zu analysieren.
Die Arbeit erläutert zunächst die "Cleavage-Theorie" näher, bevor dann ein Überblick über die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945 gegeben wird. Anschließend wird versucht, die "Cleavage-Strukturen" am Beispiel der Bundesrepublik und speziell an den Bundestagswahlergebnissen zu prüfen. Zum Schluss wird noch kurz auf die Besonderheiten in den neuen Bundesländern eingegangen, bevor dann ein Fazit gezogen wird.
In der folgenden Ausarbeitung wird unter der "Cleavage-Theorie" terminologisch die Theorie verstanden, nach der gesellschaftliche Konflikte durch Koalitionen zwischen bestimmten sozialen Gruppen und Parteieliten in das Parteiensystem übertragen werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Annahmen der "Cleavage-Theorie" nach Lipset/Rokkan
- 3. Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945
- 4. Sozialstrukturelle Cleavages in der Bundesrepublik Deutschland
- 4.1 Der Klassen-Cleavage
- 4.2 Der konfessionell-religiöse Cleavage
- 5. Die Veränderungen in der bundesdeutschen Sozialstruktur und ihre Auswirkungen auf die traditionellen Cleavage-Strukturen
- 5.1 Das Dealignment-Konzept
- 5.1.1 Dealignment durch abnehmende Gruppengrößen
- 5.1.2 Dealignment-Prozesse im engeren Sinne
- 5.2 Das Realignment-Konzept
- 5.1 Das Dealignment-Konzept
- 6. Die Besonderheiten in den neuen Bundesländern
- 7. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Anwendbarkeit der "Cleavage-Theorie" von Lipset/Rokkan auf die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945. Sie analysiert, inwieweit die Theorie die Entstehung und Stabilität des Systems erklärt.
- Die Annahmen der Cleavage-Theorie nach Lipset/Rokkan
- Die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945
- Sozialstrukturelle Cleavages in der Bundesrepublik Deutschland (Klassen- und Konfessionskonflikt)
- Dealignment und Realignment Prozesse
- Besonderheiten in den neuen Bundesländern
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Anwendbarkeit der Cleavage-Theorie auf das bundesdeutsche Parteiensystem seit 1945. Sie skizziert den Forschungsansatz und die Struktur der Arbeit, die die Cleavage-Theorie erläutert, die Entwicklung des Parteiensystems beschreibt und schließlich die Anwendbarkeit der Theorie anhand der bundesdeutschen Realität überprüft. Die Einleitung verweist auf die Notwendigkeit, sowohl sozialstrukturelle als auch institutionelle Faktoren zu berücksichtigen, um das Parteiensystem umfassend zu verstehen.
2. Annahmen der "Cleavage-Theorie" nach Lipset/Rokkan: Dieses Kapitel präsentiert die Kernaussagen der Cleavage-Theorie von Lipset und Rokkan. Es erklärt, wie gesellschaftliche Konflikte (Cleavages) durch Koalitionen zwischen sozialen Gruppen und Parteieliten in das Parteiensystem Eingang finden. Die vier zentralen Konfliktlinien – Zentrum-Peripherie, Staat-Kirche, Stadt-Land und Klassenkonflikt – werden detailliert beschrieben, zusammen mit ihrer historischen Einbettung und ihrer anhaltenden Wirkung auf die Gestaltung westlicher Parteiensysteme. Die Theorie der "freezing" wird ebenfalls erläutert, welche die Stabilität der Parteiensysteme betont.
3. Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945: Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems nach dem Zweiten Weltkrieg. Es analysiert die unmittelbare Nachkriegszeit mit der Wiedergründung alter Parteien und dem Aufkommen neuer, wie der CDU/CSU. Der starke Konzentrationsprozess in den 1950er Jahren, der zu einem Drei-Parteien-System führte (SPD, CDU/CSU, FDP), wird erläutert. Die vielfältigen Konfliktdimensionen der Nachkriegsgesellschaft (Verfassungskonflikt, Regionalkonflikt, Vertriebenenkonflikt, Kirchenkonflikt und Klassenkonflikt) werden als wichtige Faktoren für die frühe Entwicklung des Parteiensystems genannt.
Schlüsselwörter
Cleavage-Theorie, Lipset/Rokkan, Parteiensystem, Bundesrepublik Deutschland, Sozialstruktur, Klassenkonflikt, Konfessionskonflikt, Dealignment, Realignment, Bundestagswahlen, Stabilität, Parteientwicklung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: "Anwendbarkeit der Cleavage-Theorie auf das bundesdeutsche Parteiensystem seit 1945"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Anwendbarkeit der Cleavage-Theorie von Lipset/Rokkan auf die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945. Sie analysiert, inwieweit diese Theorie die Entstehung und Stabilität des Systems erklärt.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Annahmen der Cleavage-Theorie, die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945, sozialstrukturelle Cleavages (Klassen- und Konfessionskonflikt), Dealignment und Realignment Prozesse sowie Besonderheiten in den neuen Bundesländern.
Was ist die Cleavage-Theorie nach Lipset/Rokkan?
Die Cleavage-Theorie von Lipset/Rokkan erklärt, wie gesellschaftliche Konflikte (Cleavages) durch Koalitionen zwischen sozialen Gruppen und Parteieliten in das Parteiensystem Eingang finden. Die Theorie identifiziert vier zentrale Konfliktlinien: Zentrum-Peripherie, Staat-Kirche, Stadt-Land und Klassenkonflikt. Die "freezing"-Hypothese betont die Stabilität der so entstandenen Parteiensysteme.
Wie wird die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems dargestellt?
Die Arbeit beschreibt die Entwicklung des Parteiensystems nach dem Zweiten Weltkrieg, inklusive der Wiedergründung alter Parteien und des Aufkommens neuer Parteien wie der CDU/CSU. Sie analysiert den Konzentrationsprozess zu einem Drei-Parteien-System (SPD, CDU/CSU, FDP) und die Rolle verschiedener Konfliktdimensionen (Verfassungskonflikt, Regionalkonflikt, Vertriebenenkonflikt, Kirchenkonflikt und Klassenkonflikt).
Welche sozialstrukturellen Cleavages werden untersucht?
Die Arbeit untersucht den Klassen-Cleavage und den konfessionell-religiösen Cleavage in der Bundesrepublik Deutschland und deren Einfluss auf das Parteiensystem.
Was sind Dealignment und Realignment Prozesse?
Die Arbeit analysiert Dealignment-Prozesse (Abschwächung der Bindung zwischen Wählern und Parteien) und Realignment-Prozesse (Neuausrichtung der Wählerpräferenzen). Es wird untersucht, wie sich Veränderungen in der Sozialstruktur auf diese Prozesse auswirken.
Welche Besonderheiten in den neuen Bundesländern werden betrachtet?
Die Arbeit beleuchtet die Besonderheiten der Parteiensystementwicklung in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Cleavage-Theorie, Lipset/Rokkan, Parteiensystem, Bundesrepublik Deutschland, Sozialstruktur, Klassenkonflikt, Konfessionskonflikt, Dealignment, Realignment, Bundestagswahlen, Stabilität, Parteientwicklung.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu Einleitung, den Annahmen der Cleavage-Theorie, der Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems, sozialstrukturellen Cleavages, Dealignment und Realignment, den Besonderheiten in den neuen Bundesländern und einem Fazit.
- Quote paper
- Urban Kaiser (Author), 2002, Die "Cleavage-Theorie" nach Lipset/Rokkan. Erklärungsmodell zur Analyse der Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems seit 1945, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15668