Die Französin Jacqueline Auriol durchbrach als erste Europäerin die Schallmauer und galt zeitweise als die „schnellste Frau der Welt“. Maryse Bastié erreichte acht Weltrekorde. Adrienne Bolland flog als erste Frau über die Anden. Hélène Boucher erregte als französische „Wunderfliegerin“ großes Aufsehen. Die Deutsche Hanna Reitsch wurde erster weiblicher Flugkapitän, flog als erste Frau einen Hubschrauber und stellte mehr als 40 Rekorde aller Klassen und Flugzeugtypen auf. Elly Beinhorn überflog als erste Frau alle Erdteile. Die Russin Walentina Tereschkowa war die erste Frau im Weltall. Swetlana Jewgenjewna Sawizkaja gebührt die Ehre, die erste Spaziergängerin im All gewesen zu sein. Diesen und anderen Pionierinnen der Luftfahrt ist das Taschenbuch „Königinnen der Lüfte in Europa“ des Wiesbadener Autors Ernst Probst gewidmet. Es stellt berühmte Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen, Luftschifferinnen, Flugzeugpassagierinnen, Fallschirmspringerinnen und Astronautinnen in Wort und oft auch mit Bild vor. Wie ein „roter Faden“ zieht sich durch das Taschenbuch, wie schwer es früher Frauen von Männern gemacht wurde, das Fliegen zu lernen und in der Luftfahrt Fuß zu fassen. Bis in jüngste Zeit hatten Pilotinnen weltweit unter Vorurteilen zu leiden.
Die Französin Jacqueline Auriol durchbrach als erste Europäerin die Schallmauer und galt zeitweise als die
„schnellste Frau der Welt“. Maryse Bastié erreichte acht Welt- rekorde. Adrienne Bolland flog als erste Frau über die Anden. Hélène Boucher erregte als französische „Wunderfliegerin“ großes Aufsehen. Die Deutsche Hanna Reitsch wurde erster weiblicher Flugkapitän, flog als erste Frau einen Hubschrauber und stellte mehr als 40 Rekorde aller Klassen und Flugzeug- typen auf. Elly Beinhorn überflog als erste Frau alle Erdteile. Die Russin Walentina Tereschkowa war die erste Frau im Weltall. Swetlana Jewgenjewna Sawizkaja gebührt die Ehre, die erste Spaziergängerin im All gewesen zu sein. Diesen und anderen „Königinnen der Lüfte in Europa“ ist das gleich- namige Taschenbuch gewidmet. Es stellt berühmte Fliege- rinnen, Ballonfahrerinnen, Luftschifferinnen, Flugzeugpas- sagierinnen, Fallschirmspringerinnen und Astronautinnen in Wort und oft auch mit Bild vor. Wie ein „roter Faden“ zieht sich durch das Taschenbuch, wie schwer es früher Frauen von Männern gemacht wurde, das Fliegen zu lernen und in der Luftfahrt Fuß zu fassen. Bis in jüngste Zeit hatten Pilo- tinnen weltweit unter Vorurteilen zu leiden.
Ernst Probst
Dank
Für Auskünfte, mancherlei Anregung, Diskussion und andere Arten der Hilfe danke ich herzlich:
Vladislav A. Arhipov, Ufa, Russland
Jacqueline Auriol †, Pilotin, Frankreich
Jürgen Becker, Spacefacts.de, www.spacefacts.de, Mainz-Laubenheim
Elly Beinhorn †, Pilotin, Deutschland Fiorenza de Bernardi, Pilotin, Italien
Werner Bittner, Deutsche Lufthansa AG,
Public Relations Dienste, Firmenarchiv, Köln
Bücker-Museum Rangsdorf
Regula Eichenberger, Pilotin, Schweiz
Josef Eimannsberger, München,
Bayerische Flugzeug Historiker. e.V., Oberschleißheim
Knut Hentzschel,
Mitglied des Vorstandes Förderverein Bücker-Museum Rangsdorf e.V.
Dr. David Lam, Everberg, Belgien
Günter Lang, Diplom-Kaufmann, München Nachlassverwalter der Fliegerin Thea Knorr
Luftfahrt-Bundesamt, Braunschweig Horst Lutter, Autor
Alois Maiburg, Architekt, Wesseling
Maurice G. Meyer,
Conseilleur Honoraire Extérieur de la France, Straßburg
Waltraud Moog, Troisdorf
Präsidentin von
Ninety Nines, Deutsche Sektion
Professor Dr. med. Bernd Rosemeyer, München
Wolf-Dieter Schaller, Flughafen Frankfurt Main AG
Susanne Schödel,
1. Vorsitzende des Dr.-Angelika-Machinek-Förderverein e.V., Kirchheim
Dr. Horst-Walter Schwager,
1. Vorsitzender Luftsportclub Bad Homburg, Usingen
Karl-Dieter Seifert, Berlin
Stadt Ingolstadt
Sabine Trube, Flugkapitän, Neuss
Beate Uhse †, Beate Uhse Deutschland AG, Flensburg
Elsa Andersson
Die erste Pilotin Schwedens
Die erste Pilotin und die erste Fallschirmspringerin Schwe- dens war Elsa Andersson (1897-1922). Im Volksmund hat man diese aus Schonen (Skana) stammende Fliegerin und Fallschirmspringerin als „Die verwegene Schonin“ (schwedisch: „Den käcka Skanskan“) bezeichnet. Sie kam in jungen Jahren bei einem Auftritt als Fallschirmspringerin in ihrem Heimatland auf tragische Weise ums Leben.
Elsa Andersson wurde 1897 als ältestes von sechs Kindern auf dem Bauernhof Petersgard bei Vegeholm auf Schonen geboren. Ihre Familie zog später in das nicht weit davon entfernte Dorf Strövelstorp unweit von Ängelholm auf Schonen. Strövelstorp wird in der Literatur oft irrtümlich als ihr Geburtsort bezeichnet. Der Bauernhof Petersgard bei Vegeholm, in dem Elsa tatsächlich zur Welt kam, hieß später Sandakra und wurde 1926 abgerissen.
Elsa war die Tochter des Bauern Edvard Andersson und dessen Ehefrau Alma Svensson. Ihr Vater betätigte sich auch als Schöffe, Treuhänder, Auktionator und Jäger. Ihre Mutter starb früh bei der Geburt von Elsas jüngerer Schwester Stina. Dieser Schicksalsschlag traf die kleine Elsa 1903 im Alter von sechs Jahren. Stina war als Erwachsene eine beliebte Kranken- schwester. Ihr Bruder Sture wanderte als Erwachsener in die USA aus.
