„40 Prozent der Akademikerinnen in Deutschland sind kinderlos“, wurde in den letzten Jahren häufig in der Presse verkündet. Mit dieser panikverbreitenden Zahl, die der jährlichen Mikrozensuserhebung des Statistischen Bundesamtes von 1996 entstammt,
waren die vermeintlichen Schuldigen des demographischen Wandels schnell gefunden.Doch wie verlässlich sind die Aussagen des Mikrozensus? Bei näherer Betrachtung werden teilweise gravierende Erhebungsfehler erkennbar, wodurch die vielfach publizierte 40 Prozent-Marke bezweifelt werden darf. Auf ein anderes Ergebnis
gelangte das weniger häufig zitierte Sozio-ökonomische Panel (SOEP) des Deutschen Instituts der Wirtschaft (DIW), welches im Untersuchungsjahr 2003 einen Satz von ca. 30 Prozent kinderloser Akademikerinnen in Deutschland ermittelte. Wie sind die unterschiedlichen Ergebnisse erklärbar, wo liegen die Fehler und Probleme der Datenerhebung und welche Interessen spielen bei der Ergebnisermittlung eine Rolle?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Aussagekraft der wichtigsten Studien
2.1 Der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
2.2 Erhebungsprobleme des Mikrozensus
2.3 Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) des Deutschen Instituts der Wirtschaft (DIW)
2.4 Vergleich SOEP - Mikrozensus
3 Fazit
Literaturverzeichnis
Online-Quellenverzeichnis
1 Einleitung
„40 Prozent der Akademikerinnen in Deutschland sind kinderlos“, wurde in den letz- ten Jahren häufig in der Presse verkündet. Mit dieser panikverbreitenden Zahl, die der jährlichen Mikrozensuserhebung des Statistischen Bundesamtes von 1996 ent- stammt, waren die vermeintlichen Schuldigen des demographischen Wandels schnell gefunden. Doch wie verlässlich sind die Aussagen des Mikrozensus? Bei näherer Betrachtung werden teilweise gravierende Erhebungsfehler erkennbar, wodurch die vielfach publizierte 40 Prozent-Marke bezweifelt werden darf. Auf ein anderes Ergeb- nis gelangte das weniger häufig zitierte Sozio-ökonomische Panel (SOEP) des Deut- schen Instituts der Wirtschaft (DIW), welches im Untersuchungsjahr 2003 einen Satz von ca. 30 Prozent kinderloser Akademikerinnen in Deutschland ermittelte. Wie sind die unterschiedlichen Ergebnisse erklärbar, wo liegen die Fehler und Probleme der Datenerhebung und welche Interessen spielen bei der Ergebnisermittlung eine Rol- le?
2 Aussagekraft der wichtigsten Studien
2.1 Der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
Die verfügbaren Daten der amtlichen Statistik bieten keine Möglichkeit genaue Aus- sagen zum Ausmaß der Kinderlosigkeit der Akademikerinnen vorzunehmen. Eine mögliche Datenquelle zur Schätzung stellt die europaweit größte Haushaltsstichpro- be, der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes dar (Duschek/Wirth: 1).
Der Mikrozensus ist eine seit 1957 auf gesetzlicher Basis, jährlich durchgeführte Ein- Prozent-Stichprobe der privaten Haushalte der Bundesrepublik Deutschland. Ange- sichts der hohen Aktualität und der Vielfalt der erfassten Merkmale stellt der Mikro- zensus das wichtigste Instrument der Bevölkerungs- und der Erwerbsstatistik dar und ist Auswahlgrundlage bei Stichprobenerhebungen von Haushalten (Scharein: 6). Ins- gesamt nehmen 390.000 Haushalte an der Befragung teil, Durchführung und Aufbe- reitung obliegt den statistischen Landesämtern (Statistisches Bundesamt1: 1).
Alle Haushalte besitzen bei der jährlichen Erhebung des Mikrozensus die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit, es handelt sich um eine Zufallsstichprobe. Durch eine einstufige geschichtete Flächenstichprobe werden alle Personen in den Haushalten befragt. 20 Prozent der Haushalte werden jährlich ausgetauscht, folglich bleibt jeder Haushalt nach dem Verfahren der partiellen Rotation, vier Jahre in der Stichprobe (Scharein: 6). Der Mikrozensus wird als Querschnitterhebung bezeichnet, da die Ausprägungen von Merkmalen zu einem bestimmen Zeitpunkt erfasst werden. Das heißt, bei mehrmaliger Erhebung variieren die Erhebungseinheiten (Krug: 21). Das Frageprogramm des Mikrozensus besteht aus einem festen Grundprogramm, die Fragen sind fast alle mit einer Auskunftspflicht belegt, um eine möglichst große Menge an Daten erheben zu können (Statistisches Bundesamt1: 1).
