Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden war im Jahre 2006 mit einem Rechtsstreit zwischen dem Energieversorgungsunternehmen citiworks AG und dem als Landesregulierungsbehörde tätigen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Sachsen betraut. Durch den Bescheid vom 12. Juli 2006 hatte die Landesregulierungsbehörde Sachsen das Energieversorgungsnetz der Flughafen Leipzig/Halle GmbH (FLH) als Objektnetz i.S.d. §110 1, 2 EnWG anerkannt. Die citiworks AG belieferte seit dem Jahr 2004 einige, auf dem Flughafengelände ansässige Unternehmen und wurde a.G. des Objekt-netzstatus der FLH vom Netzzugang ausgeschlossen. Dagegen legte sie am 17. Juli 2006 Beschwerde am OLG Dresden mit dem Hinweis darauf ein, dass die Objektnetzregelung des §110 I 1 EnWG nicht mit dem europäischen Recht vereinbar sei. Da das OLG Dresden zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Regelung hatte, legte es dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gem. Art. 234 EGV, die Frage zur Vorabentscheidung vor. Dieser urteilte, dass „[...] Art. 20 I der Richtlinie 2003/54/EG [..] einer Bestimmung wie § 110 I 1 [...] EnWG entgegensteht, nach der bestimmte Betreiber von Energieversorgungsnetzen von der Verpflichtung, Dritten freien Netzzugang zu gewähren, aus-genommen sind [...]“. Infolge dieses Urteils entstanden unter Rechts-wissenschaftlern und auch Netzbetreibern (NB) Fragen hinsichtlich einer teilweisen oder vollständigen Europarechtswidrigkeit des §110 EnWG, sondern auch einer etwaigen Nachfolgeregelung.
Nach einer einleitenden Beschreibung der Areal- und Objektnetze, werden u.a. das Urteil des EuGH, der daraus folgende Beschluss des OLG Dresden und das neue Energiebinnenmarktkonzept thematisiert, um Antworten auf diese Fragen geben zu können.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Areal- und Objektnetze
- 2.1 Begrifflichkeiten
- 2.2 Objektnetze i.S.d. § 110 I EnWG
- 2.2.1 Betriebsnetze
- 2.2.2 Dienstleistungsnetze
- 2.2.3 Eigenversorgungsnetze
- 2.2.4 Objektnetzantrag gem. §110 IV EnWG
- 2.2.5 Sonstige Voraussetzungen für Objektnetzbetreiber
- 2.3 Arealnetze
- 2.3.1 Fallkonstellationen der Arealnetze
- 3 Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes
- 3.1 Das Rechtsbeschwerdeverfahren
- 3.2 Die Entscheidung des EuGH
- 3.3 Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden
- 3.3.1 Folgen für § 110 I 1 EnWG
- 3.3.2 Folgen für §110 I 2 EnWG
- 3.4 Diskussion über den Beschluss des OLG Dresden
- 3.5 Vollständige Unanwendbarkeit der Betriebsnetzregelung
- 3.6 Übertragbarkeit des Urteils auf § 110 I 2, 3 EnWG
- 4 Das neue Energiebinnenmarktkonzept
- 4.1 Geschlossene Verteilernetze i.S.d. Art. 28 EltRL und GasRL
- 4.1.1 Begrenzung auf Industrie- und Gewerbegebiete
- 4.1.2 Das Kriterium der geographischen Begrenzung
- 4.1.3 Die Einschränkung für Haushaltskunden
- 4.1.3.1 Die gelegentliche Nutzung des Verteilernetzes
- 4.1.3.2 Die geringe Anzahl der Haushaltskunden
- 4.1.4 Die Verknüpfung der Tätigkeiten oder Produktionsverfahren
- 4.1.5 Die direkte Energieversorgung konzernverwandter Netze
- 4.2 Privilegierungsumfang der Art. 28 II EltRL und GasRL
- 4.2.1 Ausgleichsleistungen der Netzbetreiber i.S.d. EltRL
- 4.2.2 Freistellung von der Ex-ante- Netzentgeltgenehmigung
- 4.3 Die Vereinbarkeit des § 110 I EnWG mit dem neuen Energiebinnenmarktkonzept
- 4.1 Geschlossene Verteilernetze i.S.d. Art. 28 EltRL und GasRL
- 5 Folgen für Arealnetzbetreiber
- 6 Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rechtslage von Areal- und Objektnetzen im deutschen Energiewirtschaftsrecht im Kontext des europäischen Rechts. Sie analysiert die Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs auf § 110 EnWG und die Implikationen des neuen Energiebinnenmarktkonzepts.