Im Kindesalter konnte Elsa gut zeichnen und malen. Außer- dem liebte sie die Musik. 1913 erlebte sie als Teenager eine Luftschau des schwedischen Flugpioniers und Flugzeugkon- strukteurs Enoch Thulin (1881-1919), wobei ihr Interesse für die Fliegerei erwachte. Ein anderes Mal sah sie eine Luftschau in Ljungbyhed. Die bei diesen Veranstaltungen fliegenden Maschinen waren kleine und klapprige Konstruktionen aus Holz, Leinwand und Klavierdraht und hatten nur eine Motor- leistung von 20 bis 25 PS.
Ab 3. Juli 1919 besuchte Elsa Andersson die seit 1915 bestehende Flugschule von Enoch Thulin in Ljungbyhed. Thulin hatte vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) mehrere vielbeachtete Langstreckenflüge - zum Beispiel von Paris nach Landskrona - unternommen. In Landskrona gründete er eine Flugzeugfabrik, in der verschiedene Flugzeugtypen konstruiert wurden, und plante die Herstellung von Autos und Motor- rädern. Doch er konnte seine Pläne nicht mehr verwirklichen, weil er am 14. Mai 1919 bei einem Flugzeugabsturz in Lands- krona im Alter von nur 38 Jahren ums Leben kam.
Eine Pilotenausbildung war damals ein teures Vergnügen, das sich fast nur Flugschüler aus reichen Familien leisten konnten. Jeder Flugschüler musste insgesamt 4.000 schwedische Kronen aufbringen, wovon eine Hälfte auf den Studienbeitrag entfiel und die andere Hälfte für eine eventuelle Instandsetzung des Flugzeugs hinterlegt werden musste. Diese Kosten hat angeblich der Vater von Elsa Andersson übernommen.
Am 30. Mai 1920 erhielt Elsa Andersson ihren Pilotenschein ( Lizenz Nr. 203). Damit war sie die erste schwedische Pilotin und mit der Nummer 101 die letzte Frau, die Thulins Flugschule besuchte. Ruth Bergman, die vor Elsa bei Thulin in die Lehre gegangen war, hatte ihre Ausbildung nicht abgeschlossen.
Im August 1920 erschien in der Publikation „Flying“ ein Pressebericht, in dem Elsa Andersson über ihre Ausbildung zur Pilotin erzählte. Ein weiterer Pressebericht im Sommer 1920 schilderte einen Flug von Elsa mit einem Journalisten als Passagier von Ljungbyhed nach Göteburg. Ihr Passagier fühlte sich dabei krank, litt unter dem Motorenlärm und wunderte sich darüber, dass die Pilotin offenbar keine Nerven hatte. 1920 entstand auch eine Zeichnung mit dem Porträt von Elsa Andersson, die ihre Freundin, die in Vegeholm aufgewachsene Malerin und Modeschöpferin Astrid Dahl, angefertigt hat.
Nach dem Erhalt des Pilotenscheins wollte sich die unab- hängige, mutige und unkonventionelle Elsa Andersson in Schweden zur Fallschirmspringerin ausbilden lassen. Doch dazu kam es nicht, weil sich der einzige auf diesem Gebiet tätige schwedische Experte, der Fallschirmspringer Raoul Thörnblad (1891-1956), weigerte, eine Frau zu unterrichten. Elsa ließ sich dadurch nicht entmutigen, reiste nach Deutsch- land, besuchte dort die Fallschirmspringerschule des Luft- schiffbau-Ingenieurs Otto Heinecke in Berlin und erhielt theo- retischen Unterricht. Ihre praktische Ausbildung erhielt sie von der holländischen Fallschirmspringerin Lisa Bamberg. Am 28. September 1921 nahm Elsa glücklich ihr Zertifikat über die im Elsass zugelassene Fallschirm-Ausbildung entgegen.
Elsa Anderssons erster Fallschirmsprung in Schweden erfolgte bereits am Sonntag, 2. Oktober 1921, bei einem Flugtag auf dem Truppenübungsplatz Boden Nasby in Kristianstad. Bei herrlichem Herbstwetter sprang sie vor Tausenden von Zuschauern/innen aus rund 700 Meter Höhe ab und landete feucht, aber völlig unversehrt am Meeresstrand. Damit war sie auch die erste schwedische Fallschirmspringerin.
Eine Woche später wagte Elsa Andersson am Sonntag, 9. Oktober 1921, einen zweiten Absprung bei einem Flugtag in Helsingborg, bei dem sie sich einen Fuß verstauchte. Vorher hatten sich ein deutscher und ein schwedischer Pilot geringschätzig über ihren Fallschirm geäußert, den sie abfällig - nach seinem Erfinder Otto Heinecke - als „Heinecke- Tasche“ bezeichneten. Der Deutsche wollte diesen Fallschirm nicht für eine Millon benutzen, der Schwede nur in Todes- gefahr.
Vor mehr als 4.000 Zuschauern unternahm Elsa Andersson am Sonntag, 22. Januar 1922, bei einem von der Örebro- Fluggesellschaft organisierten Flugtag über dem zugefrorenen Alsen-See bei Askersund ihren dritten Fallschirmsprung. Sie sprang aus einer Höhe von etwa 700 Metern aus dem von dem Piloten Carl Albin Lundberg gesteuerten Flugzeug ab, wobei sich unglücklicherweise die Leinen des Fallschirms verhedderten. Kurz über Baumwipfeln in etwa 50 Meter Höhe konnte Elsa zwar noch den Fallschirm öffnen, aber dies war zu spät und sie schlug nahezu ungebremst im bergigen Gelände neben dem See auf und war sofort tot.
Einige Tage später wurde Elsa Andersson am Montag, 30. Januar 1922, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Kirchenfriedhof von Strövelstorp beigesetzt. An der Beisetzung nahmen Tausende von Menschen teil. Die Fahnen standen auf Halbmast und die Straße vor ihrem Geburtshaus bei Vegeholm und vor der Kirche in Strövelstorp war mit Tannenzweigen geschmückt. Königin Victoria (1862-1930) von Schweden schickte dem Vater von Elsa Andersson ein Telegramm und drückte ihm darin ihr tiefes Bedauern über den Tod seiner Tochter aus. Dieses Telegramm blieb bis heute erhalten. Auf dem Friedhof in Strövelstorp wird das Grab von Elsa häufig besucht und oft mit frischen Blumen ge- schmückt.
Elsa Andersson ist in Strövelstorp unvergessen. Alte Briefe, Fotos, vergilbte Zeitungsausschnitte, der Ausbildungsvertrag an der Flugschule von Enoch Thulin und ein kleines Notizbuch von ihr werden wie Reliquien sorgfältig aufbewahrt. In das Notizbuch hatte sie mit schöner Handschrift 49 Rätsel und Antworten eingetragen. Der Platz für das 50. Rätsel blieb leer. Vier Jahre nach dem tödlichen Fallschirmsprung von 1922 errichtete der königliche schwedische Aero-Club 1926 am Sterbeort von Elsa Anderssson einen drei Meter hohen Gedenkstein in Form eines Obelisken.
