Die Parteien sind ein zentraler Akteur der politischen Kommunikation in Deutschland. Durch die stetig steigende Onlinenutzung und dem sich technisch rasant entwickelnden Internet, sind die Parteien gezwungen ihre Online-PR den geänderten und sich weiter ändernden Informationsverbreitungswegen und -formen anzupassen. Die vorliegende Magisterarbeit untersucht daher, wie die Parteien ihre organisierte Online-PR gestalten und ob die technischen Möglichkeiten optimal genutzt werden. Die Analyse der Online-PR erfolgt zum einen durch die Evaluation der Partei-Websites und zum anderen durch die Evaluation der Aktivitäten der Parteien in sozialen Online-Netzwerken. Als ein zentrales Ergebnis der Arbeit kann festgestellt werden, dass keine Partei konsequent die Potentiale des Web 2.0 nutzt und die bisherigen Kommunikationsstrategien den neuen Gegebenheiten noch nicht ausreichend angepasst worden sind.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Aufbau der Arbeit
2. Politische Kommunikation
2.1. Politische PR
2.2. Politisches Marketing / politische Werbung
2.3. Propaganda
3. Politische Parteien in der BRD
3.1. Parteien als Akteur politischer Kommunikation
3.1.1. Ziele und Strategien politischer PR
3.1.2. Instrumente politischer PR
4. Das Internet als Medium politischer PR
4.1. Onlinenutzung in Deutschland
4.2. Potentiale und Risiken für die politische PR
4.3. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Online-PR
5. Offizielle Websites der Parteien
5.1. Evaluation von Websites
5.1.1. Evaluations-Methode und -Kriterien
5.1.1.1. Benutzungsfreundlichkeit
5.1.1.2. Suchmaschinenoptimierung
5.1.1.3. Barrierefreiheit
5.1.1.4. Datenschutz
5.1.2. Analyse der Websites
5.1.2.1. CDU - www.cdu.de
5.1.2.2. SPD - www.spd.de
5.1.2.3. FDP - www.liberale.de
5.1.2.4. Die Linke - www.die-linke.de
5.1.2.5. Bündnis 90 / Die Grünen - www.gruene.de
5.2. Ergebnis
6. Nutzung sozialer Online-Netzwerke
6.1. Evaluations-Methode und -Kriterien
6.2. Evaluation der Nutzung externer Anbieter
6.2.1. Facebook
6.2.1.1. Fanpages politischer Parteien
6.2.2. StudiVZ / meinVZ
6.2.2.1. Edelprofile politischer Parteien
6.2.3. MySpace
6.2.3.1. MySpace-Seiten politischer Parteien
6.2.4. XING
6.2.4.1. XING-Gruppen der politischen Parteien
6.2.5. Twitter
6.2.5.1. Twitter-Accounts politischer Parteien
6.2.6. YouTube
6.2.6.1. YouTube-Channels politischer Parteien
6.2.6.2. Profile auf weiteren Videoportalen
6.2.7. Flickr
6.2.7.1. Politische Parteien auf Flickr
6.3. Parteieigene Online-Communities
6.4. Ergebnis
7. Zusammenfassung und Ausblick
8. Anhang
9. Literaturverzeichnis
10. Gesamtübersicht der Internetquellen
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Benutzungsfreundlichkeit der Parteiwebsites
Tab. 2: Suchmaschinenoptimierung der Parteiwebsites
Tab. 3: Barrierefreiheit der Parteiwebsites
Tab. 4: Datenschutz auf den Parteiwebsites
Tab. 5: Auswertung der Facebook-Profile der politischen Parteien
Tab. 6: Auswertung der studiVZ/meinVZ-Profile der politischen Parteien
Tab. 7: XING-Gruppen der Parteien
Tab. 8: Auswertung der Twitter-Profile der politischen Parteien
Tab. 9: Die fünf meistverwendeten Hashtags
Tab. 10: Auswertung der YouTube-Profile der politischen Parteien
Tab. 11: Auswertung der Flickr-Profile der politischen Parteien
Tab. 12: Auswertung der YouTube-Profile der politischen Parteien
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Schematische Darstellung der Agenda-Setting/ -Building-Prozesse
Abb. 2: Internetnutzer in Mio. nach Altersgruppen im Zeitraum 1997-2009
Abb. 3: Ausbreitung von TV und Internet im Vergleich
Abb. 4:Anteil der 14-64-Jährigen, die sich online über Nachrichten zur Politik informieren
Abb. 5: Informationsquellen politischer Themen im Internet
Abb. 6: Homepage der Domain www.spd.de vom 21.12.1996
Abb. 7: Homepage der Domain www.cdu.de vom 21.12.1996
Abb. 8: Zufriedenheit mit den Leistungsdimensionen der Parteiwebsites
Abb. 9: Screenshot der CDU-Homepage
Abb. 10: Screenshot des Zertifikats zur sicheren Datenübertragung
Abb. 11: Screenshot der SPD-Homepage
Abb. 12: Screenshot eines Teils der FDP-Homepage
Abb. 13: Screenshot eines automatisch generierten Tweets
Abb. 14: Screenshot eines automatisch generierten Facebook-Postings
Abb. 15: Screenshot eines Teils der Homepage www.die-linke.de
Abb. 16: Screenshot der Homepage der Grünen
Abb. 17: Formales Evaluationsergebnis der Partei-Websites
Abb. 18: Anzahl aller Statusmeldungen auf Facebook
Abb. 19: Screenshot des Livestreams zum SPD-Parteitag mit Facebook- Integ ration
Abb. 20: Anzahl Fans bzw. Freunde auf Facebook und studiVZ/meinVZ
Abb. 21: Anzahl der hochgeladenen Bilder auf studiVZ/meinVZ
Abb. 22: Anzahl der versendeten Direktnachrichten über studiVZ/meinVZ
Abb. 23: Ausschnitt des MySpace-Profils der Partei Die Linke
Abb. 24: Anzahl der Tweets der Partei-Accounts Nov.08-Nov.09
Abb. 25: Anteil der Replies und Retweets
Abb. 26: Screenshot der Seite zum FDP-Parteitag mit Twitter- und Flickr- Integration
Abb. 27: Screenshot des CDU Twitter-Accounts nach dem Hacker-Angriff
Abb. 28: Twitter-Nachricht des falschen Franz Münteferings
Abb. 29: Beantwortung von Nutzerfragen in wöchentlichen Videobeiträgen
Abb. 30: Anzahl der hochgeladenen Flickr-Fotos
Abb. 31: Screenshots der Partei-Netzwerke (SPD, FDP, Die Linke, Die Grünen)
Abb. 32: Verkaufte Auflage der deutschen Tageszeitungen in Millionen Stück
Abb. 33: Verkaufte Auflage der deutschen Wochenzeitungen in Millionen Stück
Abb. 34: Verkaufte Auflage der deutschen Publikumszeitschriften in Millionen Stück
Abb. 35: Verkaufte Auflage der deutschen Fachzeitschriften in Millionen Stück
Abb. 36: Indexquotienten formaler Charakteristiken der politischen Parteiwebsites 2002
Abb. 37: Nutzungs- und Vernetzungsmuster des CDU-Twitter-Accounts
Abb. 38: Nutzungs- und Vernetzungsmuster des SPD-Twitter-Accounts
Abb. 39: Nutzungs- und Vernetzungsmuster des FDP-Twitter-Accounts
Abb. 40: Nutzungs- und Vernetzungsmuster des Twitter-Accounts der Grünen
Abb. 41: Versuch der Grünen Blogger aktiv in ihrer PR zu involvieren
Abb. 42: In-Game-Werbung für die Piratenpartei im Vorfeld der Bundestagswahl 2009
Abb. 43: Verlinkungsmusters der 565 wichtigsten politischen Websites und Blogs in Deutschland
Abb. 44: Verlinkungsmusters von Medienwebsites und Weibseiten/Blogs des öffentlichen Diskurs
Abstract
Die Parteien sind ein zentraler Akteur der politischen Kommunikation in Deutschland. Durch die stetig steigende Onlinenutzung und dem sich technisch rasant entwickelnden Internet, sind die Parteien gezwungen ihre Online-PR den geänderten und sich weiter ändernden Informationsverbreitungswegen und -formen anzupassen. Die vorliegende Magisterarbeit untersucht daher, wie die Parteien ihre organisierte Online-PR gestalten und ob die technischen Möglichkeiten optimal genutzt werden. Die Analyse der Online-PR erfolgt zum einen durch die Evaluation der Partei-Websites und zum anderen durch die Evaluation der Aktivitäten der Parteien in sozialen Online-Netzwerken. Als ein zentrales Ergebnis der Arbeit kann festgestellt werden, dass keine Partei konsequent die Potentiale des Web 2.0 nutzt und die bisherigen Kommunikationsstrategien den neuen Gegebenheiten noch nicht ausreichend angepasst worden sind.
1. Einleitung
„Ich beherrsche das Internet nicht, aber da soll ja einiges los sein.
Günter Grass, 06. April 20091
Datenschutz, Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung, öffentlich-rechtliche Grundversorgung und Urheberrecht - nur einige Themen, für die sich die deutsche Politik in jüngster Vergangenheit mit dem Internet ausgiebig auseinandersetzen musste. Anfang 2010 setzte der Deutsche Bundestag die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft ein, die in 2-jähriger Arbeit die langfristigen Folgen der rasanten Entwicklung des Internets für Gesellschaft, Wirtschaft und Recht untersuchen soll2. Genau genommen, nahm der stellvertretende Vorsitzende der SPD- Bundestagsfraktion, Olaf Scholz, bei der Einsetzung der Enquete-Kommission das grundlegende Ergebnis aber bereits vorweg: „Das Internet revolutioniert unser Leben“3.
