Daniel Augsten
Betriebswirtschaftslehre
Jahrgang 2007
Thesenpapier zur Seminararbeit im Öffentlichen Recht
„Durchleitungspflichten für Energienetzbetreiber zur Förderung Erneuerbarer Energien“
Für den Vortrag:
Die Durchleitungspflichten umfassen verschiedene Abschnitte, die Netzbetreiber wie z.B. E.ON Netz oder Vattenfall Europe Transmisson bei der Koordinierung von Anlagen, die Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen, beachten müssen. Diese sind u.a.:
-der Anschluss der Anlage an das Stromnetz
-die Abnahme des erzeugten Stroms
-die Vergütung des abgenommenen Stroms
Ferner gibt es weitere Regelungen, welche die Durchleitungspflichten flankieren, wie z.B. das Einspeisemanagement durch das der Netzbetreiber die Stromeinspeisung in das Netz ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen regeln darf; weiterhin die Direktvermarktung, die eine Selbstveräußerung des erzeugten Stroms durch den Anlagenbetreiber erlaubt oder aber der so genannte „Wälzungsmechanismus“, der den Ausgleich und die Durchleitung unter den Netzbetreibern und Stromlieferanten beschreibt.
Vor allem das „Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG)“, das am 01.01.2009 neu in Kraft trat, bildet die Rechtsgrundlage für diese Seminararbeit, deren Inhalt im Folgenden näher erläutert wird.
Einleitung
Auf verschiedenen Konferenzen der Vereinten Nationen, dem Kyoto- Protokoll von 1997[1] als Teil der Klimarahmenkonvention von 1992[2], dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002[3], dem Weltgipfel 2005[4], sowie dem Treffen der G8- Staaten 2007 in Heiligendamm[5], wurde die Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien an der Energiegewinnung beschlossen. In Deutschland soll dieser Anteil, gemessen am gesamten Energieverbrauch, bis zum Jahre 2020 von gegenwärtigen 16 Prozent auf 30 Prozent[6] und danach konstant weiter erhöht werden[7]. Das Ziel der Bundesregierung ist ferner „die Emissionen bis 2020 um 40 Prozent unter das Niveau von 1990 zu reduzieren“[8]. In dem am 01.01.2009 in Kraft getretenen „Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG)“ wurden die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, sowie die Senkung „volkswirtschaftlicher Kosten der Energieversorgung“, die Schonung fossiler Energieressourcen und die „Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien“ festgelegt.[9] Dabei ist es die Aufgabe der Energieversorgungsunternehmen „eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leistungsgebundene Versorgung“ mit Elektrizität und Gas sicherzustellen.[10] Damit Deutschland, das mit 1,7 Millionen Kilometern über das größte Stromnetz Europas verfügt,[11] auch zuverlässig mit Energie versorgt werden kann, wurde das Bundesgebiet in vier Regelzonen unterteilt. Diese werden von je einem der vier großen Übertragungsnetzbetreibern[12] (ÜNB) Vattenfall Europe Transmisson, RWE Transportnetz Strom, E.ON Netz und EnBW Transportnetzgesellschaft bewirtschaftet.[13] Die Netzbetreiber[14] (NB) unterscheiden dabei drei verschiedene Kundengruppen, die sie mit entsprechend unterschiedlichen Spannungen beliefern. Mit Niederspannung (230/400V) werden die Haushalte, Kleinbetriebe und die Landwirtschaft versorgt, mit Mittelspannung (10-30kV) die Industrie, das Gewerbe, sowie Büro- und Warenhäuser und mit Hochspannung (~110kV) die Großindustrie.[15] Die gesetzlichen Vorgaben die die NB im Rahmen ihrer Durchleitungspflichten beachten müssen, werden im Folgenden näher erläutert.
