Der Erste Weltkrieg war eines der einschneidendsten Erlebnisse für die Menschen am Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine Situation des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs entstand, die ganz besonders für Frauen weitreichende Auswirkungen hatte. Die unzähligen männlichen Todesopfer des Weltkrieges hinterließen große Lücken, die bald den Arbeitsmarkt grundlegend verändern sollten. Für die Frauen ergaben sich ungeahnte Möglichkeiten, neue Berufsfelder entstanden und verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund des Umbruches und des Aufbruchs entsprang das Schlagwort der ‚Neuen Frau’, das „noch heute als Synonym für das Frauenbild der Zwanziger Jahre gilt.“ Alexandra Kollontai versucht in ihrem Aufsatz das Phänomen der „Neuen Frau“ zu erfassen. Sie grenzte es von den „alten“ Frauenbildern ab:
„Es sind nicht die reinen, lieben Mädchen, deren Roman sein Ende in einer wohlgelungenen Verheiratung fand, es sind nicht die Ehefrauen, die unter der Untreue ihres Mannes leiden, oder die sich selbst des Ehebruchs schuldig gemacht haben, es sind auch nicht die alten Mädchen, die die unglückliche Liebe ihrer Jugend beweinen, es sind ebenso wenig die „Priesterinnen der Liebe“, die Opfer der traurigen Lebensbedingungen oder ihrer eigenen lasterhaften Natur.“
In dieser Arbeit sollen die Lebenswelten von Frauen in der Weimarer Republik betrachtet werden unter besonderer Berücksichtigung der Unterschiede zwischen dem Leben in der Metropole Berlin und dem Leben in der Provinz. Als literarische Texte wurden „Das Kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun, „Die Mehlreisende Frieda Geier“ und „Pioniere in Ingolstadt“ von Marieluise Fleißer und das Gedicht „Großstadtliebe“ von Mascha Kaléko herangezogen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Hintergründe
1.1 Die Frau in der Politik
1.1.1 Die „Neue Frau“ in den Medien
1.1.2 Bubikopf und Zigarettenspitze- Mode und Frisuren
1.1.3 Liebe und Ehe
1.1.4 Weibliche Angestellte in der Weimarer Republik
1.1.5 Schriftstellerinnen und Reporterinnen
1.1.6 Die Neue Sachlichkeit
1.1.7 Die Darstellung der Frau in der Literatur der 20er Jahre
1.2 Großstadt in der Literaturgeschichte
1.2.1 Berlin in der Literatur der Weimarer Republik
2. „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun
2.1 Biografischer Abriss zu Irmgard Keun
2.2 Die Darstellung der Frau in der Großstadt anhand von „Das Kunstseidene Mädchen“
2.3 Die Großstadterfahrung von Protagonistin Doris
2.4 Schlussfolgerung
3. Marieluise Fleißer
3.1 Biografischer Abriss zu Marieluise Fleißer
3.2 Marieluise Fleißer und ihr Verhältnis zu Ingolstadt
3.3 „Mehlreisende Frieda Geier“ von Marieluise Fleißer
3.3.1. Frieda Geier als Berufstätige
3.3.2. Die Beziehung von Frieda Geier zu Gustl
3.3.3. Vergleich der beiden Fassungen hinsichtlich des Frauenbildes
3.3.4. Die Darstellung Frieda Geiers als Frau
3.3.5 Provinz und Metropole in „Die Mehlreisende Frieda Geier“
3.4 „Pioniere in Ingolstadt“ von Marieluise Fleißer
3.4.1. Die Figur Alma
3.4.2. Die Figur der Berta
3.4.3. Die männliche Perspektive in „Pioniere in Ingolstadt“
4. „Großstadtliebe“ von Mascha Kaléko
4.2 Biografischer Abriss zu Mascha Kaléko
4.3. Die Neue Sachlichkeit und Mascha Kaléko
4.4 Selbstwahrnehmung der Mascha Kaléko
4.5 Die Großstadt in der Lyrik Mascha Kalékos
4.6. Mascha Kaléko „Großstadtliebe“
III. Schlussbetrachtung
IV. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Der Erste Weltkrieg war eines der einschneidendsten Erlebnisse für die Menschen am Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine Situation des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs entstand, die ganz besonders für Frauen weitreichende Auswirkungen hatte. Die unzähligen männlichen Todesopfer des Weltkrieges hinterließen große Lücken, die bald den Arbeitsmarkt grundlegend verändern sollten. Für die Frauen ergaben sich ungeahnte Möglichkeiten, neue Berufsfelder entstanden und verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund des Umbruches und des Aufbruchs entsprang das Schlagwort der ‚Neuen Frau’, das „noch heute als Synonym für das Frauenbild der Zwanziger Jahre gilt.“[1] Eindrucksvoll beschrieb die Autorin Gabriele Tergit in der Frauentribüne das Phänomen der „Neuen Frau“ und gleichzeitig das Selbstverständnis einer ganzen Generation: „Unsere Mütter waren reiche Bürgerinnen, auch wenn es ihnen nicht so vorkam, und sie wurden verheiratet und blieben unglückliche Romantikerinnen ihr Leben lang, siehe Schnitzler. Ein paar aber waren Frauenrechtlerinnen (…), die mit heißen Herzen und mit kühlen Köpfen nach Astronomie strebten, nach griechischen Verben (…). Und wir standen da und strebten wie diese und die Liebe nicht lassend und da kamen die verfeinerten (…) Jungs unserer Generation in den Krieg. Und wir wurden unwichtig. (…) und arbeiteten und wurden Jemand. Wir wurden Ärztinnen und Juristinnen und Journalistinnen und Ministerialbeamtinnen. Wir gingen in den Lebenskampf und bewährten uns, soweit man sich, geduldet halb und halb gehasst, bewähren kann. Wo wir aber auftauchten, kurzröckig, kurzhaarig und schlankbeinig, fuhren die Männer der älteren Generation zusammen und fragten: Was sind das für Geschöpfe? Wir antworteten: Die „Neue Frau“.“[2] Alexandra Kollontai versucht in ihrem Aufsatz das Phänomen der „Neuen Frau“ zu erfassen. Sie grenzte es von den „alten“ Frauenbildern ab:
„Es sind nicht die reinen, lieben Mädchen, deren Roman sein Ende in einer wohlgelungenen Verheiratung fand, es sind nicht die Ehefrauen, die unter der Untreue ihres Mannes leiden, oder die sich selbst des Ehebruchs schuldig gemacht haben, es sind auch nicht die alten Mädchen, die die unglückliche Liebe ihrer Jugend beweinen, es sind ebenso wenig die „Priesterinnen der Liebe“, die Opfer der traurigen Lebensbedingungen oder ihrer eigenen lasterhaften Natur.“[3] Auch Vicki Baum nutzte den Vergleich zu der Müttergeneration in ihrer Beschäftigung mit dem neuen Frauentypus. So notiert sie: „Arme Mütter von 1880! Eure Welt war so eng wie ein Kaninchenstall auf allen Seiten mit Brettern vernagelt und ohne Lüftung. Wir haben wir euch erschreckt, als wir aus euren Wänden ausbrachen, wir jungen Mädchen von 1905, wir mit unserm Ibsen und Nietzsche, (…) wir mit unserer Forderung nach eigenen Wegen und Luft und Arbeit.“[4]
Jene neuen Frauen in der Weimarer Republik stehen einerseits für Wandel und Aufbruch, müssen andererseits auch die „Balance“ zwischen Modernisierung und der Tradition der Mutterschaft und Ehe wahren, wie Kerstin Barndt schreibt.[5] Wie bereits angedeutet, ist der Begriff der „Neuen Frau“ kein absoluter, sondern um Barbara Drescher[6] zu folgen, eine aus diversen Perspektiven aufgeladene Idee. Die „Neue Frau“ fungierte in der Debatte der Zwanziger Jahre um die junge Republik bei Gegnern und Sympathisanten als „Lackmustest für Fortschritts- und Degenerationsprognosen“.[7]
Der Nimbus der „Neuen Frau“ ist als Produkt der modernen Massengesellschaft einzustufen, nicht nur als jenes individueller Selbstverwirklichung. Ohne die Verbreitung des neuen Frauenbildes in den Massenmedien wäre das Schlagwort „Neue Frau“ sicher nicht in den Köpfen der Frauen so präsent gewesen und hätte für die Beschäftigung mit dem Selbstbild einer jeden geführt. Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen nach dem Ersten Weltkrieg und dem Aufweichen der traditionellen Wertvorstellungen eroberten sich die Frauen „neues Terrain und neue Handlungsfreiheit sozusagen zwangsweise“.[8] Irmgard Roebling schreibt in ihrem Aufsatz „Haarschnitt ist noch nicht Freiheit“ von zwei Ideal- und Zielvorstellungen. Da sei einmal der Drang der Frau am öffentlichen Leben teilzunehmen, das Streben nach Ausbildung und Beruf und das Leben in öffentlichen Räumen und die Teilnahme an politischer und sozialer Urteilsbildung. Und als Zweites der Anspruch auf Selbstbestimmung und Selbstständigkeit, das heißt nicht in Abhängigkeit von Eltern, Familie und/oder Ehemann zu leben.[9]
In dieser Arbeit sollen die Lebenswelten von Frauen in der Weimarer Republik betrachtet werden unter besonderer Berücksichtigung der Unterschiede zwischen dem Leben in der Metropole Berlin und dem Leben in der Provinz. Als literarische Texte wurden „Das Kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun, „Die Mehlreisende Frieda Geier“ und „Pioniere in Ingolstadt“ von Marieluise Fleißer und das Gedicht „Großstadtliebe“ von Mascha Kaléko herangezogen.