Auch wenn die Politiker und Parteien nach über 15 Jahren der wirtschaftlichen und privaten Internetnutzung in Deutschland erst verhältnismäßig spät beginnen, sich politisch mit dem Internet systematisch auseinander zusetzten, nutzen sie es selbst genauso lang schon aktiv als Mittel der politischen Kommunikation. Ob Websites, Chats, Blogs oder Online-Netzwerke - spätestens in Zeiten des Wahlkampfes haben die Parteien und Politiker ihre Kommunikation im Netz - zumindest technisch - stets modernisiert. Nicht selten geschah dies mit Blick auf die USA. Auch für die zahlreichen Wahlen in 2009 galt der erfolgreiche US-amerikanische Präsidentschaftswahlkampf von Barack Obama parteiübergreifend als lehrreiches und vorbildhaftes Beispiel für die deutschen Wahlkämpfe.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass die Online-PR politischer Akteure in der wissenschaftlichen Fachliteratur bisher vorrangig im Zusammenhang mit politischen Wahlkämpfen beschrieben und untersucht wurde (vgl. Clemens 1999; Bieber 1999 & 2002; Gellner/Strohmeier 2002; Schweitzer 2005 & 2006; Albrecht/Hartig- Perschke 2007; Schulz 2008; Wimmer 2009). In der Kampagnenfähigkeit wird oftmals auch die größte Stärke des Internets für die politische PR gesehen. Als vorteilhaft bei der Untersuchung von Kampagnen als Mittel der Online-PR erweist sich zudem, dass sogleich ein fester Untersuchungszeitraum feststeht, da die politischen Kampagnen in Wahlkämpfen eindeutig zeitlich befristet sind. Dies löst allerdings nicht das Problem, dass die Untersuchungsobjekte wie zum Beispiel Blogs oder Websites „moving targets" sind4. Inhalte und Gestaltungsmerkmale sind prinzipiell flüchtig und ändern sich typischerweiser kontinuierlich. Andauernde technische Weiterentwicklungen im Zusammenhang mit dem Internet fördern zudem bisher fortwährend neue Kommunikationsmöglichkeiten und -formen.
Neueste Entwicklungen, die häufig unter den Begriffen Web 2.0 oder Social Media subsummiert werden, ermöglichen und verlangen jedoch eine Kommunikation seitens der politische Akteure, die über klassische Kampagnen hinausgeht. Das Internet ist nicht länger nur ein „kostengünstiger und schneller Vertriebskanal für Wahlkampfinformationen und -material" (Schulz 2008: 240), sondern erfordert auch Dialogkommunikation und ein Beziehungsmanagement mit neuen Stakeholdern und Multiplikatoren im wahren Sinne von Public Relations. Wissenschaftliche Arbeiten, die diese neuen Kommunikationsbedingungen für die politische PR in Deutschland auf technisch aktuellem Stand und kampagnen-unabhängig bzw. -übergreifend beschreiben und untersuchen, finden sich zurzeit noch nicht.
1.1. Fragestellung
Ziel der Arbeit ist die Beschreibung und Analyse der PR-Aktivtäten politischer Parteien im Internet. Dabei sollen sowohl aktuelle technische Potentiale für die PR beschrieben, als auch der Umfang und die Form der Nutzung dieser Möglichkeiten durch die Parteien untersucht werden. Für die vorliegende Arbeit lautet die zentrale Forschungsfrage daher:
Wie nutzen die deutschen Bundestagsparteien das Internet für ihre politische PR?
Wenngleich zahlreiche Wahlkämpfe und Kampagnen der Parteien5 in den Untersuchungszeitraum gefallen sind und in der vorliegenden Arbeit selbstverständlich berücksichtigt werden, da diese in jedem Fall zu den ereignisreichsten und aktivsten Zeiten der politischen Kommunikation zählen, liegt der Fokus der Arbeit dennoch nicht bei der Wahlkampfkommunikation. Die Frage, wie die Parteien das Internet für ihre PR nutzen, bezieht sich also nicht auf einen festen Kampagnenzeitraum, sondern soll in Form eine aktuellen Bestandsaufnahme und Situationsanalyse geklärt werden. Bei der Analyse stehen formale Kriterien und der quantitative Output der Parteien im Vordergrund. Inhaltliche Analysen sowie die Wirkung der Kommunikation auf die Rezipienten und Internetnutzer bleiben weitestgehend unberücksichtigt und müssen in weiteren Forschungen systematisch untersucht werden.
1.2. Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist in einen theoretischen und einen empirischen Teil gegliedert. Im theoretischen Abschnitt wird zunächst der Begriff der politischen Kommunikation (Kapitel 2) definiert und darauffolgend die Begriffe politische PR (2.1), politisches Marketing/politische Werbung (2.2) und Propaganda (2.3) erläutert und abgegrenzt. Im dritten Kapitel folgt nach einer kurzen Abhandlung über die bundesdeutschen Parteien, die Beschreibung ihrer Bedeutung als Akteur der politischen Kommunikation (3.1). Daran anschließend werden die Ziele und Strategien (3.1.1) sowie die Instrumente der parteipolitischen PR diskutiert. Abgeschlossen wird der theoretische Teil vom vierten Kapitel, in dem das Internet als Medium politischer PR beleuchtet wird. Dabei wird zum einen auf den technologischen Wandel des Internets und die Bedeutung des Web 2.0 eingegangen (4.0) und zum anderen die aktuelle Onlinenutzung in Deutschland dargestellt (4.1). Daraus schlussfolgernd werden die Potentiale und Risiken der modernen Online-PR für die Parteien abgeleitet (4.2) sowie die Voraussetzung für eine erfolgreiche Online-Kommunikation beschrieben.
Im empirischen Teil der Arbeit wird die Online-PR der Parteien CDU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen ausführlich beschrieben und analysiert. Erstes Untersuchungsobjekt sind die Websites der Parteien (5.1). Nach der Erläuterung der Evaluationsmethode und den Evaluationskriterien (5.1.1) werden die Websites
einzeln nacheinander beschrieben und evaluiert und die wichtigsten Ergebnisse abschließend prägnant zusammengefasst (5.2).
Anschließend wird auf Kapitel 4 aufbauend die grundlegende Bedeutung und Funktion der sozialen Online-Netzwerke für die PR herausgestellt (Kapitel 6). Nach der Erläuterung der Evaluationsmethode für die Online-Netzwerke (6.1) werden nacheinander Facebook, meinVZ/studiVZ, MySpace, XING, Twitter, YouTube und Fiickr sowohl in ihren Funktionen und Möglichkeiten beschrieben, als auch hinsichtlich der PR-Aktivitäten der Parteien untersucht und ausgewertet (6.2). Auch die parteieigenen Netzwerke werden kurz vorgestellt und diskutiert (6.3). Eine Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse schließt dieses Kapitel ab (6.4).
Die vorliegende Arbeit Endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen der politischen Online-PR (Kapitel 7).
2. Politische Kommunikation
Politische Kommunikation ist ein sehr oft angegangener, aber auch sehr unterschiedlich konzipierter wissenschaftlicher Gegenstand (Saxer 1998: 21). Entsprechend findet sich eine Vielzahl verschiedener Definitionen des Begriffes aus den Sichtweisen unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen (Schulz 2008: 15; Jar- ren 2007: 54)6. Allein die beiden Begriffselemente Politik und Kommunikation bezeichnen bereits Phänomene bzw. Systeme, die sich nicht problemlos eingrenzen lassen (Saxer 1998: 21; Jarren/Donges 2006: 19). Eine einheitliche allgemein akzeptierte Definition hat sich daher noch nicht etabliert (Sarcinelli 2009: 19). Analytisch lässt sich politische Kommunikation nach Jarren/Donges in drei Ebenen differenzieren:
- Mikroebene
„Die Mikroeben bezeichnet die soziale Handlungsebene von Individuen und sozialen Gruppen ohne eigenen Akteursstatus [...]. Analyseeinheiten sind hier Individuen und ihre politischen Einstellungen, Werthaltungen, das Kommunikations-, Medien- oder Wahlverhalten etc.“ (Jarren/Donges 2006: 22).
- Mesoebene
„Die Mesoebene bezeichnet die Handlungsebene von Organisationen und Institutionen. Analyseeinheiten sind hier Handlungen einzelner Organisationen oder korporativer Akteure.“ (Jarren/Donges 2006: 22).
- Makroebene
„Die Makroebene bezeichnet die gesamtgesellschaftliche Ebene. Ziel der wissenschaftlichen Betrachtung ist hier die Bildung von Theorien, mit denen soziale Zusammenhänge beschrieben, in ihren Ursachen begründet und prognostiziert werden sollen.“ (Jarren/Donges 2006: 22).
Für explizite Definitionen wird sich dem Begriff oftmals über einen Akteursansatz genähert. So können unter politischer Kommunikation „alle sprachlichen Äußerungen oder Handlungen mit nichtsprachlichen Symbolen verstanden werden, die mit politischer Relevanz von wem auch immer getan werden. Dazu gehören sowohl das Stammtischgespräch über Politik wie auch die Regierungserklärung des Bundeskanzlers, das Spielen der Nationalhymne bei einem Länderspiel wie auch der Sozialkundeunterricht in der Schule“ (Bergsdorf 1989: 289-290). Prägnanter ausgedrückt, bedeutet dies, „dass politische Kommunikation die Kommunikation ist, die von politischen Akteuren ausgeübt wird, die an sie gerichtet ist, oder die politische Akteure, ihr Handeln und ihre Kognitionen beinhaltet“ (Schulz 2008: 16)7. Typische Akteure politischer Kommunikation sind Parteien, Parlamente, Regierungen, politische Organisationen und Interessengruppen sowie Journalisten und Medien oder auch alle Bürger, die sich politisch beteiligen oder über Politik kommunizieren (Schulz 2008: 16). Günter Bentele hat aus der Akteursperspektive eine Typologie politischer Kommunikation vorgeschlagen, aus der vier Kernkategorien differenziert werden können: Politische PR, politische Werbung, politische Berichterstattung und die direkte Kommunikation (Bentele 1998: 131; Kamps 2007: 25). Für die Untersuchung der politischen Kommunikation der Akteure auf der Mesoebene - wie zum Beispiel Parteien - sind für die vorliegende Arbeit vor allem die Begriffe politische PR und politische Werbung näher zu definieren.
2.1. Politische PR
Für Public Relations (PR) beziehungsweise für den meist und auch im Folgenden synonym verwendeten Begriff Öffentlichkeitsarbeit finden sich zahlreiche und durchaus unterschiedliche Definitionen. Eine der jüngeren und international anerkannten Definitionen erfasst Public Relations als Teil des Kommunikationsmanagements von Organisationen (Bentele 2003: 54)8. Politische PR kann daher als "ein Teil des Kommunikationsmanagements politischer Institutionen und Akteure mit ihren internen und externen Umwelten" (Bentele 1998: 130) definiert werden.