Anschluss durch den Netzbetreiber
Der §5 I S.1 Hs.1 EEG verpflichtet die NB Anlagen[16] zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (EE)[17] „unverzüglich“ und „vorrangig“ an das Netz[18], am so genannten „Verknüpfungspunkt“ anzuschließen. Auf Grund der hier vorgeschriebenen Unverzüglichkeit muss der Anschluss ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Andernfalls würde sich der NB nach §280 I S.1 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung) gegenüber dem Anlagenbetreiber (AB) schadensersatzpflichtig machen. Die Kosten, die bei dem Anschluss der Anlage am Verknüpfungspunkt entstehen, sind gemäß §13 I EEG vom AB selbst zu tragen. Zusätzlich muss der NB Strom aus EE Vorrang vor Strom aus fossilen und nuklearen Energieträgern gewähren. Das bedeutet dieser darf sich nicht darauf berufen, dass ihm der Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus EE nicht möglich sei, weil andere Anlagen als die unter §3 Nr. 1 EEG (Begriffsbestimmungen) fallenden zuerst angeschlossen werden müssen[19]. Von diesem Vorrangprinzip[20] darf der NB nur abweichen, wenn dies mit dem AB vertraglich vereinbart wurde. Voraussetzung für diesen Vertrag ist, dass dieser zur besseren Integration der Anlage in das Stromnetz beiträgt.[21] Grundsätzlich muss der Anschluss an dem Punkt im Netz erfolgen, der „im Hinblick auf die Spannungsebene geeignet ist und die in der Luftlinie kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage aufweist“.[22] Ob ein Verknüpfungspunkt geeignet ist oder nicht, wird zusätzlich nach dem „wirtschaftlichen Effizienzprinzip“ entschieden.[23] Im Gegensatz zum EEG aus dem Jahre 2004, sind mit der jüngsten EEG- Novelle dem Anlagen- als auch Netzbetreiber Möglichkeiten geschaffen, einen anderen Verknüpfungspunkt zu wählen, als nach §5 Abs. 1 und 2 EEG vorgeschrieben. Daher ist der AB durch §5 II EEG nun dazu berechtigt einen anderen Verknüpfungspunkt, als dem ihm Zugewiesenen, festzulegen, vorausgesetzt dem NB entstehen dadurch keine übermäßig hohen Netzausbaukosten.[24] Ist die Abnahme des Stroms nach §8 I EEG (Abnahme, Übertragung und Verteilung) weiterhin sichergestellt, ist wiederum der NB gem. §5 III EEG berechtigt dem AB letztlich einen anderen Verknüpfungspunkt zuzuweisen. Macht der NB von diesem dominanten Letztentscheidungsrecht[25] Gebrauch, muss er laut §13 II EEG (Kosten des Netzanschlusses) die dadurch entstehenden Mehrkosten selbst tragen. Der NB könnte dadurch zum Beispiel Anschlüsse effizienter koordinieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Verknüpfungspunkt „zumutbar“, also „technisch und genehmigungsrechtlich erreichbar“ ist und zu einer „effizienten Netzkonfiguration“ führt.[26] Der NB darf vor allem dann nicht von seinem Letztentscheidungsrecht Gebrauch machen, wenn infolgedessen Maßnahmen des Einspeisemanagements im Sinne von §11 I EEG entstehen. Näheres dazu in Kapitel 4. Sollte der Anschluss erst nach einer Optimierung, einem Ausbau oder einer Verstärkung des Netzes möglich sein, ist der NB auf Grund des §5 IV EEG verpflichtet, die hierfür erforderlichen Maßnahmen nach §9 EEG (Erweiterung der Netzkapazität) durchzuführen. Um den Umfang solcher Maßnahmen feststellen zu können, müssen sowohl Einspeisewillige, als auch NB, sich auf Verlangen innerhalb von acht Wochen die dafür notwendigen Daten zur Verfügung stellen.[27] Diese sollten so beschaffen sein, dass ein sachkundiger Dritter daraus berechnen kann, ob ein geplanter „Netzverknüpfungspunkt technisch- physikalisch zum Anschluss geeignet ist“.[28] Die Daten müssen ferner den geplanten Ausbau anderer AB enthalten. Denn der Anschluss weiterer Anlagen an das Netz hat eine, für beide Parteien relevante Auswirkung auf die Netzkapazität. So müssen beide auf Grundlage dieser Daten die entsprechenden Netzanschlüsse „im Sinne einer gesamtwirtschaftlichen Optimierung“ koordinieren können.[29]