1996 veröffentlichte der schwedische Autor Jacques Werup den Roman „Den ofullbordade himlen“ („Der unvollendete Himmel“, in dem er das Leben von Elsa Andersson schilderte. Basierend auf diesem Roman entstand 2001 der 154 Minuten lange Film „Sa vit som en snö“ („So weiß wie der Schnee“), in dem die schwedische Schauspielerin Amanda Ooms (geboren 1964) die Rolle der schwedischen Luftfahrtpionierin spielte. Am 16. Februar 2001 feierte dieser Film in Schweden seine Premiere.
Die Handlung dieses Films, der 2001 bei den „Nordischen Filmtagen Lübeck“ gezeigt wurde: Elsa Andersson wächst zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf einem schwedischen Bauernhof auf. Sie ist ein einfühlsames und rebellisches Kind, das nie verwinden kann, dass die Mutter bei der Geburt der jüngeren Schwester Stina gestorben ist und der Vater bald darauf die Haushälterin Frida Bengtsson geheiratet hat. Mit 22 Jahren wird Elsa als erste Frau an der Fliegerschule in Ljungbyhed aufgenommen. Viele Männer verehren sie, aber der, den sie liebt, kommt bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Sie folgt einem deutschen Fallschirmfabrikanten nach Berlin und lässt sich von der Holländerin Lise Bamberg im Fallschirmspringen ausbilden. Zurück in Schweden fordert sie als Fallschirmspringerin bei Schausprüngen das Schicksal heraus.
Regie bei dem Film „So weiß wie der Schnee“ führte der schwedische Regisseur Jan Troell. Er kam 1931 in Linhamn bei Malmö im südschwedischen Schonen zur Welt. In dieser Landschaft, aus der - wie erwähnt - auch Elsa Andersson stammt, spielen viele seiner Filme. Dort arbeitete er zunächst neun Jahre lang als Lehrer und drehte gleichzeitig seine Kurz- und Dokumentarfilme. 2002 wurde „So weiß wie der Schnee“ von den schwedischen Filmkritikern mit dem „Guldbagge“ als bester schwedischer Film des Jahres ausgezeichnet. Im „Ängelholm Flygmuseum“ in Ängelholm erinnert eine Gedenkausstellung an das Leben der ersten schwedischen Pilotin und Fallschirmspringerin Elsa Andersson.
Jaqueline Auriol
Sie durchbrach als erste Europäerin die Schallmauer
Die erste Europäerin, die schneller als der Schall flog, war die französische Pilotin Jacqueline Auriol (1917-2000), geborene Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet. Sie stellte einige Weltrekorde auf, war mehrfach - abwechselnd mit Jacqueline Cochran - „die schnellste Frau der Welt“ und galt international als eine der besten Pilotinnen.
Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet wurde am 5. No- vember 1917 in Challans Vendée als Tochter des Holzhändlers Pierre Douet geboren. Sie besuchte die katholische Kloster- schule „Blanche-de-Castille“ in Nantes sowie das „College Lycée Prives Notre-Dame-de-Sion“ und die Hochschule „École du Louvre“ in Paris. Im Februar 1938 heiratete die 20- Jährige den nahezu gleichaltrigen Paul Auriol (1918-1992), den Sohn des späteren Präsidenten der französischen Republik. Aus dieser Ehe gingen 1938 der Sohn Jean-Claude und 1941 der Sohn Jean-Paul hervor.
1947 begegnete die 29-Jährige bei einem Dinner im Prä- sidentenpalais dem französischen Flieger Raymond Guillaume. Er schwärmte: „Beim Fliegen bleibt alles am Boden zurück. Es gibt nur zwei Dinge dort oben: Leben und Tod“. Seine Worte fielen bei der zweifachen Mutter auf fruchtbaren Boden. Denn die High Society und Repräsentationspflichten an der Seite ihres Mannes, der als Sekretär seines Vater arbeitete, füllten sie nicht aus. Die Kinder sind bereits dem Babyalter entwachsen gewesen.
Ihr Gatte, der früher selbst Kampfflieger gewesen war, zeigte sich von der Idee Jacquelines begeistert, der Schwiegervater dagegen weniger. Als sich zeigte, dass Jacqueline eine große Begabung für die Fliegerei besaß, ließ sie sich auch im Kunstflug ausbilden. Zwischen 1948 und 1954 erwarb sie sechs ver- schiedene Pilotenscheine für sämtliche Flugzeugtypen, auch für Segelflugzeuge. Aufgrund ihres fliegerischen Könnens konnte sie bald als Einfliegerin und Testpilotin arbeiten.
Im Juli 1949 startete Jacqueline Auriol in Paris als einzige Frau unter 20 männlichen Kunstfliegern. Nach diesem Auftritt als tollkühne Luftakrobatin verlieh man ihr den Spitznamen „La Lionne“ („die Löwin“). Eine Woche später stürzte Jacqueline am 11. Juli 1949 als Kopilotin in einem Wasserflugzeug in die Seine. Sie überlebte das Unglück, erlitt aber schwere Ge- sichtsverletzungen. Danach musste sie eine Stahlmaske tragen, monatelang flüssig ernährt werden und fast anderthalb Jahre in Kliniken verbringen. Selbst ihre eigenen Kinder erkannten sie nicht mehr.
Um sich von den Unfallfolgen abzulenken, studierte die ans Bett gefesselte und entstellte Jacqueline Auriol eifrig Aero- nautik, Algebra und Trigonometrie. In den USA gelang es Schönheitschirurgen, innerhalb von zwei Jahren mit 22 Ein- griffen das ehedem liebreizende und photogene Gesicht wiederherzustellen. Später erzählte Jacqueline, sie sei sich zwölf Jahre lang beim Blick in den Spiegel fremd vorgekommen. Gleich nach ihrer letzten Operation in den USA absolvierte Jacqueline Auriol ihr Diplom als Hubschrauberpilotin. Nach ihrer Gesundung wollte sie den von der amerikanischen Fliegerin Jacqueline Cochran (1906-1963), einer Freundin von ihr, gehaltenen Geschwindigkeitsrekord für Frauen brechen. Dieses Vorhaben gelang ihr am 11. Mai 1951 auf dem Flugplatz Villacoublay bei Paris mit einem britischen „Vampire“- Düsenjäger: Mit 818,181 Stundenkilometern wurde sie die „schnellste Frau der Welt“. Im September 1952 erhielt Jacqueline in Frankreich das „Kreuz der Ehrenlegion“.