II. Hauptteil
1. Hintergründe
1.1 Die Frau in der Politik
Am 14. Dezember 1918 als Folge der Novemberrevolution wurde den Frauen in Großbritannien, dem Deutschen Reich, Irland und Luxemburg das aktive und passive Wahlrecht gewährt. 1915 erkämpften schon die Frauen in Australien, Finnland, Norwegen, Dänemark, Sowjetunion, Niederlande und Kanada das Wahlrecht. Der Rat der Volksbeauftragten, die provisorische deutsche Regierung bis zur Wahl der Nationalversammlung, ließ im Reichsgesetzblatt Nr. 153 vom 12. November 1918 verkünden, dass "alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen" stimmberechtigt seien.[10] 82 Prozent der weiblichen Wahlberechtigten stimmten dann bei der Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung ab. Die Parteien entwarfen eigens Plakate für die neuen Wählerinnen. Sehr hohe Wahlgewinne konnten das katholische Zentrum, die Deutsche Volkspartei (DVP) und die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) verbuchen. Eben jene Deutschnationalen gründeten 1892 einen "Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation". Dieser prophezeite den Niedergang Deutschlands, wenn sich das Land durch wählende Frauen "selbst entmannt". Plötzlich hieß es 1919 auf den Flugblättern der DNVP: "Das Schicksal Deutschlands liegt in der Hand der Wählerinnen."[11] Als "gleichberechtigte Mitarbeiter" wurden sie "herzlich willkommen" geheißen. In der Nationalversammlung, die am 11. August 1919 die Verfassung des Deutschen Reiches verabschiedete, waren 41 Frauen vertreten und somit lag ihr Anteil bei 9,6 Prozent aller Abgeordneten.[12] Der im Jahr 1920 gewählte Reichstag zählte später eine Frauenquote von acht Prozent. In der gesamten Zeit der Weimarer Republik zwischen 1919 und 1933 wurden 111 Frauen ins Parlament gewählt.[13] Die Parlamentarierinnen setzten das Jugendwohlfahrtsgesetz aus dem Jahr 1922 und eine Reihe von Gesetzen durch, die z. B. die Zulassung von Frauen zu Rechtspflegeberufen, Mindestlöhne und Sozialversicherung für Heimarbeiterinnen, den Mutterschutz und die Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten regelten. Außerdem brachten sie ein Gesetz zum Schutz der Frau vor und nach der Geburt und insbesondere eine Milderung der Abtreibungsstrafe 1926 auf den Weg.[14]
1.1.1 Die „Neue Frau“ in den Medien
Rasche Verbreitung und große Popularität wurden dem Begriff der „Neuen Frau“ durch die neu entstandenen Massenmedien wie Rundfunk, Kino, Zeitschriften zuteil, besonders in Form von optischen Eindrücken des neuen Frauenbildes.[15] Der Diskurs um das neue Frauenbild konzentrierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorwiegend auf das soziokulturelle Umfeld der großstädtischen Künstlerbohème, deren literarische Zeitschriften und natürlich auf die Publikationen der Frauenbewegung. Die „Neue Frau“ bekommt nun ein Gesicht. In Filmen, Romanen, Schlagertexten und Fotoreportagen, auf der Bühne und auf Reklametafeln entstanden optische Eindrücke.[16] Wichtig ist hierbei festzuhalten, dass jene neuen Tendenzen in der Frauenbewegung von den Medien nicht nur „widergespiegelt, sondern von diesen auch mit ausgeprägt“[17] wurden. Zeitgenössische Kritiker sahen die „Neue Frau“ als konsum-orientierte Egoistinnen.[18] Die Darstellung der Angestellten in Literatur und Medien sprachen die Hoffnungen und Ängste des Publikums an.[19] Das stetig wachsende Medieninteresse an der „Neuen Frau“ verschaffte dem neuen Typus eine starke gesellschaftliche Präsenz. Die Medien sangen Lobeshymnen auf die moderne Superfrau mit Bubikopf, kurzem Rock und neuem sexuellen Selbstbewusstsein.[20] Erstmals wurde die Frau nun als aktive Rezipientin und als kulturelle Produzentin in einer neuen Massengesellschaft wahrgenommen.
Der technische Fortschrittsglaube und der sich ausbreitende Pro-Amerikanismus, symbolisiert durch die Begeisterung für Jazz, Tanz und Sport, erleichterte den Einzug der Frau in die breite Öffentlichkeit Die Medien schwankten anfangs zwischen Abneigung und Enthusiasmus für die berufstätige Frau. Doch die unzähligen neu entstehenden Hochglanzmagazine wie der „UHU“ und „Die Dame“ mit einer modernen, mondänen Dame auf dem Titel dienten bald als Identifikationsfläche für junge Mädchen.
Erstmals entdeckte nun auch die Werbeindustrie die Frau als Kunden und auch als Werbeobjekt. Frauenfiguren wurden Werbeträger auf Annoncen, Plakaten, Werbepostkarten, auf Blechschachteln, Etiketten und Sammelbildern. In den 1920er Jahren zeigte die Werbung die Fraue n auf Plakaten meist in der "idealen" Rolle der fleißigen Hausfrau und Mutter oder als attraktive Freundin und Geliebte. Oder aber die Werbefachleute schufen eine "unerreichbar Schöne", die den Wünschen und Sehnsüchten vieler Männer entsprach.[21] Frauen waren nun Werbeträgerinnen für Kosmetik, Kleidung, Lebensmittel und Haushaltsgeräte, immer öfter aber auch für Produkte, welche bisher dem männlichen Geschlecht vorbehalten waren, wie Zigaretten und Alkoholika. In frühen Zigarettenwerbungen sah der Kunde meist exotische Frauen, die dem Rauchen einen geheimnisvolles Flair verleihen sollten. Die traditionelle "Hausfrau und Mutter" zeigte die Werbung bei der täglichen Hausarbeit. Am "Roeder-Herd" kocht sie ihr perfektes Essen, in die Suppe rührt sie "Maggi" oder sie präsentiert ihre blühend weiße Wäsche, die sie mit "Persil" gewaschen hatten.