Abnahme des Stroms, sowie Schadensersatz
Äquivalent zur Anschlussregelung nach §5 I S.1 Hs.1 EEG, wird auch bei der Abnahme gem. des §8 I EEG Strom aus EE unverzüglicher Vorrang geboten. Das bedeutet in der Praxis, dass der NB dazu verpflichtet ist den „gesamten angebotenen Strom aus EE und aus Grubengas unverzüglich vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen.“[30] Hiervon dürfen die NB nur im Rahmen des Einspeisemanagements nach §11 EEG abweichen. Auch der erzeugte Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung[31] ist vorrangig abzunehmen, da dieser nach §4 I S.2 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (Anschluss-, Abnahme- und Vergütungspflicht) mit Strom aus EE und Grubengas gleichrangig ist. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat forderten in ihrer Richtlinie 2007/11/EG vom 27.09.2001 „Erneuerbare Energien prioritär zu fördern“.[32] Dieser Richtlinie wird durch den §8 I EEG Genüge getan. In dessen Absatz 2 Hs.2 findet sich die alte Regelung des §4 V Hs.1 EEG 2004 (Abnahme- und Übertragungspflichten) wieder. Denn auch gegenwärtig bleibt die Pflicht zur vorrangigen Abnahme bestehen, wenn „die Anlage an das Netz des Anlagenbetreibers oder eines Dritten, der nicht Netzbetreiber ist“ angeschlossen ist. Zusätzlich regelt §8 II Hs.2 EEG die Pflichten des §8 I EEG für den Fall, dass die Anlage an ein Arealnetz[33] und nicht unmittelbar an ein Netz für die allgemeine Elektrizitätsversorgung angeschlossen ist. Dies trifft beispielsweise dann zu, wenn der Strom einer Anlage erst durch das Netz einer Schule gelangt, um danach mittels „kaufmännisch- bilanzieller Durchleitung“[34] in ein allgemeines Stromnetz nach §3 Nr.7 EEG eingespeist zu werden. Kann die Abnahme des erzeugten Stroms aus EE oder Grubengas auch dann nicht sichergestellt werden, wenn kein Strom aus fossilen oder nuklearen Energieträgern in das Netz eingespeist wird, muss der NB die Kapazität des Netzes „auf Verlangen der Einspeisewilligen“[35] unverzüglich erweitern.[36] Er ist somit dazu verpflichtet sein Netz „entsprechend dem Stand der Technik zu optimieren, zu verstärken, und auszubauen“, um so die „Abnahme, Übertragung und Verteilung des Stroms aus Erneuerbaren Energien oder Grubengas sicherzustellen“.[37] Macht der NB infolgedessen von seinem Recht zum Einspeisemanagement Gebrauch, muss er die AB unverzüglich über den Zeitpunkt, den Umfang, sowie die Dauer, dieser durch ihn geregelten Stromeinspeisung, informieren.[38] Die nach §9 I EEG geforderte Erweiterung der Netzkapazität bezieht sich auf alle Komponenten, die für die Funktionsfähigkeit eines Netzes notwendig sind.[39] Diese Komponenten sind neben den technischen Einrichtungen, welche im Zuge von neuen Anlage-anschlüssen geschaffen werden, auch die bereits im Eigentum des NB stehenden, bzw. dahin übergehenden technischen Einrichtungen.[40] Der hier verwendete Terminus „technische Einrichtungen“ kann gegebenenfalls auch ein notwendiges Schaltgebäude beinhalten, er ist also „weit zu verstehen“.