Der amerikanische Präsident Harry Spencer Truman (1884- 1972) verlieh Jacqueline Auriol im November 1952 im „Weißen Haus“ in Washington die „Internationale Harmon Trophy“ für hervorragende fliegerische Leistungen. Diese „Harmon Trophy“ wird seit 1926 alljährlich international in drei Kate- gorien vergeben: 1. an einen herausragenden Flieger, 2. an eine herausragende Fliegerin und 3. an Aeronauten (Ballon- fahrer oder Luftschiffer). Die vierte Kategorie ist die „National Trophy“ in jedem der Mitgliedsstaaten. Der Name der „Harmon Trophy“ erinnert an den amerikanischen Ballon- fahrer und Piloten Clifford B. Harmon (1866-1945), den wohlhabenden Sponsor dieser Auszeichnung. Die „Inter- nationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“ erhielt Jacqueline auch 1951, 1953, 1955 und 1956.
Am 21. Dezember 1952 glückte Jacqueline Auriol ein neuer Weltrekord für Frauen: Mit einer „Mistral 76“ erreichte sie zwischen Avignon und Istres über 100 Kilometer Flugstrecke eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 856 Stunden- kilometern. Damals trugen Jacqueline Auriol und Jacqueline Cochran abwechselnd den Ehrentitel „schnellste Frau der Welt“.
Als erste Europäerin durchbrach Jacqueline Auriol am 15. August 1953 mit einem Düsenjäger des Tpys „Mystère-IV-N“ die Schallmauer (Mach 1): Sie erreichte 1.195 Stunden- kilometer. Ein neuer Geschwindigkeits-Weltrekord für Frauen folgte am 31. Mai 1955: Nun überbot Jacqueline Auriol mit einem Düsenjäger vom Typ „Mystère IV“ mit 1.200 Stunden- kilometern den Rekord von Jacqueline Cochran.
Mitte der 1950-er Jahre besaß der Titel „Schnellste Frau der Welt“ nur noch repräsentative Bedeutung. Denn vom 1. Juli 1955 bis Anfang 1956 hatte der „Internationale Luftsport- verband“ den Geschwindigkeits-Weltrekordtitel für Frauen abgeschafft.
Am 26. August 1959 übertraf Jacqueline Auriol ihre eigene Bestleistung vom Mai 1955 deutlich: Sie schaffte mit einem Düsenjäger vom Typ „Mirage III“ eine Rekordgeschwindigkeit von 2.150 Stundenkilometern. Der Flug fand über dem Flughafen Istres statt. Drei Jahre später, am 22. Juni 1962, brach Jacqueline mit einem neuen französischen Düsenjäger, dem „Mistral III“, mit 1.849 Stundenkilometern erneut den inter- nationalen Schnelligkeitsrekord für Frauen über eine Strecke von 100 Kilometern.
Mit einer „Mirage III-R“, glückte Jacqueline Auriol am 14. Juni 1963 in Istres ein neuer Rekord. Dabei erreichte sie 2.038,7 Stundenkilometer. 1964 gelang ihr ein weiterer Rekord. Nach ihrem folgenschweren Absturz vom Juli 1949 absolvierte Jacqueline Auriol unfallfrei noch mehr als 4.000 Flugstunden. Insgesamt flog sie als Testpilotin rund 100 verschiedene Militärflugzeuge. Sie rauchte und lachte gerne und war auf ihren ältesten Sohn stolz, der bereits im Alter von 17 Jahren seinen Pilotenschein erworben hat.
1967 endete die 1938 geschlossene Ehe von Jacqueline Auriol und Paul Auriol mit der Scheidung. Doch 1987 entschlossen sich beide zur Wiederheirat.Am 26. April 1992 betrauerte Jacqueline den Tod ihres Ehemannes Paul.
Jacqueline Auriol starb am Abend des 11. Februar 2000 im Alter von 82 Jahren in ihrer Pariser Wohnung. 2003 wurde sie von der „Women in Aviation International“ („WAI“) anlässlich des Jubiläums „Centennial of Flight Woman in Aviation“ als eine der 100 wichtigsten Frauen in der Luft- und Raum- fahrtindustrie geehrt.
Liesel Bach
Deutschlands erfolgreichste Kunstfliegerin
D ie erfolgreichste deutsche Kunstfliegerin zwischen 1930 und 1970 dürfte Liesel Bach (1905-1992) gewesen sein.
Zu ihren herausragendsten fliegerischen Leistungen gehört der erste Flug einer Frau über den Himalaja im Jahre 1951. Elisabeth Bach kam am 14. Juni 1905 in Bonn am Rhein als Tochter eines Fabrikanten zur Welt. Statt Elisabeth wurde sie immer Liesel genannt. Sie war - laut ihren eigenen Erinnerungen - ein wildes und ungestümes Kind. Wenn Nachbarskinder nach ihr fragten, antwortete ihre Mutter oft, Liesel sei unten im Hof oder auf einem Baum.
Einmal löste Liesel im Auto ihres Vaters die Handbremse und das Fahrzeug kam erst an einem Baum zum Stehen. Ein anderes Mal kletterte sie auf den Bock des Bierwagens, den der Kutscher vor dem Haus ihrer Eltern abgestellt hatte, und lenkte den Wagen durch die Straßen, wobei die Pferde immer schneller wurden. Zum Glück konnte ein mutiger Passant, der unter Lebensgefahr den Pferden in die Zügel griff, die rasante Fahrt stoppen.
Liesel Bach war erst elf Jahre alt, als ihre Mutter viel zu früh starb. Ihr Vater heiratete danach wieder. Ihren aus der zweiten Ehe hervorgegangenen Halbbruder Guido liebte Liesel sehr.
Der Vater schickte Liesel in ein Pensionat, damit sie endlich ein gesittetes Leben beginnen sollte. Dort war das intelligente und sportliche Mädchen trotz zahlreicher Streiche eine gute Schülerin. Beim Abschied von Liesel aus dem Pensionat sagte dessen Direktor, nun werde es in seinem Haus ja wieder ruhig werden.
Nach der Rückkehr ins Elternhaus war Liesel sportlich sehr aktiv. Sie schwamm gerne, sprang vom Zehnmeter-Turm, wurde Mitglied in der „Deutschen Turnerschaft“ und gewann als Jugendschwimmerin im 5-Kilometer-Stromschwimmen ihren ersten Lorbeerkranz.