1.1.2 Bubikopf und Zigarettenspitze- Mode und Frisuren
Als ein Beispiel für die Veränderung des Frauenbildes in den zwanziger Jahren ist das Thema Mode anzuführen. „Befreiung aus den Fesseln althergebrachter Moral und Lebensführung – was der Alltag den Frauen der Zwanziger nicht oder nur den wenigsten gewährt hat, das fand in Fragen der Frauenkleidung allerdings sehr viel weitgehender statt.“[22] Für den, an Korsett und lange wallende Röcke gewöhnten Körper der Frau, der einzig als „Vorzeigestück männlichen Besitzes“[23] diente, begann nun ein neues Lebensgefühl. Mode war nun nicht mehr dem Adel und der gehobenen Schicht vorbehalten. Mode wurde zur Massenmode. Die Textilindustrie durchlief einen enormen technischen Fortschritt und dies führte zur Entwicklung der Konfektionsmode. Jene Massenware konnte zu günstigen Preisen in den neuentstehenden Kaufhäusern verkauft werden. Die Schnittmuster wurden schlichter und einfacher und so konnten sich handwerklich geschickte Frauen, die neue Mode selbst nähen.[24] Ermöglicht wurde dies auch durch die Etablierung der Nähmaschine, die „im 20. Jahrhundert ihren selbstverständlichen Platz in immer mehr proletarischen, kleinbürgerlichen und bürgerlichen Stuben“[25] einnahm. Das Modebewusstsein weitete sich in alle Gesellschaftsschichten immer weiter aus, unterstützt durch Massenmedien, wie z. B. Modezeitschriften, die für eine weite Verbreitung der aktuellen Mode sorgten. In der Endphase des 1. Weltkrieges und der Nachkriegszeit waren gute Stoffe noch unerschwinglich. Diesem Zustand geschuldet, war die Kleidung meist schlicht, mit möglichst wenig Material genäht.[26] Christiane Koch beschreibt in ihrem Aufsatz „Sachlich, sportlich, sinnlich. Frauenkleidung in den Zwanziger Jahren“, dass viele Frauen während des Krieges in den Fabriken und Büros arbeiten mussten.[27] Anstatt wieder zu ihrem Vorkriegsleben zurückzukehren, blieben sie auch nach Ende des Krieges erwerbstätig. Plötzlich war nun eine zweckmäßige Berufsbekleidung für die Frau nötig geworden. Großer Beliebtheit erfreuten sich nach kurzer Zeit zweiteilige Kleider mit passender Jacke und Kostüme, orientiert am Vorbild des Männeranzugs.[28] Für immer mehr Frauen nahm der Sport einen wichtigen Teil der Freizeit ein, so wurde die Bequemlichkeit der Kleidung wichtiger. Ab 1920 erfreute sich das öffentliche Schwimmen großer Popularität, es durften nun erstmals nackte Arme und Beine gezeigt werden. Dass bis dahin geltende Schönheitsideal der vornehmen Blässe verschwandt zusehends und die Hose für die Dame erfreute sich größerem Ansehen. Der Sport galt als das Synonym für die Schnelllebigkeit und „Nervosität“ der Moderne.[29] In ihrem Buch „Glamour, Glanz, Geschwindigkeit. Die 20er Jahre in Halle“ schreiben Heidi Ritter und Eva Scherf „Nie vorher sind Frauen so körperbewusst in der Öffentlichkeit aufgetreten, ob im Badekostüm in den Strandbädern (…) oder im kurzen Dress in den Sportvereinen. Sport ist auch für Frauen, die den Anforderungen des Lebens gewappnet und erfolgreich gegenüberstehen wollen, zur beliebten Freizeitbeschäftigung geworden.“[30]
Die Aufwertung des Sports in der Gesellschaft kann, Charles Baudelaire folgend, als Aufwertung des Flüchtigen und Zufälligen, der für die großstädtische Kultur kennzeichnend war, verstanden werden.[31] In ihrem Aufsatz beschreibt Janina Nentwig die Sportlerin „im intellektuellen Diskurs [...] (als) Prototyp der Neuen Frau“, deren „muskulöser, schlanker Körper“ sich schon rein äußerlich „vom Weiblichkeitsideal der Vorkriegszeit“ unterschied.[32] Die Presse zeigte Frauen nun ganz offen beim Sport und sogar beim Boxen, wie etwa die Autorin Vicki Baum.[33]
Um eine gänzlich neue Mobilität der Frauen zu suggerieren, wurden die Frauen nun am Steuer eines schnellen Autos präsentiert, natürlich mit der passenden sportlichen Kleidung.[34] Als Beispiel sei hier Erika Mann genannt, die mit dem Auto eine Safari nach Afrika unternahm. Eine Revolution erfuhr auch die weibliche Haarmode. Die Kurzhaarfrisur, der Bubikopf, wurde geboren. Unisex hieß von nun an das Zauberwort, das optische Verschwimmen der Geschlechtergrenzen, die sich männlich-selbstbewußt gebende Frau eroberte die Gesellschaft und die Titelblätter der Illustrierten. Nicht mehr rund und weiblich wollten die Frauen wahrgenommen werden, sondern sportlich-schlank, mit kleinen Brüsten und schmalen Hüften. Waren doch Rundungen vorhanden, wurden sie durch die männlich-inspirierte Garçonnemode verborgen.[35] Mit Marlene Dietrich wurde der Hosenanzug für die Frau populär. Die sogenannte Marlenehose erregte in den 1930er Jahren großes Aufsehen.[36] Das Symbol für die mondäne „Neue Frau“ schlechthin war das Rauchen in der Öffentlichkeit, bisher ausschließlich ein Privileg des Mannes. Besonders im großstädtischen Leben war die „Neue Frau“ präsent. „Lange mondäne Zigarettenspitzen in der Hand, die Lippen dunkelrot gezeichnet, ein kurzes Charlestonkleid mit wippenden Fransensäumen am Leib – eigentlich ein ‚Hauch von Nichts’ – so saß sie in oft fragwürdigen Lokalen und amüsierte sich.“[37]
1.1.3 Liebe und Ehe
„Die Liebe dauert oder dauert nicht“[38], heißt es in Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“. Dieses Brechtsche Zitat steht stellvertretend für die Veränderungen in der Gesellschaft der Weimarer Republik. In der immer hektischeren und schnelllebigeren Zeit der zwanziger Jahre blieb immer weniger Zeit für feste Bindungen. Existenzsorge und Arbeitslosigkeit ließen viele Menschen vor Beziehungen zurückschrecken.[39] Alfred Döblin schrieb gar „Die Liebe hat einen Fußtritt bekommen. Sie ist eine muffige, altbürgerliche Sache geworden.“[40] Die Ehe wurde zu einem viel diskutierten Paradigma der Weimarer Republik. Bürgerlich-konservative Kreise ließen verlauten, die Ehe sei die grundlegende Form des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau und die Keimzelle eines funktionierenden Staates.[41] Die Zahlen belegen einen deutlichen Rückgang der Eheschließungen während der 1920er Jahre. Waren es 1920 noch 870 000 Eheschließungen im Jahr ging die Anzahl 1928 deutlich zurück auf nur noch 587 000 Trauungen.[42] Neue Ehemodelle wurden diskutiert, wie die Ehe zu dritt, die Probeehe, die Zeitehe, die Vorehe und schließlich die Kameradschaftsehe.[43]
Den neuen Entfaltungsmöglichkeiten zum Trotz wurde die Eheschließung und das Dasein als Hausfrau und Mutter noch immer von einem Großteil der Frauen als die beste Möglichkeit der Lebensgestaltung angesehen. In den Köpfen war weiterhin der Gedanke verankert, in der Ehe materiell und sozial versorgt und versichert zu sein. In der Ehegemeinschaft verlor die Ehefrau einen Teil ihrer persönlichen Rechte. Wirtschaftlich ist sie nun von ihrem Mann abhängig, braucht seine Zustimmung zur Ausübung eines Berufs und ebenso zur Eröffnung eines neuen Kontos.[44] Das damals geltende Scheidungsrecht verurteilte die Frauen zur finanziellen Abhängigkeit von ihrem Mann.[45] Eine sexuelle Eigenverantwortung der Frauen wurde gefordert.[46] Neue Aufklärungsbücher und Eheratgeber wie „Die Liebe als Kunst“ von Margarete Kaiser, „Über die Ehe“ von Paul Häberlein erschienen.[47] Langsam änderte sich die Sicht auf Sexualität einzig als Akt der Zeugung von Nachkommen. Die Männer sollten sich nun auch bemühen, Frauen sexuell glücklich zu machen.[48]
