Die Verwendung von Leitbildern zur Bestimmung gestalterischer Planungswirklichkeiten und gewünschter Verhaltensregulierung hat in der Vergangenheit inflationären Charakter angenommen. Kaum eine Organisationsform scheut sich heute, sich selbst oder ihren Vorhaben ein schriftlich determiniertes Ziel voranzustellen, dessen Indikatoren zur Verwirklichung einer Art normativen Regelungen entsprechen. Wir kennen Leitbilder aus unterschiedlichen Disziplinen oder Politikfeldern, sei es, um das Verhalten ihrer Akteure zu dirigieren, die Generierung eines bestimmten Outputs zu koordinieren oder einfach um einer Öffentlichkeit die Tugend der eigenen Selbstdisziplinierung zu vermitteln. Leitbilder existieren als Unternehmensleitbilder, Produkte erhalten Leitbilder, Institute benennen ihre Forschungsziele in Leitbildern und auch in der politischen Entscheidungsfindung erlangen zielorientierte Leitbilder ein immer stärkeres Gewicht. Dabei degeneriert die häufige Verwendung des Begriffs Leitbild zu einem universellen Codewort, dessen Verwendung allein der jeweiligen Organisationsform eine gewisse Modernität zu verleihen scheint.
Doch nicht die scheinbar ausufernde Verwendung macht das Leitbild so interessant, sondern sein Potential eines Verhalten steuernden Instrumentes. Durch die breite Streuung der verschiedenen Motive, denen Leitbilder zugrunde liegen, erhalten sie je nach Absicht durchaus andere Funktionen und Wirkungsweisen. Tatsächlich gibt es keine einheitliche und umfassende Definition eines Leitbildes, das universell verwendbar wäre. Damit existieren auch keine allgemeingültigen Indikatoren bezüglich eines erfolgreichen Einsatzes von Leitbildern. Vielmehr sind die genauen Umstände zu berücksichtigen, in welchem Feld und vor allem welche Intentionen Leitbildern immanent sind.
Diese Arbeit beschreibt, wie sich der Leitbildbegriff für die Stadtplanung gestaltet und aus welchen wissenschaftlichen Disziplinen er entliehen wurde. Darüber hinaus wird dargestellt, welche Elemente Leitbilder beinhalten und welche wichtigen Funktionen sie erfüllen. Der letzte Teil dieser Arbeit soll das Leitbild der Stadt Hamburg „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“ fokussieren. Es wird dargelegt, wie sich dieses Leitbild gängigen Kriterien städtebaulicher Leitbilder entzieht und eher als stadtentwicklerisches Kommunikationskonzept denn als Leitbild zu verstehen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Allgemeine Leitbildüberlegungen
- Herkunft und Verwendung des Leitbildbegriffs
- Etymologische Herkunft
- Verwendung des Leitbildbegriffes in der Wissenschaft
- Peripherie und Inhalte von Leitbildern
- Komplementäre Begriffe
- Leerformeln in Leitbildern
- Das Leitbild in der Stadtentwicklung
- Entwicklung und Funktion von Leitbildern in der Raumplanung
- Leitbildlebenszyklus
- Vom Problem zur tragfähigen Idee
- Von der Ausarbeitung der Idee zum Leitbild
- Stabilität und Modifikation – Das „lernende“ Leitbild
- Ablösung (Genese)
- Funktionen von Leitbildern
- Produktion von (neuem) Wissen
- Die Leitfunktionen: kollektive Projektion, synchrone Voradaption und funktionales Äquivalent
- Die Bildfunktionen: kollektiver Aktivator, individueller Mobilisator und interpersoneller Stabilisator
- Leitbild „Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“
- Vorbemerkungen
- Grundlagen des Leitbildes „Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“
- Analyse des Leitbildes
- Neuartiges Problem oder politischer Wille?
- Beteiligung der Öffentlichkeit – Konsens oder Verordnung
- Städtebauliches Leitbild oder wirtschaftspolitische Ideologie?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Bedeutung und Funktion von Leitbildern in der Stadtentwicklung. Ziel ist es, die Entwicklung und Funktion von Leitbildern im städtebaulichen Kontext zu beleuchten und zu analysieren, welche Rolle sie in der Gestaltung und Planung von Städten spielen.
- Etymologische Herkunft und wissenschaftliche Verwendung des Leitbildbegriffs
- Entwicklung und Funktionen von Leitbildern im Lebenszyklus der Raumplanung
- Analyse des Leitbildes „Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“
- Die Bedeutung von Leitbildern als Kommunikationskonzept und/oder Kooperationsinstrument
- Die Herausforderungen der Implementierung und Weiterentwicklung von Leitbildern in der Stadtentwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz und Bedeutung des Leitbildbegriffs im Kontext der Stadtentwicklung dar. Kapitel 2 analysiert die etymologische Herkunft des Begriffs Leitbild sowie dessen unterschiedliche wissenschaftliche Interpretationen. Kapitel 3 fokussiert auf die Entwicklung und Funktion von Leitbildern in der Raumplanung. Es wird ein Leitbildlebenszyklus vorgestellt, der die Entstehung, Entwicklung und Ablösung von Leitbildern beschreibt. Des Weiteren werden die Funktionen von Leitbildern in der Produktion von Wissen, der kollektiven Projektion und als individuelles Mobilisierungselement untersucht. Kapitel 4 analysiert das Leitbild "Metropole Hamburg - Wachsende Stadt" in Hinblick auf seine städtebaulichen und wirtschaftspolitischen Implikationen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe und Konzepte dieser Arbeit sind Leitbild, Stadtentwicklung, Raumplanung, Städtebau, Kommunikationskonzept, Kooperationsinstrument, Leitbildlebenszyklus, kollektive Projektion, funktionales Äquivalent, individueller Mobilisator, "Metropole Hamburg - Wachsende Stadt", und wirtschaftspolitische Ideologie.
- Quote paper
- Sozialökonom (M.A.) Jörg Passlack (Author), 2005, Das Leitbild als Kommunikationskonzept oder Kooperationsinstrument?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153997