Die Kommunikation mit den internen Umwelten ist vergleichsweise schwer zu untersuchen und wird in den meisten Fällen auch von der externen Kommunikation mit beeinflusst. Die externe politische PR kann idealtypisch in eine indirekte und eine direkte Form differenziert werden (Schulz 2008: 308). Bei der direkten Form wird mit der Zielgruppe (Bürgern, Wähler etc.) direkt kommuniziert. Beispielsweise mit einer klassischen Top-down-Kommunikation in Form von Plakaten (vgl. Kapitel 2.2) oder auch dialogisch bei Events, Vorträgen oder in Bürgersprechstunden. Unter der indirekten Form wird die klassische Medien- oder Pressearbeit verstanden. Häufige Instrumente sind hier Pressemitteilungen, Pressekonferenzen, Interviews (Schulz 2008: 308).
Die Massenmedien bzw. der Journalismus ist sicher der wichtigste externe Bezugspunkt der politischen PR (Kamps 2007: 108; Jarren/Donges 2006: 223). Damit die eigentliche Zielgruppe - die Gesamtheit oder ein spezifischer Teil der Öffentlichkeit - die Botschaften und Inhalte des politischen Akteurs zumindest wahrnehmen kann, wird bei der indirekten Form politischer PR eine Art kommunikativer Umweg über die Massenmedien genommen, die an dieser Stelle sowohl Multiplikatoren als auch Gatekeeper darstellen. Um die Entscheidung ob, wann und in welchem Umfang eine Nachricht von den Massenmedien weiterverbreitet wird, möglichst positiv im akteurs- bzw. organisationseigenen Interesse zu beeinflussen, werden persönliche Beziehungen zu wichtigen Multiplikatoren aufgebaut und gepflegt sowie Anpassungen an das journalistische System vorgenommen. Die Adaptionen umfassen u. a. inhaltliche Komplexitätsreduzierungen (Kamps 2007: 99) und die Berücksichtigung zeitlicher, sachlicher und sozialer Regeln des Journalismus (Pürer 2003: 137)9.
Das kurz- oder mittelfristige Ziel der indirekten externen poltischen PR besteht einfach gesagt darin, „möglichst viele positive Resonanzen in den Massenmedien auf Aktivitäten, Positionen, Argumente der Kandidaten, Partei und Organisation zu bewirken" (Kamps 2007: 100). Langfristig gesehen soll mit Hilfe der politischen PR aber auch Macht erhalten oder erlangt werden. Einer diskurshaften und verständigungsorientierten Öffentlichkeitsarbeit, wie sie beispielsweise Roland Burkhart vorschlägt (Burkhart 1993), kann dies im Wege stehen, da ein Konsens zwar durchaus angestrebt werden kann, aber nicht das „finale Kalkül" sein muss (Kamps 2007: 101). In diesem Fall ist die politische PR als Form der politischen Kommunikation also nicht nur Mittel der Politik sondern selbst auch Politik (Jarren/Donges 2006: 22; Schulz 2008: 308).
2.2. Politisches Marketing / politische Werbung
Marketing- und PR-Aktivitäten sind in Theorie und Praxis nicht trennscharf differenzierbar. Relativ neue Kommunikationsmöglichkeiten im Zeitalter des Internets verstärken diese Unschärfe. Sowohl Marketing als auch PR zählen zur Persuasionskommunikation. Idealtypischerweise versucht die PR zu überzeugen, während das Marketing versucht zu überreden.
Marketing wird in der gängigen Literatur als Management von Beziehungen zum Kunden und allen weiteren anderen Stakeholdern beschrieben (Meffert 2000: 8-10). Zu den fünf wichtigsten Elementen des Kommunikations-Mix im Marketing zählen: Werbung, persönlicher Verkauf, Verkaufsförderung, Direktmarketing und Öffentlichkeitsarbeit (Kotler u. a. 2007: 841). Im politischen Bereich ist das MarketingManagement „der bewusste Versuch, erwünschte Austauschvorgänge mit den ,Zielmärkten‘, d. h. der Öffentlichkeit bzw. relevanten Teilöffentlichkeiten herbeizuführen. Die zentralen Marketing-Instrumente [...] sind Public Relations und Werbung" (Kunczik 1998: 330).
Sowohl PR als auch Marketing sind also als Prozess und Managementaufgabe beschrieben. Für die Beschreibung des politischen Kommunikationsmanagements ist der bereits beschriebene Begriff der politischen PR aber besser geeignet, da begriffliche Transferleistungen, die vom Wechsel aus dem ökonomischen in das politische System nötig sind, entfallen.
Hilfreich ist aber der Verweis auf den Begriff politische Werbung. Auch im politischen Bereich liegen Werbung und PR sehr eng beieinander (Jarren/Donges 2006: 232). Ein wichtiger Unterschied zwischen politischer Werbung und PR ist, dass für Werbung im Gegensatz zur PR in der Regel an Dienstleister Geld gezahlt wird (Jarren/Donges 2006: 227) bspw. für einen Wahlwerbespot oder eine Anzeige. Trennscharf ist diese Differenzierung allerdings nicht. Auch für eine, typischerweise der PR zugeordneten, Informationsbroschüre müssen für Layout und/oder Grafikgestaltung nicht selten Dienstleister bezahlt werden. Wenn der Informationsgehalt der Broschüre in Zweifel gestellt werden kann und werbliche Inhalte und Aufmachungen dominieren, könnte die Broschüre auch einfach der politischen Werbung zugeordnet werden (Jarren/Donges 2006: 232). Klassische Wahlwerbespots oder -plakate, die bereits der direkten politischen PR zugeordnet worden sind, können allerdings auch synonym als Formen der politischen Werbung beschrieben werden.
2.3. Propaganda
Ist von politischer Kommunikation, PR oder Werbung die Rede, fällt nicht selten auch der Begriff Propaganda (lat. ausstreuen, ausbreiten, fortpflanzen). Die Bedeutung und Konnotation dieses Begriffes hat sich in den letzten Jahrhunderten nicht selten geändert (vgl. Bussemer 2008: 25-32). Heutzutage ist dieser Begriff negativ besetzt und wird zumeist in abschätziger Weise bzw. synonym zu Begriffen wie Persuasion oder Manipulation verwendet (Jarren/Donges 2006: 228; Bonfadelli 2004: 78). Propaganda eindeutig von politischer PR oder Werbung abzugrenzen und zu unterscheiden fällt noch immer schwer (Bussemer 2008: 25). Viele Differenzierungen beruhen auf normativen Forderungen an politische PR in demokratischen Systemen (Jarren/Donges 2006: 229; Schulz 2008: 307). Hier wird der Wahrhaftigkeitsanspruch politischer PR in den Vordergrund gerückt und der beabsichtigten und systematischen Beeinflussung mittels einseitiger, manipulativer Techniken (Bonfadelli 2004: 79) der Propaganda gegenübergestellt. In der aktuellen politischen Kommunikationsforschung wird der Begriff nur selten über eine kurze Beschreibung, Erwähnung oder Definition hinaus verwendet. Für die Analyse der politischen Kommunikation in demokratischen Systemen ist der Begriff häufig nicht hilfreich und daher daher auch nicht zwingend zu gebrauchen - nicht zuletzt auch aufgrund der meist negativen Bedeutungszuschreibungen (vgl. Bussemer 2008: 25).
3. Politische Parteien in der BRD
Auf der Suche nach einer einheitlichen Begriffsbestimmung und Definition einer politischen Partei findet man viele verschiedene Antworten (Alemann 2003: 9; Jun 2004: 58). Im Allgemeinen kann eine Partei als „Gruppe gleichgesinnter Bürger, die sich die Durchsetzung gemeinsamer politischer Vorstellungen zum Ziel gesetzt haben" (Schultze 2003: 358), beschrieben werden. Zumindest für die politischen Parteien der BRD ergibt sich eine spezifische Begriffsbestimmung durch das Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz §2):
„Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein.“
Im politischen Prozess der Bundesrepublik Deutschland spielen die politischen Parteien - wie in den meisten parlamentarischen Demokratien - eine zentrale Rolle (Rudzio 2003: 117). Als intermediäre Institutionen unterstützen sie die Interessenaggregation und -artikulation. Besonders hervorzuheben ist dabei „die Mitwirkung der Parteien bei der Aggregierung von Interessen zu entscheidungsfähigen Alternativen“ (Schmidt 2007: 83). Die Parteien bündeln und selektieren Interessen und „sind bestrebt, entsprechende Ziele in den politische Prozess einzubringen, um daraus Nutzen zu ziehen“ (Jarren/Donges: 136). Der Nutzen lässt sich zu vier Primärzielen politischer Parteien zusammenfassen: Maximierung von Wählerstimmen, Durchsetzung spezifischer politischer Ziele, Übernahme öffentlicher Ämter und Machtpositionen sowie die Steigerung von Partizipation innerhalb der Partei und des politischen Systems (Donges 2008: 83).
Die Geschichte der Parteien in Deutschland ist vergleichsweise lang und beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Entwicklung der Parteien der Bundesrepublik Deutschland beginnt zwangsläufig erst nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Chronologisch lässt sich diese Entwicklung anhand vier unterschiedlicher Perioden kurz und übersichtlich zusammenfassen:
- Formierungsphase (1945-1953)
In dieser Zeit werden die politischen Parteien noch unter alliierter Aufsicht neu- und wiedergegründet (Alemann 2003: 42).
- Konzentrierungsphase (1953-1976)
In dieser Phase dominieren die Parteien CDU, CSU, SPD und FDP. Alle anderen Parteien erreichen bei den Bundestagswahlen 1972 und 1976 zusammen lediglich 0,9 % (Alemann 2003: 42).
- Transformationsphase (1976-1990)
Die Dominanz der vier Parteien beginnt zu erodieren. Der Stimmenanteil der anderen Parteien steigt 1983 - vor allem durch den Einzug der Grünen in den Bundestag - bereits auf 6 % und mit dem Einzug der PDS 1990 auf beachtliche 15,2 % (Alemann 2003: 42).