Ein Thema, auf welches hier nur in Kürze eingegangen werden soll, welches aber zum Verständnis der Texte von Frauen aus der Epoche der Weimarer Republik enorm wichtig ist, ist die Diskussion um den § 218, die Themenkomplexe Schwangerschaft und Abtreibung.[49] Der Paragraf 218 wurde 1871 veröffentlicht und stellte Abtreibung unter eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren.[50] Rund 10000 Frauen starben jährlich an Abtreibungen. Die traurige Zahl von einer Million Fälle von illegalen Abtreibungen bei „Engelmacherinnen“ wurden gezählt. Eine Reihe von Texten beschäftigten sich mit dem Themenkomplex der Abtreibung, so z. B. „Der Frauenarzt“ von Rehfisch, Vicki Baums „stud. chem. Helene Willfüer“ und Friedrich Wolfs „Cyankali“. Das Wissen über Verhütung war bei den Frauen der Zeit und auch bei den Autorinnen kaum vorhanden.[51] Die deutsche Kampagne gegen das Abtreibungsgesetz führte nicht nur zu den Reformen von 1926 und im Jahr 1927 zur Legalisierung der medizinischen Indikation, sondern auch zu einer offiziellen Duldung und Verkaufserlaubnis von Verhütungsmitteln.[52] In Deutschland halbierte sich so die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie innerhalb einer Generation.[53] In Ehen, die vor 1905 geschlossen worden waren, wurden durchschnittlich noch 4,7 Kinder geboren; Ehepaare, die zwischen 1925 und 1929 heirateten, hatten nur noch 2,9 Kinder.[54]
1.1.4 Weibliche Angestellte in der Weimarer Republik
„Hunderttausende von Angestellten bevölkern täglich die Straßen Berlins, und doch ist ihr Leben unbekannter als das der primitiven Völkerstämme, deren Sitten die Angestellten in den Filmen bewundern.“[55]
In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts begann sich ein Wertewandel der jungen Frauen abzuzeichnen. Ein Leben als Mutter und Ehefrau allein genügte nicht mehr.[56] Im Ersten Weltkrieg verloren viele Frauen ihren Ehemann und Versorger, plötzlich waren sie gezwungen, für sich und eventuell vorhandene Kinder den Lebensunterhalt zu sichern. Aus der erzwungenen Selbstständigkeit entstand der Wunsch nach Unabhängigkeit. Seit den zwanziger Jahren standen den Frauen nun Angestelltenberufe offen, wie Stenotypistin oder Sekretärin.[57] Die weiblichen Angestellten galten in dieser Zeit „als Prototypen weiblicher Emanzipation, als Repräsentantinnen der 'Neuen Frau', die das Weimarer System wenn nicht aus der Taufe gehoben, so doch nach Kräften gefördert [haben].“[58] Die Zahl der Frauen im Angestelltenberuf, insgesamt waren es 3,5 Millionen Angestellte,, stieg Mitte der zwanziger Jahre auf 1,5 Millionen, dreimal mehr als im Jahr 1907.[59] Etwa 35 Prozent aller Erwerbstätigen waren weiblichen Geschlechts.[60] Bei Fritz Croner ist zu lesen, dass ohne die unterbezahlten weiblichen Arbeitskräfte die Bürorationalisierung in der Weimarer Republik nicht umzusetzen gewesen wäre.[61] Die Eroberung des Büros durch die Frau symbolisierte den Beginn der wirklichen Emanzipation durch eigenen Broterwerb. Doch es hatten beileibe nicht alle Frauen die gleichen Chancen auf Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung. Gerade Arbeiterfamilien finanzierten eher dem Sohn eine Ausbildung als der Tochter, und auch bürgerliche Familien investierten erstmal in die Zukunft der jungen Männer. Argumentiert wurde jene Prioritätensetzung zugunsten der Söhne, dass sich die Finanzierung der Ausbildung nicht rentiere, da sie, nach der Heirat, den Beruf ohnehin aufgäben. Es war weiterhin der Gedanke in der Gesellschaft verankert, dass die Erwerbstätigkeit lediglich eine Übergangsstation bis zur Eheschließung darstellt. Gegen das sogenannte „Doppel-verdienertum“ wetterte vor allem die Katholische Zentrumspartei im Zuge der Wirtschafts-krise.[62]
„1925 waren 65 Prozent der Frauen, die als Angestellte im Handel und Industrie arbeiteten, jünger als 25 Jahre und fast alle (94 Prozent) waren ledig. Sobald sie in den Stand der Ehe traten, kündigten sie oder wurden gekündigt. Nur etwa ein Zehntel der Angestellten-Ehefrauen gingen Mitte der zwanziger Jahre einer Erwerbstätigkeit nach“[63], schreibt Ute Frevert.
Siegfried Kracauer argumentierte, dass sich die Tätigkeit vieler Frauen in Angestellten-berufen, „im besonderen aus der Erhöhung des Frauenüberschusses, den wirtschaftlichen Folgen von Krieg und Inflation und dem Bedürfnis der neuen Frauengeneration nach wirtschaftlicher Selbstständigkeit“[64] erklären lässt. Die Arbeit der Stenotypistinnen und Sekretärinnen ist von wenig Eigenverantwortung, eher von Monotonie und Anstrengung geprägt. Die Arbeitsbedingungen waren schlecht, der Lohn niedrig und viele junge Mädchen sahen sich sexuelle Belästigungen durch den Arbeitgeber ausgesetzt.[65]
Die Schriftstellerin Gabriele Tergit beschreibt die „Neue Frau“ als bürgerliche Tochter aus gutem Hause, als Elite der Gesellschaft.[66] Dabei waren Akademikerberufe wie Ärztin oder Juristin bei Frauen der zwanziger Jahre deutlich in der Minderheit. War es ihnen oder ihrer Familie möglich, ein Studium zu finanzieren, ab 1908 durften Frauen an der Universität studieren, wählten sie meisten Frauen ein soziales oder pädagogisches Studienziel, u.a. weil ihnen noch nicht alle Fächer offen standen.[67] Nach wie vor waren die Bildungsdefizite für Frauen und Mädchen beträchtlich, 1931 waren nur 16 Prozent der Studentinnen weiblichen Geschlechts.[68]
1.1.5 Schriftstellerinnen und Reporterinnen
Laut einer Volkszählung ließen sich 1925 37000 Schriftsteller in Deutschland registrieren.[69] Davon arbeiteten gerade einmal 800 Frauen als freie Autorinnen und 450 als Redakteurinnen bei Zeitungen und Zeitschriften.[70] Die Literaturproduktion in der Weimarer Republik war also noch immer vorwiegend Männersache. Doch die Zahl der schreibenden Frauen wuchs. Denn die Verhältnisse der neuen Republik boten den schreibenden Frauen günstige Voraussetzungen.[71] Sie durften ab 1918 wählen, und seit 1908 hatten sie Zugang zum Studium. Der bereits beschriebene Zugang zu den Berufen der Angestellten bot das nötige Erfahrungspotenzial und somit Material zum Schreiben. Auch die schon angesprochene sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz war ein häufiges Thema der schreibenden Frauen der zwanziger Jahre. Als Beispiele seien hier Irmgard Keuns Romane „Das kunstseidene Mädchen“ und „Gilgi - eine von uns“ genannt. Großstädte wie Berlin und Köln ermöglichten den Frauen, sich beruflich zu entfalten im Schutzraum der anonymisierten Großstadt. Zum Broterwerb arbeiteten Autorinnen wie Gabriele Tergit und Vicki Baum als Redakteurinnen und freie Mitarbeiterinnen bei Zeitschriften und Verlagen. Exemplarisch stehen hier die „B.Z. am Mittag“, „Vossische Zeitung“, „Berliner Börsen-Kurier“, der „UHU“ und „Die Dame“.[72] Trotz der sich entwickelnden weiblichen Literaturszene blieben Bestseller Autorinnen wie Vicki Baum mit „stud. chem. Helene Willfüer“ oder Hedwig Courths-Maler vorerst eine Ausnahme.[73] Erika Mann schrieb in ihrem Artikel „Frau und Buch“: „Seit kurzem gibt es einen Typ Schriftstellerin, der mir für den Augenblick der aussichtsreichste zu sein scheint. Die Frau, die Reportage machen, in Aufsätzen, Theaterstücken, Romanen. Sie bekennt nicht (…) die Frau berichtet anstatt zu beichten. Sie kennt die Welt, sie weiß Bescheid, sie hat Humor und Klugheit.“[74]
Liane Schüller notiert, es sei die Gleichzeitigkeit der Ungleichheit, die die Frauenliteratur der Weimarer Republik ausmache.[75] Tatsächlich existierte eine Gegenbewegung zu der Bewegung „Neue Frau“. Exemplarisch sei die Lyriksammlung „Herz zum Hafen“ genannt, die von Elisabeth Langgässer und Ina Seidel herausgeben wurde und in der Autorinnen wie Ricarda Huch, Else Lasker-Schüler, Isolde Kurz und Lulu von Strauß veröffentlicht sind.[76] Schüller charakterisiert Seidel als eine „Autorin des Mütterlichen, des Blutes und des Schicksals“ und somit als Gegenentwurf zu den jungen Autorinnen, wie Baum, Tergit und Keun, die ein neues Frauenbild entwarfen.[77] Langgässers Vorwort liest sich wie eine Abrechnung mit all jenen emanzipatorischen Ansätzen jener Generation schreibender Frauen der Weimarer Zeit.[78]
Adolf Dresler nennt 1932 in seinem Werk "Die Frau im Journalismus" folgende Aufgabenfelder für die weibliche Redakteurin[79]: Modeberichterstattung, Reisetipps, Reportagen über Prominente, Soziales, Kultur und Pädagogik. All jene Themen, die seit jeher als typisch weiblich galten. Die literarische Form der Reportage erfährt eine große Aufwertung in der Weimarer Republik. Journalisten wie Egon Erwin Kisch[80] und Gabriele Tergit zeigen mit ihren Reportagen die Welt als Erlebnis, voll von Aktivität.