- Begriffsbestimmung und Abgrenzung von Areal- und Objektnetzen
- Auswirkungen des EuGH-Urteils auf die Objektnetzregelung des § 110 EnWG
- Analyse des neuen Energiebinnenmarktkonzepts und dessen Vereinbarkeit mit dem deutschen Recht
- Folgen für Arealnetzbetreiber
- Zukünftige Entwicklungen im Bereich der Netze im Energiewirtschaftsrecht
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung beschreibt einen Rechtsstreit zwischen der citiworks AG und dem sächsischen Wirtschaftsministerium bezüglich der Einstufung des Energieversorgungsnetzes der Flughafen Leipzig/Halle GmbH als Objektnetz nach § 110 EnWG. Die citiworks AG, aufgrund des Objektnetzstatus vom Netzzugang ausgeschlossen, legte Beschwerde ein, da die Regelung mit europäischem Recht unvereinbar sei. Das OLG Dresden legte daraufhin die Frage dem EuGH vor, der die Unvereinbarkeit bestätigte. Die Arbeit untersucht die Konsequenzen dieses Urteils und des daraus resultierenden neuen Energiebinnenmarktkonzepts.
2 Areal- und Objektnetze: Dieses Kapitel definiert zunächst grundlegende Begrifflichkeiten wie Direktleitungen, Kundenanlagen und Speicheranlagen im Kontext des Energiewirtschaftsrechts. Es differenziert zwischen diesen und Energieversorgungsnetzen, die als Objektnetze privilegiert sein können, unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 110 EnWG. Das Kapitel beschreibt detailliert die Voraussetzungen für die Anerkennung als Objektnetz und die damit verbundenen Privilegierungen von den Pflichten des EnWG.
3 Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes: Dieses Kapitel analysiert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches die Unvereinbarkeit von § 110 I 1 EnWG mit dem europäischen Recht feststellte. Es beschreibt das Rechtsbeschwerdeverfahren, die Entscheidung des EuGH und die anschließende Reaktion des OLG Dresden. Das Kapitel diskutiert die Folgen dieser Entscheidung für die Auslegung des § 110 EnWG und die Übertragbarkeit des Urteils auf andere Paragraphen des Gesetzes.
4 Das neue Energiebinnenmarktkonzept: Dieses Kapitel befasst sich mit dem neuen Energiebinnenmarktkonzept und dessen Relevanz für die Rechtslage von Areal- und Objektnetzen. Es analysiert insbesondere geschlossene Verteilernetze im Sinne von Art. 28 EltRL und GasRL, untersucht die Kriterien für die geographische Begrenzung und die Einschränkungen für Haushaltskunden. Weiterhin wird der Privilegierungsumfang der Art. 28 II EltRL und GasRL im Detail erörtert und die Vereinbarkeit des § 110 I EnWG mit dem neuen Konzept diskutiert.
5 Folgen für Arealnetzbetreiber: Dieses Kapitel (voraussichtlich) untersucht die konkreten Auswirkungen der vorangegangenen Analysen auf Arealnetzbetreiber und ihre rechtliche Situation nach dem EuGH-Urteil und dem neuen Energiebinnenmarktkonzept.