- Zentripetale Phase (seit 1990)
Die zentripetale Phase ist durch die Ausdehnung der Parteien in die neuen Bundesländer und einem Trend fast aller Parteien zur politischen Mitte gekennzeichnet (Alemann 2003: 43). Dieser Phase kann auch noch der Zusammenschluss der WASG und der PDS zur neuen Partei Die Linke im Jahr 2007 zugeordnet werden.
Die Geschichte der Parteien ist ebenfalls eine Geschichte politischer Kommunikation (Römmele 2005: 24). In den unterschiedlichen Phasen haben sich nicht nur die Parteien selbst und ihre Umwelten wie Gesellschaft und Medien verändert, sondern zwangsläufig auch die interne und vor allem die externe Kommunikation der Parteien. Treiber der veränderten Kommunikation waren nicht selten neue technologische und technische Möglichkeiten zu kommunizieren (Römmele 2005: 24). Technologisch sind hier vor allem die Entwicklungen der Massenmedien, speziell das Fernsehens und das Internet zu erwähnen. Technische Entwicklungslinien lassen sich - besonders anhand der Wahlkämpfe - in den Bereichen Professionalisierung, Enter- tainisierung und Personalisierung erkennen (Alemann/Marschall 2002: 8).
Die Entwicklung der bundesdeutschen Parteien kann auch als eine Entwicklung hin zu professionalisierten Medienkommunikationsparteien beschrieben werden. Kennzeichnend für diesen Parteientyp sind folgende fünf Kernelemente:
- Professionelles Kommunikationsmanagement
Das professionelle Kommunikationsmanagement kennzeichnet sich vor allem durch professionelle Medienberater, Kommunikationsexperten und Meinungsforscher, die der Partei für die interne und externe Kommunikation in einem ständigen Prozess beratend zur Seite stehen oder Teil der Organisation sind (Jun 2004: 115-117).
- Anpassung von Themen und Personal an die vorherrschende Medienlogik Durch gezielte Thematisierungen und De-Thematisierungen in den Medien wird versucht, die Medienagenda und somit auch die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Dabei kommt auch der Personalisierung eine zunehmend größere Bedeutung zu. Komplexe politische Sachverhalte sollen personalisiert und komplexitätsreduziert vermittelt werden (Jun 2004: 117-118).
- Orientierung an einzelnen Issues anstatt an kohärenten programmatischen oder sinnstiftenden Entwürfen
Einzelne politische Themen, Kompetenzen und Images werden medienwirksam in den Vordergrund gestellt und drängen ideologische und programmatische Gesamtkonzepte in den Hintergrund (Jun 2004: 118-120).
- Wahrnehmung von wesentlichen Kompetenzen durch ein strategisches Machtzentrum
Führende Akteure der Parteielite steuern strategisch die Beziehungen zu ihren Umwelten. Gefestigt wird dieses strategische Zentrum durch ein stetiges Verlangen der Massenmedien nach umgehenden Reaktionen der Partei bei Problemen, Fragen oder Krisen (Jun 2004: 121-122).
- Bedeutungsrückgang der aktiven Mitgliedschaft als Ressource
Durch die Massenmediendominanz in der politischen Kommunikation verlieren interpersonale Kommunikationsformen zur Verbreitung von Informationen an Bedeutung, auch wenn sie nicht bedeutungslos werden.
Die professionalisierte Medienkommunikationspartei grenzt sich von anderen Typen, wie zum Beispiel der Catch All Party, Elitepartei, Kartellpartei, professionellen Wählerpartei, Massenpartei oder der Bewegungspartei ab. Wie bei jeder Typologie sind auch bei der Kategorisierung von politischen Parteien kritische Anmerkungen nötig - besonders wenn die Parteitypen genutzt werden, um Entwicklungen im Parteisystem zu erklären. Der Vorteil von Parteitypologien ist, dass gewisse Entwicklungen und Zustände spezifischer Parteien gut zusammengefasst und dargestellt werden können. Als nachteilig erweist sich, dass sich die theoretisch entwickelten Parteientypen empirisch nicht in Reinform nachweisen lassen (Haas/Jun/Niedermayer 2008: 13) und „eine evolutionäre Entwicklung von Typ A zu Typ B" suggeriert wird (Donges 2008: 80). Auch wenn die Klassifizierungen von Jun treffend und plausibel erscheinen, spricht aber auch in einer ausgeprägten Mediengesellschaft viel dafür, „dass Parteien hybride Mischformen bleiben, die nicht einer einzigen Funktionslogik folgen" (Sarcinelli 2009: 207).
3.1. Parteien als Akteur politischer Kommunikation
Im Vergleich zu Verbänden, Gewerkschaften oder Interessengruppen sind die bundesdeutschen Parteien „die einzigen Träger der politischen Willensbildung10 von Verfassungsrang (Jandura 2007: 17). Der Artikel 21 des Grundgesetzt lautet: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit". Etwas präziser werden die Aufgaben der Parteien im §1 des Parteiengesetzes erläutert:
„Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluss nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen, auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluss nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozess der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen."
Die Parteien fungieren daher gewissermaßen als „Scharniere der politischen Willensbildung zwischen Wahlbürgern und Staat" (Alemann 2003: 82). Ihre Aufgabe ist es „den Kreislauf der politischen Kommunikation zwischen Staatsorganen und Öffentlichkeit" (Sarcinelli 2009: 189) aufrechtzuerhalten.
Um die politische Kommunikation der Parteien als Akteur im politischen System weiter näher beschreiben zu können, ist es zunächst notwendig, den Begriff des Akteurs und der Organisation einzugrenzen. Akteure sind handelnde Einheiten und können zwischen Individuen und Kollektiven differenziert werden (Donges 2008: 52). Kollektive (sog. komplexe Akteure11 ) bestehen aus individuellen Akteuren und kennzeichnen sich durch kollektive Handlungsfähigkeit. Sie sind also in der Lage so zu handeln, als wären sie ein einzelnes Individuum (Donges 2008: 52). Der Begriff des Kollektivs oder komplexen Akteurs wird nicht selten synonym mit dem Begriff der Organisation verwendet. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur wird eine Organisation im weiteren Sinne als ein „Gebilde [definiert], in dem verschiedene Personen miteinander interagieren, um individuelle und kollektive ökonomische Ziele zu erreichen" (Jost 2000: 12). Die Organisation ist dabei eine „kollektive Handlungseinheit", in der „die Beziehungen zwischen den Personen interdependent" sind - das Handel eines Individuums kann also das Handeln anderer Individuen beeinflussen (Jost 2000: 12).
Die politische Kommunikation von Parteien als Organisationen ist demnach das Ergebnis der kommunikativen Handlungen ihrer Mitglieder. Dem Typus der professionellen Medienkommunikationspartei folgend, ist davon auszugehen, dass die politische Kommunikation der deutschen Parteien nicht von allen Mitgliedern gleichermaßen mitgeprägt wird. Besonders die externe PR wird mit Hilfe der Massenmedien durch Parteimitglieder aus den strategischen Machtzentren bestimmt und kontrolliert. Aber auch die Partei als Organisation selbst kann als Handlungseinheit politische Öffentlichkeitsarbeit ausüben. Begrifflich kann dies durch die Unterscheidung von funktionaler PR und organisierter PR differenziert werden (Bentele 1998: 136)12. Funktionale PR umfasst dabei die öffentlichkeitsrelevanten Aktivitäten der Individuen (z. B. Teilnahme eines Politikers in einer Talkshow), während die organisierte PR von PR-Abteilungen oder Teilorganisationen ausgeübt wird (z. B. Wahlplakate, Presseimitteilungen oder Websites bzw. Online-Profile der Partei) (Jar- ren/Donges 2006: 234).
3.1.1. Ziele und Strategien politischer PR
Das Verständnis von PR als strategische Managementaufgabe impliziert eine zielgerichtete Planung, Durchführung und Erfolgskontrolle der internen und externen Kommunikation. Die Planung beinhaltet die Bestimmung des Ist-Zustandes und die Definition von Zielen in Form des zu erreichenden Soll-Zustandes sowie die dafür zu verwendenden Verfahren und Instrumente. Erfolgskontrolle kann während und nach der Durchführung der Kommunikationsmaßnahmen deren Effektivität und Effizienz messen und bewerten. Die Definition der Ziele ist daher eine grundlegende und unerlässliche Aufgabe im PR-Management. Unter der Strategie wird das planvolle Anstreben der Ziele verstanden.
PR-Ziele können sehr unterschiedlich und vielschichtig sein. Angefangen von der einfachen Information oder Persuasion der (Teil-)Öffentlichkeit, dem Vertrauenserwerb, der Gestaltung eines bestimmten Images bis hin zum erfolgreichen Management einer Krise oder dem Herstellen öffentlichen Konsens (Bentele 2001: 23) ergeben sich beinahe unzählige Funktionen und Ziele, die PR erfüllen soll und kann. Die Vielzahl an konkreten PR-Zielen resultiert auch aus der Ableitung der PR-Ziele aus den eigentlichen Handlungszielen des jeweiligen Akteurs. Im Falle der PR politischer Parteien kann es daher zu Zielkonflikten zwischen individuellen und kollektiven Zielen kommen (Jarren/Donges 2006: 234). Ziele der funktionalen PR können also Zielen der organisierten PR unter Umständen zuwiderlaufen13.
Beschränkt man sich auf die Ziele der organisierten PR, können diese aus den bereits erwähnten Primärzielen der Parteien abgeleitet werden. Ganz allgemein zählen demnach zu den Hauptaufgaben der externen parteipolitischen PR die Erzeugung von Aufmerksamkeit für spezifische Themen oder Personen, die Überzeugung relevanter Teilöffentlichkeiten von den Positionen der Partei sowie die Mobilisierung von Wählern bei anstehenden Wahlen. Je nach Organisationsziel und aktueller Situation der Partei differieren die spezifischen Ziele der Öffentlichkeitsarbeit.