1.1.6 Die Neue Sachlichkeit
Die neue Sachlichkeit gilt als letzte einheitliche Literaturepoche. Kennzeichnend ist deren Auseinandersetzung mit Prozessen der Industrialisierung und Urbanisierung. Die Kriterien wurden Sachlichkeit, Wahrheit, Objektivität, Beobachtung der äußeren Wirklichkeit, Realitätsbezug, Antisubjektivismus und Antipsychologimus genannt. Als Zielsetzung galt die Darstellung von Antiexpressionismus, Nüchternheit, Präzision, Realismus, Naturalismus, Beobachtung, Berichten und Entsentimetalisierung.[81]
Die enge programmatische Verbindung zwischen Publizistik und Belletristik erleichterte den Autorinnen den Einstieg in den Beruf des Schreibens.[82] Die Themen und Motive der Autorinnen waren gegenwartsnah und zeitbezogen.[83] Die dabei verwendete gebrauchsorientierte Sprache erleichterte den Berufseinstieg für die Frauen ins Zeitungsgeschäft. Die Autorinnen der Weimarer Republik mussten sich im Gegensatz zu den Männern nicht erst programmatisch und sprachlich vom Expressionismus lösen, denn sie waren großteils jung und erfolgreich mit ihren Erstlingswerken. Die entindivualistischen und unsentimentalen Strömungen der neuen Sachlichkeit ermöglichte es den Frauen, sich von herkömmlichen Zuschreibungen wie Kitsch und Verniedlichung lösen zu können, traditionelle Erzählkonzepte und Schreibhaltungen wurden überwunden.[84] Die Strömung der neuen Sachlichkeit wurde beherrscht und beeinflusst von einem Bedürfnis nach Versachlichung und Vereinfachung vieler Autoren. Man nutzte eine unpathetische Sprache, weitgehend schmucklos und ohne „Lyrisches Fett“.[85]
Die etablierten Autorinnen wie Hedwig Courths-Maler oder Elisabeth Langgässer reagierten auf den Typus der „Neuen Frau“ sehr kritisch. Fähnders und Karrenbrock konstatieren gar, dass nur die literarische Avantgarde, die jungen wilden Schriftstellerinnen wie Irmgard Keun, Vicki Baum, Gabriele Tergit und Mascha Kaléko die tradierten Vorstellungen der Autorinnen wie Langgässer und Courths-Maler überwinden konnten. Keuns Romane „Das kunstseidene Mädchen“ und „Gilgi- eine von uns“ setzen sich kritisch mit dem Medientypus der konsumorientierten, medienbegeisterten Angestellten auseinander.[86] Anna Seghers blieb mit ihrer Literatur dem politischen Weg verhaftet,, den sie eingeschlagen hatte, auf die Thematik der "Neuen Frau" ging sie nicht ein.[87]
Das kritische Volksstück, welches mit Ödön von Horvath eine Erneuerung erlebte,, bot den Autorinnen, speziell Marieluise Fleißer, mit seiner offenen Form die Chance, die Spielpläne zu erobern. Thematisiert wurden die Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, der Berufsalltag, Freizeit, Abtreibung, Erziehung und Militarismus.[88]
Der Begriff „Neue Sachlichkeit“ wurde nicht, wie oft angenommen wird, 1925 das erste Mal anlässlich der Ausstellung „Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“ verwendet. Schon 1918 tauchte der Begriff auf. So zum Beispiel in Egon Erwin Kischs Aufsatz „Wesen des Reportes“[89] oder als Bewertung „moderner, sachlicher Roman“ in Moritz Heimanns „Über das Authentische; ein Feuilleton“[90]. Auch Alfred Döblin stand seit 1909 für eine sachliche Ästhetik innerhalb der Literatur ein[91].
Im Folgenden sollen die wichtigsten Aspekte der neusachlichen Literatur beleuchtet werden. Die dem Ersten Weltkrieg folgende Epoche der Neuen Sachlichkeit richtete sich in seiner Nüchternheit und Sachlichkeit explizit gegen den Pathos des Expressionismus. Sie forderte Realitätsbezug.[92] Eine Versachlichung der Inhalte wurde angestrebt. Statt utopischer Vorstellungen sollten nun Fakten geschildert werden.[93] Das vom Autor Erfahrene sollte so wiedergegeben werden, dass es der Wahrheit entspricht.[94] Das Ziel der Neuen Sachlichkeit war durch literarische Texte alle gesellschaftlichen Schichten zu erreichen. Genau dies war dem Expressionismus durch dessen Subjektivität, seine Irrationalität und seinen Pathos nicht möglich. Kunst sollte nun nicht mehr um der Kunst willen geschaffen werden, sondern für das Publikum[95].
Die rein subjektbezogene Perspektive der expressionistischen Literatur wurde abgelöst durch die der Masse, des Kollektivs. Das Individuum konnte nun auch stellvertretend für eine soziale Schicht betrachtet werden.[96] Nicht mehr literarische Helden sollten verehrt werden, die Darstellung sozialer Typen stand stattdessen im Vordergrund. Der Zustand der Gesellschaft und der Politik kamen zur Darstellung, ein Sujet, das alle Menschen angeht[97], die Literatur erhielt nun eine gesellschaftskritische Funktion[98]. Sabina Becker schreibt, die Formen der Gesellschaftskritik, literarischer Eskapismus etwa oder die zivilisationskritische und fortschrittsfeindliche Besinnung auf Natur und Heimat, erweisen sich in Anbetracht der Modernisierungsprozesse der Weimarer Republik als anachronistisch und als unzureichend bzw. wirkungslos[99].