Auf Wunsch ihres Vaters machte Liesel in einem Mode-Atelier für Damen eine dreijährige Lehre und schloss diese mit einem Gesellenbrief ab. Danach arbeitete sie zwei Jahre lang als Schneiderin, kündigte dann unerwartet und trat in ein Tur- nerinnenseminar ein. Sie bestand das Examen als Turn- und Sportlehrerin und nahm als vielseitige Sportlerin an Wett- kämpfen verschiedener Sportarten teil. Bei den Schwimm- Meisterschaften der „Deutschen Turnerschaft“ wurde sie Siegerin im Turmspringen, dies war ihre erste „Deutsche Meisterschaft“, der weitere folgten.
Nachdem sie erstmals mit einem Bekannten, der sich ein Flugzeug gekauft hatte, in Bonn-Hangelar mitfliegen durfte, interessierte sich Liesel Bach auch für die Fliegerei und wollte Pilotin werden. Von diesem Wunsch ließ sie auch nicht ab, als die Maschine, in der sie zum ersten Mal geflogen war, zwei Tage später bei einem Flugtag abstürzte und dabei der Pilot sowie mehrere Besucher starben.
Spontan wurde Liesel Bach das einzige weibliche Mitglied im Ortsverein des „Deutschen Leichtathlektik-Verbandes“ („DLV“) und in der dortigen Segelfliegergruppe. Fortan war sie oft auf dem Flughafen Bonn-Hangelar zu Gast. Als sie dort eines Tages in einem Raum mit Sportgeräten am Barren turnte, bemerkte sie, dass der Fluglehrer der Kölner Flieger- schule, Jakob Möltgen (1888-1975), mit einem Schüler auf dem Rollfeld landete. Sie rannte in kurzen Turnhosen zur Maschine und fragte Möltgen atemlos, ob er sie in Köln schulen könnte. Er sah sie an, nickte dann und kümmerte sich nicht mehr weiter um sie.
Bald danach fuhr Liesel Bach zum Kölner Flughafen, wo sich Möltgen an sie erinnerte, mit ihr einen kurzen Probeflug unternahm und ihr einen Freiflugschein der Lufthansa zum großen Rhön-Segelflugwettbewerb auf der Wasserkuppe schenkte. Möltgen hatte mit sicherem Blick das sportliche Talent von Liesel erkannt.
Kurze Zeit nach dem Wettbewerb in der Rhön erhielt Liesel Bach von Willy Kanstein, dem Leiter der Kölner Polizei- flugwache, einen der wohl wichtigsten Briefe ihres Lebens. Darin stand, dass sie beim „Kölner Klub für Luftfahrt“ für insgesamt 500 Reichsmark geschult werden könne. 200 Reichsmark müsse sie sofort anzahlen, weil dies die Prämie für die Versicherung sei. Wenn sie sich gut anstelle, sei der Club bereit, ihr die restlichen 300 Reichsmark zu erlassen, müsse sich dann aber verpflichten, bei Veranstaltungen des Clubs zu fliegen.
Am 10. September 1929 begann die zierliche Liesel Bach, die den Spitznamen „Bachstelze“ trug, in Köln mit dem Flug- unterricht. Nach 14 Stunden flog sie erstmals allein. Am 26. November 1929 schloss sie mit einem Überlandflug von Köln über Frankfurt am Main nach Bonn und zurück nach Köln die Prüfung für den A2-Schein ab. Ein Bonner Pilot hatte geunkt, wenn eine Frau nach Frankfurt finde, wolle er Michel heißen. Obwohl das Wetter hundsmiserabel war und sie sich anfangs „verfranzte“, fand Liesel schließlich doch den richtigen Weg am Rhein entlang und landete sicher in Frankfurt am Main. In Köln wartete ihr Fluglehrer Möltgen wie auf Kohlen auf seine Schülerin und war sehr erleichtert, als Liesel mit ihrer „Klemm“ in Köln eintraf. Sie war nun die erste Kölner Pilotin.
Im April 1930 erwarb Liesel Bach auch den Kunstflugschein. Zuvor hatte sie unter der Anleitung von Möltgen gelernt, Steilkurven, den „Turn“ (eine hochgezogene Kehrtkurve), den „Slip“ links und rechts sowie einen Looping zu fliegen. Der Kunstflug war nun eine Leidenschaft, die sie nicht mehr losließ. Mit einem vom Klub ausgeliehenen Flugzeug des Typs „Klemm L 26a“ (D-1798) meldete sich Liesel Bach für die „Deutsche Kunstflugmeisterschaft für Damen“ am 29. Mai 1930 in Bonn-Hangelar an. Obwohl sie erst drei Wochen einen Kunstflugschein besaß und somit ein Neuling war, gewann sie bei einem Wettbewerb gegen ihre acht teilweise merklich erfahreneren Konkurrentinnen. Als Siegespreis erhielt sie ein funkelnagelneues Auto (Opel), das sie mit nach Hause nehmen durfte. Ihren Titel konnte sie in den folgenden Jahren mehrfach erfolgreich verteidigen. Bei ihren ersten Wettbewerben flog sich noch mit einer ausgeliehenen Maschine, bald aber mit einer eigenen „Klemm L 26a“, die ihren Namen trug.
Im Juni 1931 gewann Liesel Bach in Mailand die Europa- meisterschaft im Damenkunstflug. Am 10. August 1931 wurde sie - laut „Munzinger-Archiv“ - die erste Frau in Deutschland, welche die Genehmigung zur Fliegerausbildung erhielt. Einige Wochen später hatte sie erneut Grund zur Freude, als sie am 6. September 1931 auf dem Flugplatz Berlin-Tempelhof zum zweiten Mal die „Deutsche Kunstflugmeisterschaft für Damen“ gewann.
Ende 1931 wagte Liesel Bach ihren ersten Fernflug mit Ziel Sardinien. Weil sie wegen schlechten Wetters nicht auf dieser Mittelmeerinsel landen konnte, flog sie nach Italien zurück. Dort musste sie wegen Treibstoffmangels in Rom eine Außenladung machen. In den 1930-er Jahren wandte sie sich dem Nationalsozialismus zu, den sie bei ihren Auslandsreisen verteidigte.
1930 und 1931 gewann Liesel Bach in Mailand den noch inoffiziellen Titel als „Internationale Kunstflugmeisterin“. Am 28. April 1934 siegte sie mit einer „Klemm K1 28 XIV (D- 2495) in Vincennes bei Paris bei der „Internationalen Damen- Kunstflugmeisterschaft“ („Coupe Féminines“), was damals der Weltmeisterschaft entsprach. Einzige ernsthafte Konkurrentin war die Französin Hélène Boucher (1908-1934), weil die Deutsche Vera von Bissing (1906-2002) wegen Krankheit und die Französin Adrienne Bolland (1896-1975) wegen techni- scher Probleme an ihrem Flugzeug nicht teilnehmen konnten. Auch diesen Titel konnte sie ein Jahr später in Rouen erfolg- reich verteidigen.