Erreicht werden sollen die Ziele der Öffentlichkeitsarbeit sowie weitere Teil- oder Kampagnenziele mittels typischer Strategien politischer Kommunikation und bekannten Instrumenten der PR. Die Wahl der PR-Strategie hängt von den gesetzten Zielen und vor allem von den zu Verfügung stehenden Mitteln und Ressourcen ab. Zudem beeinflussen nicht selten auch Normen und Regeln außer- und innerhalb politischer Organisationen sowie vorherrschende Akteurskonstellationen und situative Faktoren die Strategiewahl (Jarren/Donges 2006: 261-262). Parteien können also in der Wahl ihrer Kommunikationsstrategie und -mittel eingeschränkt sein. Für die Parteien entscheidend sind die Position im Parteiensystem, das Verhältnis zu den Massenmedien sowie die zur Verfügung stehenden Ressourcen in Form von finanziellen Mitteln und einsetzbarem Personal.
Was als Strategie der politischen Kommunikation gelten kann bzw. welche Maßnahmen zu Strategien gebündelt werden können, wird in der politischen Kommunikationswissenschaft unterschiedlich diskutiert. Als zentrale Strategien politischer Parteien lassen sich das Themenmanagement, Ereignismanagement, Personalisie- rungsstrategien und Kampagnen identifizieren und zusammenfassen.
- Themenmanagement
Hierunter werden Strategien zusammengefasst, in denen es um die Steuerung und Beeinflussung der Themen in den Massenmedien und der Öffentlichkeit geht. Es kann zwischen Agenda-Setting, Agenda-Building und Agenda-Cutting unterschieden werden.
Die Agenda-Setting-Theorie von den amerikanischen Medienwissenschaftlern Maxwell McCombs und Donald Shaw besagt - einfach ausgedrückt - dass die Massenmedien die Themen beeinflussen bzw. bestimmen, über die in der Öffentlichkeit geredet wird (Gärtner 2005: 99). Die Medien-Agenda wirkt also auf die PublikumsAgenda 14 (vgl. Abb.1). In welchem Umfang dies geschieht, ist abhängig vom Thema, dem Medium, den Rezipienten und dem Zeitpunkt. Massenmedien können entweder nur eine gewisse Aufmerksamkeit für Themen generieren (Awarenss-Modell), Themen in ihrer Bedeutung gewichten (Salience-Modell) oder letztendlich die Themenrangliste der Öffentlichkeit vollständig bestimmen (Priorities-Modell) (Kunczik/Zipfel 2005: 356).
Agenda-Building hingegen rekurriert auf die Entstehung und Entwicklung der Medien-Agenda u. a. durch das aktive Einwirken politischer Akteure (Kunczik/Zipfel 2005: 368-369) (vgl. Abb. 1).
Agenda-Cutting ist eine Form der De-Thematisierung. Ziel ist es hier, bestimmte Themen aus der medialen Berichterstattung herauszuhalten (Kamps 2007: 106) oder auf der Media-Agenda möglichst weit unten zu platzieren.
Nicht selten wird unter Agenda-Setting auch die Beeinflussung/Gestaltung der Agenden von Medien (Media Agenda-Setting) oder Politik verstanden. Auch unter den Begriffen News- und Issuemanagement werden Prozesse des Agenda-Settings und -Buildings zusammengefasst.
Abb. 1: Schematische Darstellung der Agenda-Setting/ -Building-Prozesse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kunczik/Zipfel 2005: 369.
- Ereignismanagement
Das Ereignismanagement ist eng mit dem Agenda-Building Konzept verbunden. Ziel ist es, beachtenswerte Ereignisse herbeizuführen oder zu inszenieren und so die Themenwahl der Medien zu beeinflussen (Kamps 2007: 106). Es kann hierbei zwischen genuinen Ereignissen (die aufgrund ihrer Relevanz von den Medien beachtet werden), mediatisierten Ereignissen (die hinsichtlich Zeit und Ort von den politischen Akteuren bestimmt oder beeinflusst wurden) und inszenierten Ereignissen (die eigens für die Medien geschaffen wurden) unterschieden werden (Jarren/Donges 2006: 269-270).
- Personalisierungsstrategien
Die Personalisierung zählt zu den akteurzentrierten Strategien (Kriesi 2003: 225). Über den Nachrichtenfaktor Prominenz wird versucht Aufmerksamkeit für individuelle Akteure in den Massenmedien zu erlangen. Besonders politische Parteien versuchen mit Personalisierungsstrategien komplexe Inhalte besser zu vermitteln, Vertrauen aufzubauen und ihr Image positiv zu beeinflussen (Jarren/Donges 2006: 271; Eisenegger 2010: 23). Mit Hilfe der Personalisierungsstrategien kann aber auch gezielt versucht werden, von bestimmten Sachthemen abzulenken oder sogenanntes negative campaigning zu betreiben.
- Kampagnen
PR-Kampagnen können als „dramaturgisch angelegte, thematisch begrenzte, zeitlich befristete kommunikative Strategien zur Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit verstanden [werden], die auf ein Set unterschiedlicher kommunikativer Instrumente und Techniken [...] zurückgreifen“ (Röttger 2009: 9). Das Hauptunterscheidungsmerkmal von PR-Kampagnen und allgemeiner politischer PR liegt demnach in der klaren zeitlichen Befristung der Kampagne. Besonders häufig finden Kampagnen in Wahlkampfzeiten Anwendung. Eine spezielle Form der Kampagne ist das negative campaigning. Darunter versteht man, innerhalb der PR-Kampagne nicht die eigenen Konzepte und Lösungsvorschläge in den Vordergrund zu stellen, sondern hauptsächlich Kritik am politischen Gegner zu üben (Maurer/Reinemann 2006: 249).
3.1.2. Instrumente politischer PR
Bei der Strategieentwicklung und der praktischen PR-Arbeit wird auf eine Reihe von Instrumenten zurückgegriffen. Die Instrumente der politischen PR orientieren sich dabei an den Instrumenten der klassischen PR (Köhler/Schuster 2006: 20). Dazu zählen beispielsweise Pressemitteilungen, -mappen und -veranstaltungen, Mitarbeiterzeitschriften, Newsletter, Websites, Imagefilme oder Podcasts. Diese Liste lässt sich - auch abhängig vom PR-Verständnis und Abgrenzung zur Werbung - problemlos erweitern.
Instrumente der politischen PR können nach Formen der unmittelbaren und der vermittelten Kommunikation differenziert werden. Unter ersteres fallen zum Beispiel öffentliche Reden, Vorträge und Ereignisse wie Gedenktage und Staatsbesuche (Jarren/Donges 2006: 257-258). Zu der vermittelten Kommunikation zählen klassischerweise Instrumente der Pressearbeit (Presseinformationen, Pressefotos etc.) und PR-Medien wie Broschüren, Plakate oder Websites (Jarren/Donges 2006: 259). Da nicht selten aber auch die unmittelbaren Kommunikationsakte von Massenmedien übertragen werden, ist diese Unterscheidung eher theoretischer Natur.
Die Instrumente können auch hinsichtlich der internen und der externen PR der Parteien unterschieden werden. Den internen Instrumenten wie Newsletter oder Parteizeitschriften kommt dabei allerdings eine verschwindend geringe Bedeutung zu. Im Kampf um die massenmediale und öffentliche Aufmerksamkeit spielen sie in Deutschland überhaupt keine Rolle (Sarcinelli 2009: 191; Alemann/Marschall 2002: 22). Auch für die interne Kommunikation verlieren die Parteiinformationsmedien zunehmend an Bedeutung. Für den Großteil der Parteimitglieder dienen vorwiegend die Massenmedien als Informationsgrundlage über die eigene Partei (Sarcinelli 2009: 195). Möglichkeiten dem entgegen zu wirken, bestehen durch die Nutzung neuer Online-Instrumente wie zum Beispiel soziale Netzwerke, Blogs und Microblogs.
4. Das Internet als Medium politischer PR
Das Internet kann zu Recht als „unglaubliche Riesenmaschine“ bezeichnet werden: Es umfasst zurzeit schätzungsweise 243 Millionen Webseiten, täglich werden etwa 20.000 neue Domains registriert und 247 Milliarden E-Mails versendet15. Wenn man bedenkt, dass das Internet erst 1989 im Genfer Forschungszentrum CERN entwickelt wurde und es 1993 erst 200 bekannte Webserver gab16, muss man die Entwicklung des Internets17 uneingeschränkt als phänomenal bezeichnen.
Für die Kommunikation, die klassische PR und damit auch für die politische PR hat die Entwicklung und ständige Weiterentwicklung des Internets nicht zu unterschätzende Auswirkungen (vgl. Kapitel 6). Eng damit verbunden ist der Versionssprung zum Web 2.0 - ein Begriff, der maßgeblich von Tim O'Reilly18 geprägt wurde (Haas/Walsh/Kilian 2008: 5; Behrendt/Zeppenfeld 2008: 6). Der häufig verwendete Begriff ist nicht eindeutig definiert, umfasst aber eine wesentliche Entwicklung des Internets und beschreibt dies treffend in Form der bei Software gängigen Bezifferung unterschiedlicher Entwicklungsstadien durch Versionsnummern. Kennzeichnend für das Web 2.0 ist der sogenannte User Generated Content. Rezipienten bzw. Konsumenten, wie man sie auch von den klassischen Massenmedien her kennt, werden im großen Umfang gleichermaßen selbst zu Produzenten. Bestehende Inhalte können einfach kommentiert, weiterverbreitet und wieder veröffentlicht werden19. Genauso können auch neue Inhalte in Form von Texten, Videos oder beliebig anderen Dateien veröffentlicht und effektiv und effizient verbreitet werden20. Beispielhaft können hierfür Websites wie MySpace, Flickr, YouTube oder Word- press, aber auch Software für den Peer-to-Peer-Datenaustausch wie zum Beispiel Napster genannt werden. Damit eng verbunden und letztlich wegbereitend ist die Entwicklung zum Social Web - nicht selten auch synonym zum Web 2.0 verwendet -, in dem Nutzer Online-Identitäten aufbauen können und mit anderen Nutzern kommunizieren und interagieren können (vgl. Kapitel 6).
