Erziehung als Heranführen der Kinder an die Werte und die Kultur der Erwachsenenwelt gibt es sicher schon seit der Frühgeschichte der Menschheit. Erziehung als organisierte Vermittlung von Bildungsinhalten gibt es seit der Antike. Wirft man e inen Blick in die Geschichte der Pädagogik, gelangt man zu der Feststellung: Erziehung ist schon seit der Antike eine Domäne der Männer. Man begegnet Werken von berühmten Pädagogen wie Rousseau, Pestalozzi, Fröbel und Herbart. Rousseau, der bestimmende Pädagoge des 18. Jahrhunderts, der in seinem Buch „Émile ou l’éducation“ fordert, dass Kinder als Kinder und nicht als kleine Erwachsene behandelt werden sollten und dass die Persönlichkeit des Einzelnen zu entwickeln sei. Pestalozzi, der einflussreichste Schüler Rousseaus, dessen Hauptziel darin bestand, die Lehrmethoden an die natürliche Entwicklung des Kindes anzupassen. Ein weiterer einflussreicher Pädagoge des 19. Jahrhunderts war Fröbel, der Begründer des Kindergartens. 1 Im 20. Jahrhundert taucht der Name einer Frau in der Geschichte der Pädagogik auf, der nicht nur für eine Person steht, sondern sinnbildlich für eine Idee, eine Methode, eine Erziehung, man kann sagen für eine Bewegung. Die Rede ist von der Reformpädagogin Maria Montessori. In den 10er Jahren gab es einen Boom ihrer Pädagogik, zwischenzeitlich war die Erinnerung an sie erloschen, nach 1945 befasste man sich wieder mit ihr. Ein wesentlicher Grund für diese Renaissance mag wohl sein, dass es in den letzten Jahrzehnten ersichtliche „Übereinstimmungen der Montessori-Pädagogik mit dem Stand der Wissenschaft und dem aktuellen pädagogischen Problembewusstsein gibt, wie sie früher nicht so bestanden und gesehen worden waren“. 2 Auch heute knapp fünfzig Jahre nach ihrem Tod ist ihr Schaffen und Werk weltweit bekannt. Selbst Menschen, die zu Erziehung und Kindern keinen Bezug haben kennen Maria Montessori.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Biographie
III. Der Kampf zwischen Erwachsenem und Kind..
1. Die Rolle des Erwachsenen
2. Das Kind
a) Der seelische Bauplan
b) Die Geburt
c) Die Fleischwerdung
3. Die Religion
IV. Die Entwicklungsphasen der Kindheit.
1. Die sensiblen Perioden
a) Die erste Phase „Aufbauphase“
b) Die zweite Phase „Ausbauphase“
c) Die dritte Phase „Umbauphase“
V. Grundlegende Elemente der Montessori-Pädagogik
1. Die Normalisation
2. Die Selbsterziehung des Kindes
a) Die vorbereitete Umgebung
b) Die Stellung des Lehrers
3. Die freie Wahl der Arbeit
VI. Das Material
1. Grundlegende Prinzipien des Materials
2. Beispiele für das Material
a) Übungen des täglichen Lebens
b) Sinnesmaterial
c) Mathematikmaterial
d) Sprachmaterial
VII. Abschließende Überlegungen
VIII. Bibliographie
I. Einleitung
Erziehung als Heranführen der Kinder an die Werte und die Kultur der Erwachsenenwelt gibt es sicher schon seit der Frühgeschichte der Menschheit. Erziehung als organisierte Vermittlung von Bildungsinhalten gibt es seit der Antike. Wirft man einen Blick in die Geschichte der Pädagogik, gelangt man zu der Feststellung: Erziehung ist schon seit der Antike eine Domäne der Männer. Man begegnet Werken von berühmten Pädagogen wie Rousseau, Pestalozzi, Fröbel und Herbart. Rousseau, der bestimmende Pädagoge des 18. Jahrhunderts, der in seinem Buch „Émile ou l’éducation“ fordert, dass Kinder als Kinder und nicht als kleine Erwachsene behandelt werden sollten und dass die Persönlichkeit des Einzelnen zu entwickeln sei. Pestalozzi, der einflussreichste Schüler Rousseaus, dessen Hauptziel darin bestand, die Lehrmethoden an die natürliche Entwicklung des Kindes anzupassen. Ein weiterer einflussreicher Pädagoge des 19. Jahrhunderts war Fröbel, der Begründer des Kindergartens.[1] Im 20. Jahrhundert taucht der Name einer Frau in der Geschichte der Pädagogik auf, der nicht nur für eine Person steht, sondern sinnbildlich für eine Idee, eine Methode, eine Erziehung, man kann sagen für eine Bewegung. Die Rede ist von der Reformpädagogin Maria Montessori. In den 10er Jahren gab es einen Boom ihrer Pädagogik, zwischenzeitlich war die Erinnerung an sie erloschen, nach 1945 befasste man sich wieder mit ihr. Ein wesentlicher Grund für diese Renaissance mag wohl sein, dass es in den letzten Jahrzehnten ersichtliche „Übereinstimmungen der Montessori-Pädagogik mit dem Stand der Wissenschaft und dem aktuellen pädagogischen Problembewusstsein gibt, wie sie früher nicht so bestanden und gesehen worden waren“.[2] Auch heute knapp fünfzig Jahre nach ihrem Tod ist ihr Schaffen und Werk weltweit bekannt. Selbst Menschen, die zu Erziehung und Kindern keinen Bezug haben kennen Maria Montessori.