Die Lyrik befreite sich vom tradierten Bild der „subjektivsten und sprachlich stilisiertesten Gattung“[100], eine neue Form, die Gebrauchslyrik kam auf. Innerlichkeit und poetische Sondersprache wurden ersetzt durch lebenspraktische Orientierung und gesellschaftliche Verantwortlichkeit. Beliebte literarische Mittel jener Lyrik waren ein ironisch-distanzierter Grundton, Sprachmontage und der kontrastierende Gebrauch verschiedener Soziolekte. Mittel, derer sich Mascha Kaléko ebenso bediente wie Kurt Tucholsky und Erich Kästner. Die neusachlichen Autorinnen hinterfragten die aus den USA kommende Girlkultur, die in den Medien gefeiert und in der Mode ausgelebt wurde. Eindrucksvoll zeigt Irmgard Keun mit Doris, ihrer Protagonistin aus „Das Kunstseidene Mädchen“, die Diskrepanzen zwischen Girlkultur und Realität auf. Dem Wunsch, ein Filmstar zu werden und den Glanz der Stars zu genießen, wird ganz schnell die Realität entgegengesetzt, die Träume Doris´ desillusioniert. Erika Mann benannte in einem Aufsatz die Voraussetzungen für die Herausbildung des Typus „Autorin der neuen Sachlichkeit“. So schrieb sie, dass die Autorinnen der Weimarer Republik statt einer Lebensbeichte eher einen Bericht über eigene Erfahrungen, über die gesellschaftlichen und politischen Zustände ihrer Zeit abliefern.[101] Mann bemerkt, sie würden die Verhältnisse ihrer Epoche beschreiben.[102] Weiterhin konstatiert sie, die literarischen Darstellungen näherten sich der Reportage an. Als vierten Punkt nannte Erika Mann die Verringerung der Unterschiede zwischen Ernster- und Unterhaltungsliteratur.[103] Die Schriftstellerinnen jener Epoche wanderten immer auf dem schmalen Grat zwischen Unterhaltung und jener anspruchsvollen Literatur, die die Lebensumstände von Frauen der „Wilden Zwanziger“ widerspiegeln will.[104]
Nicht nur die ideologischen und künstlerischen Ansichten der Schriftsteller unterlagen einer Veränderung, auch die Entstehungsbedingungen begannen sich zu wandeln. Die Literatur entwickelte sich zur Ware.[105] Mehr und mehr wurden literarische Texte unter Verwertungsrichtlinien und Marktinteressen verlegt und bewertet.
Viele Autorinnen erforschten das Umfeld genau, bevor sie schrieben. Für ihren Roman „stud. chem. Helene Willfüer“ recherchierte Vicki Baum genau die Situation von Frauen in der Wissenschaft, speziell in der Fachrichtung Chemie, und schrieb den Aufsatz "Erfahrung mit der Verjüngung. Ein Rundgang durch die Laboratorien einer neuen Wissenschaft“.[106] Marieluise Fleißer setzt sich als eine der wenigen Schriftstellerinnen auch theoretisch mit der Ästhetik der Neuen Sachlichkeit auseinander. Hieraus entstand ihr Aufsatz "Der Heinrich Kleist der Novellen".[107]
1.1.7 Die Darstellung der Frau in der Literatur der 20er Jahre
In den Romanen von Marieluise Fleißer „Die Mehlreisende Frieda Geier“ von 1931, Vicki Baums „Stud. chem. Helene Willfüer“ von 1928 und Irmgard Keun „Gilgi – eine von uns“, erschienen 1931 und „Das kunstseidene Mädchen“ von 1932 vertreten die Heldinnen den Typus der „Neuen Frau“.[108] Charakterlich zwar zum Teil völlig differierend, repräsentieren jene Titelfiguren exemplarisch das neue weibliche Selbstbewusstsein. Zugleich stehen sie aber auch für die Verstrickung in alte Rollenbilder, den drohenden Rückfall in traditionelle weibliche Verhaltensweisen des passiven Lebens und Unterwürfigkeit.[109]
In den Darstellungen der Lebenswelten ganz verschiedener Frauen der Epoche stellt sich immer wieder die Frage, „wie sich Selbstständigkeit und Liebe vereinbaren lassen.“[110] Die Protagonistinnen erreichen wiederholt die Grenzen ihrer Unabhängigkeit, denn die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit in einer Ehe ist ihnen immanent. Konträr zu den Romanen von Irmgard Keun kommt es in Vicki Baums Roman „stud. chem. Helene Willfüer“ zu einem glücklichen Ende. Die ewige Suche nach Glück und der perfekten Partnerschaft ist hier gelungen, die Studentin Helene, die ein uneheliches Kind auf die Welt brachte, heiratet ihren Chemieprofessor. Die Literaturkritik der Weimarer Republik bemängelte das glückliche Ende als zu unrealistisch und trivial.[111]
1928 erscheint „Das Mädchen George“ von Joe Lederer (1904-1987). Die Autorin, erzählt ebenfalls eine Entwicklungsgeschichte einer Angestellten.[112] Konträr zum Baum´schen Roman jedoch ohne Happy End. Die ständige Existenzangst, wechselnde berufliche Tätigkeiten Joe Lederers prägten ihren Debütroman. Die Protagonistin des Romans wurde als Beispiel der typischen zeitgenössischen jungen Frau intensiv diskutiert.
Hartmut Vollmer warf die Frage in der Rezeption der beiden Romane auf, inwieweit sie authentisch und repräsentativ für die Epoche der Weimarer Republik sind,, was in der Beurteilung der Texte der Zeit zu Kontroversen führte. Zu konstatieren gilt, dass Vicki Baums „Helene Willfüer“ die brisanten Themenkomplexe der zwanziger Jahre behandelt, wenn sie den „Kampf um die geistige und soziale Emanzipation, [...] die berufliche Existenz einer intellektuellen jungen Frau, ungewollte Schwangerschaft, Abtreibungsproblematik, Suizidgefährdung [und] erotische Konflikte“[113] beschreibt, wie Harmut Vollmer notiert.
Helene Willfüer steht für ein Einzelschicksal, und doch ist jenes gezeichnet „vom krisengeprägten Zeitgeist und dem unsicheren Lebensgefühl der zwanziger Jahre.“[114]
In den Romanen von Autorinnen der Weimarer Republik erleben die meist jungen Heldinnen die Liebe als belastende Frage nach ihrer Identität. Die Liebe zu einem Mann erfordert von ihnen eine Existenzbestimmung ihrer selbst. Das männliche Ich tritt ihrer weiblichen Identität machtvoll entgegen und droht, es in Besitz zu nehmen. So sehr sie die Glückserfahrungen genießen, so repräsentieren jene Liebesbeziehungen für die Protagonistinnen immer auch eine Gefährdung des Ichs.[115] In den Texten Lederers, Irmgard Keuns und Marieluise Fleißers sehen die Protagonistinnen einzig die Trennung vom geliebten Mann als Lösung, um ihre neu geschaffene Identität der unabhängigen Frau zu wahren. Die Romanenheldinnen „sind von Autorinnen gestaltet, die selbst noch der jungen Generation der Weimarer Republik angehören“[116] und somit nicht wesentlich älter als ihre Protagonistinnen sind. So sind ihnen die Träume, Wünsche, Fragen und Probleme junger Mädchen noch vertraut.. Irmgard Keun ist beim Erscheinen von „Gilgi- eine von uns“ 26 Jahre alt, Gabriele Tergit beim Erscheinen von „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“ 37 und Marieluise Fleißer schrieb ihre „Mehlreisende Frieda Geier“ mit 30 Lenzen. Der Roman Gertrud Grotes „Studentinnen“, welcher im Jahr 1927 erscheint, der sich sehr aktuellen Existenzproblematik junger studierender Frauen widmet. Grotes Figuren sind gezwungen, zwischen einer höheren Bildung und dem Leben als Ehefrau und Mutter zu wählen. Die Entscheidung für ein Studium bedeutete, sich gegen althergebrachte Traditionen zu entscheiden. Die Thematik der gebildeten Frau griff auch Klara Hofer in ihrem Roman „Sonja Kowalewsky“ auf, der 1927 erschien.[117]
Autorinnen, wie Vicki Baum vermittelten in ihren Texten das Bild, dass eine Frau einzig ihr Glück finden könne, wenn sie ihr Leben innerhalb der Traditionen und Konventionen der bürgerlichen Gesellschaft stattfinden lässt. Baums Roman liest sich wie ein Zugeständnis an die Widerstände der Gesellschaft gegen junge, lebenshungrige Frauen, die noch zu groß scheinen, um sie allein zu überwinden.
