Seit Mitte der 90er Jahre wird die Anzahl der Flüchtlinge im chinesischen Grenzgebiet zwischen Nordkorea und China auf bis zu 300.000 geschätzt. Trotz der drohenden Gefahr einer Verfolgung durch den nordkoreanischen Staat, mehrjährigen Haftstrafen, Einweisungen in Arbeitslager sowie Hinrichtungen, werden wöchentlich Hunderte von Flüchtlingen durch chinesische Behörden nach Nordkorea zurückgeführt.
In dem Vortrag wird im Allgemeinen auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage in Nordkorea seit den 90er Jahren sowie auf ihre Folgen zur Situation im Land eingegangen. Wirtschaftskrise, ständig wiederkehrende Flutkatastrophen und eine landesweite Hungersnot, die ca. 2 Millionen Menschen das Leben kostete, werden als Hauptbeweggründe für die Massenbewegungen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes untersucht. Einmal die Grenzen überschritten, werden die Zukunftsperspektiven der Menschen, wie z. B. die Flucht durch das dritte Land bzw. Untertauchen in der ethnischen koreanischen Bevölkerung in China, genauer unter die Lupe genommen. Welche Alternativen hat man als „Wirtschaftsflüchtling“ in China? Wie sichert man eigene Lebensexistenz? Welche Gefahren birgt die langwierige Reise nach Südkorea? Und wie hoch sind vor allem die damit verbundenen Kosten?
Nordkorea und Menschenrechte - Flucht als letzte Uberlebenschance?
Irina Maier
Rheinische-Friedrich-Wilhelms-Universitat Bonn
Seit Mitte der 90er Jahre wird die Anzahl der Fluchtlinge im chinesischen Grenzgebiet zwi- schen Nordkorea und China auf bis zu 300.000[1] geschatzt. Trotz der drohenden Gefahr einer Verfolgung durch den nordkoreanischen Staat, mehrjahrigen Haftstrafen, Einweisungen in Arbeitslager sowie Hinrichtungen, werden wochentlich Hunderte von Fluchtlingen durch chi- nesische Behorden nach Nordkorea zuruckgefuhrt.
Um die Ursachen einer solchen Massenbewegung besser zu verstehen, ist es in erster Linie notwendig, auf die Entwicklung der gegenwartigen wirtschaftlichen Lage des Landes einzu- gehen. Seit Mitte der 1980er Jahre wurde die nordkoreanische Volkswirtschaft mit einer Rei- he von veranderten Bedingungen konfrontiert. Die Sowjetunion verlangte Devisen fur ihre Importguter, die Nordkorea nicht liefern konnte. Somit brachen die AuBenhandelsbeziehun- gen formlich zusammen, mit der Ausnahme jener zur VR China, womit der Import von Erdol, Maschinen, Technologie und Lebensmittel stark betroffen wurde. Der nordkoreanische Ener- gieimport ging seit 1990 auf etwa ein Viertel zuruck, und der Import von Brennstoffen aus Russland sank um 94%. Der Energiemangel wirkte sich nicht nur auf die Schwerindustrie, sondern gleichwohl auf Bewasserung, Transportwesen und die Lebensbedingungen der Men- schen aus.
Im Jahre 1994 folgte mit dem Tod des Grunders und der ideologischen Leitfigur des Landes, Kim Il Sung, ein weiterer Schock, der die Regierbarkeit des Landes stark beeinflusste. Die Situation verschlimmerte sich mit einer Reihe von Naturkatastrophen, die zu einer besonders schweren Nahrungsmittelknappheit fuhrten. Die Misswirtschaft der Regierung sowie die standig wiederkehrenden Naturkatastrophen, einhergehend mit der landesweiten Hungersnot kosteten etwa 2 Millionen[2] Menschen das Leben. Fur die betroffene Bevolkerung bestanden mehrere Moglichkeiten oder Strategien den Hunger zu umgehen. Frauen ergriffen MaBnah- men um eine Schwangerschaft zu vermeiden oder trieben ab, Eltern gaben ihre Kinder auf oder verkauften ihre Tochter an Menschenhandler, ganze Familien begingen Selbstmord aus purer Verzweiflung. Und auf der Suche nach Nahrungsmitteln kam es zu landesweiten Mas- senbewegungen.
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[1] Die Bestimmung einer verlasslichen Zahl der Fluchtlinge bleibt problematisch. Die Meisten fliehen in die autonome koreanische Prafektur Yanbian, wo etwa 854.000 ethnische Koreaner mit chinesischer Staatsangehorigkeit leben. Da China sich weigert offizielle Daten zu veroffentlichen, beruft man sich auf die Daten der Hilfsorganisationen an der chinesischen Grenze bzw. Interviews mit den Betroffenen. Die Schatzungen variieren dabei zwischen 20.000-300.000. Mehr dazu in Acts of Betrayal: The Challenge of Protecting North Korean Refugees in China (Joel Charny, 2005).
[2] Schatzungen bezuglich der Sterblichkeitsrate wahrend der Hungersnot ergaben sich aus den Beschreibungen der Fluchtlinge, die von Forschern und Hilfsorganisationen erfasst und rekonstruiert wurden. Der USAID Beauftragte Natsios (2001) spricht von 15 Prozent der Bevolkerung, Haggard und Noland (2007) problematisieren jedoch die Erfassung verlasslicher Zahlen und gehen anschlieBend von 600.000 bis 1 Million (3-5 Prozent) der Toten aus.
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