Diese Arbeit will einen Einblick in die Pädagogik Maria Montessoris geben. Zunächst soll anhand einer Biographie wissenswertes über ihr Leben und zur Entwicklung ihres Schaffens aufgezeigt werden. Danach soll näher auf Montessoris Definition der Begriffe „Erwachsener“ und „Kind“ eingegangen werden. Ein besonderer Blick soll im darauffolgenden Kapitel auf das Kind geworfen werden, das bei Montessori im Mittelpunkt steht. Anschließend sollen einige grundlegende Elemente der Montessori-Pädagogik erörtert werden. Abschließend soll das oft mit Montessori in Verbindung gebrachte und bekannte „Montessori-Material“ vorgestellt werden.
II. Biographie Maria Montessoris
Zunächst empfiehlt es sich auf das Leben Maria Montessoris näher einzugehen, um ihr pädagogisches Werk besser verstehen zu können und um ihren Platz in der Geschichte der Pädagogik zu erkennen.
Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in Chiaravalle, bei Ancona/ Italien, geboren. Sie war das einzige Kind des Finanzbeamten Alessandro Montessori (1832- 1915) und seiner Frau Renilde, geborene Stoppani (1840- 1912). Ihr Vater war ein konservativ denkender Mann, ihre Mutter eine Gutsbesitzertochter, die gegenüber Neuem eine interessierte und aufgeschlossene Einstellung hatte. Ihre Mutter unterstützte ihre Tochter immer wieder in ihrem Werdegang.
Die Familie zog 1875 nach Rom. Maria Montessori besuchte im Alter von sechs Jahren die öffentliche Schule. Danach entschloss sie sich zu einem Wechsel auf eine naturwissenschaftlich- technische Schule, denn schon in der Grundschule zeigte sich ihr Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften. Bei ihrem Vater hätte sie mehr Zustimmung bekommen, wenn sie auf das traditionelle Gymnasium gewechselt wäre. Seiner Meinung nach konnte ein Mädchen mehr mit einer Ausbildung in Sprachen, allgemeinen Fächern und Literatur anfangen und später im sozialen Bereich oder als Lehrerin arbeiten.
Montessori setzte ihren Willen mit Hilfe ihrer Mutter durch und studierte zunächst Naturwissenschaften an der Universität Rom. 1892 wandte sie sich aber dem Studium der Medizin zu. Damit stellte sie sich nicht nur gegen den Willen ihres Vaters, sondern auch gegen das Verbot des Studiums der Medizin für Frauen. Obwohl sie zuerst abgelehnt wurde, verfolgte sie mit unvorstellbarer Beharrlichkeit ihren Plan. Nachdem sie sich auch an öffentliche Stellen gewandt hatte, konnte sie doch noch ihren Wunsch erfüllen. Von den Studenten wurde sie nicht erfreut willkommen geheißen, ihr wurde als erste weibliche Medizinstudentin viel Disziplin abverlangt. Man wartete in dieser „Männerdomäne“ nur auf ein Zeichen von Schwäche von ihr. Doch durch ihre auffallende Begabung erobertet sie sich ihren Platz und gewann während des Studiums schon einen Wettbewerb, welcher ihr ermöglichte, praktische Erfahrungen als Assistentin in einem Krankenhaus zu sammeln. Sie richtete ihre Schwerpunkte gegen Ende ihres Studiums auf die Bereiche Kinderheilkunde und Psychiatrie. Mit einem hervorragenden Examen schloss sie im Jahre 1896 ihr Studium ab.