Von dem Versuch geprägt, ihr Ich zu bewahren, ziehen sich die Romanfiguren zurück in ihre Sehnsüchte und Träume, Helene träumt von einer Karriere als Chemikerin, Doris von einem Leben als umschwärmter Filmstar. Wie schon beschrieben, ist ein dauerhaft präsentes und brisantes Thema in der Literatur der zwanziger Jahre das der ungewollten Schwangerschaft und der Abtreibung. So auch in Ilse Reickes Roman „Das grössere Erbarmen“ von 1929. Reicke stellt die verheiratete Ärztin Irma Carus in den Mittelpunkt ihres Romans, die die negative Seite der sexuellen Freiheit der Frauen in der Weimarer Republik erlebt. Das Leiden der Frauen, die ungeplant schwanger werden oder zu „Gebärmaschinen“ funktionalisiert werden.“[118] Thematisiert werden Fragestellungen wie das Recht der Frau auf Liebe, das uneheliche Kind, der Umgang mit den moralischen Vorurteilen gegen freie Liebe und Mutterschaft.. So unabhängig Helene, Doris oder Fleißers Frieda Geier auch scheinen mögen, so ganz gelingt es den Frauen nicht, sich nicht über die Beziehung zu einem Mann zu definieren, sondern ein selbstbestimmtes Ich auszubilden. Der Typus der „Neuen Frau“ verselbstständigte sich zu „einer schillernden Modeerscheinung, [...] einem Ideal, einem Mythos“[119]. Jedoch die Umsetzung dieses Ideals gestaltete sich komplexer als angenommen. Das Image der „Neuen Frau“ wurde entscheidend von den weiblichen Angestellten geprägt. Jene symbolisierten „als Massenphänomen berufliche Emanzipation, materielle Unabhängigkeit, Jugendlichkeit, Sportlichkeit, Sachlichkeit, modisches Bewusstsein und sexuelle Befreiung“[120], wie Vollmer schreibt. Die Schicksale der zumeist jungen und unverheirateten Berufstätigen zeugten von kollektiven Sehnsüchten und Träumen, Nöten und Verzweiflungen. Hoffnungen und Enttäuschungen waren eng miteinander verknüpft.
Den Lebenswelten junger Angestellter widmet sich der Roman „Schicksale hinter Schreibmaschinen“ von Christa Anita Brück, der 1930 erschien. „Autobiographisch gefärbt ist das Buch ein eindringliches Zeugnis des Elends und der Not des Stenotypistinnen-Alltags.“[121] Kurt Tucholsky schrieb in seiner Rezension zu Brücks Roman in der Weltbühne unter seinem Pseudonym Peter Panter: „Die Frau Brück hat der liebe Gott leider nicht gesegnet. Diese Angestelltengeschichte ist ein Schmarrn. Aber es ist gut, die Nase in so etwas hineinzustecken – man lernt viel. Nicht, was die Verfasserin uns lehren will; das ist dummes Zeug. Ihre Heldin ist edel, hilfreich und gut ... drum herum gibt es viele Neider und Feinde ... das muß ich schon mal irgendwo gehört haben. Und im übrigen: die dumme Liebe! Es sind und bleiben Einzelschicksale; ein Kollektivschicksal wird nicht dadurch gestaltet, dass man von Zeit zu Zeit durchblicken läßt, so ergehe es andern auch ...“[122] Die Protagonistin in „Schicksale hinter Schreibmaschinen“ lebt ein rein funktionales, entindividualisiertes Berufsleben, welches Sehnsüchte weckte, „etwas zu sein“, anerkannt und bewundert zu werden. Der Wunschtraum vom „Glanz der Filmstars“ ähnlich wie die Träume des „Kunstseidene Mädchens“ finden hier ihre literarische Darstellung.
Im Gegensatz etwa zu Marieluise Fleißers Frieda Geier, welche eine sexuelle Erfahrung mit erlebte, fristet Fräulein Brückner ein enthaltsames Leben. Sie ist die „asexuelle Arbeitsbiene“, wie sie Heide Soltau beschreibt.[123] Christa Anita Brück beschreibt keine emanzipierte freiwillig arbeitende Frau, wie Fleißer, stattdessen eine Frau, die einem Beruf nachgehen muss, da sie Opfer einer Zwangslage infolge der Inflation wurde. Brücks Protagonistin thematisiert ihre Notsituation und ihre Schicksalsschläge immer wieder und bereut ihre Selbstständigkeit.
Mela Hartwigs Roman „Das Weib ist ein Nichts“, welcher 1929 erschien, liefert eine gänzlich ungewöhnliche Beantwortung der Fragestellung nach dem weiblichen Selbstbild. Ihre Heldin Bibiana beschreibt sie als den Männern gegenüber passiv und hörig. Der völlige Gegenentwurf zu den Protagonistinnen Fleißers oder Baums.
Auch in den Romanen männlicher Autoren der Weimarer Zeit ist der Typus der modernen starken Frau präsent. Jene „Neuen Frauen“, die als Figuren in Darstellungen männlicher Schriftsteller auftauchen, sind ebenso triviale und klischeehafte oder zeitaktuelle und realitätskritische Frauenbilder. So verlässt in Erich Kästner „Fabian“ von 1931, die Juristin den Helden Fabian, trotz ihrer Liebe zu ihm, um der Karriere willen für einen Filmproduzenten. Laut Kapitelüberschrift bleibt „Die beste Frau des Jahrhunderts“[124] weiterhin die Mutter Fabians.[125] Erich Kästner wählte einen Mann als Hauptfigur. Das Frauenbild des Romans entsteht hier sowohl durch den Autor als auch durch dessen männlichen Helden. In kleinen Einschüben gestaltet Kästner Szenen einer Ehe oder einer Beziehung: „Nebenan schrie der alte eingebildete Oberrechnungsrat seine Frau an.“[126] Im Roman gibt es keine glückliche Beziehung. Fabian wird von Cornelia verlassen und Labude von Leda betrogen. Labudes Eltern haben sich auseinandergelebt, die Eheleute Moll regelten mit einem Vertrag, dass Frau Moll ihren Mann betrügen darf und die Kunstreiterin hintergeht ihren mit Fabian. Es entsteht der Eindruck, feste Bindungen scheinen weder für Männer, noch für Frauen die Möglichkeit des Glückwerdens zu beinhalten.
In Wilhelm Speyers „Charlott etwas verrückt“, der 1927 erschienen ist, verkörpert die Heldin einen sehr populären Mädchentyp. Der Roman wählt Berlin als Handlungsort. Charlott, die Protagonistin ist der Mittelpunkt der feierwütigen Gesellschaft in der Metropole. Als Happy End sieht Speyer, ähnlich wie Vicki Baum, die Hochzeit der Protagonistin. Ödön von Horváth schildert das Frauenbild der Weimarer Republik in seinem Stück „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von 1931 folgendermaßen: „Und die Weiber sehen sich ja in den entscheidenden Punkten alle ähnlich. Die Weiber haben keine Seele, das ist nur äußerliches Fleisch! Und man soll so ein Weib auch nicht schonend behandeln.“[127]
Ein spärlich behandeltes Themenfeld in der Literatur der 1920er Jahre ist die lesbische Liebe. Exemplarisch seien hier die Romane von Elisabeth Weihrauch „Der Skorpion“ von 1920 und „Mädchen in Uniform“, erschienen 1930, von Christa Winsloe genannt. In beiden Fällen findet die homoerotische Beziehung ihr tragisches Ende im Selbstmord der diskriminierten Heldinnen. Weiter hinzuzuzählen zu den wichtigen Thematiken der Literatur der Weimarer Republik ist die Sexualität, die „als Ware zum Tausch“[128] angeboten wird, wie Gabriele Tergits „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“. Ebenso thematisiert in Irmgard Keuns Romanen „Das kunstseidene Mädchen“ und auch „Gilgi –eine von uns“.
[...]
[1] Ebenda.
[2] Bock, Petra: Die Zeitschrift „Die Frauen Tribüne“ 1933. In: Bock, Petra / Koblitz, Katja: Neue Frauen zwischen den Zeiten. Berlin 1995. S. 246.
[3] Kollontai, Alexandra: Die neue Frau, in: Neue Frauen. Die zwanziger Jahre, hrsg. von Kristine von Soden und Maruta Schmidt. Berlin 1988. S. 6.
[4] Baum, Vicki: Die Mütter von morgen- die Backfische von heute. In: Anna Rheinsberg: Bubikopf. Aufbruch in den Zwanzigern. Darmstadt 1988. S. 32.
[5] Barndt, Kerstin: Sentiment und Sachlichkeit. Der Roman der Neuen Frau in der Weimarer Republik. Köln 2003. S. 10.
[6] Drescher, Barbara: Die Neue Frau. In: Fähnders, Walter/ Karrenbrock, Helga: Autorinnen der Weimarer Republik. Studienbuch 5 Bände. Bielefeld 2003. S. 172.