1935 nahm Liesel Bach an der „Deutschen Kunstflugmeistrerschaft“ teil und erkämpfte dabei als einzige Frau unter den Teilnehmern einen respektablen dritten Platz. Weil ihre Klemm auf einem von Jakob Möltgen durchgeführten Überführungsflug nach einer Notlandung verbrannt war, hatte sie Gerhard Fieseler (1896-1987) dessen „Raka RK 26a Tigerschwalbe“ (D-1616) abgekauft und damit mehrere Flugtage und Wettbewerbe bestritten.
Anlässlich der Olympiade 1936 in Berlin fanden auch zwei Kunstflugveranstaltungen statt: Erstens der Damen-Kunst- flugwettbewerb zur Eröffnung des Flugplatzes in Rangsdorf im Juli 1936, wo Liesel Bach nach knapper Führung in der Pflicht am Ende den Sieg noch Vera von Bissing überlassen musste. Zweitens der Großflugtag in Tempelhof einige Tage später, wo das Publikum als Bewerter die beiden Fliegerinnen in genau umgekehrter Reihenfolge beurteilte, Liesel Bach also zur Siegerin erkor.
Beim „IV. Internationalen Flugmeeting 1937“ in Zürich traten Liesel Bach und Vera von Bissing lediglich im Schauprogramm auf. Dabei flog Liesel mit einer „Bü 133 Jungmeister“. Ein neuer sportlicher Wettstreit zwischen Liesel Bach und Vera von Bissing folgte 1938 beim Zuverlässigkeitsflug der Sport- fliegerinnen. Dabei flogen alle 13 Teilnehmerinnen mit einer Maschine des Typs „Klemm K1 25“. Siegerin war Melitta Schiller (1903-1945). Im Jahr darauf gewann Liesel Bach mit einer „Bücker Bü 180 Student“ wieder diesen Wettbe- werb.
Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ ist über die Tätigkeit von Liesel Bach während des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) wenig bekannt. Zunächst soll sie für die Luftwaffe als Kunst- fluglehrerin gearbeitet, später als Angehörige des „Über- führungsgeschwaders 1“ Flugzeuge zu den Flugparks überführt haben. Es seien Maschinen bis zur „Junkers JU 87“ gewesen, für die ihr B2-Schein ausreichte, erklärte sie.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges glichen Überführungs- flüge in Westdeutschland wegen Lufthoheit der Alliierten oft Himmelfahrtskommandos. Liesel Bach war zwar für den Notfall bewaffnet, aber es war nicht ihre Aufgabe, Luftkämpfe auszutragen, sondern Feindberührung zu vermeiden und die jeweilige Maschine heil an Ort und Stelle zu bringen. Deswegen flog sie meistens dicht über Wäldern und verschwand bei Sichtung von Feindfliegern in irgendeiner Waldschneise. Einmal geriet sie bei der Überführung eines „Stukas“ nach Köln im Nebel in eine Sperrzone mit Fesselballonen und wurde beinahe von der eigenen Flak abgeschossen. Nur dank ihrer Kunstflugakrobatik kam sie heil aus dem Gewirr von Drähten und Seilen seitwärts heil heraus.
Vor Kriegsende setzte sich Liesel Bach mit ihrem Über- führungsgeschwader aus dem eingeschlossenen Berlin ab. Über Flensburg gelangte sie auf den Flughafen Leck. Weihnachten 1945 war sie wieder zu Hause im zerstörten Köln. 1950 erhielt Liesel Bach vom Präsidenten des indischen Aero- Clubs eine Einladung. Sie sollte einige Monate in Kalkutta als Gast des Clubs verbringen. In Indien durfte man damals im Gegensatz zu Deutschland fliegen. Liesel flog Weihnachten 1950 von Düsseldorf aus nach Kalkutta. In Indien gab man ihr die Möglichkeit, den indischen und den internationalen Flugschein zu erwerben. Statt drei bis vier Monate - wie ursprünglich geplant - blieb sie insgesamt drei Jahre in diesem Land.
Im Februar 1951 trat Liesel Bach mit einer „Tiger Moth“ auf dem Flugplatz Kampur vor rund 100.000 Zuschauern zum „Asiatischen Kunstflugwettbewerb“ an und siegte. Der damalige Präsident der indischen Republik, Rajendra Prasad, überreichte ihr die Siegestrophäe.
Um Liesel Bach einen Traum zu erfüllen, stellte ihr der Chiefminister der Vereinigten Provinzen, Sir Govind Ballabh Pant, sein zweimotoriges Flugzeug „Beech 18“ zur Verfügung. Mit dieser Maschine startete sie Ende März 1951 auf dem Flugplatz Halvani an der Grenze zu Nepal zum ersten Flug einer Frau über den Himalaja. Nach zweieinhalb Stunden kehrte sie wieder zurück. Die „Indische Luftwaffe“ erlaubte ihr sogar, einige Platzrunden mit einer Spitfire zu drehen, wenngleich in einer zweisitzigen mit Sicherheitspilot, der aber nie eingreifen musste.
1952 konnte Liesel Bach auf Ceylon (Sri Lanka) ihren Kunstflugtitel erfolgreich verteidigen. Dabei musste sie in der Herrenklasse antreten, weil keine eigene Damenkonkurrenz geflogen wurde. In der Gesamtwertung kam sie auf den zweiten Platz, als Frau auf den ersten Rang.
Vor ihrer Rückehr nach Deutschland wurde Liesel Bach 1953 vom Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru (1889-1964), genannt Pandit Nehru, empfangen. In ihrem Heimatland feierte sie ihr silbernes Flieger-Jubiläum und erhielt sie von der „Divina-Film GmbH“ das Angebot, für deren Film „Sterne über Colombo“ (1954) Flugszenen zu drehen und in einer kleinen Rolle selbst aufzutreten.
1955 erhielt Deutschland wieder die Lufthoheit zurück. Nun konnte sich Liesel Bach ein neues Flugzeug zulegen. Nämlich eine „Klemm Kl 35 B“ mit einem 160 PS starken Motor. Mit dieser Maschine beteiligte sie sich an verschiedenen Wettbewerben, beispielsweise Deutschlandflügen und an der „10. Deutschen Kunstflugmeisterschaft“ und 1963 an der „Europameisterschaft für Damen“, die sie gewann. Dieses Flugzeug steht jetzt im „Deutschen Technikmuseum“ in Berlin. Bis zum Alter von 70 Jahren ist Liesel Bach geflogen. Danach spielte sie wieder Tennis, was sie bereits als junges Mädchen getant hatte. Aus diesem Grund zog sie in eine entsprechende Anlage nach Bandol-Var in Südfrankreich, wo sie am 21. Januar 1992 im Alter von 86 Jahren starb.