[41] §9 III EEG begrenzt jedoch die Pflichten des NB auf die für ihn „wirtschaftlich zumutbaren“ Maßnahmen. Allerdings liegt die Beweislast einer wirtschaftlichen Un-zumutbarkeit nun bei dem NB, im Gegensatz zur bisherigen Regelung nach §4 II S.2 EEG 2004. Zusätzlich wurde die Grenze der Zumutbarkeit erweitert. Sie beinhaltet nicht, wie bislang, lediglich Maßnahmen des Netzausbaus,[42] sondern nun auch der Netzoptimierung und –verstärkung.[43] Kommt der NB seinen Verpflichtungen im Sinne des §9 I EEG nicht nach, macht er sich gem. §280 I S.1 BGB gegenüber dem AB schadensersatzpflichtig.[44] Weist der NB jedoch nach, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, tritt die Ersatzpflicht nicht ein.[45] Handelt er allerdings fahrlässig, oder gar vorsätzlich, muss er hierfür gem. §276 I S.1 BGB (Verantwortlichkeit des Schuldners) einstehen. Um die durch §9 I EEG vorgeschriebene Pflichterfüllung seitens des NB nachvollziehen und prüfen zu können, ist dem AB mit §10 II EEG ein Anspruch auf Auskunft gegeben. Demnach hat der NB die Pflicht einen Nachweis über Maßnahmen „zur Optimierung, zur Verstärkung und zum Ausbau des Netzes“ zu erbringen.[46] Dies soll einerseits Aufklärung darüber geben, ob Ansprüche aus §9 EEG bestehen und andererseits den Schadensersatzanspruch sichern. Der NB darf die Auskunft jedoch verweigern, wenn nach §10 I EEG kein Anspruch auf Auskunft vorliegt.[47]
[...]
[1] Protokoll von Kyoto, Art. 2 I a iv
[2] Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, Art.4 I c
[3] BMU – Broschüre zum Weltgipfel 2002 für nachhaltige Entwicklung, 20c
[4] Ergebnisdokument des Weltgipfels 2005, 60d
[5] G8- Erklärung zu Wachstum und Verantwortung in der Weltwirtschaft, S.35
[6] Oschmann, NJW 2009, S.263
[7] §1 II EEG 2009
[8] Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.2
[9] §1 I EEG 2009
[10] §2 I EnWG
[11] http://www.vattenfall.de/stromnetzfakten/stromnetzfakten/das-deutsche-stromnetz.php
[12] §3 Nr. 11 EEG
[13] http://www.verbraucherzentrale.de/stromwechsel/hintergrund.php
[14] §3 Nr. 8 EEG
[15] http://www.verbraucherzentrale.de/stromwechsel/hintergrund.php
[16] §3 Nr.1 EEG
[17] §3 Nr.3 EEG
[18] §3 Nr.7 EEG
[19] Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.29
[20] Oschmann, NJW 2009, S.265
[21] §8 III EEG
[22] §5 I S.1 EEG
[23] Salje, VersorgW 2008, S. 281; Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.29
[24] Salje, VersorgW 2008, S.281
[25] Salje, VersorgW 2008, S.281
[26] Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.29
[27] §5 V EEG
[28] Salje, VersorgW 2008, S.281
[29] Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.30
[30] §8 I EEG
[31] §3 I KWKG
[32] vgl. RL 2007/11/EG, (1), S.2
[33] Dirk Strohe, ET 2005, S.747
[34] vgl. Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.33 f.
[35] §9 I S.1 Hs.1 EEG
[36] Oschmann, NJW 2009, S.265
[37] §9 I S.1 EEG
[38] §9 I S.2 EEG
[39] Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.36
[40] §9 II EEG
[41] Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.36
[42] §4 II S.2 EEG 2004
[43] Begründung der Bundesregierung zum EEG 2009, S.36
[44] §10 I S.1 EEG
[45] §10 I S.2 EEG
[46] §10 II S.1 EEG
[47] §10 II S.2 EEG
- Quote paper
- Daniel Augsten (Author), 2009, Durchleitungspflichten für Energienetzbetreiber zur Förderung Erneuerbarer Energien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155284
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