[7] Ebenda.
[8] Ebenda.
[9] Roebling, Irmgard: „Haarschnitt ist noch nicht Freiheit“. Das Ringen um Bilder der Neuen Frau in Texten von Autorinnen und Autoren der Weimarer Republik. In: Jahrbuch zur Literatur der Weimarer Republik. Bd. 5. St-Ingbert 2000. S. 72.
[10] Leiß, Ingo/ Stadler, Hermann: Deutsche Literaturgeschichte. Weimarer Republik. München 1992. S. 23.
[11] Ebenda. S. 24.
[12] Ebenda.
[13] Ebenda.
[14] Ebenda.
[15] Fähnders/ Karrenbrock. S. 169.
[16] Barndt. S. 10.
[17] Ebenda.
[18] Fähnders/Karrenbrock. S. 168.
[19] Ebenda.
[20] Schüller, Liane: Vom Ernst der Zerstreuung. Schreibende Frauen am Ende der Weimarer Republik: Marieluise Fleißer, Irmgard Keun und Gabriele Tergit. Bielefeld 2005. S. 21.
[21] Ebenda.
[22] Koch, Christiane: „Sachlich, Sportlich, Sinnlich.“ In: Soden, Kristine von/Schmidt, Maruta (Hrsg.): Neue Frauen. Die Zwanziger Jahre. Berlin 1988. S. 16.
[23] Koch. S. 16.
[24] Schüller. S. 36.
[25] Koch. S. 16.
[26] Schüller. S. 37.
[27] Ebenda.
[28] Koch. S. 17.
[29] Ebenda.
[30] Ritter, Heidi/ Scherf, Eva: Glamour, Glanz, Geschwindigkeit? Die 20er Jahre in Halle. Hasenverlag Halle/Saale 2008. S. 93.
[31] Fleig, Anne: „Musils Kritik am Geist des Sports.“ In: Cowan,Michael/Sicks, Marcel (Hg.): Leibhaftige Moderne. Körper in Kunst und Massenmedien 1918 bis 1933. Bielefeld 2005. S. 85.
[32] Ebenda.
[33] Schüller. S. 38.
[34] Ebenda. S. 48.
[35] Schüller. S. 39.
[36] Ebenda.
[37] Koch. S. 19.
[38] Brecht, Bertolt: Die Dreigroschenoper. Frankfurt 1968. S. 45.
[39] Ebenda. S. 47.
[40] Text + Kritik Bd. 13/14: Alfred Döblin. Edition Text + Kritik. München 1972. S. 45.
[41] Ebenda. S. 57.
[42] Ebenda. S. 57.
[43] Vollmer. S. 61.
[44] Rosenstein, Doris: Irmgard Keun. Das Erzählwerk der dreißiger Jahre. Frankfurt am Main 1991. S. 48.
[45] Vollmer. S. 34.
[46] Ebenda. S.42.
[47] Lorisika, Irene (Hg.): Frauendarstellungen bei Irmgard Keun und Anna Seghers. Univ., Diss. Frankfurt am Main 1985. S. 101.
[48] Ebenda.
[49] Schüller. S. 34.
[50] Ebenda.
[51] Ebenda.
[52] Ebenda.
[53] Ebenda.
[54] Ebenda.
[55] Kracauer, Siegfried: Schriften I. Soziologie als Wissenschaft. Der Detektiv-Roman. Die Angestellten. Frankfurt am Main 1971. S. 212.
[56] Fähnders/ Karrenbrock. S. 9.
[57] Jordan, Christa: Zwischen Zerstreuung und Berauschung. Die Angestellten in der Erzählprosa am Ende der Weimarer Republik. Frankfurt am Main 1988. S. 24.
[58] Frevert, Ute: „Kunstseidener Glanz. Weibliche Angestellte.“ In: Soden/Schmidt. (Hg.): Neue Frauen. Die Zwanziger Jahre. Berlin 1988. S. 25.
[59] Vgl. Frevert. S. 26.
[60] Vollmer. S. 34.
[61] Croner, Fritz: Soziologie der Angestellten. Köln 1896. S. 180.
[62] Leiß/ Stadler. S. 24.
[63] Frevert. S. 25-30.
[64] Kracauer: Die Angestellten. S. 12.
[65] Fähnders/Karrenbrock. S.8.
[66] Ebenda.
[67] Ebenda.
[68] Leiß/ Stadler. S. 24.
[69] Fähnders/Karrenbrock. S.7.
[70] Ebenda.
[71] Ebenda.
[72] Schüller. S. 34.
[73] Fähnders/Karrenbrock. S.7.
[74] Mann, Erika: Frau und Buch. In: Anna Rheinsberg: Bubikopf. Aufbruch in den Zwanzigern. Darmstadt 1988. S. 11.
[75] Schüller. S. 14.
[76] Fähnders/Karrenbrock. S. 36.
[77] Schüller. S. 15.
[78] Ebenda.
[79] Fähnders/ Karrenbrock. S. 216.
[80] Vgl. „Reportage“. In: Metzler Literaturlexikon. S. 387. Reportagen von Kisch u.a. „Hetzjagd durch die Zeit“, „Der Rasende Reporter“, „Wagnis in aller Welt“.
[81] „Neue Sachlichkeit“. In: Dieter Burdorf/Christoph Fasbender/Burkhard Moennighoff (Hrsg.) Metzler Literaturlexikon. Suttgart 2009. S. 324.
[82] Fähnders/Karrenbrock. S. 187.
[83] Ebenda.
[84] Ebenda.
[85] Ebenda.
[86] Fähnders/Karrenbrock. S. 190.
[87] Seghers, Anna: Der Aufstand der Fischer von St. Barbara. Berlin 2003.
[88] Ebenda. S. 189.
[89] Das literarische Echo 20. 1918. Nr. 8.
[90] Die Weltbühne 20 (1925) I. Nr.14. S.505
[91] Ebenda. S.65.
[92] Ebenda. S.101.
[93] Ebenda. S.21.
[94] Wedderkop, Herrmann von: Querschnitt durch das Jahr 1922. In: Der Querschnitt 2. 1922. Nr. 1. S. 8.
[95] Vgl. Wellershof, Irene Astrid: Vertreibung aus dem `kleinen Glück´. Das lyrische Werk von Mascha Kaléko. Aachen 1992. S.7.
[96] Ebenda.
[97] Becker. S.23.
[98] Ebenda. S.53.
[99] Ebenda. S.54.
[100] Ebenda.
[101] Ebenda. S. 32.
[102] Ebenda. S. 206.
[103] Ebenda.
[104] Schüller. S. 51.
[105] Beutin, Wolfgang(Hg.):Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart/Weimar 2008. S. 389.
[106] Ebenda.
[107] Fähnders/Karrenbrock. S. 116.
[108] Fähnders/Karrenbrock. S. 140.
[109] Ebenda. S. 259- 260.
[110] Ebenda. S. 260.
[111] Schüller. S. 54.
[112] Fähnders/Karrenbrock. S. 167.
[113] Vollmer. S. 269.
[114] Ebenda.
[115] Vollmer. S. 271.
[116] Soltau, Heide: Trennungs-Spuren. Frauenliteratur der zwanziger Jahre. Frankfurt 1984. S. 53.
[117] Vgl. Soltau. S. 29.
[118] Vollmer. S. 278.
[119] Ebenda.
[120] Ebenda. S. 288.
[121] Ebenda. S. 290.
[122] Tucholksky, Kurt: Die Weltbühne. 23.12.1930. Nr. 52. S. 940.
[123] Soltau. S. 52.
[124] Kästner, Erich: Fabian. Die Geschichte eines Moralisten. München 2002. S. 44.
[125] Ebenda. S. 127.
[126] Ebenda. S. 44.
[127] Horváth, Ödön von: Geschichten aus dem Wiener Wald. In: Ödön von Horváth. Gesammelte Werke. München 1986. S. 50.
[128] Soltau. S. 50.
- Quote paper
- Julia Grubitzch (Author), 2010, Zwischen Provinz und Metropole – Weibliche Lebenswelten in der Weimarer Republik in den Texten von Irmgard Keun, Marieluise Fleißer und Mascha Kaléko, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153255
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