Maryse Bastié
Die Fliegerin, die acht Weltrekorde brach
Frankreichs berühmteste Fliegerin war Maryse Bastié (1898- 1952), geborene Marie-Louise Bombec. Sie erwarb 1928 als erste Französin den Führerschein für Passagierflugzeuge und stellte in den 1930-er Jahren acht Weltrekorde auf. 1952 kam die tüchtige Pilotin auf tragische Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Zu ihren Lebzeiten bezeichnete man sie respektvoll als „Sprinterin der Luft“, „HimmelsTrumpf“ oder „Dauerläuferin am Firmament“.
Marie-Louise („Maryse“) Bombec kam am 27. Februar 1898 gegen sieben Uhr abends als letztes von drei Kindern des Eisengießers Joseph Bombec (1866-1908) und seiner Ehefrau Céline Filholaud (1873-1951) in Limoges (Département Haute Vienne) zur Welt. Das erste Kind war eine Tochter namens Jeanne, die 1894 noch im Jahr der Geburt starb. Als zweites Kind folgte der Sohn Pierre (1896-1916).
Im Alter von neun Jahren betrauerte Maryse den Tod ihres Vaters, der am 17. Februar 1908 in Limoges starb. Danach musste die Restfamilie finanziell ums Überleben kämpfen. Als Mädchen soll Maryse ungestüm und stur gewesen sein. Nach dem Verlassen der Schule arbeitete sie mit 14 Jahren in einer Schuhfabrik, wo sie Leder nähte. Nachdem die Schuhfabrik 1914 geschlossen wurde, betätigte sich Maryse als Näherin in einer Fabrik, die Militärblusen herstellte.
Gegen den Willen ihrer Familie heiratete die 16-jährige Maryse Bombec am 11. Februar 1915 den Porzellanmaler Baptiste Gourinchas. Aus dieser Ehe ging der Sohn Germain (1915-- 1935) hervor. 1917 unternahm Maryse in Limoges mit einem Freund den ersten Flug in einem Motorflugzeug. Dabei lernte sie den aus Fiac bei Toulouse stammenden Piloten Louis Bastié kennen. Bastié war gegen Ende des Ersten Weltkrieges ein Brieffreund von Maryse.
Ab 1918 arbeitete Maryse Gourinchas als Schreibkraft in der Elektrizitätsgesellschaft von Limoges. Ihre erste Ehe endete im Dezember 1920 mit der Scheidung.
Am 22. Mai 1922 schloss die geschiedene Maryse Gourinchas ihre zweite Ehe mit dem ehemaligen Militärpiloten und entlassenen Fliegerleutnant Louis Bastié (1897-1926). Zu- nächst führten Maryse und Louis ein Schuhgeschäft in Cognac. Später arbeitete ihr Mann als Fluglehrer in Bordeaux-Mérignac. Durch ihren Gatten begeisterte sich auch Maryse Bastié für die Fliegerei. Ihr Mann konnte ihr mit einem Militärflugzeug nicht das Fliegen beibringen. Statt dessen gab ihr der private Fluglehrer Guy Bart (1898-1983) Flugunterricht. Am 29. September 1925 erhielt Maryse in Bordeaux-Teynac den Pilotenschein. Die frischgebackene Pilotin flog am 6. Oktober 1925 mit einer „Caudron G3“ unter den Kabeln der Hängebrücke „Pont transbordeur de Bordeaux“ in Bordeaux durch. In sechs Etappen wagte sie am 13. November 1925 einen Flug von Bordeaux nach Paris.
Vor den Augen von Maryse Bastié stürzte am 15. Oktober 1926 ihr Ehemann Louis während eines Probefluges in Bordeaux tödlich ab. Der Tod ihres Mannes schreckte sie nicht davor ab, weiterhin zu fliegen.
1927 arbeitete Maryse Bastié bei der Flugschule Pilain in Orly bei Paris sechs Monate lang als Fluglehrerin. Von ihren letzten Ersparnissen kaufte sich Maryse 1927 ein gebrauchtes kleines Flugzeug des Typs „Caudron C109“, das sie liebevoll „Trottinette“ („Radelrutsch“) nannte. Weil sie kein Geld für Treibstoff zum Fliegen hatte, unterstützte sie der Pilot Maurice Drouhin (1891-1928) finanziell.
Ihren ersten Rekord stellte Maryse Bastié am 13. Juli 1928 in ihrer zweisitzigen „Caudron C109“ zusammen mit Maurice Drouhin bei einem 1.058 Kilometer langen Flug von Paris nach Treptow in Pommern auf. Für diese Leistung erhielten die Beiden zusammen 25.000 Francs. Drouhin und der Mechaniker André Lanet kamen kurz darauf im August 1928 bei einem Testflug mit einer „Couzinet 27“ in Paris-Le Bourget ums Leben, während der Pilot Louis Magnard überlebte.
Als erste Frau in Frankreich erwarb Maryse Bastié am 11. Ok- tober 1928 den Führerschein für Passagierflugzeuge. Ab 1928 trug sie auch offiziell den Vornamen Maryse statt Marie- Louise.
Ein Rekord nach dem anderen glückte Maryse Bastié im Frühjahr und im Sommer 1929. Am 29. April 1929 erkämpfte sie auf dem Flughafen Orly in ihrer „Caudron C109“ mit einem Flug über 10 Stunden 30 Minuten einen französischen Rekord für Frauen. Mit 24 Stunden 24 Minuten gelang ihr am 20. und 21. Juli 1929 ein französischer Dauerflug-Rekord. 26 Stunden 48 Minuten lang kreiste sie am 28. und 29. Juni 1929 mit ihrer „Caudron C109“ über dem Pariser Flughafen Le Bourget, brach damit den Alleinflug-Dauerrekord für Frauen und erhielt hierfür 10.000 Francs. Die russischstämmige Pilotin Lena Bernstein (1906-1932) blieb am 2. Mai 1930 mit 35 Stunden 45 Minuten noch länger mit ihrer Maschine in der Luft als Maryse.