Sie war nun die erste Ärztin Italiens. Im Anschluss arbeitete Montessori in einem Krankenhaus in Rom.
Ab 1897 war sie an der Psychiatrischen Klinik in Rom tätig. Dort arbeitete sie mit schwachsinnigen Kindern. Sie war entsetzt vom Schicksal dieser Kinder, die in einem Raum ohne Betreuung und Beschäftigung dahinvegetierten. Deshalb beschäftigte sie sich mit deren Problemen und stieß dabei auf die Schriften der französischen Ärzte J.M. Itard und seines Schülers Séguin. Beeinflusst wurde sie auch durch die Werke anderer Pädagogen, wie Rousseau, Pestalozzi und Fröbel. Sie erkannte, dass man nicht nur die physische Pflege und Behandlung der Kinder beachten musste, sondern vielmehr die erzieherische Aufgabe und diese mit der ärztlichen verbinden musste. So war sie immer mehr davon überzeugt, dass es nicht in erster Linie um ein medizinisches Problem ging, sondern um ein pädagogisches.
In der Zeit von 1897- 1899 hielt Maria Montessori Vorträge über Frauenemanzipation und Sozialreform auf Kongressen in Turin, Rom und London.
Zudem wurde sie Mitglied der „Nationalen Liga für die Erziehung behinderter Kinder“. 1899 erhielt sie in Rom einen Lehrauftrag am Ausbildungsinstitut für Lehrerinnen in Rom. Ihre Lehrgebiete waren Anthropologie und Hygiene.
Im Jahre 1900 eröffnete die „Nationale Liga für die Erziehung behinderter Kinder“ ein medizinisch- pädagogisches Institut zur Ausbildung von Lehrern für Behinderte unter der Leitung von Maria Montessori. Es wurde eine Methode zur Erziehung und Unterrichtung geistig behinderter Kinder entwickelt. Montessori konnte nun beweisen, dass behinderte Kinder bildungsfähig waren. Ihr erzieherischer Erfolg bei der Behandlung der schwachsinnigen Kinder ließ bei Montessori Interesse für Pädagogik wecken. Sie gab ihre Stellung im Institut auf und begann Pädagogik, Psychologie und Anthropologie zu studieren.
Ein weiterer Grund für diesen plötzlichen Stimmungswandel könnte auch im privaten Bereich gelegen haben. Maria Montessori hatte eine Liebesbeziehung zu Dr. Giuseppe Montesano, der mit ihr als zweiter Direktor am Institut arbeitete. Sie wurde schwanger, Montesano wandte sich jedoch von ihr ab und heiratete eine andere Frau.
Die Geschichte der Beziehung zwischen Montessori und Montesano ist geheimnisumwittert: Das Paar heiratete nicht, und trotz der vielen Aktivitäten, die Maria entfaltete, blieb ihre Schwangerschaft offensichtlich unbemerkt, ebenso Marios Geburt. Mario wurde einer Familie auf dem Lande zur Pflege gegeben, wo er fünfzehn Jahre lang blieb, ohne zu wissen, wer seine wirklichen Eltern waren.[3]
Die Geburt eines unehelichen Kindes hätte damals das Ende jeder weiteren Tätigkeit in der Öffentlichkeit bedeutet.
1906 wurde Montessoris Leben nochmals in eine ungeahnte Richtung gelenkt. Ihr wurde angeboten eine Kindertagesstätte zu leiten. So bot sich Montessori die Gelegenheit Erfahrungen mit normalen Kindern zu sammeln. Sie zielte darauf, an den Kindern eine Erziehung der Sinne zu erproben, und sie wollte ihr eigenes Material einsetzen.
Sie war durch das Studium der Schriften von Itard und Séguin darauf gekommen, Materialien von ihnen zu übernehmen und solche auch nach eigenen Angaben herstellen zu lassen, welche den Kindern erlaubten, durch Eigentätigkeit ihre Entfaltung zu fördern.[4]
Dann wollte sie die Kinder bei der Arbeit mit dem Material beobachten und ihre Beobachtungen mit denen der behinderten Kinder vergleichen.
Am 6. Januar 1907 wurde das erste Kinderhaus, Casa dei bambini, im römischen Stadtteil San Lorenzo eröffnet. Die Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren waren zu Beginn völlig verschüchtert und wurden dann zu Kindern, die völlig unbefangen mit dem Material umgingen. Sie arbeiteten lange Zeit und wiederholten die Übung immer wieder. Sie waren merklich zufrieden mit ihrer Tätigkeit.