Die Nutzung des Internets zur politischen Öffentlichkeitsarbeit entwickelte sich in Deutschland im Vergleich zur Entwicklung des Internets weniger rasant. Besonders die politischen Parteien haben die Möglichkeiten und die Notwendigkeit einer strategischen Online-PR lange Zeit nicht erkannt bzw. nicht zu nutzen gewusst. Zwar besitzen die meisten Bundestagsparteien zum Teil bereits seit 1995 eigene Websites (Albrecht/Hartig-Perschke 2007: 97), haben den Sprung zum Web 2.0 aber nie abschließend umzusetzen gewagt. Weiterentwicklungen der parteipolitischen Online- PR erfolgten fast ausschließlich zur Zeiten der Bundestagswahlkämpfe - nicht selten nach US-amerikanischem Vorbild. Es verwundert daher nicht, dass Untersuchungen zur parteipolitischen Online-PR ebenfalls fast ausschließlich im Zusammenhang mit Bundestagswahlen zu finden sind.
Erstmals wurde das Internet für Kampagnen im Bundestagswahlkampf 1998 eingesetzt: 26 der 33 damals zur Wahl zugelassenen Parteien verfügten über eine Website (Kamps 2007: 320). Für die Parteien hatte die Nutzung des Internets und der Websites allerdings mehr einen symbolischen PR-Wert: Hiermit sollte lediglich die Innovationsfähigkeit und Zukunftsorientierung der Parteien zum Ausdruck gebracht werden (Schweitzer 2005: 328; Kamps 2007: 324; Gellner/Strohmeier 2002: 198). Als „Neandertaler im Cyberspace"21 wurden daraufhin die Parteien und Politiker bezeichnet, die die Aktualitäts- und Interaktionsmöglichkeiten des Internets nicht zu nutzen wussten.
Auch im Bundestagswahlkampf 2002 änderte sich daran prinzipiell wenig (Schweitzer 2005: 345). Zwar wurde die Online-Kommunikation professioneller und neue Formen der Kampagnenkommunikationen (z. B. negativ campaigning oder rapid response?22 ) sowie die Nutzung von gesonderten Microsites23 erprobt (Kamps 2007: 326), aber letztlich wurde das Modell der weitestgehend unstrategischen Top- Down-Kommunikation aufrechterhalten und Dialogkommunikation oder OnlineDiskurse sogar bewusst vermieden24.
Auch der Wahlkampf 2005 brachte zwar weitere Veränderungen und Verbesserungen der Online-Kommunikation, aber auch hier blieb es bei reinen digitalen Informationsangeboten und mangelnden Diskussionsangeboten und damit bei einem Web 1.0-Wahlkampf (Schweitzer 2006: 183)25. Das Urteil über den Wahlkampf 2005 ähnelt daher dem vom 1998: „Im Vergleich zu den USA [...] ist Deutschland nach wie vor ein digitales Entwicklungsland"26.
Zwischen den Wahlkämpfen sind Entwicklungen der Online-Parteien- Kommunikation nicht nennenswert. Selbst die Online-Aktivitäten der Parteien sinken nach den Wahlen deutlich ab - was mit Blick auf die stetig steigende Onlinenutzung in Deutschland durchaus verwundert.
4.1. Onlinenutzung in Deutschland
Die Zahl der Internetnutzer in Deutschland hat seit Mitte der 1990er Jahre in allen Altersgruppen stetig zugenommen (vgl. Abb. 2). Anfang 2009 nutzten etwa 43,5 Millionen bzw. 67,1 % aller bundesdeutschen Bürger ab 14 Jahre zumindest gelegentlich das Internet27 (Van Eimeren/Frees 2009: 335). Im Durchschnitt sind alle Internetnutzer 136 Minuten am Tag und 5,4 Tage in der Woche online (Van Eimeren/Frees 2009: 345). Das Internet vollzieht damit einen ähnlichen Siegeszug wie das Fernsehen (vgl. Abb. 3), das spätestens seit den 1970ern das zentrale Medium für die politische Meinungsbildung ist (Van Eimeren/Frees 2009: 342).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hebecker, Eva 2002: Experimentieren für den Ernstfall - Der Online-Wahlkampf 2002; http://www1.bpb.de/publikationen/F9V8FD,0,Experimentieren_f%FCr _den_Ernstfall_Der_OnlineWahlkampf_2002.html, 07.03.2010.
Wimmer, Kathrin, 2009: Die Internetkampagnen im Bundestagswahlkampf 2009, C^A^P Working Paper der Forschungsgruppe Deutschland; http://www.cap.lmu.de/download/2009/2009_Wimmer.pdf, 14.12.2009.
WELT Online, 2005: www.wahlkampfchance-verpasst.de. Im Wahlkampf haben die Parteien die Möglichkeiten des Internets nicht genutzt; http://www.welt.de/print- wams/article132402/www_wahlkampfchance_verpasst_de.html, 07.03.2010.
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Studie der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.V. (AGOF): Nach dem Berichtsband zur internet facts 2009-III gibt es seit 2009 44,38 Millionen Internetnutzer in Deutschland. Das entspricht 68,5 % der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung (AGOF, 2009: Berichtsband zur inter-net facts 2009-III; http://agof.de/index.605.html, 14.12.2009).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Internetnutzer in Mio. nach Altersgruppen im Zeitraum 1997-2009
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Ausbreitung von TV und Internet im Vergleich
Quelle: Schneller 2009: 2.
Was der Vergleich der Reichweiten von Fernsehen und Internet im Zeitverlauf nicht abbilden kann, ist die Veränderung der Nutzungsmöglichkeiten des Internets. Dank zunehmender Verbreitung von Breitband-Internetzugängen und kostengünstigen Flatrates als Abrechnungsart der Onlineverbindungen können immer größere Datenmengen schnell und günstig übertragen werden28. Musik und Videos über das Internet zu streamen, also nicht vollständig vor sondern während der Konsumierung herunterzuladen, ist mittlerweile technischer Standard und dementsprechend weit verbreitet29. Radioprogramme, Fernsehsendungen oder Spielfilme können so problemlos und in guter Qualität auf den PC übertragen werden. Die Trennung zwischen Radio, TV und Internet wird daher immer weniger praktikabel und sinnvoll - auch weil immer mehr Gerätegruppen internetfähig werden. Radios oder Spielekonsolen mit kabellosem Internetanschluss (W-LAN) sind keine Seltenheit mehr. Handys, Smartphones, E-Reader, Handhelds, sog. Tablets oder Slate PCs, die per W-LAN oder über das Mobilfunknetz mit dem Internet verbunden werden können, sind mittlerweile auch in Deutschland Standard30 - für klassische Fernsehgeräte wird dies ebenfalls in absehbarer Zeit der Fall sein.
Besonders für die jüngeren Altersgruppen, den sog. Digital Natives, die mit digitalen Computern und dem Internet aufgewachsen sind, ist das Internet das Informationsmedium erster Wahl und aus dem Alltag aber auch aus der Arbeitswelt überhaupt nicht mehr wegzudenken31. Auch in der Gesamtbevölkerung liegt das Internet hinter dem Fernsehen und noch vor den Zeitungen schon jetzt auf Platz zwei der Informationsmedien32. Innerhalb weniger Jahre hat sich damit ein wahrer Medienwandel vollzogen, der bis vor kurzem noch als möglich aber eher unwahrscheinlich gehalten wurde (vgl. Schulz 2008: 242).
Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass mit der Verbreitung und Entwicklung des Internets gleichermaßen seine Bedeutung als politische Informationsquelle gestiegen ist (vgl. Abb. 4) und mit Sicherheit noch weiter steigen wird. Im Rahmen der Allensbacher Computer- und Technik-Analysen (ACTA) wurde ermittelt, dass sich 2009 bereits 55 % der 14-64-Jährigen im Internet über Nachrichten zur Politik informierten - das entspricht nahezu einer Verdoppelung im Vergleich zu 200233.
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Umfrage des Bundesverbands Informationswirtschalt, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITCOM): Hiernach nutzten 2009 etwa 45 % aller Bürger und 77 % der 18-29-Jährigen das Inter- net, um sich über politische Themen zu informieren34. Aufgeschlüsselt wurde hier auch, wo die Informationen im Internet bezogen werden (vgl. Abb. 5). Die Websites bekannter Zeitungen und Zeitschriften oder auch Fernseh- und Radiosender sind dabei die erste Adresse für Informationen über politische Themen35. Auf Platz zwei rangieren die Websites der politischen Parteien - besonders stark bei den 18-29Jährigen, gefolgt von sozialen Online-Netzwerken sowie Blogs und Foren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5; Informationsquellen politischer Themen im Internet
Eigene Darstellung. Quelle: BITCOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.) 2009: BITKOM Pressekonferenz. Studie zu E-Democracy; http://www.bitkom.org/ files/documents/BITKOM_Praesentation_PK_E-Democracy_19_08_2009_final.pdf, 11.12.2009.
Den Websites der klassischen Medien kommt dabei noch eine etwas größere Rolle zu, als aus der Grafik zu erkennen ist, da die Informationen dieser Websites auch häufig in sozialen Netzwerken verbreitet werden (vgl. Kapitel 5 und 6) und in Deutschland nicht selten Anlass für neue Blog-Einträge sind36. Die klassische PR- Arbeit im Sinne einer Medien- und Pressearbeit darf daher nweiterhin nicht unter- schäztzt oder vernachlässigt werden. Dennoch zieht der Medienwandel für die PR umfangreiche Konsequenzen nach sich. Welche Veränderungen dies für die politische PR bedeutet und welche Anpassungen in der parteipolitischen Öffentlichkeitsarbeit notwendig sind, wird im folgenden Kapitel diskutiert.
4.2. Potentiale und Risiken für die politische PR
Durch die zunehmende Onlinenutzung in Deutschland ergeben sich einige veränderte Bedingungen für die politische PR, die auch aus Veränderungen im journalistischen System resultieren. Eine entscheidende Änderung ist die Schwächung der Journalisten in ihrer Position als Gatekeeper. Dies hat im Wesentlichen drei Gründe: 1) Die Bedeutung und Reichweiten von Tageszeitungen haben deutlich abgenommen (vgl. Abb. 32); 2) Durch Websites, Blogs und Foren, die sich auch mit politischen und gesellschaftlichen Themen und Inhalten beschäftigen, sind neue Multiplikatoren hinzugekommen, die zum Teil anders arbeiten und funktionieren als typische Journalisten und 3) Die Zielgruppe kann online gezielt, differenziert und jederzeit direkt erreicht und angesprochen werden, darauf reagieren und auch von sich aus in einen öffentlichen Dialog treten.