Mit ihrem deutschen Leichtflugzeug des Typs „Klemm KL25“, das einen 40-PS-Motor hatte, erkämpfte sich Maryse Bastié am 1. April 1930 in 22 Stunden 40 Minuten die Urkunde für den „Internationalen Rekord in geschlossener Bahn“. Ein weiterer Rekord für Kleinflugzeuge folgte am 17. August 1930 mit einem Flug über 26 Stunden. Vom 2. bis 4. September 1930 triumphierte Maryse über Lena Bernstein, als sie mit ihrer „Klemm KL25“, ohne zu tanken, 37 Stunden 55 Minuten flog. Damit stellte sie für Frauen einen neuen „Internationalen Dauerrekord für Einsitzer“ auf. Dabei kämpfte sie bis zur Erschöpfung gegen die Kälte, den Mangel an Schlaf und Abgase des Motors. Nach dem Aussteigen aus ihrer Maschine erklärte sie, um nichts in der Welt würde sie dies wieder tun. Im Oktober 1930 kaufte Maryse Bastié eine „Caudron C-230 Luciole“ mit 40-PS-Motor. Mit dieser Maschine startete sie am 28. Juni 1931 zu einem 2.976 Kilometer weiten Direktflug von Frankreich (Paris-Le Bourget) über Deutschland nach Russland (Urino bei Nishni Nowgorod in Sibirien). Dabei brach sie mit 30 Stunden 30 Minuten den bis dahin von Lena Bernstein gehaltenen „Weltstreckenrekord für Frauen über 3.000 Kilometer“ und stellte den „Internationalen Strecken- rekord für Einsitzer der Klasse III“ auf. Fortan galt sie als berühmte Fliegerin und konnte von den Einnahmen, die ihr die Flüge mit der eigenen Maschine sowie Werbung ein- brachten, leben.
1931 erhielt Maryse Bastié als erster Franzose die renommierte „Internationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“. Die „Union des républiques socialistes soviétiques“ („URSS“) bedachte Maryse 1931 mit der Auszeichnung „Ordre de l’etoile rouge“. Die „Internationale Flieger-Liga“ verlieh ihr 1932 den offiziellen Weltmeistertitel für Frauen.
In manchen Biografien heißt es irrtümlich, Maryse Bastié sei 1934 als erste Frau von Paris nach Tokio (Japan) und zurück geflogen. Tatsächlich hat aber ihre Landsmännin Maryse Hilsz (1903-1946) im April 1934 mit einer „Breguet 33R“ diesen Rekordflug über rund 30.000 Kilometer zurückgelegt. Ein schwerer Schicksalsschlag traf Maryse Bastié am 6. Juni 1935. An jenem Tag starb ihr Sohn Germain, der bei der französischen Marine diente, im Krankenhaus in Bizerte (Tunesien) im Alter von nur 20 Jahren an Typhus. Zusammen mit Guy Bart gründete Maryse Bastié im August 1935 auf dem Flugplatz Orly die Flugschule „Maryse Bastié Aviation“. Diese Flugschule bestand nur kurze Zeit. Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ arbeitete Maryse in den 1930-er Jahren auch als Verkaufsdirektorin bei einem Motoren- und Flugzeughersteller.
Kurz nach dem Verschwinden des französischen Fliegers Jean Mermoz (1901-1936) über dem Atlantik krönte Maryse Bastié ihre fliegerische Leistung am 30. Dezember 1936. Durch Nebel und Gewitterwolken flog sie mit einem geliehenen Eindecker „Caudron Simoun“ - nur mit einem Kompass für die Navi- gation ausgerüstet - von Dakar in Westafrika über den Süd- atlantik nach Natal in Brasilien. Dabei legte sie in 12 Stunden 5 Minuten insgesamt 3.173 Kilometer zurück. Damit war sie eine Stunde schneller als die bisherige Rekordhalterin Jean Batten (1909-1982) aus Neuseeland und erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 264 Stundenkilometern. Nach der triumphalen Heimkehr von Maryse verlieh ihr der Luftfahrtminister 1937 den Titel eines „Offiziers der Ehrenlegion“ („Chevalier de la Légion d’honneur“).
Im Sommer 1937 flog Maryse in einer erneut vom Luftfahrtministerium ausgeliehenen „Caudron Simoun“ zusammen mit der französischen Pilotin Suzanne Tillier von Paris nach Krasnojarsk in Sibirien und zurück.
Von November 1937 bis März 1938 unternahm Maryse Bastié mit einer „Caudron Simoun“ eine Vortragsreise in Südamerika. 1937 veröffentlichte sie ihre Autobiographie „Ailes ouvertext: carnet d’une aviatrive“. Der Maler Luigi Corbellini (1901-1968) fertigte 1937 ein Aquarell mit ihrem Porträt an. 1937 hat man Maryse Bastié geradezu mit Auszeichnungen überhäuft.
Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) meldete sich Maryse Bastié freiwillig als Pilotin zur französischen Luftwaffe (Versor- gungsstaffel). Sie konnte aber als Frau wegen der damaligen Bestimmungen nicht angenommen werden und wurde statt dessen Fahrerin eines Ambulanzwagens. Während der deut- schen Offensive im Mai 1940 arbeitete sie für das „Rote Kreuz“ und half vor allem französischen Kriegsgefangenen im Lager Drancy. Bei der Abfahrt eines Zuges mit Kriegs- gefangenen nach Deutschland wurde Maryse von einem deutschen Wachtposten gestoßen, brach sich dabei den rech- ten Ellenbogen und behielt fortan eine Behinderung. Unter dem Deckmantel des „Roten Kreuzes“ sammelte sie Infor- mationen über die Insassen des Lagers. Damals gehörte sie der französischen Widerstandsbewegung („Résistance“) an. 1944 wurde sie von der deutschen „Geheimen Staatspolizei“ („Gestapo“) festgenommen. Nach der Befreiung von Paris trat sie der „Women’s Auxiliary“ der „Air Force“ bei und hatte den Rang eines Leutnants. 1946 wurde sie entlassen. 1947 erhielt sie als erste Frau den Rang eines Kommandanten der Ehrenlegion („Commandeur de Légion d’honneur“).
Ab 1951 arbeitete Maryse Bastié für die PR-Abteilung des Testflug-Centers Brétygny. Am 6. Juli 1952 verlor sie im Alter von 54 Jahren auf dem Flugplatz Lyon-Bron ihr Leben. Sie befand sich an Bord des Prototyps eines zweimotorigen mili- tärischen Transportflugzeuges „Nord 2501 Noratlas“, dessen rechtes Triebwerk während des Fluges ausfiel. Die Maschine stürzte aus rund 200 Metern Höhe ab und fing Feuer. Maryse wurde unter den Trümmern begraben und erschlagen. Auch die fünfköpfige Besatzung starb.
Die berühmte Fliegerin wurde in Paris auf dem Montpar- nasse-Friedhof beigesetzt, wo ihr Grab noch heute erhalten ist. In Frankreich tragen viele Schulen den Namen von Maryse Bastié. 1955 wurde sie mit ihrem Porträt auf einem fran- zösischen Luftpost-Stempel geehrt. Der Bildhauer Félix Joffre (1903-1989) schuf ein Denkmal, das man zu ihren Ehren auf dem Platz Carlo Sarrabezolles in Paris aufgestellt hat.
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- Ernst Probst (Author), 2010, Königinnen der Lüfte in Europa, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/156637
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