1992 wurde „Politikverdrossenheit“ von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gewählt. Nicht nur in Deutschland, sondern in allen westlichen Demokratien sei davon die Rede, so Maier. Er bezeichnet Politikverdrossenheit als ein „Phänomen [...], das durch die Struktur moderner Demokratien hervorgerufen wird“ und somit auch „in der Lage [ist, d. V.], die Legitimität – und damit auch die Stabilität – von Demokratien zu gefährden.“ Laut Maier sei dieses „Phänomen“, von dem Gabriel auch behauptet, es sei ein kollektives, an folgenden Punkten zu erkennen:
- Veränderung der Wahlbeteiligung
- Wahlverluste der Altparteien (somit Entstehung kleinerer Parteien)
- Nicht-Erfüllung der moralischen Anforderungen der politischen Akteure
- Veränderung der sozialen Basis der Wählerschaft
Politikverdrossenheit ist jedoch „kein statisches Phänomen, sondern unterliegt einem bislang ungeklärten Ausmaß an struktureller, zeitlicher und geographischer Variabilität.“ Zwischen 1992 und 94 schenkte man der Politikverdrossenheit große Aufmerksamkeit. Es ist aber immer noch unklar, womit sie gemessen werden kann. Thierse bezeichnete zwar Politikverdrossenheit vor gut 15 Jahren als „medialen Mülleimer [...], in den alles hineingepackt wird, was auch nur entfernt an Kritik, Unzufriedenheit, Ängste, Unbehagen oder auch an anti-politische Vorurteile erinnert.“, dennoch existieren keine exakten Definitionen. – Die Schwierigkeit einer Definitionsfindung lässt sich schon allein an der Komplexität der Begriffe „Politik“ und „Verdrossenheit“ erkennen. Sehr oft bezieht sich der Begriff auf Parteien, Politiker, den Staat oder die Demokratie an sich. Er gilt also als „Oberbegriff für Verdrossenheit mit einer Reihe spezifischer politischer Objekte.“ Auch Küchler benennt den politischen Verdruss als „konkret“ lokalisierbare Unzufriedenheit mit der „Art und Weise wie Politik gemacht wird.“ Schedler hingegen unterscheidet zwei Dimensionen: Er ist der Meinung, dass „Politikverdrossenheit zum einen als Zustand, d. h. statisches Moment aufgefaßt werden kann, zum anderen aber durchaus auch als dynamischer Prozeß begriffen werden muß.“
Insgesamt zeigt sich also, daß Politikverdrossenheit
1) ein Oberbegriff ist, unter dem spezifische Verdrossenheitsformen des Politikbereichs subsumiert werden können [...]
Inhaltsverzeichnis
- Politikverdrossenheit - Ein Definitionsproblem
- Übersicht über die vorliegende Arbeit
- Literaturbericht
- Die formativen Jahre
- Politikverdrossenheit „Früher“
- Das politische Interesse der Jugendlichen Mitte der 50er Jahre (1955/1956)
- Die politischen Zukunftsperspektiven der Jugendlichen Mitte der 80er Jahre
- Der Beginn der 1990er Jahre – ein kurzer Abriss
- Politikverdrossenheit „Heute“
- Jugend 2000
- Jugend 2006
- Die wesentlichen Unterschiede zwischen Früher und Heute – Eine Gegenüberstellung
- Fazit unter zu Hilfenahme einer eigenen Darstellung: Interesse und Desinteresse der Jugendlichen an Politik im Laufe der Jahre
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Frage, ob Jugendliche heute politikverdrossener sind als früher. Dabei wird der Begriff der Politikverdrossenheit definiert und in seinen historischen Kontext eingebettet.
- Entwicklung des Begriffs „Politikverdrossenheit“
- Veränderungen des politischen Interesses von Jugendlichen im Laufe der Zeit
- Faktoren, die Politikverdrossenheit beeinflussen
- Vergleich der politischen Einstellungen von Jugendlichen in den 50er, 80er und 2000er Jahren
- Bedeutung des politischen Interesses für die Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Politikverdrossenheit - Ein Definitionsproblem
- Kapitel 2: Politikverdrossenheit „Früher“
- Kapitel 3: Politikverdrossenheit „Heute“
- Kapitel 4: Die wesentlichen Unterschiede zwischen Früher und Heute – Eine Gegenüberstellung
Dieses Kapitel beleuchtet den vielschichtigen Begriff der Politikverdrossenheit. Es werden unterschiedliche Definitionen und Perspektiven auf dieses Phänomen vorgestellt. Die Bedeutung von Politikverdrossenheit für die Demokratie und die Stabilität politischer Systeme wird diskutiert.
In diesem Kapitel werden die politischen Einstellungen von Jugendlichen in den 50er und 80er Jahren beleuchtet. Es werden Studien und Daten herangezogen, die Einblicke in das politische Interesse und die Zukunftsperspektiven junger Menschen jener Epochen geben.
Dieses Kapitel untersucht die politische Einstellung von Jugendlichen in den 2000er Jahren. Es werden relevante Studien und Daten ausgewertet, die den Wandel des politischen Interesses von Jugendlichen in den letzten Jahrzehnten aufzeigen.
In diesem Kapitel werden die Erkenntnisse aus den vorherigen Kapiteln gegenübergestellt und die wichtigsten Unterschiede zwischen den politischen Einstellungen von Jugendlichen in der Vergangenheit und Gegenwart herausgearbeitet.
Schlüsselwörter
Politikverdrossenheit, Jugend, politische Partizipation, Wahlverhalten, Wertewandel, Demokratie, politische Einstellung, politische Kultur, Shell-Studien, Vergleichende Analyse.
- Quote paper
- Nicola Huber (Author), 2009, Sind die Jugendlichen heute politikverdrossener als früher?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154206