Ersteres ist für die politische PR vergleichsweise unproblematisch, da die klassischen Medien auch online mit ihren Websites die erste Bezugsquelle für politische Informationen sind. Nimmt man hinzu, dass die Informationen der OnlineNachrichtenportale in Deutschland auch noch oft Basis von Blog-Postings sind und zunehmend auch über soziale Netzwerke verbreitet werden (vgl. Kapitel 6) entstehen die entscheidenden Anpassungszwänge an dieser Stelle nur durch die gestiegene Aktualität und schnellere Verbreitung der Informationen sowie der daraus resultierenden kürzeren Reaktionszeit.
Der zweite Punkt wiegt da schon schwerer. Ob sich Informationen online schnell verbreiten, hängt nicht maßgeblich von der Quelle, sondern wesentlich von den In halten ab37. Daher können bspw. auch Nachrichten von Blogs oder privaten Websites sehr schnell an Bedeutung gewinnen. In Deutschland existieren über eine Millionen Blogs38, die Anzahl an möglichen Multiplikatoren hat sich somit stark erhöht. Die Bedeutung dieser Blogs entsteht nicht nur aus ihrer eigenen Reichweite39 sondern auch dadurch, dass Nachrichten, die eine kritische Masse an Aufmerksamkeit im Internet überschritten haben, nicht selten auch von den klassischen Medien aufgegriffen werden40. Für die Parteien ist dies Chance und Risiko zugleich, wird aber typischerweise als Gefahr angesehen, da es die gewohnte Art der PR-Arbeit verändert und neue Adaptionen notwendig macht. Aufgabe für die parteipolitische PR ist es, die neuen relevanten Multiplikatoren zu identifizieren und mit ihnen in Kontakt und in einen Dialog zu treten - sowohl reaktiv als auch aktiv41. Die Multiplikatoren können auf diese Weise in die Öffentlichkeitsarbeit der Partei eingebunden und unter Umständen für sie gewonnen werden. Gesteuert werden kann dies allerdings noch schwieriger als bei Journalisten.
Eine dritte Veränderung entsteht durch die neuen Möglichkeiten die Öffentlichkeit direkt zu informieren, ohne den kommunikativen Umweg über die Medien gehen zu müssen. Die Möglichkeit der direkten Kommunikation ist zwar in der politischen PR schon immer durch persönliche Gespräche (z. B. von Politikern mit Parteimitgliedern, Journalisten oder potentiellen Wählern) sowie durch Mittel der klassischen Werbung (z. B. Plakate, Infobroschüren etc.) vorhanden gewesen, unterscheidet sich aber dennoch von der Online-Kommunikation. Potentiale für die politische Werbung entstehen vor allem durch ein mögliches Micro-Targeting: Durch spezifische Segmentierungen42 können kleine Zielgruppen sehr gezielt angesprochen und Botschaften ohne große Streuverluste platziert werden. Anzeigen können auch über ein systematisches Suchmaschinen-Marketing43 an ganz bestimmte Suchbegriffe und somit an gesellschaftlich und politisch relevante Themen geknüpft werden. Zudem sind auch durchaus für die Politik und die Parteien Formen des viralen Marketings praktikabel, wenn auch in Deutschland bisher wenig erfolgreich eingesetzt44.
Von den Parteien als sehr risikobehaftet und problematisch betrachtet ist hingegen die direkte, dialogorientierte Online-Kommunikation. Zum einen kann diese einen relativ hohen Zeit- und Personalaufwand erfordern, zum anderen werden auch allzu negative Reaktionen in der Öffentlichkeit befürchtet, die den Erfolg einer Kampagne ernsthaft gefährden könnten. Doch eigentlich besteht das wirkliche Risiko für die politischen Akteure darin, das sog. Social Media Marketing nur als Kampagne temporär im Wahlkampf anzuwenden. Denn im Kern trifft es genau den Arbeitsbereich der Public Relations: Beziehungen mit einer Teilöffentlichkeit können aufge-baut und gepflegt werden. Geschieht dies strategisch und langfristig, können diese Beziehungen auch für spezielle Kampagnen – zum Beispiel im Wahlkampf – genutzt werden. Ebenso können Meinungen und Stimmungen online erfasst, ausgewertet und bei politischen Entscheidungs- und Kommunikationsprozessen eventuell berücksichtigt werden.
[...]
1 Spiegel Online, 2009: Grass zieht für die SPD ins Feld; http://www.spiegel.de/kultur/ gesellschaft/0,1518,617778,00.html, 10.05.2009.
2 Sueddeutsche.de, 2010: Enquete-Kommission. Der Bundestag entdeckt das Netz; http://www.sueddeutsche.de/computer/903/505109/text/, 06.03.2010.
3 FR-online.de, 2010: Kommentar. Kollektiv verschlafen; http://www.fr- online.de/in_und_ausland/politik/meinung/2384054_Kollektiv-verschlafen.html,06.03.2010.
4 Albrecht, Steffen/Lübcke, Maren/Perschke, Rasco/ Schmitt, Marco, 2005: "Hier entsteht eine neue Internetpräsenz" - Weblogs im Bundestagswahlkampf 2005; http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/F1_2005_Albrecht_Luebcke_Perschke_ Schmitt.pdf, 16.03.2010.
5 Die Bundestagswahl bildete den Abschluss des Superwahljahres 2009. Zuvor gab es die Bundespräsidentenwahl im Mai, die Europawahl und acht Kommunalwahlen im Juni sowie Landtagswahlen in Thüringen, Saarland und Sachsen Ende August und in Brandenburg gleichzeitig mit der Bundestagswahl Ende September.
6 Von der politischen Kommunikation streng zu unterscheiden ist der Begriff Kommunikationspolitik. Darunter können „im übergreifenden Sinne alle Aktivitäten staatlicher Institutionen [verstanden werden], die sich auf die Regelung des Prozesses der gesellschaftlichen Kommunikation richten“ (Pürer 2003: 402; Schulz 2008: 17).
7 Unter Kognitionen sind „die für die Informationsverarbeitung und Handlungssteuerung relevanten Kenntnisse, Einstellungen, Motive, Überzeugungen und Wertorientierungen“ zu verstehen (Schulz 2008: 16).
8 In der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur wird PR oftmals dem Marketing als unterstützendes Kommunikationswerkzeug untergeordnet (Kotler/Bliemel 1999: 1039) oder mit Werbung gleichgesetzt (Meffert 2000: 726). Es finden sich mittlerweile aber auch hier das eher kommunikationswissenschaftlich geprägte Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit (Kotler u. a., 2007: 927).
9 Selbstverständlich passt sich der Journalismus auch dem PR-System an. Die gegenseitigen Induktionen und Adaptionen werden in dem sog. Intereffikations-Modell beschrieben (vgl. Bentele/Liebert/Seeling, 1997).
10 Die Frage was genau unter „Willensbildung" zu verstehen ist und welche Akteure daran „mitwirken", hat kontroverse Debatten in der Politikwissenschaft und der Staatslehre ausgelöst (Alemann 2003: 82).
11 Komplexe Akteure können noch weiter zwischen kollektiven und korporativen Akteuren unterschieden werden. Eine einheitliche Differenzierung findet sich allerdings nicht (Donges 2008: 52ff.)
12 Jarren/Donges (2006) differenzieren an dieser Stelle zwischen unmittelbarer und mittelbarer PR (Jarren/Donges 2006: 226).
13 Raschke/Tils (2007) sind der Meinung, dass die individuellen Akteursziele innerhalb der Partei als Organisation typischerweise überwiegen und erklären damit „die Häufigkeit von Richtungs- und Führungskämpfen“ (Raschke/Tils 2007: 169).
14 Nicht selten wird unter Agenda-Setting auch die Beeinflussung/Gestaltung der Agenden von Medien (Media Agenda-Setting) oder Politik verstanden. Auch unter den Begriffen News- und Issuemanagement werden Prozesse des Agenda-Settings und -Buildings zusammengefasst.
15 Sueddeutsche.de, 2010: Das Internet in Zahlen. Die unglaubliche Riesenmaschine; http://www.sueddeutsche.de/computer/837/502076/bilder/?img=0.0, http://www.sueddeutsche.de/computer/837/502076/bilder/?img=1.0 und http://www.sueddeutsche.de/computer/837/502076/bilder/?img=2.0, 21.02.2010.
16 CERN: Welcome to info.cern.ch. The website of the world's first-ever web server; http://info.cern.ch/, 21.12.2009.
17 Die Geschichte des Internet beginnt typischerweise mit der Entwicklung des Arpa- nets. Im Rahmen eines US-amerikanischen, militärischen Forschungsprojekts gingen 1969 die ersten Netzknoten des Arpanets in Betrieb. Bis 1983 wurden etwa 500 Rechner miteinander verbunden. Sieben Jahre später wurde der Netzbetrieb eingestellt (Beck 2006: 7-9). Auf eine detaillierte Darstellung der Entwicklung des Internets und des World Wide Webs wird hier verzichtet.
18 O'Reilly, Tim, 2005: What Is Web 2.0: Design Patterns and Business Models for the Next Generation of Software; http://oreilly.com/web2/archive/what-is-web-20.html,10.12.2009.
19 Das viele Daten online gestellt, weiter verbreitet werden und dadurch auch sehr lange online auffindbar sind, verdeutlicht die Änderung des amerikanischen Sprichwortes What Happens In Vegas, Stays In Vegas in What Happens In Vegas Stays On Facebook.Damit verbunden ist auch die Debatte um den Datenschutz und die Veränderungen bezgl. der Privatsphäre.
20 Die Nutzergeneration des Web 2.0 wird auch als „Generation Upload“ bezeichnet.
21 Spiegel online, 1998: Wahlkampf: Neandertaler im Cyberspace; http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,13683,00.html, 07.03.2010.