Schlüsselwörter
Arealnetze, Objektnetze, § 110 EnWG, Europäisches Gerichtshof (EuGH), Energiebinnenmarktkonzept, EltRL, GasRL, Netzzugang, Privilegierung, Regulierung, Energiewirtschaftsrecht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Dokument: Rechtslage von Areal- und Objektnetzen im deutschen Energiewirtschaftsrecht
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Dieses Dokument analysiert die Rechtslage von Areal- und Objektnetzen im deutschen Energiewirtschaftsrecht, insbesondere im Kontext des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des neuen Energiebinnenmarktkonzepts. Es untersucht die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf § 110 EnWG und die Folgen für Arealnetzbetreiber.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt folgende Themen: Begriffsbestimmung und Abgrenzung von Areal- und Objektnetzen; Auswirkungen des EuGH-Urteils auf die Objektnetzregelung des § 110 EnWG; Analyse des neuen Energiebinnenmarktkonzepts und dessen Vereinbarkeit mit dem deutschen Recht; Folgen für Arealnetzbetreiber; und zukünftige Entwicklungen im Bereich der Netze im Energiewirtschaftsrecht.
Was ist der Ausgangspunkt der Analyse?
Der Ausgangspunkt ist ein Rechtsstreit zwischen der citiworks AG und dem sächsischen Wirtschaftsministerium über die Einstufung eines Energieversorgungsnetzes als Objektnetz nach § 110 EnWG. Die citiworks AG, vom Netzzugang ausgeschlossen, argumentierte, dass die Regelung mit europäischem Recht unvereinbar sei. Der EuGH bestätigte diese Unvereinbarkeit.
Wie werden Areal- und Objektnetze definiert?
Das Dokument definiert grundlegende Begrifflichkeiten wie Direktleitungen, Kundenanlagen und Speicheranlagen. Es differenziert zwischen diesen und Energieversorgungsnetzen, die als Objektnetze privilegiert sein können, unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 110 EnWG. Es beschreibt die Voraussetzungen für die Anerkennung als Objektnetz und die damit verbundenen Privilegierungen.
Was sind die zentralen Ergebnisse des EuGH-Urteils?
Der EuGH stellte die Unvereinbarkeit von § 110 I 1 EnWG mit dem europäischen Recht fest. Das Dokument analysiert das Urteil, das Rechtsbeschwerdeverfahren, die Entscheidung des EuGH und die Reaktion des OLG Dresden. Es diskutiert die Folgen für die Auslegung des § 110 EnWG und die Übertragbarkeit des Urteils auf andere Paragraphen.
Wie wird das neue Energiebinnenmarktkonzept behandelt?
Das Dokument analysiert das neue Energiebinnenmarktkonzept und seine Relevanz für Areal- und Objektnetze. Es untersucht geschlossene Verteilernetze im Sinne von Art. 28 EltRL und GasRL, die Kriterien für die geographische Begrenzung und Einschränkungen für Haushaltskunden. Der Privilegierungsumfang der Art. 28 II EltRL und GasRL wird erörtert, und die Vereinbarkeit des § 110 I EnWG mit dem neuen Konzept wird diskutiert.
Welche Konsequenzen ergeben sich für Arealnetzbetreiber?
Das Dokument untersucht die konkreten Auswirkungen der Analysen auf Arealnetzbetreiber und ihre rechtliche Situation nach dem EuGH-Urteil und dem neuen Energiebinnenmarktkonzept.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für das Dokument?
Arealnetze, Objektnetze, § 110 EnWG, Europäischer Gerichtshof (EuGH), Energiebinnenmarktkonzept, EltRL, GasRL, Netzzugang, Privilegierung, Regulierung, Energiewirtschaftsrecht.
- Quote paper
- Daniel Augsten (Author), 2009, Areal- und Objektnetze vor dem Hintergrund der neuesten EuGH-Rechtsprechung und des neuesten Energiebinnenmarktkonzeptes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155287