Eines Tages erfuhr sie, daß schon ein Kind von drei Jahren sich einem Gegenstand der Übung in freier Wahl zuwenden und zu großer Konzentration dabei kommen kann. Es war ihre bekannte „Entdeckung“. Von nun an beurteilte sie den Wert der Entfaltungsmaterialien von dem Gesichtspunkt aus, ob sie das Kind zu spontaner Wahl einer Tätigkeit brachten, die Sinne der Bewegung der Hand einbezog und durch Hingabe an den Gegenstand der Übung die Gesamterziehung des Kindes wesentlich förderte.[5]
Man unterwies die Kinder auch in alltäglichen Fertigkeiten.
Das Kinderhaus wurde bald bekannt. Es wurden weitere Kinderhäuser in Rom und Mailand gegründet, nicht mehr nur in Armenvierteln. Bei Kindern der verwöhnten Ober- und Mittelschicht machte Montessori gleiche Erfahrungen. In dieser Zeit wurde sie auch mit Anna Maccheroni bekannt, die ihre Schülerin und Mitarbeiterin und ebenfalls die Leiterin des ersten Mailänder Kinderhauses wurde. Sie berichtete über die auffallende Änderung des Benehmens der Kinder in den Kinderhäusern:
Diese Kinder, die unerzogen und ungepflegt, unsauber und unterernährt in das Kinderhaus eintraten, zeigten bald ein auffallend gutes Benehmen, stießen sich nicht mehr gegenseitig beim Eintritt, lärmten nicht mehr und zeigten intensives Interesse für die ermöglichte „Arbeit“.[6]
Montessori und Maccheroni gaben in ihren Berichten als Grund dafür an,
daß dieses gute Benehmen der Kinder (...) sich aus ihrer intensiven, selbstgewählten Tätigkeit ergab und aus der Achtung, die man ihnen entgegenbrachte, aus der Atmosphäre des Glaubens an die kindliche Persönlichkeit, der Vermeidung des Mißtrauens und einer Lebensweise, die sich möglichst nur nach aufbauenden Elementen bestimmte und das Niederziehende ausschloß.[7]
Die Kinderhäuser zogen immer mehr Aufmerksamkeit auf sich und Montessori führte ihren ersten Ausbildungskurs zur Einführung in ihre pädagogische Lehre und Praxis durch. Schon der erste Kurs hatte Teilnehmer aus aller Welt. Es folgten noch viele Kurse, die sie selbst leitete und in London, Paris, Barcelona und Indien abhielt.
Ihr erstes Buch gab sie 1909 mit dem Titel „Il metodo della pedagogia scientifica applicato all’educazione infantile nelle case dei bambini” heraus.
Im Alter von vierzig Jahren entschloss sie sich dazu, ihre Arbeitskraft nur noch ihrer Bewegung zu widmen. Sie reiste mit ihrem Sohn Mario in die USA, um eine Demonstrationsklasse einzurichten. Im Anschluss kehrte sie nicht nach Italien zurück, sondern ließ sich in Barcelona nieder. Dies war ihr Wohnsitz bis 1936. 1916 veröffentlichte sie ihr Werk „L’Autoeducazione nelle scuole elementari“.
In den darauffolgenden Jahren folgten Vorträge in den Niederlanden, der USA, England, Frankreich, Italien und Deutschland. Außerdem folgten internationale Montessori-Kongresse in aller Welt.
Montessori hatte zwar große Erfolge, aber stieß auch auf Widerstände. Zur Zeit des Faschismus in Italien, der spanischen Revolution und des Nationalsozialismus in Deutschland wurden ihre Schulen geschlossen und ihre Bücher verbrannt. In anderen Ländern wurde die Weiterentwicklung ihrer Pädagogik ebenso durch den zweiten Weltkrieg gestört.
[...]
[1] nach Encarta Enzyklopädie Plus 99, Stichwort: Erziehung und Pädagogik
[2] nach Hellmich, Achim; Teigeler Peter: Montessori-, Freinet-, Waldorfpädagogik, S. 66
[3] Schwegman, Marijan: Maria Montessori, S. 83
[4] Helming, Helene: Montessori- Pädagogik, S. 6
[5] Ebd. S. 6
[6] Ebd. S. 7
[7] Ebd. S. 7
- Quote paper
- Dajana Gleim (Author), 2003, Maria Montessori - Leben und Werke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15159
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