22 Darunter wird i. w. S. die umgehende öffentliche Reaktion eines politischen Akteurs auf Aussagen des politischen Gegners verstanden. Die CDU startete im Wahlkmapf 2002 bspw. die Microsite www.wahlfakten.de, auf der Zitate von SPD- Spitzenpolitkern nach Möglichkeit umgehend widerlegt werden sollten.
23 Eine Microsite ist i. d. R. eine vergleichsweise kleine Website mit wenig Unterseiten und einem relativ eindeutigen thematischen Bezug. Microsites werden oftmals innerhalb von Kampagnen angelegt und besitzen daher in den meisten Fällen eine eher kurze Lebensdauer.
24 Hebecker, Eva 2002: Experimentieren für den Ernstfall - Der Online-Wahlkampf 2002; http://www1.bpb.de/publikationen/F9V8FD,0,Experimentieren_f%FCr _den_Ernstfall_Der_OnlineWahlkampf_2002.html, 07.03.2010.
25 Wimmer, Kathrin, 2009: Die Internetkampagnen im Bundestagswahlkampf 2009, C•A•P Working Paper der Forschungsgruppe Deutschland; http://www.cap.lmu.de/download/2009/2009_Wimmer.pdf, 14.12.2009.
26 WELT Online, 2005: www.wahlkampfchance-verpasst.de. Im Wahlkampf haben die Parteien die Möglichkeiten des Internets nicht genutzt; http://www.welt.de/printwams/article132402/www_wahlkampfchance_verpasst_de.html, 07.03.2010.
27 Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Studie der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.V. (AGOF): Nach dem Berichtsband zur internet facts 2009-III gibt es seit 2009 44,38 Millionen Internetnutzer in Deutschland. Das entspricht 68,5 % der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung (AGOF, 2009: Berichtsband zur inter-net facts 2009-III; http://agof.de/index.605.html, 14.12.2009).
28 Nutzten 1997 noch 80 % ein Modem, das in der Regel maximal 5 Kilobyte in der Sekunde übertragen konnte, verfügten 2009 bereits ca. 72 % über einen DSL- bzw. Breitband-Anschluss, mit denen bis zu 500 Kiloybyte Daten in der Sekunde übertragen werden können. 87 % der Internetnutzer nutzten 2009 dabei ein Flatrate-Modell für die Kostenabrechnung (ARD ZDF Onlinestudie 2009, http://www.ard-zdf- onlinestudie.de/index.php?id=175, 21.02.2010).
29 2009 haben 62 % bzw. 52 % der Onliner zumindest gelegentlich Video- bzw. Audi- dateien im Internet aufgerufen (ARD ZDF Onlinestudie 2009, http://www.ard-zdf- onlinestudie.de/index.php?id=174, 21.02.2010).
30 Nach einer Studie European Interactive Advertising Association (EIAA) sind die Deutschen 2009 durchschnittlich rund sieben Stunden in der Woche mit mobilen Endgeräten im Internet unterwegs gewesen (Horizont.net, 2010: Mediascope: Mobile Internetnutzung und Web-TV steigen 2009 an; http://www.horizont.net/ aktuell/digital/pages/protected/Mediascope-Mobile-Internetnutzung-und-Web-TV- steigen-2009-an_90615.html; 10.03.2010.).
31 Nach einer repräsentativen Umfrage des Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITCOM) können sich 86 % der 14-29Jährigen ein Leben ohne das Internet nicht mehr vorstellen. Ein Leben ohne Fernsehen oder Zeitungen können sich hingegen nur 61 % bzw. 55 % nicht vorstellen (BITCOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.) 2010: Connected Worlds. Wie Lebens- und Technikwelten zusammenwachsen. Pressekonferenz zum Leitthema der CeBIT 2010; http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM- Praesentation_Connected_Worlds_01_03_2010.pdf, 01.03.2010.
32 F.A.Z.-Blogs, 2009: Der Medienwandel wird immer schneller; http://faz- community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2009/11/02/der-medienwandel-wird- immer-schneller.aspx, 10.12.2009.
33 Institut für Demoskopie Allensbach, 2009: ACTA 2009: Zentrale Trends der Internetnutzung in den Bereichen Information, Kommunikation und E-Commerce; http://www.acta-online.de/praesentationen/acta_2009/ acta_2009_Trends_Internetnutzung.pdf, 24.02.2010.
34 BITCOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.) 2009: BITKOM Pressekonferenz. Studie zu E-Democracy; http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Praesentation_PK_E- Democracy_19_08_2009_final.pdf, 11.12.2009.
Bild.de und Spiegel Online erhielten im Januar 2010 beispielsweise 128.609.782 bzw. 123.300.984 Visits und zählen damit zu den reichweitenstärksten deutschen Websites; liegen aber noch hinter den deutschen Online-Netzwerken wie Wer kennt Wen (186.501.858 Visits) und den VZ-Netzwerken (466.271.610 Visits) (IVW 2010: IVW Online Nutzungsdaten; http://ausweisung.ivw-online.de, 26.02.2009).
35 Die Visits als Kennzahl zur Messung der Reichweite zu nutzen ist allerdings zu Recht umstritten, da technische Programmierungen die Visits künstlich in die Höhe treiben können und im Prinzip keine Auskunft über die wirklich Anzahl der erreichten Leute geben.
36 Spannend bleibt die Entwicklung, wann und in welchem Umfang die Verlagshäuser die bisher völlig kostenfreien Inhalte nur noch gegen Gebühr online abrufbar zur Verfügung stellen (sog. Paid Content) und welche Auswirkungen dies dann auf die Mediennutzung hat.
37 Dies wird unter dem Motto „Content is King“ subsummiert.
38 Focus Online, 2010: Computer. Hintergrund: Blogs im Internet; http://www.focus.de/digital/computer/computer-hintergrund-blogs-im- internet_aid_481205.html, 15.03.2010.
39 Bekannte deutsche, politische Blogs wie zum Beispiel netzpolitk.org oder spree- blick.com erhalten nach Goolge AdPlanner-Schätzungen etwa 250.000 bis 350.000 Visits im Monat. Wie sehr Medienwebsites und Blogs des öffentlichen Diskurses mit einander verknüpft sind, veranschaulicht Abb. 44 im Anhang. Die genauen Zusammenhänge bedürfen jedoch noch genauerer empirischer Überprüfungen.
40 Bemühung seitens der Parteien in diese Richtungen lassen sich bereits beobachten. Beispielsweise haben die Grünen aktiv um die Gunst der Blogger geworben, in dem sie Anfang 2009 Tickets für ihren Parteitag (inkl. An- und Abreisekosten per Bahn, Übernachtungskosten, Internetzugang, Zugang zum Pressezentrum sowie der Eröffnungspressekonferenz und der Möglichkeit, Hintergrundgespräche mit Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitikern zu führen) an sich bewerbende Blogger verlost haben (vgl. Abb. 41 im Anhang). Als reaktives aber auch negatives Beispiel kann die Kommunikation mit einem Blogger Mitte 2009 seitens der FDP beispielhaft aufgeführt werden. Die FDP forderte einen Blogger telefonisch auf, kritische Texte über die FDP-Politikerin Silvana KochMehrin zu entfernen. Außerdem wurden anscheinend unter falschem Namen negative Kommentare über die Texte im Blog hinterlassen. Diese verdeckte PR konnte aber technisch aufgedeckt und der Verfasser der Kommentare als Pressebeauftragter von Koch-Mehrin identifiziert werden (Sueddeutsche.de, 2009:
41 FDP: Undercover gegen Blogger Fall Koch-Mehrin: ''Einfach mal frei Schnauze''; http://www.sueddeutsche.de/politik/345/470889/text/, 15.03.2010).
42 Typisch sind auch im Micro-Targeting geographische, demographische und sozio- ökonomische Segmentierungen. Werbeanzeigen in Facebook können bspw. auf fast sämtliche Daten hin zugeschnitten werden, die die Nutzer hinterlegt haben (z. B. Wohnort, Alter, Beziehungsstatus, Fanseiten etc.). Ganz ähnlich ist dies auch bei anderen Portalen und Anbietern möglich, die über ausreichend Nutzerdaten verfügen.
43 Google-Anzeigen können an bestimmte Keywords geknüpft werden (Google Ad- Words). Sucht ein Nutzer nach diesem Begriff erscheint neben den Suchergebnisse die erstellte Anzeige. Suchte man bei Google vor der Bundestagswahl 2009 zum Beispiel nach dem Begriff „Atomausstieg“, sah man folgende Anzeige mit einem Link zur FDP-Website: „Atomausstieg und dann? Alles was Sie über die Atomdebatte wissen müssen, finden Sie hier!" (Zeit.de, 2009: Google-AdWords. Wahlkampf mit Genosse Google; http://www.zeit.de/online/2009/34/google-adwords- wahlkampf?page=all, 15.03.2010). Im Wahlkampf 2009 wurden AdWord- Kampagnen von der SPD, der FDP und den Grünen durchgeführt. Zur Bedeutung von Suchmaschinen vgl. Kapitel 5.1.1.2. und Kapitel 6. Zu den bisher am häufigsten eingesetzten viralen Marketing-Formen in der politischen Werbung zählen sicherlich die Videos. Bemerkenswerte Erfolge konnten damit bislang allerdings nicht erzielt werden. Die größten Reichweiten erzielten bisher immer eher Videos von Nutzern, die sich über Parteien und ihre Videos lustig machen (Horizont.net, 2009: Wahlkampf 2009: Parteien sorgen mit Viralspots für unfreiwillige Komik; http://www.horizont.net/aktuell/digital/pages/protected/ Wahlkampf-2009-Parteien-sorgen-mit-Viralspots-fuer- unfreiwilligeKomik_87242.html, 15.03.2010.
44 Eine weitere Form betrifft das sog. In-Game-Marketing. Dabei wird in ComputerSpielen, meist in Online-Multiplayer-Spielen gezielt Werbung platziert - entweder von der Partei selbst oder als sog. Spraylogo von den Spielern selbst. Einzig bekanntes Beispiel hierfür ist das Spraylogo der Piratenpartei im Bundestagswahlkampf 2009 (vgl. Abb. 42 im Anhang).
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- Magister Artium Tilo Siewert (Author), 2010, Politische PR im Internet - Online-Parteienkommunikation im Web 2.0, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151908
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