Im Bezug auf die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen ist zu beachten, dass keine expliziten Angaben zu den von einer Frau geborenen Kindern erfragt werden. Die Frage nach den jemals geborenen Kindern, wird im Erhebungsbogen nicht gestellt. Der Mikrozensus arbeitet in diesem Fall nach dem Koresidenzprinzip, dies bedeutet eine haushaltsbezogene und zugleich haushaltsbegrenzte Betrachtungsweise (Duschek: 15).
Um den Unschärfebereiche der Anschauung einzugrenzen, müssen die notwendigen Begriffe eindeutig definiert und operational gemacht werden (Krug: 23). Somit wer- den die Begriffe Akademikerin, Kind, Mutter und kinderlose Frauen eindeutig defi- niert, um sie bei der Datenerhebung richtig abzugrenzen.
a) Als Akademikerinnen gelten:
- Frauen mit Universitätsabschluss
- Frauen mit Fachhochschulabschluss (Scharein: 6)
b) Frauen werden als Mütter definiert wenn:
- zum Erhebungszeitpunkt mindestens eine Eltern-Kind-Gemeinschaft mit ledi- gen Kindern im befragten Haushalt existiert
- die Frauen ein Elternteil der Familie sind
- in der Familie mindestens ein lediges Kind unter 18 Jahren lebt (Duschek/Wirth: 802)
c) Als Kind gelten:
- Alle minderjährigen Personen, die im Haushalt leben und ledig sind (Duschek/Wirth:803)
d) Zu kinderlosen Frauen gehören somit:
- Frauen die noch keine Kinder haben
- Frauen deren Kinder den elterlichen Haushalt bereits wieder verlassen haben
- Frauen deren Kinder nicht im mütterlichen Haushalt leben
- Frauen deren Kinder im Haushalt leben, aber nicht mehr ledig sind (Statistisches Bundesamt2: 2)
Der Mikrozensus liefert also ausschließlich Daten, zu den im jeweiligen Befragungs- zeitpunkt lebenden Kindern im Haushalt, dabei wird nicht zwischen leiblichen Kin- dern, Stief-, Adoptiv-und Pflegekindern unterschieden, d.h. es wird nicht explizit ge- fragt, ob eine Frau tatsächlich Kinder geboren hat (Scharein: 7).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Frage im Mikrozensus 2003 nach den Beziehungsverhältnissen an alle Personen im Haushalt. Daraus werden Rückschlüsse auf die im Haushalt lebenden Kinder gezogen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Frage im Mikrozensus 2003 nach dem höchsten beruflichen Ausbildungs- oder Hochschul- Fachhochschulabschluss
Um den Anforderungen an Aktualität und zeitgemäßen Erhebungen gerecht zu wer- den, wurde im Jahr 2005 das neue Mikrozensusgesetz zur Durchführung einer Re- präsentativstatistik über die Bevölkerung, den Arbeitsmarkt und die Wohnsituation der Haushalte erlassen. Auf Vorschlag des Statistischen Bundesamtes hin, sollte eine Frage nach den jemals geborenen Kindern eingeführt werden, diese wurde al- lerdings vom Bundesrat abgelehnt (Statistisches Bundesamt2: 3).
Im Folgenden betrachten wir die Ergebnisse des Mikrozensus 2003 in der Alters- gruppe der 35 bis 39-Jährigen nach dem höchsten Bildungsabschluss für Gesamt- deutschland. Wir verwenden Datenerhebungen des Jahres 2003, da uns aus diesem Zeitraum sowohl für den Mikrozensus als auch für das SOEP präzise, umfangreiche und damit operationalisierbare Auswertungen vorliegen.
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- Arbeit zitieren
- Dipl.-Volkswirt Florian Beck (Autor:in), 2008, Das Problem der Messung der Kinderlosigkeit von Akademikerinnen in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155318
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